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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.07.1858
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 05.07.1858
- Sprache
- Deutsch
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84. 5. Juli. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 1191 Jahrtausends, „Gutenbcrg's Buchdruckcrkunst," hervor und sic ist cs, welche dem Buchhandel erst seine hohe Bedeutung gegeben hat. j Von Deutschland aus eröffnet«: die Kunst zuerst mit ihren Erzeugnissen den Handel, weßhalb cs auch als die Wiege des eigent lichen buchhändlerischen Verkehrs zu betrachten ist. Außer den zahl- ! reichen Klöstern, Stiftern und den hohen Schulen, waren es vor- ^ zugsweise die im Aufblühen begriffenen Messen, wo die damaligen j Buchdrucker den Hauptabsatz für ihre Preßerzeugnisse fauden. Vor- j züglich bildete Frankfurt a. M. seit dem ersten Viertel des sechzehn ten Jahrhunderts den Mittelpunkt des deutschen Büchcrverkehrs. Als ^ aber Luther, der große Kampfer für Denk- und Glaubensfreiheit, ! erschien, der sich in Schrift und Rede gegen die zahlreichen Miß brauche der Kirche erhob, und seine kräftige Stütze in der Buch druckerpresse fand, begann in Folge der Reformation die Cultur- wandcrung des deutschen Geistes nach Norden, und der vielbesuchte Meßplatz Leipzig wurde für den Buchhandel des Nordens, was Frankfurt für den Süden war. In Frankfurt wurde der Buch handel durch die Einführung einer kaiserlichen Büchcccommission im mer mehr beschränkt und belästigt, und cs konnte daher in derThat nicht Wunder nehmen, daß das durch eine eigene, sowie durch die nahe Wittenberger Universität und von der sächsischen Regierung in Bezug auf Bücherwescn vor Frankfurt hochbcgünstigte Leipzig nach und nach den literarischen Verkehr immer mehr an sich zog. In dem Herzen Deutschlands gelegen, bietet Leipzig für den Osten und Norden Europa's den wichtigsten Vcreinigungspunkr han deltreibender Nationen; für den deutschen Buchhandel aber ist es die Pulsader des Verkehrs aller Länder geworden, welche Literatur ver brauchen oder produciren. Und so finden wir gegenwärtig hier nicht weniger als 168 Buch-, Kunst- und Musikalienhandlungen, zum Theil Verleger, als Producenten, zum Theil Sortimcntshändler, als Vermittler derVer- leger und des PublicumS, oder Commissionshandlungen, als Ver mittler des eigentlichen geschäftlichen Verkehrs der Buchhandlungen aller Länder unter sich. In naturgemäßer Folge dieser speculativen und industriellen Ausbildung mußten auch alle diejenigen Geschäfts zweige einer höhern Blüthe und Vollkommenheit zugesührt werden, welche im Dienste des Buchhandels stehen, die Buchdruckerkunst und die Schriftgicßerkunst, sowie alle die graphischen und technischen Künste, welche zur Herstellung literarischer und künstlerischer Objecte Anwendung finden, oder zu deren Ausführung Mitwirken. So zählt Leipzig gegenwärtig 38 Buchdruckereien und 10 Schriftgießereien. Für Jeden, der nach Erkenntniß und Belehrung strebt, muß es vom höchsten Interesse sein, einen liefern Einblick in die Stätten zu thun, aus denen ihm die geistige Nahrung in einer für die wei teste Verbreitung geeigneten Form zugeführt wird. Nur Wenige mögen bei dem Lesen eines Schriftstückes sich bewußt sein, welche Stadien dasselbe zu durchlaufen hat, bevor es an die Oeffentlichkeit hervvrtreten kann, in seiner Vollendung den gesteigerten Anforder ungen zu genügen, welche gegenwärtig der in den weitesten Kreisen ausgeprägte Kunstsinn an typographische Erzeugnisse macht. Es wird daher gewiß vielen unserer Leser willkommen sein, wenn wir sie auffordern, uns in die Werkstätten der Kunst und Industrie zu begleiten, deren Aufgabe es ist, die Producle des Geistes zu verviel fältigen und das, was der menschliche Geist des Einzelnen gedacht und erforscht, zum Gemeingut Aller zu machen. Wir wählen zu diesem Besuch die Ofsicin von F. A. Brock haus, welche eine Vereinigung fast aller auf dem Gebiete der typo graphischen Production mitwirkenden Geschäftszweige aufweist und uns Gelegenheit bietet, die Herstellung der Schriftstücke von der rohen