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Gbevlanflhex Helmatzettung Nr. 13 1S6 Mühle verlassen wir bas morgenfrische, grüne Tal- denn unser Ziel ist der Liltenstein — das war ein böser Auf stieg von der Sellnih her, die vielen, vielen Stufen an der Steilwand empor! Müde und hungrig lagern wir oben an einem der eindrucksvollsten Anssichtspnnktc. Tief unter uns sind die gelb und grünen Teppiche der Felder und Wiesen ausgebreitet, und darüber binweg schweift das Auge zu den waldigen Bergen der Lausitz und den Kegelbcrgen Nvrd- böhmcnS, wie Kleis nnd Rosenberg. Die „Steine" — Zirkelstein, Zschirnstein, Pfaffenstein, Königstein und Papst stein — grüßen vom anderen Ufer. Wie doch das ganze Liliensteinmassiv die Elbe aus ihrer Bahn drängt und sie zu dem ganz eigenartigen Bogen eines fast vollen Kreises zwingt! Welch weiten Umweg müssen nun die Dampfer und die Züge fahren! Eine ergötzliche Kletterei durch die „Drachenschlucht" und die Besteigung der Westgipfel auf Leitern und gehauenen Stufen war noch eine besonders interessante Zugabe, ehe wir die vielen Treppen hinab steigen zur Ebenheit, jener auch von Napoleon strategisch geschätzten Hochebene, ans der sich heraus der Fels Lilien stein steil und grotesk erhebt. Das Fährboot, das uns über die Elbe trägt, hat viel Wind in den Segeln, nnd bald »ach sonnenhcißem Anstieg schauen wir vom jenseitigen Ufer über die Manern der alten Festung Königstein steil hinab ins Tal. Kahl und senkrecht strebend sind hier die Wände, unersteigbar, und die Festung darf sich rühmen, niemals erstürmt worden zu sein. Alte große Geschützrohre, an denen wohl die Verzierungen die Hauptsache waren, träumen hier unter mächtigen Buchen friedlich von alter, längst verklungener Zeit. Ein kleines Kirchlein sicht noch abseits, es erinnert an die Zeit, da die Coelestiner vom Berg Oybin hier eine Zweignieder lassung ihres Ordens hatten. Das Sehenswerteste hier oben ist ohne Zweifel der tiefe, ganz in Fels gehauene Brunnen, an dem man drei Jahre gearbeitet hat. Sieb zehn Sekunden dauert es, ehe man das Aufschlagen des hinabgegossenen Wassers auf den Brunncnspiegel hört. — Wir schreiten durch die mächtigen Manern und tiefen Tore, die die dreifach hintereinander gelegenen Höfe sperren und die mit Pechnase, Zugbrücke und Fallgatter noch gar wohl bewehrt sind. Durch die winkligen Gassen der alten Stadt Königstein begeben wir uns zur Heimfahrt. Wieder sitzen wir alle beim Morgengrauen im Zuge, doch fahren wir diesmal in anderer Richtung- denn das Lausitzer Bergland ist unser Ziel. Es ist fünf Uhr und noch kühl, aber wir müssen zeitig zur Stelle sein- denn bereits nm sieben Uhr beginnt die Arbeit in den mäch tigen Granitmerken von Demitz. Seit Jahren kenne ich sie, dock immer tiefer werden die Brüche, immer weiter dringt der elektrische Bohrer, der Eisenkeil und die Brechstange in das harte Gestein. Ganz klein erscheinen uns die Leute, die dort unten den großen Block zerteilen und vom Mutter felsen losmachcn. Ständig saugen starke Pumpen das Grnndwasser hoch und lassen cs in dicken Rohren als kleine Bäche zu Tale fließen. Der Bohrer rattert und knattert, daß der feine Steinstaub mir so fliegt, ganz durchgeschüt telt ist der Mann vom Halten des Brecheisens. In gerader Linie- frißt die Maschine eine Reihe Löcher in den Stein, dann werden starke Eisenkeile hineingcschlagen nnd mit wuchtigen Hämmern tief getrieben, bis der Block in der gewollten Weise vom Felsen abspaltet. Dann kommt die Laufkatze hcrangeschmebt. An einem starken Drahtseil hängen ihre Räder, das 300 Meter weit den Bruch über spannt und von hohen, turmartigen Eisengerüsten getragen ivird, die in gewaltigen Betonblöcken verankert sind. Von unsichtbarer Hand regiert, senkt sich von einer Doppelrolle ein mächtiger Haken mit dicken Ketten nieder. Diese werden nm den freien Block hernmgeschlungen und, als wäre alles das nur Spiel, schwebt das Felsstück in die Lüfte und über unsere Köpfe hinweg, bis es genau über der Lori