53 - als durchaus prestigeträchtiger Nebeneffekt - die jahrhundertelange Tradition der Herr schaft des Hauses Wettin an diesem Ort anschaulich vor Augen führen ließ. Der Einsatz hochbarock-moderner Gestaltungsmittel konnte bzw. mußte sich nun auf die Orangerie im Zwinger konzentrieren, deren primäre Funktion als Aufstellungsort von Orangenbäumchen bald nebensächlich geworden war: der Zwinger wurde nun zum strahlenden Schauplatz für den Splendor der Festkultur des Dresdner Hofes, zugleich zum Kristallisationspunkt eines vielschichtigen ikonographischen Programms, das vor allem die durch die Königswürde und die Verbindung mit dem Kaiserhaus gesteigerte Bedeutung des sächsischen Hofes innerhalb des »Heiligen Römischen Reiches« zum Inhalt hat 16 * - also ein Thema, das bislang im Rie sensaal des Schlosses veranschaulicht worden war. Eine solche Verlagerung der künstlerischen Akzente vom eigentlichen Sitz des Herrschers weg und hin zu einem Bauwerk, das primär als Rahmen für Festivitäten dient, blieb im barocken Residenzbau Mitteleuropas einmalig. Johann Alexander Thiele hat diese Verlage rung der Gewichte in seinen bekannten Ansichten 17 * eindrucksvoll in Malerei umgesetzt: während sich das Residenzschloß im graubraunen Dunkel der Stadt verliert, beherrscht die sonnenbeglänzte Darstellung des Zwingers (hier mit ephemeren Erweiterungsbauten) das Bild. Der sächsische Hof und sein Architekt Pöppelmann hatten damit eine unverwechselbare Sonderlösung geschaffen, die sich markant von den übrigen barocken Residenzbauten Euro pas unterscheidet; erst der hohe Stellenwert, den man in Dresden dem Fest zugemessen hat, kann diese singuläre Situation erklären. Die Bedeutung des Zwingers als künstlerisches Zentrum im Gesamtgefüge des Residenzareals hatte dann übrigens auch weiterhin Bestand: nahezu alle der späteren Ausbauplanungen der Residenz (Pöppelmann, Jean de Bodt, Longuelune, Chiaveri, Cuvillies) wählen nicht mehr das Residenzschloß als Bezugspunkt der Erweiterung, sondern orientieren sich in ihrer ach sialen Ausrichtung an dem neugeschaffenen Akzent des Zwingerhofes. V Schon die Tatsache, daß die Planungen für Schloß und Zwinger sehr wesentlich von den Hochzeitsfestivitäten des Jahres 1719 bestimmt worden sind, ist ausreichender Beleg für die zentrale Bedeutung dieses Festes für den Dresdner Hof. Das insgesamt vierwöchige Spektakel - präzise vorbereitet und mit ungeheurem Aufwand in Szene gesetzt - zählt zu den »kom plettesten« Festveranstaltungen, die je in Europa stattgefunden haben. 18 * Mit gutem Grund konnte der Hofzeremonienmeister Johann von Besser rühmend darauf verweisen, »daß bey diesem eintzigen Beylager fast alle Lustbarkeiten des gantzen menschlichen Lebens vereinba ret gewesen«. 19 * Zu seiner Vorbereitung hatte August der Starke, der als eigentlicher Regisseur des Gesche hens fungierte, die Beschreibungen älterer Dresdner Feste (besonders der Zeit Johann Georgs II.) konsultiert. Die »hochzeits-spezifischen« Ereignisse (Einholung der Braut, Einzug in die Stadt, Empfang im Schloßhof und an der »Englischen Treppe«, Festessen und Ball im »Riesensaal« etc.) wurden in einen größeren Gesamtrahmen eingegliedert, der dem bereits