Peter Gehrisch Wie viele Deutsche beteten für das Ende des Krieges? Deutsch-polnische Beziehungen in der Literatur Seit Jahrhunderten belasten Stereotype das Verhältnis zwischen Polen und Deutschen. Für den Deutschen subsummiert sich das, was er von dem Polen hält, meist unter dem Spruch von der »polnischen Wirtschaft«. Der Deutsche hingegen gilt dem Polen als arrogant, pedantisch, herz los. Bereits im 17. Jahrhundert findet sich in einem Sinnspruch Waclaw Potockis ein Wort, wonach »der Deutsche niemals dem Polen Bruder sein wird«. 11 Die Entwicklung während und nach dem Zweiten Weltkrieg trug im besonderen Maße dazu bei, die Stereotype des Negativen zu verstärken. Das Bild vom häßlichen Deutschen entsprach aber auch der Ideologie sowjetischer Bevormundung. Demnach war, Berichten deutscher Emigranten zufolge, jeder Deutsche in der Zeit nach dem Angriff Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion, ob Kriegsgefangener oder Kommunist, ein »Faschist«. In Polen selbst wurde der Widerstand patriotisch gesinnter Polen zerbrochen, die sich, der Tradition der Heimatarmee (Armia Krajowa) entsprechend, im Unter grund organisiert hatten. Die Potsdamer Konferenz 1945 besiegelte die Verschiebung von Staatsgrenzen zugunsten der UdSSR, wobei der Zivilbevölkerung durch den Verlust heimat lichen Bodens tiefes Leid widerfuhr. Das betraf im gleichen Maße die ehemaligen deutschen Ost gebiete wie Ostpreußen und Schlesien als auch - was den Deutschen im allgemeinen bislang weniger ins Bewußtsein gedrungen ist - Gebiete im Osten Polens, von den Polen kresy 21 genannt. Die gegen die polnische Souveränität und Unabhängigkeit gerichtete Ideologie setzte sich mehr und mehr durch mit dem Effekt, daß Ereignisse aus der deutsch-polnischen Geschichte in eine Formel gepreßt wurden, wonach die Wurzel für den »Faschismus« gleichsam in allen vorangegangenen geschichtlichen Konflikten zu finden war. Die Taten der Kreuzritter (kr?yzacy) und der Geist der Preußen (prusy) hatten dem Klischee vom bösen Deutschen zu ent sprechen. In der DDR zählten bestimmte Kapitel im beiderseitigen Verhältnis zu den Tabus, über die aufgrund des Dogmas vom Klassenkampf nicht gesprochen wurde. Das Thema der Vertreibung wurde weitgehend ignoriert. Auch westlich der innerdeutschen Grenze kam es zu einer befrei enden Verständigung zwischen Polen und Deutschen nicht sofort. Willy Brandts Kniefall 1970 in Warschau 3 * gilt als das erste deutliche Zeichen der Aussöhnung. Erst mit der Erklärung des Bundespräsidenten im vereinigten Deutschland, Roman Herzog, 1995, haben sich die Bezie hungen zwischen Deutschen und Polen nachhaltig zum Vorteil entwickelt. Inzwischen ist seit dem politischen Umbruch 1989, zumindest zwischen Schriftstellern und anderen Intellek-