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Nr. 11 Gberlauflhsr Hslmatzettung 1S5 Bautzener Stadttheater erfuhr, Wilhelm Friedrich samt der Reichenauer Spielertruppe. Auch seine Werke fanden an der Bautzener Bühne eine liebevolle Pflegstätte. Das Verdienst Direktor Jrmlers um die heimatliche Kunst geht aber darüber noch hinaus. Bekanntlich finden am Bautzener Stadttheater regelmäßig an verschiedenen Sonntagen während der Spielzeit Morgenfeiern statt. Diese sind in erster Reihe bestimmt, lausitzer Künstlern den Weg an die Öffentlichkeit zn bahnen. Wir sahen im Rah men dieser Morgenfeiern wiederholt lausitzer Schriftsteller dort am Lesepulte. Erinnert sei nur daran, daß Direktor Jrmler es war, der dem Bautzener Schriftsteller Willige Gelegenheit gab, in einer solchen Morgenfeier sein Griechendrama vor einem erlesenen Kreise zu Gehör zn bringen. An derselben Stelle las auch der Dresdner Schriftsteller Heinrich Zerkaulen aus eigenen Dichtungen vor. In der verflossenen Spielzeit war es vor allem die Pflege oberlausitzer Musik, die sich Direktor Jrmler in dankenswerter Weise zur Aufgabe gestellt hatte. In diesem Zusammenhangs sei nur daran erinnert, daß der in Lau sitzer Musikkreisen hochgeschätzte Musiker Oberregiernngs- rat Hoch mit seiner Kunst eine Morgenfeier füllte. Es kamen von ihm Kompositionen aller Art, instrumentale wie vokale, zu Gehör. Bereits in früheren Spielzeiten hatte man bet der gleichen Gelegenheit seine Kunst be wundern dürfen, und die letzte Morgenfeier vertiefte noch die damals empfangenen Eindrücke. Nicht unerwähnt blei ben soll auch, daß an der Bautzener Bühne zahlreichen aus übenden lausitzer Künstlern Gelegenheit geboten worden ist, ihre Kunst zu zeigen. Wir denken dabei in erster Linie an den um das Bautzener Kunstleben hochverdienten Bautze ner Domorganisten Horst Schneider, der — wiederum im Rahmen von musikalischen Morgenfeiern — wiederholt Klavtervorträge dort geboten und Beifall geerntet hat. Denkt man endlich daran, daß auf der Bautzener Bühne auch die Kompositionen des Bautzener Operettenkvmpo- nisten Rechtsanwalts Dr. Döring, zwei eindrucksvolle Operetten, aus der Taufe gehoben wurden, daß hier die Operette „Der Stein der Weisen" des Dresdner Klavier künstlers Feiger! ihre Uraufführung erlebte, die von hier aus ihren Weg über andere Bühnen genommen hat, und daß noch früher der leider viel zu früh verstorbene talent volle Bautzener Schriftsteller Manfred Reiche am Bautzener Stadttheater eine Pflegstätte gefunden hat, so sind damit in großen Umrissen die Verdienste der Bautzener Bühne um lausitzer Kunst und lausitzer Künstler gestreift worden. Das Bautzener Stadttheater hat von jeher sich um beide in ver ständnisvoller Weise bemüht, und Herr Direktor Jrmler setzt damit jetzt nur eine alte Tradition fort, allerdings nimmt er sich der Pflege lausitzer Kunst mit ganz beson derer Wärme an. Und gerade die jetzt zu Ende gegangene Spielzeit, die weit mehr als alle ihre Vorgängerinnen im Zeichen oberlausitzer Kunst stand, beweist deutlich das ver dienstvolle Einsetzen der Bühne und ihres geschätzten Lei ters um Hetmatkunstpflege. Dieses Verdienst ist um so höher anzuschlagen, als gegenwärtig die Bühnen sich in einer schweren Krise befinden, von der auch das Bautzener Stadttheater nicht verschont geblieben ist. Überall sehen sich die Bühnen genötigt, Zugeständnisse ans künstlerischem Gebiete zn machen, um sich wirtschaftlich über Wasser halten zu können. Auch das Bautzener Stadttheater hat sich den veränderten Verhältnissen anpassen und ausgiebiger denn vorher die Operette sprechen lassen müssen. Die Pflege Achter Heimatkunst bildet ein wertvolles Gegengewicht zu dem kunstverflachenden Zuge der Zeit und beweist, daß die Bühne trotz der finanziellen Schwere der Zeit Verständ nis hat für das Ringen der jungen lausitzer