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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 09.02.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-02-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188602095
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18860209
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18860209
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- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1886
- Monat1886-02
- Tag1886-02-09
- Monat1886-02
- Jahr1886
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 09.02.1886
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88. Aahraann ' , — - i» » — Anirrate werden btt Bormtttaa 1l Udr anaenom« > AUF» Dienstag, den N. Februar. > I 1888. -»/» LHErscheuu feden Woiyemag NachmtN. ü Uhr »Ur den ! jfft) andam Tag. Preit vieMjtchrltch 2 Mark 2b Pf., v/V. z»ttMonatlub 1 M. bO W. und «trmwnalltch 7S Pf. ü reißeMAr^E und Tageblatt. Amtsblatt für die königlichen nnd stödüschen Behörden zn Freiberg nnd Brand. Brrautwortlichcr Redaklem: Julius Braun in Freiberg. Was wird im Orient ? Die Frage um s Schicksal des Orients läßt sich aller dings leichter aufwerfen, als beantworten. So viel steht fest, die orientalischen Berhältnisse verwickeln sich täglich mehr und mehr und Niemand vermag zu sagen, wie die endliche Lösung derselben sein wird. Am 5. Februar haben in Bukarest die serbisch-bulgarischen Friedensunterhandlungen begonnen und gleich in der ersten Sitzung der Delegirten tauchte ein großes Hinderniß auf. Die serbischen Vertreter hatten den Auftrag erhalten, die bulgarische Union in die Friedensoerhandlungen einzubeziehen Die Pforte dagegen erklärte, sie werde sich in keine Verhandlungen über diese Frage mit Serbien einlassen, da dieselbe nur ihre eigenen Gebiets- und Hoheitsrechte betreffe. Wie sich mit dieser Meldung die andere vereinigen läßt, daß alle Bevollmächtigten die Hoffnung auf einen günstigen Verlauf der Verhandlungen äußerten, ist schwer zu begreifen. In Beziehung auf die weiteren Forderungen Serbiens und Bulgariens stedt die Möglichkeit einer Verständigung wohl in Aussicht. Serbien erhebt wohlweislich nicht den Anspruch auf eine Gebietsabtretung, und das Verlangen einer Kriegsentschädigung, das von Bulgarien erhoben wird, bürste im weiteren Verlaufe der Unterhandlungen fallen gelassen werden. Die bulgarische Union aber kann in Bukarest nicht zur Sprache kommen. Sie zu bestätigen oder zu verwerfen, ist Sache der Mächte, nicht Serbiens. Die Pforte und Bulgarien sind in ihrem guten Rechte, wenn sie sich weigern, über ihr gegenseitiges Abkommen mit Serbien zu streiten. Wenn man in Belgrad ernstlich den Frieden will, so wird man auf dies Begehren verzichten müssen. Will aber die serbische Regierung den Frieden? Die Antwort, welche sie auf die zweite Kollektiv-Note der Mächte ertheilte, ist so doppelsinnig, wie ein Orakel spruch der Pythia. Es wird darin erklärt, daß die serbische Regierung den Inhalt der Kollcktlvnote zur Kenntniß nehme; sie glaube, daß es ihr nicht zustehe, sich in eine Diskussion der Note einzulassen, da die Beschlüsse der Mächte einen definitiven Charakter trügen. Zweifellos will die serbische Regierung sich damit ihrem Volke gegenüber noch ihre zu künftigen Entschließungen offen halten. Serbien scheint ganz wie Griechenland den Kollektivnoten der Großmächte eine blos formale Bedeutung beizulegen und nicht zu glauben, daß diese sich zu wirklichen Zwangsmaßregeln entschließen sollten. Davon verlautet auch nichts, wohl aber spricht man von einer neuen diplomatischen Aktion, die unter Rußlands Führung stattfinden soll. Das wäre nun nichts Neues, denn die erste Kollektiv-Note ist, wie sich Jedermann erinnert, auf Rußlands Vorschlag nach Athen, Belgrad und Sofia gerichtet worden. Rußland bleibt