70 Die neue Technik hatte ihren Preis. Statt des Zieglers war der Ingenieur und Kaufmann ge fragt. Neben den Städten und den Rittergütern traten jetzt neue Ziegeleibesitzer auf. Einige da von waren die in den Vororten Dresdens angesiedelten Gutsbesitzer. Sie verfügten über das not wendige Kapital, vor allem aber über den für die Gründung einer Ziegelei notwendigen Grund und Boden. Den Lehmboden als Rohstoff für die Ziegelherstellung zu nutzen, statt für die Landwirtschaft, erwies sich oft als lukrativer. Die neuen Unternehmer bezeichneten sich als Guts- und Ziegeleibesitzer. Später traten wohlhabende Bürger aus Dresden und Umgebung als Ziegeleibesitzer auf. Auch sie betrachteten den Erwerb einer Ziegelei als sichere Geldanlage, in einigen Fällen auch als Spekulationsobjekt. Diese neuen Inhaber, die meist nur wenige Kennt nisse von der Ziegelherstellung besaßen, übertrugen deshalb die fachliche Leitung ihrer Betriebe Ziegelmeistern. Diese wohnten in den meisten Fällen in der Ziegelei. Ihnen wurde oft ein Buch halter, ein Brenner oder Maschinist an die Seite gestellt. Eine solche Lösung war vorteilhaft, weil die Ziegeleibesitzer aus Dresden nicht direkten Einfluß auf die Produktion nehmen konnten. Zum Führen einer Ziegelei war jetzt eine qualifizierte fachliche Leitung erforderlich. Mit der Ansiedlung von Ziegeleien in den Dresdner Vororten war das öffentliche Engage ment der Besitzer gefragt. Die Ziegeleien stellten für die Gemeinden eine zusätzliche, oft nega tive Belastung dar. Das traf besonders für Orte mit mehreren Ziegeleien zu, so für Omsewitz mit 4 Betrieben. Hier setzten sich vor allem die beiden Guts- und Ziegeleibesitzer Faust und Woß- lick als Gemeindeälteste, Gemeinderatsmitglieder und Mitarbeiter in mehreren Kommissionen über Jahre aktiv für die Belange der Gemeinde ein. In einem anderen Fall — in Sörnewitz - war der Ziegeleibesitzer gewählter Ortsrichter. 26) Ziegeleien und Denkmalschutz Ziegeleien wurden in zweierlei Form vom Denkmalschutz berührt, als Denkmal und als Liefe rant von historischen Mauerziegeln für die Denkmalpflege. Bei den Ziegeleigebäuden handelte es sich selten um interessante Beispiele für die Industriearchitektur. In Dresden gibt es nur Reste einer Ziegelei, im Naturschutzgebiet Dresden-Prohlis gelegen, die denkmalgeschützt ist. Interessant ist die Ziegelei als Lieferant von historischen Mauerziegeln. Es ist heute äußerst schwer, industriell einen Ziegel zu brennen, der den Eigenschaften eines historischen Ziegels nahekommt: im Handstrich geformt, luftgetrocknet und mit Kohle gebrannt. Diese Forderun gen sind nur schwer erfüllbar. Alle modernen Produktionsverfahren, die gegenwärtig von den Ziegelwerken angewandt werden, um »historische Patina« nachzuempfmden, bleiben sichtbarer Notbehelf. Die einzige Möglichkeit, historische Mauerziegel für die Denkmalpflege zu erhalten, besteht im selektiven Rückbau von alten Gebäuden.