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»efreiuns Wenn die goldnen Stunden kommen, Vie ick längst erwartet kab, Streik ick — läckelnd — all das Sckwere Meines Vlltagslebens ab. Wandre tiekbekreit ins Weite, ssttme krok und leicktbesckwingt, Lausckend über §sid und Wisse, Wo es längst sckon singt und klingt, vückterner Verstand, was klebst du Vock am Wesen, nock am Sein, Willst du dick nickt auck erbeben, vick vom Erbenlos bekrein? Sieb, der Sckönkeit Melodien Beben sckon von Berg zu Val, Willst du ikrer Seelensspracke Lauscken nickt ein sinzigmal? Willst Lu ikrer Offenbarung, Ikres Zaubers Zeuge sein, §inde Lick bei ikr zu Safts Stumm und reinen Berzens ein. Über alles Niedre, Meine, Vlies Enge streike ab, §rsus dick der goldnen Stunden, Vie ein sckönsr vag dir gab! Nnton 2ol- Mar>chncr, Warnrdors. Eine Nachtwanderung nach dem Warnsdorfer Spitzberg Entstehung dieser Landschaft und ihre Besiedlung Von I. L. Es ist ein eigenartig schöner Reiz, der nächtlichen Sprache unsrer Heimat zu lauschen, den hellglänzenden Mond über sich ruhig dahingleiten oder aus dem Fichten dunkel den murmelnden Quell im leise huschenden Mond strahl aufblitzen zu sehen. Wer Einsamkeit sucht, wer gern mit seinem Herzen und den heimatlichen Gefilden Zwie sprache halten will, der mag mit uns aus dem nebligen Mandautal nach Mitternacht die leuchtende Spitzkunners- dorfer Straße hinauswandern. Wenn schon am sonnenklaren Tag die Lausche von diesen Höhen gesehen mächtig sich aus dem breiten Tal aufreckt, unsagbar majestätisch thront sie jetzt in selbstherr licher Erhabenheit wie eine steile Höheninsel über dem Nebelmeer. Dieses erfüllt die Täler und läßt auch über dem Gebtrgskamm seine luftigen Wellen branden. Es ist schon nach Mitternacht. Schweigend dehnt sich vor uns heimliches Waldes dunkel, hinüber bis zu den Schlupfwinkeln Karrasecks: dem Nichterberg und dem Warnsdorfer Spitzberg. Schwei gend lassen wir im Walde dann den weihevollen Frieden nächtlicher Waldesdämmerung in unser Herz ziehen. Bald lichtet sich der Walddom, und klar heben sich über dem silberverschwommenen Niedergehölz einige Waldrandfich ten wie soldatische Wächter oder mit ihrem knorrigen Ge äste wie gespenstische Kämpen gegen den monbbeglänzten Sternenhimmel ab. — Es ist inzwischen fast drei Uhr früh geworben! Über die Spitzkunnersdorfer Fluren breitet das grelle Mvnölicht nun jene nächtliche weiche Weihe, die mit un widerstehlicher Kraft in unserem Herzen eine tiefe reli giöse Andacht zaubert. Indem wir im kühlen Schatten des Waldrandes hinwandern, lenken die stillen Hellen Fluren unsere Blicke in die verschwommenen Fernen, in denen die dunkleren eingestreuten Wälder im geheimnisvollen Nachtdämmer zerblauen. Die Gedanken schwingen sich auf zum Sternenzelt, in die erhabene Stille der andren Wel ten, und fragend sinnen wir über das große Rätsel der Unendlichkeit. Sehnsucht nach der Ferne, leidenschaftliche Hingabe an das unendliche All, wo andre Welten blinken, wo unser Erdenschicksal vielleicht dereinst Erfüllung findet. Versenken in die Anfangs- und Endgründe unseres Seins — das ist uns Abendländern schließlich die tiefste Religion. Drunten im Tal werden die Menschen tagsüber wieder schaffen und erraffen, was sie für den Weg in die Zukunft brauchen. Nicht hingegeben dem Augenblick und dem trüge rischen