Schriftmasse bis zu ihrer Vollendung als fertige Bücher in allen Stadien zu verfolgen, um ein lebendiges Bild der gesammten typographischen Thätigkcit vor uns aufzurollen. Die Schriftgießerei. Die Buchdruckerkunst verdankt ihre Entstehung dem Bedürfnisse, die Schrift durch Farbendruck leichter und schneller zu vervielfältigen, als dies durch Wiederholung mit der Hand und der Feder möglich ist. Als Vorläufer der Buchdruckcrkunst ist die Holzschneidekunst zu betrachten, vermittelst welcher die Schrift in Holztafeln erhaben ge schnitten wurde. Das Buchstabcnalphabet der Sprachen führte aber bald darauf hin, die ganzen Holztafeln zu zerfallen und die Buch staben einzeln in Holz, Blei oder Zinn zu schneiden, um aus den selben Druckformen für die Schrift zusammenzusetzen, welche nach gemachtem Gebrauche auseinander genommen und zu einer neuen Form wieder gebraucht werden konnten. Durch dieses Zerfällen eöst entstand die zweite Verfahrungsweise,diesogenannteTypographi e. Die Lettern oder Buchdruckertypen sind vierseitig pris matische, aus Schriftzeug oder Schriftgießermetall gegossene Stäb chen , deren Begrenzungsflächen in rechten Winkeln zu einander ge stellt sind, und deren Höhe ganz gleich sein muß, damit ihre obern Flächen nach Vollendung des Satzes in einer und derselben Ebene liegen und bei dem Abdrucke mit dem Papiere gleichmäßig in Berühr ung kommen. Auf der obern Flache des Typenkörpers befindet sich das abzudruckende Zeichen erhaben und in v erkeh r ter Stel lung. Eine Anzahl Lettern so mit einander verbunden, daß sie ad- gedruckt einen bestimmten, zusammenhängenden Text geben, bildet einen Schriftsatz oder kurzweg Satz. Da nun diese Typen, um den Schriftsatz herzustellen, geeignet sein müssen, in jede beliebige Ordnung gebracht zu werden, so kann natürlich eine Type in der Regel auch nur ein einziges Schriftzeichen darstellen. Um diese Typen hervorzubringen, muß man zuvörderst ein Original des gegossenen Buchstabens (Stempel) haben , welches das Schriftzeichen ebenfalls erhaben und verkehrt enthält. Dieser Stempel wird, als Vater der Schrift, Vaterbuchstabe oder Pa tri ze genannt. Da nun aber zum Gießen der Lettern eine Form erforderlich ist, welche das Schriftzeichen vertieft enthält, damit die darin abgeform- tcn Lettern wieder erhaben erscheinen, so werden die aus Stahl ge fertigten Schriftstempel in ein weicheres Metall und zwar gewöhn lich in Kupfer eingeschlagen. Diese Abschläge nennt man Mutter- buchstabcn oder Matrizen. So vorbereitet, treten wir nun in den Gießersaal ein, wo wir sieben Gießöfen und an jedem drei bis vier Gießer beschäftigt fin den. In dem Feuerungsraume des Gießofens hängt ein gußei serner Kessel, welcher das geschmolzene Metall in flüssigem Zustande enthält. Das Schrifkmetall besteht aus einer Legirung von Blei mit Anlun<„iuim UsAuluü. Das Gießen der Lettern wird vermit telst einer besondern Form, des sogenannten Gießinstruments, ausgeführt, in welches die Matrize so hineingelegt wird, daß das Schriftmetall durch cine Ocffnung einflicßen kann. Der Gießer steht an dem inmitten des Ofens eingesetzten Kessel, in seiner linken Hand das geschlossene Instrument, und in der rechten den Gießlöffel, mit welchem er den Zeug faßt und in das Instrument gießt. Sobald dies vor sich geht, macht er mit dem Instrument eine rüttelnde Be wegung (Wendung), wodurch der Schriftzeug durch den Einguß und den inner» freien Raum hindurch in die unten anliegende Matrize fließt. Ein geschickter und fleißiger Schriftgießec kann bis 4000 Buchstaben in einem Tage gießen. Als das Maschinenwesen für die praktische Ausübung derKünste und Gewerbe immer größere Bedeutung und Anwendung fand, wur den auch mehrfache Versuche gemacht, das Gießen der Lettern durch Maschinen auszuführen. Applegath in London und Andere con- struirten die ersten Maschinen, die aber sämmtlich ibrem Zwecke nicht entsprachen. Endlich wurde in Amerika eine solche Maschine gebaut, von welcher ein Modell durch E. Häncl in Berlin in der Werkstatt von F. A. Blockhaus ausgenommen und so wesentlich umgewandelt
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