also nur in seiner Rolle, wenn es abermals die Initiative ergreift. Welche Maßregeln wird es aber Vorschlägen? Die russische Po litik bildet das große Fragezeichen in der orlentalischen Krise. Wüßte man, was Rußland will, welches seine letzten Ziele sind, so könnte man mit einem sichern Faktor rechnen. So aber ist seine Politik die unbekannte Größe, die man suchen muß. Das erschwert die Betrachtung der Dinge auf der Balkan-Halbinsel außerordentlich. Offiziell schweigt Rußland vollständig; die Petersburger Journale reden, aber sie vermehren nur die Verwirrung Wenn heute das Journal de Saint-Pötersbourg andeutet, daß das türkisch- bulgarische Uebereinkommen, uni in Rechtskraft zu erwachsen, erst durch die Zustimmung aller Betheiligten sanktionirt werden müsse, so stößt es mit diesem selbstverständlichen Satze eine offene Thür ein, denn Niemand hat noch daran gezweifelt, daß das Uebereinkommen der Zustimmung der Mächte bedarf. Ueber die Absichten Rußlands giebt tue Aeußerung des Journals de Saint-Pötersbourg keinen Aufschluß, höchstens bestätigt sie die Annahme, daß Ruß land das Abkommen, welches sich jetzt, da wir cs voll ständig kennen, als ein förmliches Schutz- und Trutzbündniß zwischen der Türkei und Bulgarien herausstellt, nicht zu billigen beabsichtige. Hängt damit die angebliche Weisung an den russischen Gesandten in Belgrad zusammen, bei den serbisch-bulgarischen Frirdensverhandlungen dürften die Bestimmungen des Ber liner Vertrags auf keinen Fall in die Debatte gezogen werden ? Das ist wieder ein völlig unklares und doppeldeutiges Orakel. Man kann es so erklären, daß Rußland den Ber liner Vertrag noch immer ausrechthalten und das Abkommen zwischen Bulgarien und der Pforte verwerfen wolle. Allein wenn wir auch diese Absicht des Petersburger Kabinets voraussetzen, so würde es dennoch unverständlich sein, warum Herr v. Giers eine solche Instruktion an den Ge sandten in Belgrad schickte, da Serbien keine einzige Friedens bedingung gestellt hat, welche den Berliner Vertrag berührte.! Man muß daher annehmen, Rußland wolle der Debatte über die bulgarische Union Vorbeugen und begegne in diesem Bestreben den Anschauungen der Pforte. Die Weisung an den russischen Gesandten m Belgrad hätte dann nicht den Zweck, Serbien zu ermuthigen, sondern die von der serbi schen Regierung gewünschte Einbeziehung der bulgarischen Union in die Friedensverhandlungen zu vereiteln. Wenn dies der Beginn der neuen diplomatischen Aktion Rußlands sein würde, so wäre nichts dagegen einzuwenden. Aber so lange man nicht ganz genau über die Haltung des russischen Kabinets unterrichtet ist, so lange man nicht weiß, ob man in Petersburg, worauf schließlich Alles ankommt, den Frieden zwischen Serbien und Bulgarien beschleunigen oder verzögern, ob Rußland auf der Konferenz, die wohl demnächst wieder in Konstantinopel zusammenlreten wird, das türkisch-bulgarische Uebereinkommen gutheißen oder ver werfen will — so lange tappen wir im Dunkeln und sind lediglich auf Vermulhungen angewiesen. Und unter solchen Umständen ist es zur Zett nicht möglich, die Frage zu be antworten: was wird im Orient? Tagesschau. Freiberg, den 8. Februar. Die Berathungen der Ausschüße des deutsche« Bundes - rathes über die Branntweinmonopol-Vorlage haben täglich Sitzungen^ von mehrstündiger' 'Dauer uvthig gemacht. Von Baiern, Württemberg, Hessen und Mecklenburg sollen Ab- änderungsanträge von mehr oder weniger einschneidender Be deutung zu der Vorlage eingebracht sein oder cmgcbracht wer den. Daß Baden den Entwurf ohne einschneidende Aenderungcn nicht für annehmbar hält, Hal in der letzten Kammersitzung (vergleiche weiter unten > der Staatsminister Turban ausdrücklich erklärt. Bekanntlich hat auch Herr von Ellstätier in den letzten Tagen in Bersin an dtp Berathungen Theil genommen, während