9 eine auf das Evangelium bezogene Motette antworten. Diese zur Tradition gewordene Aufgabe führt der Kreuzchor bis zum heutigen Tage unverkürzt und unverändert weiter. In einer Verein- barung zwischen dem Rat der Stadt Dresden und der Kreuzkirchgemeinde, die im Jahre 1972 geschlossen wurde, ist das Singen des Kreuzchores in der Kreuzkirche vertraglich verankert. Das Einpflanzen des Kreuzchores in die Kreuzkirchgemeinde erfolgte weiterhin durch die Einfüh rung der Christmette (1936) und der Ostermette (1941), in denen die Weihnachtsgeschichte bzw. das Ostergeschehen durch ein musikalisch reich ausgestattetes Spiel dargestellt wird. Als Kind des Erzgebirges hatte Rudolf Mauersberger eine besondere Liebe für die Bergmänner, die in das Dunkel der Erde einfahren, aber noch mehr für die lichttragenden Engel Gottes. Es ist kein Zufall, daß er namentlich den Engeln in seinem Schaffen breiten Raum gibt. So läßt er in der Christmette die himmlischen Heerscharen durch eine große, in weiße Gewänder gekleidete und brennende Kerzen tragende, Kurrende darstellen und läßt zusätzlich noch sieben singende bzw. sprechende Engel erscheinen. Ich bin jedoch überzeugt, daß nicht allein die erzgebirgische Tradi- tion dafür Ursache ist, sondern daß bei der Frömmigkeit Rudolf Mauersbergers biblische Aussa gen über die Engel und daraus erwachsende theologische Kenntnisse die Grundlage bilden. Was sagt die Bibel über die Engel? Hebräer 1,14 steht: „Gottes Engel sind allzumal liturgische Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die ererben sollen die ewige Seligkeit.“ Das heißt, der Engel steht vor Gott, liturgiert, und ist gleichzeitig der Gesandte (Angelos - Bote) Gottes in die Welt hinaus. Diese Doppelaufgabe der Engel hat Rudolf Mauersberger gesehen und in die Tat umgesetzt.