Augenschein, martert sich der Mensch in sorgender Arbeit, sehnt sich jedes Herz für die Zukunft ab. Aber hier in stiller Nacht liegt die beziehungslose, reine Unendlich keit, schicksalsschwangere Tiefe vor uns wie das lebensvolle, dynamische Dunkelbraun eines Rembrandtschen Gemäldes, wie das in die Ferne uns entrückende Dunkel gotischer Domhallen oder Bach'scher Fugen. Wir sehnen uns hinein in das in die Ferne strebende Dunkel, weil wir im An schauen der Erde uns entrückt fühlen, darin unser tiefstes Wollen, den Grund unsres Wesens, uns selbst darin wieder finden. Der Blick in die Ferne von Bergesgipfeln bei Tag und von irgendwo bei Nacht leitet unsere Gedanken durch den Doppelsinn Horizont und Zukunft stets zurück auf uns selbst! Wir wollen gern groß sein, aber hier in stiller Natur zwiesprache ist die Natur tatsächlich etwas ganz Großes, Erhabenes, das abertausend Lebensmöglichkeiten in sich hat. Und der der Zukunft hingewandte Drang unsrer Seele, die jetzt im nächtlichen Schauen in Zukunftsvisionen sich äußert und mit Jahrtausenden rechnet, findet in der unendlichen Naturferne das Ursymbol ihres eigenen Wesens. Vor unserem inneren Auge sehen wir die großen Entdecker und Führer des Abendlandes, ihnen allen ist der Drang in die Tiefe, in die Ferne, das Heiligste. Wie Naturerkenntnis eine feine Art Selbsterkenntnis ist — die Natur als Bild, als Spiegel des Geistes verstanden —, so ist das Nachdenken über dieses forschende Vorwärts drängen, dieses Bewegungsproblem der Versuch der Er kenntnis, ihrem eigenen Geheimnis, ihrem Werden auf die Spur zu kommen. So bringt uns die nächtliche Weihe uns selbst näher, uns, die wir in übervölkerter Gegend bei Alltagssorgen kaum uns selbst finden können. In der Nacht plaudert unsere Seele ihre tiefsten Geheimnisse aus, nicht im glei- ßenden Tages- oder künstlichen Nachtlicht! Das Dunkle nur hat in sich Geheimnisse. Es allein birgt in sich Offen barungen. Aber nicht nur dem inneren Ohr und Auge zaubert die gütige Nacht Bilder von innerlichster Glut und Span nung, auch dem Beobachter äußerer, augenscheinlicher Naturvorgänge gibt sie überwältigende Beispiele ihrer landschaftlichen Energie, ihrer bildgesialtenden Kraft. In der Nacht schäft die Natur nicht, sie ist nicht erstarrtes Sein, die Natur ist stets fließendes Werden. Wir sind bereits in den Hochwald am Spitzberg ge treten. Höhenwind, der die Wolken über das Mondantlitz treibt, verleiht auch hier dem Wald eine geheimnisvolle, musikalische Sprache, die rasch vom heiteren, haschenden Presto ins tiefernste Adagio abwanüelt. Das Waldes rauschen steht mit seiner geheimen Frage nach dem Woher und Wohin, seinem Versinken des Augenblicks im Ewigen in einer tiefen Beziehung zum vorhin Erlebten, zum Schick sal, zum Gefühl für Geschichte und Dauer, zu unsrer schwer mütig-sorgenvollen Richtung der Seele in eine unendliche, ferne Zukunft. Wir fühlen hier die Verwandtschaft mit dem Orgelbrausen in unseren Kirchen, das etwas Grenzen loses und Ungemessenes besitzt. In der Nacht, die alle Einzelheiten verblassen läßt, den Gesamteindruck aber verstärkt, wirken die Laubbäume mit den irrenden Lichtflecken in ihren schattenerfüllten Räumen körperlos, grenzenlos, geistig. Der Stamm einer Fichte aber findet in der mehr geschlossenen, pyramidalen Säule ihrer Nadelmasse den vollkommenen Abschluß seines