der bairische Fincmzmmister Herr von Riedel bereits wieder nach München zurückgekehrt ist. An Stelle des bisher bei dem Reserat betheiligten württembergischen Ober-Steuer- raths Fischer ist jetzt der württembergische Ministerialdirektor v. Moscr berufen worden. Am Sonnabend sollte die erste Lesung der Vorlage zu Ende geführt werden, und dann, bevor cs zur zweiten Lesung kommt, erst eine Beschlußfassung der Einzclregierungen über ihre Stellungnahme stattfinden. Man darf sonach erwarten, daß der Entwurf in wesentlich ver änderter Gestalt an den Reichstag gelangen wird. In welcher R-chtung sich die Abändcrungsanlrage bewegen, darüber ver lautet noch nichts. — Die Konservativen, die Frcikonservativen und die Nationalliberalcn des deutschen Reichstags bringen folgenden Antrag ein: „In Erwägung dessen, daß es versucht wurde, den Z 27 der Geschäftsordnung in Wider spruch mit seinem Zweck, seiner Entstehungsgeschichte, der bis herigen Anwendung, sowie mit der Natur der Sache auf solche Resolutionen zu beziehen, deren allgemeiner Gehalt eine finanzielle Vorprüfung nicht gestattet, in Erwägung ferner, daß einer hiernach unberechtigten Berufung auf diesen Paragraphen vorzubeugen ist, empfehlen wir, die Geschästsordnungskommission damit zu beauftragen, eine den vorstehenden Erwägungen entsprechende Fassung Les Paragraphen vorzuschlagen." — Im preußischen Abgeordnetenhaus e wurde am Sonnabend der Etat des Innern berathen. Bei der Position „Ministergehalt" erörterte Abg. Dirichlet die Anwendung des Bestätigungsrechtes gegenüber den Kommunalbeamten und bemerkte, der Minister habe von der Nichtbestätigung den umfangreichsten Gebrauch gemacht, wie verschiedene Fälle in Tilsit, Insterburg und Posen bewiesen. Der Minister behauptet zwar, er lasse bei der Nichtbcstätigung nicht politische, sondern nur fachliche Gründe gelten, er habe aber den Gemeinden gegenüber eine Reihe von Maßnahmen ausgeübt, welche der Städtcordnung zuwiderliefen. Der Minister des Innern v. Puttkam er bestritt dieses und konstatirte, er habe das politische Verhalten als Versagungsgrund der Bestätigung keineswegs ausgeschlossen, namentlich wenn es sich bei einer Wahl um eine agitatorische Demonstration gegen die Negierung handle. Uebrigens habe das Haus kein Recht, die Darlegung der Gründe sür die Ausübung des zweifellos verfassungs mäßigen Nichtbestätigungsrrchtcs zu verlangen. Die Bestätigung der liberalen Tilsiter Wahl beweise, daß die Regierung ohne Vorurtheil bezüglich der politischen Stellung des Gewählten handelte, auf die Posener Wahl habe die Negierung, nicht er (der Minister) einen Einfluß ausgeübt, er selbst sei durch dir Wahl Müllers überrascht gewesen, glaube aber, in demselben einen geeigneten Mann sür die Wahrung der städtischen Ju- I teressen gefunden zu haben. Dem Abg. Hänel gegenüber er klärte der Minister, er lehne es nur ab, den Schleier von jenen Vorgängen zu ziehen, welche die Regierung zur Nicht bestätigung bestimmten, er lehne aber nicht die politische Ver antwortlichkeit ab; sür ihn (den Minister) sei nur das Wohl und da- Interesse des Staates bestimmend; dazu gehöre aller dings, agitatorische Elemente der freisinnigen Partei von de« städtischen Tischen der Verwaltung sernzuhalten. Im weiteren Verlause der Debatte wies der Abg. Dirichlet die Aeuße- rung des Abg. v. Minnigerode zurück, daß die freisinnige Partei eine Gegnerin der Krone und deS Königthums sei; seine Partei, so bemerkte Redner, stehe keiner anderen an Königslreue nach. Abg. Zelle forderte Beweise sür die Be hauptung des Abg. Minnigerode, andernfalls müße er sie al- verleumderisch bezeichnen. Vizepräsident v. Heeremano erklärte die Aeußerung des Abg. Minnigerode als unzulässig. Rach der weiteren Debatte, die sich um das Bestätigungsrecht und um die Ausweisungsfrage bewegte, wurden