Künstler nm Anerkennung. Das bleibt ihr ein Verdienst, das ihr nie mand strittig machen kann und das in allen Kreisen der oberlausitzer Heimatliteratur und -knnst gebührend ge würdigt zu werden verdient. Ostern im Lausitzer Volke lVergl. den Aufsatz von Otto Flösse!, Bautzen, in Nr. 8 der O. H. Z.) I. Frenzel, Bautzen Ostern ist vorüber. Viele unserer Tageszeitungen haben schon vor dem Feste Berichte über Lausitzer Osterbräuche gebracht und nach dem Feste besonders über den Verlauf des Osterreitens in Kloster Marienstern, Radibor pp. In diesen Berichten wird das Osterreiten häufig als echt wendischer Brauch gefeiert. Das ist eine irrige An sicht. Aber wenn sie in den Tageszeitungen auftritt, so ist dies wissenschaftlich weniger von Belang, da ja solche Be richte mehr fenilletonistischer, unterhaltender Art sein sollen. Anders dagegen ist es, wenn die O. H. Z., unsere Halbmonatsschrift für Heimatforschnng und Hctmatpflege, darüber berichtet. An sie müssen wir einen strengeren Maßstab anlegen, denn sie ist für viele Beleg und Urkunde, denken wir bloß an unsere Schul- und Lehrerhäuser, aber auch weit über die Lausitzer Grenzen hinaus. Es kann da her nicht unwidersprochen bleiben, was O. Flösse! in seinem Osterartikel in Heft 8 der O. H. Z. schreibt. Als ich seinen Satz über das Osterreiten, S. 111, Abs. 3, las: „Überall in den Dörfern, wo Wenden wohnen, übt man den Brauch," fragte ich mich: „So etwas schreibt ein Bautzener? Wie ist das möglich?" Ist das Osterreiten wirklich ein echt wendischer Brauch? Ist er überall, wo Wenden wohnen, znm Volksgut gewor den? — Das Osterreiten ist jetzt kirchliche Veranstaltung, ein kirchlicher Brauch wie die Bittgänge und Prozessionen in katholischen Ländern. Es ist vielfach zum Bolksbrauch geworden, aber nicht nur unter den Wenden. In unserer Lausitz hat es sich in den zusammenhängenden Gebieten der römisch-katholischen Kirche in der Gegend der beiden Klöster erhalten,' zwischen Bautzen und Kamenz in den Kirchspielen Marienstern mit Ostro, in Crostwitz, Storcha, Radibor, Ralbitz und Wittichenau (Kr. Hoyerswerda) und beim Kloster Marienthal in Ostritz.mit Altstadt, Blumberg und Rusborf, in Grunau mit Schönfeld, in Königshain und Seitcndvrf. Ob es im katholischen Teile von Reichenau noch erhalten ist, kann ich z. Z. nicht sagen. Nur wird es in der Ostlausitz nicht Osterreiten, sondern „Saatreiten" genannt. Der Name ist treffender, denn er bezeichnet zu gleich den Zweck des Brauches: den Segen Gottes für das Gedeihen der Saaten herabzuflehen. Der Schmuck der Pferde, Satteldecken, Zaunzeug, gekräuselte Mähne, Haar schleife im Schweife, ist derselbe wie in der wendischen Pflege. An der Prozession nimmt auch ein Priester teil, der ihr im Wagen folgt. Sie bewegt sich aber nicht wie im Wendischen von einem Kirchspiele bis zur benachbarten Kirche, sondern um die eigene Ortsflur. An einzelnen Kapellen wird Halt gemacht,- liturgische Gesänge werden angestimmt, und der Priester verliest das Osterevange- lium. Die genannten Dörfer aber, die kirchlich zu St. Marienthal gehören, sind deutsche Kolonialdörfer wie Neukirch, Sohland, Ebersbach, Oderwitz pp. Auch in anderen Gegenden kommt das Osterreiten vor, so meines Wissens im Böhmischen, im Salzburgischen, in Bayern, während es in der evangelischen Wendet nicht Brauch ist. Hingewiesen sei ans die Kirchspiele Göda, Neschwitz, Königswartha, Klix, Guttau, Baruth, Gröditz, Purschwitz, Hochkirch, Kotitz, Kittlitz und auf die preußische Ober- und Niederlausitz, wo Wenden wohnen. Was man bis jetzt über Ursprung und Entstehung dieses Osterbrauches liest, daß er aus dem Heidentum stammen und die christliche Kirche ihn übernommen und in ihrer Weise ausgestaltet habe, sind nur Vermutungen. Möchte ein berufener Volkskundler sich dieser Frage annehmen und uns darüber Klarheit bringen.