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zu brennen. Purpurne Glut lohte dahinter, und über die auf- getürmten Trümmer leckten strahlende Flammen,ungen. Einen Herzschlag lang hingen sie im steigenden Sonnenglast, dann tropften sie kleine Blutwölkchen hinweg. Da begann die Welt zu atmen. In unserem Tale krähte ein Hahn, irgendwo im Walde schlug ein Fink, und bald jubelte ein tausendstimmiger Bogelchor in den Ostermorgen. Jetzt schlug der neue Tag die Augen auf. Die nahende Sonne hatte neue Farben in den Himmel gegossen, und die Erde zitterte unter der Fülle des Lichtes. Bon den Bergen floss-n Goldströme ins Tal. Gelber Glanz taumelte durch die Büsche und sog schillernde Strahlen aus dem Perlentau. Funkelndes Geschmeide rankte sich von Ast zu Ast, tausend blitzende Fiink. chen küßte der Morgenwind von den Halmen, und selbst im Spinnennetz an unserer Bonk glühten Feuerchen. Ich freute mich über den herrlichen Morgen. „Da kam der Engel des Herrn und wälzte den Stein von der Tür. Und seine Gestalt war wie der Blitz und sein Kleid weiß wie der Schnee!" Die Worte des Großvaters fielen rein und blank in mein junges Herz, und meine Seele fühlte, was er meinte. Da drüben hob das Morgenrot die Mutier des Tages aus den Wolkenkiffen. Zuerst erschien nur ein blanker Goldreifen, aber dann stieg am eigenen Glanze der lichtsatte Sonnenball in den Ostertag. Die Welt bejauchzte seinen Einzug, das ganze Tal jubelte ihm entgegen und über die Hügel wogte klingendes Tönen. Es flog mit leichten Flügeln über den Wald, brach sich an den Talwänden, quoll rein zu uns herauf und ließ die ersten Sonnenstrahlen zittern. — Das Geläut der Osterglocken. — „Jetzt ist er auferstanden!" sagte der Großvater und erhob sich. „Die Sonne ist aufgegangen!" lachte ich und wollte mich an seinen Arm hängen. Aber da stieß er mich hart von sich. Ich sah entsetzt auf sein zorniges Gesicht und wich erschrocken nach der Bank zurück. „Er ist auferstanden!" schrie er mich an, drehte sich um und stieg ins Tal. Ich sah ihm lange nach, und von Ihm irrte mein Blick über meine Heimat, und ich mußte weinen. Wen mein Großvater gemeint hatte, das wußte ich wohl, aber warum wollte er nicht das hören, was mich am meisten gefreut hatte? Auf dem Heimwege grübelte ich lange und konnte es doch nicht finden. Als ich in die Stube trat, saß er am Webstuhl beim Fenster und las in der Bibel. Ich stahl mich zu seinen Füßen und bat ihn, er möchte mir verzeihen. Da sah er mich an, fuhr mit der Hand über meine Haare und sagte feierlich: „Heute hast du den Herrn gesehen, und solches hat er zu dir gesagt!" Vie Wunderblume Von vudolk Gärtner Söldener Ginster ist tragende Gscke Gsimiick verwobenem Waldversteck«. Winkende Wipfel dicdter Siebten Nauscken und raunen Märcbengesckicbten. Kuckuck neckt von Gaum zu IZaum — Wir mitteninnen - ist es ein ^raum? Not blükt ein vlümlein am Gange. Ist es ein Graum der Mittagskeide, Daß wir, Prinz und Prinzessin, uns beide Gier im verwunsckenen Cltenreicb fanden, Lockend mit Scklangenmooskesseln uns banden? Ist es ein Lraum, was Vöglein singt, vast silbern der Quell an die Sonne springt? vast rot blükt La» vlümlein am Gange? Ewigkeiten, voll von Lntbekren, Sterben ersckauernd im SützgewSkren. Gei! vu mein Vöglein, singe mir Kelle! Sprudle, spring, sing mir, silberne Quelle! letzt ist die Stunde und kier ist der Platz, Wo man kebt de» Waldberqe» Sckatz! Got glükt ein vlümlein am Gange - — Ostern im Lausitzer Volke Von Otto Flösse!, Bautzen le ein Quell in Bergestiefen sind die vielgestaltigen Sitten, die im Schoße des Lausitzer Volkes ruhen. Sie bleiben wahr und lebendig, mögen