der Gehalt des Ministers und einige weitere Etatsartikel genehmigt. Die Fortsetzung der Debatte findet am Montag statt. — Wie nothwendig die schleunige Ergreifung energischer Maß regeln gegen die Polonisirung der Ostprovinzen ist, dafür geht der „Nordd. Allg. Ztg." ein reichhaltiges Bewcismaterial zu. Selbst in Orten, die noch anfangs diese» Jahrhundert» ganz deutsch waren, befindet sich heute die deutsche Bevölkerung in der Lage des Unterdrückten, der Bei stand verlangt. Aus einer Stadt in Westprrußen theilt man dem genannten Blatte mit, daß dort ein polnisches Mitglied der OrlS-Schulbehörde. systematisch jede deutsche Schulwirk- samkeit hindert und in diesem Bestreben durch polnische Agitatoren in dem Magistratskollegium unterstützt wird. Die mit größter Mühe deutsch gebildeten katholischen Kinder empfangen polnischen Katechumenen-Unterricht, werden in polnischer Sprache eingcsegnet und bekommen als Glieder der Kirchengemeinde lein deutsches GotteSwort zu hören, weil die beiden katholischen Geistlichen in der vom deutschen Ritter orden erbauten Pfarrkirche nur polnisch reden. Unter s» machtvollem Einfluß verkehren auch Lehrer der Jugend im eigenen Hause und in der Schulgemeinde fast nur polnisch. Jeder Geschäftsmann ist um Geschäftsvortheils willen bestrebt, sich so polnisch als möglich zu zeigen. — In der Nacht zum Sonnabend fand in der Wohnung des General- Radziwill am Pariser Platz zu Berlin ein Einbruchs diebstahl statt, wobei eine große Anzahl werthvoller Gold- und Silbcrgegenstände entwendet wurden. Ein Theil derselben wurde Sonnabend früh in einem Bosquet am Pariser Platz ausgesunden. Von den Einbrechern, welche vor einigen Tagen einen Diebstahl bei dem General von Albedyll aussührtcn, ist nunmehr einer verhaftet. — Die „Bonner Zeitung" meldet: „Prinz Friedrich Leopold von Preußen ist an einer Lungenentzündung erkrankt." In der badischen zweiten Kammer beantwortete am 6. d. Staatsminister Turban die an ihn gestellten Anfragen über die Haltung der Regierung gegenüber dem Brannt weinmonopol dahin: eine Aenderung der norddeutschen Branntweinbefteucrung würde sür Baden bei längerer Ab sonderung schwere Nachtheilc herbcisühren. Er hoffe, der Bundesrath werde den Entwurf derartig gestalten, daß an- MchtS der überwiegenden Vorthcile desselben Baden die Zu- timmung möglich fei. Die Regierung werde übrigens ihre Zustimmung erst aussprechen, wenn sich beide Kammern mit der Aufgabe des bezüglichen Refervatrechts einverstanden er klärt hätten. Ja Oesterreich wird die öffentliche Meinung augen blicklich durch die vom deutsch-österreichischen Klub genehmigte Bismarck-Resolution beherrscht, deren Annahme der deutsche Reichskanzler mit richtigem Taktgefühl ablehnte. Man streitet darüber, ob es zulässig war, in einer so heiklen Sache, wie eS die Polenfrage ist, die ja in Oesterreich eine noch weit größere Bedeulung hat als in Preußen, derart ostentativ vorzugehen und einem „ausländischen" Staatsmann seine Sympathie aus- zudrückrn. Jedes Ding hat, wie man im gewöhnlichen Leben agt, seine zwei Seiten — so auch hier. Die Deutschen in Oesterreich haben es den Czechen nie verzeihen können, daß ich dieselben in politischen Adressen nach Moskau wandten. Der deutsche Klub hat jetzt nach dem czechischen Rezept ge handelt. Und das ist uni so verhängnißvoller, als ohnehin die Deutschen nur zu häufig landesverrätherischer Gesinnung angcklagt wurden. Es läßt sich gar nicht leugnen, daß in ein zelnen Gesellschaftsschichten Oesterreichs eine Deutschtümelei eingerissen ist, welche über kurz oder lang zu internationalen Mißhelligkeiten zu führen droht. Ein Anderes ist der Aus druck nationaler Zusammengehörigkeit und Kulturgememschast, ein Anderes das Spiel mit staatlichen Problemen. Man kann
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