42 Gerhard Glaser Staats- und wirtschafts politische Gesichtspunkte bei der Einrichtung des Grünen Gewölbes Der Besucher der Dresdner Sammlungen erlebt den Glanz der Kabinettstücke und Juwelen garnituren des Grünen Gewölbes gegenwärtig in einer 1974 neugestalteten Interimsausstel- lung, inmitten anderer Sammlungen im Albertinum. Es wird ihm dabei kaum bewußt, daß es sich hier um den sächsischen Staatsschatz handelt, der nicht in Gestalt von Gold- und Silberbarren und Diamanten in Tresoren lagerte, sondern zu Kunstwerken wurde, die mit einander und mit den eigens für sie im Geiste des barocken Spiegelkabinetts künstlerisch gestalteten »Tresoren« an historischem Ort im Erdgeschoß des Westflügels des Dresdner Residenzschlosses ein Gesamtkunstwerk bildeten. Tresore waren diese Räume in der 1 at, die Wände 1,40 m bis 2,60 m stark, zwischen den Räumen massive Eisentüren von mehreren Millimetern Stärke, die Fenster vergittert und zusätzlich von ebenso massiven eisernen Laden verschlossen. Ein derartiger, gleichzeitig »bautechnischer Brandschutz« hat es vermocht, daß fünf der acht Räume dem Feuersturm am 13. Februar 1945 widerstanden und nahezu unver sehrt blieben. Außerdem wurde der Staatsschatz geschützt. »Das Grüne Gewölbe ist sehr gut bewacht, die Türen gut verschlossen, man visitiert sie auch alle Tages- und Nachtstunden, und die Schlüssel sind gut versteckt und beim Marschallamt hinterlegt«, schreibt Graf Watz dorf am 27. Februar 1727 an August den Starken nach Warschau. 1 ' Zu diesem Zeitpunkt war erst der erste Bauabschnitt, der nördliche Teil, vollendet. 1726 notierte der Chronist Iccander: »Der Eingang in dieses Gewölbe ist mit einer doppelten Flötz-Treppen versehen, und stehen zu beyden Seiten derselben, sowohl zum Etaat als auch zur Beschirmung Schild- wachen«. 2 ' Der Staatsschatz war »zum Etaat«, war repräsentativ bewacht. Und ein anderer Chronist wurde außen- und wirtschaftspolitisch wirksam, wenn er 1734 schrieb: »Die Königliche Schatzkammer, im allgemeinen das Grüne Gewölbe genannt, befindet sich im Schloß. Es sind drei gewölbte Räume, die ungeheure Reichtümer enthalten; man sieht über all nichts als Gold, Edelsteine und Diamanten. Es ist eine der schönsten Stätten der Welt...« Nach der anschließenden Beschreibung der einzelnen Edelsteingarnituren bemerkt der Baron de Pöllnitz abschließend: »... Alle diese schönen Sachen erscheinen noch vorteilhafter durch