sie gleich jahrhundertealt sein, naturfrisch und rein. So kernig die wendischen Bauerngestalten, so farbenfroh und licht» reich ihre Trachten, so urtümlich ist auch der Sinn, der diesem Volke innewohnt. Es ist ein Bauernvolk, die Scholle ist sein Reich. Im Hause ist seines Bleibens nicht. Seht nur die nieder» Fenster an! Dahinter ist nicht Raum zu langer Arbeit. Wohl spinnt man an langen Abenden den Flachs oder sitzt beim Federnschleißen. Aber das ist nur, um über den Winter hinweg zu kommen. Mehr denn einmal schaut der wendische Bauer durch die Scheiben, ob nicht der Frühling bald über die Heide kommt. Er ist ein Kind der Scholle. Erdgeruch atmen seine Lieder, Sagen und Sitten. Wie er, so sind auch sie mit der Natur vermählt. Nur wer die Seele dieses Volkes kennt, ermißt die Sehn- sucht nach dem Lenz, ermißt den Jubel, mit dem es den An- bruch des Frühlings begrüßt. Ostern ist ihm der Tag der Jahreswende, der Auferstehung. Was wissen wir in den Städten vom geheimen Weben der Natur! Ihm ist es Auf» erstehung des Lebens in der Natur. Vergangen ist die Winter nacht — der Tag bricht an. Dahinten liegen die dumpfen Stuben; er läßt sie zurück — aus offenen Türen geht er hin aus ins weite Land; nirgend mehr Beengung — überall Sich- Weilen. Der Schlaf ist dahin — in allem und jedem regt sich's mit Werden und Wachsen. Heilig ist ihm der Oster-Tag, und heilig sind ihm die Gaben dieses Tages. Sie feiert er in alten, schönen Bräuchen. Er feiert die Sonne und ihr irdisches Abbild — das Feuer. Beide spenden Licht und Wärme, sie sprengen die Todes banden des froststarren Winters und zaubern Sprossen und Blühen auf die Gefilde. Die Ostersonne erwartet man drunten im Wendenlande im Freien. Um Mitternacht wohl steht man auf. Die Jugend geht singend von Dorf zu Dorf. In der Osternacht, da geht ein Singen durch den Wendenwald. Burschen und Mädchen sitzen beisammen unter der Dorflinde bei frommem Choral. Ihr Lied preist die Sonne, die sich in rosigem Dämmern im Osten ankündigt. Dort erlebt man die Auferstehung der Natur in der Natur. Strahlend geht die Ostersonne auf über dem Lande. Ein Ostermorgen, tantrisch und schön! Und allgemach wird es lebendig in den wendischen Höfen. Da tummeln sich festtäglich gekleidete Reiter auf bändergeschmückten Raffen. Wenn vom Turme die Glocken zu läuten anheben, dann sammeln sie sich zu feierlichen Pro zessionen. In stolzen Kavalkaden geht es durch die Fluren, daß der Sand unter den blanken Hufen ausstiebt. Fahnen wehen im Winde. Bunte Bänder fliegen. Die jungen Birken am Wege haben frischgrüne Wimpel angesteckt. Gesänge klingen darein. Und die sprossenden Saaten liegen in Sonne, überall in den Dörfern, wo Wenden wohnen, übt man den Brauch. Man heißt Ihn Osterreiten. Hier und dort leuchten in der Osternacht wohl auch Oster feuer noch auf. Man zündet sie zumeist an Quellen und Bächen an. Denn lebenspendend wie das Feuer ist das Wasser. Ein Wasserspiegel belebt die dunkle Heide, und wo ein Wald- bach über Helle Kiesel springt, da lebt es frisch auf. Oster- wasser aber birgt geheime Kräfte. Doch muß man es vor Sonnenaufgang schöpfen. So wandern denn im Ostermorgen Männer und Mädchen, pilgert jung und alt hinaus zur Quelle. Die einen fassen das segenspendende Naß in Krüge und tragen's heim. Die andern besprengen sich damit, als sei 's geweihtes Wasser, netzen die Stirnen und befeuchten die Augen, denken fromme Wünsche dabei und sprechen stille Gebete dazu. Wo freilich die Jugend allein ist, da wird bald ein tolles Treiben daraus. Denn was sich liebt, das neckt sich. Das ist dort- zulande nicht anders denn bei uns. Da gießt man sich gegen-