hält, in die sich dann ans ein Signal mit roter Flagge hin die Last niedersenkt. Welche gewaltige Leistung, scheinbar mühe los: MO Zentner vermag die größte der Laufkatzen auf einmal zu tragen. — Hinter uns liegt die Bruchschmiede, hell klingt der Ton der schlagenden Hämmer, und sie geben mit ihren stählernen Klingen zu dem großen Liede der Arbeit den Rhythmus an. Wir treten ein: an fünf Am- bosen werden ständig die stumpf gewordenen Eisenkeile schockweise gerade geschmiedet, spitz gemacht und geschärft. Auch gebrochene Ketten liegen hier und verbogene Brech stangen. — Nun besuchen wir die vielen fleißigen Stein metzen, die in den offenen Hütten im Akkord arbeiten. Der macht Pflastersteine, die loriweise mit der Bahn abrollen, dort arbeitet einer Bordkanten, hier ein anderer Treppen stufen. Dreimal muß jeder Stein bearbeitet werden, jedes mal mit einem anders genarbten Hammer. Da ist ein großer runder Mühlstein eben fertig, der in die Reis mühlen im fernen Indien bestimmt ist. — Am Bruchhause vorn geht die rote Flagge hoch, ein Zeichen, daß alle ihren Arbeitsplatz zu verlassen haben- denn jetzt wird gesprengt, nm neues Material zur Bearbeitung bereit zu machen. Wir komnren auf unserer Flucht gerade noch bis zu dem Hause hoch oben am Hange, wo die großen elektrischen Maschinen stehen, die die Laufkatzen ziehen. Der freund liche Mann mit den Falkenaugen, der das ganze Werk übersieht, ladet uns ein, hereinzukommen- denn da draußen wird es jetzt lebensgefährlich, wenn Felsbrocken von Zent nergewicht haushoch in die Luft fliegen. Glockensignale tönen, die letzten verlassen noch eilig den offenen Platz. Am Mvtorenhause sind die Läden zu, dann geht es los. Krach folgt auf Krach, schwere Schüsse ganz in der Nähe und nach jedem das klingelnde Geräusch nachbröckelnden Gesteins. Der Boden zittert unter den Füßen, es ist wie eine grimme Schlacht, die draußen tobt, eine Viertelstunde lang. Wie wir wieder ins Freie kommen, liegen gelbe und graue Schwaden von Pulverdampf über dem Bruche. — Bald stehen wir auf dem Gipfel des Baltcnberges, der einen großen Waldmantel um hat und schauen, wie sich die schmucken Dörfer in den Tälern entlangziehen und so zu Straßendörfern werden. Im Westen ragt das Schloß Stolpen auf, und ostwärts und nach Süden erheben Kup pen über Kuppen ihre spitzen Häupter. In der wendischen Ebene im Norden blinkt Kloster Marienstern und die Teiche von Hoyerswerda. — Durch würzigen Wald wan dern wir durch Ringenhain, wo uns die freundlichen Leute gern erlaubten, eine Töpferei anzusehen. Die Ausübung jenes uralten Handwerks, das seit Jahrtausenden das gleiche geblieben ist, interessierte meine Jungen nnd Mädels aufs lebhafteste. Da saß nun der Töpfer, nur mit Hemd und Hose bekleidet, vor der kreisenden Scheibe, die er mit dem nackten Fuße durch eine Bodenscheibe trieb. Der ab gewogene nasse Ton wurde daraufgeschleudert, und dann wuchsen unter seiner geschickten weichen Hand alle die Formen und Gebilde wundersam empor, wie sie dort oben auf den Brettern zum Trocknen dastehen: Schüsseln, Beben formen, Butterdosen, Kannen und Kännchen. Mit ge schnittenen Schwämmchen erhalten manche ein Muster ge malt, bevor sie in die Glasur getaucht werden, aus der sie glänzend braun hervorkommen. Vom oberen Rand des Gefäßes wird jedoch die Glasur mit einem Schwamm ivieder abgewischt, nicht etwa, damit die Hausfrau ans dem nun rauhen Rande das Küchenmesser wetzen kann, sondern damit die Töpfe beim Brennen nicht zusammenbacken, da sie, die offenen Seiten einander zugekehrt, genau über einander gestellt werden. Es gehört sehr viel Ware dazu und vorher röochenlanger Fleiß, ehe ein Ofen gefüllt ist- Der brennt dann mit seinen sechs Feuerstellen etwa 24 Stunden. Wenn er dann verkühlt ist, wird er aufgebrochen und die Ware, die nun die bekannte schöne braune Farbe hat, ans dem Töpferbvden aufgespeichert. — llnd die Leute der Lausitz, wie freundlich waren sie alle lind gastfrei. Wie köstlich war das famose Kaffeetrinken