Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.05.1861
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 08.05.1861
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18610508
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-186105088
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18610508
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1861
- Monat1861-05
- Tag1861-05-08
- Monat1861-05
- Jahr1861
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
der Geschichte, der Mathematik, der Naturwissenschaften und des Rechts, und nachdem er sich in Tübingen als Rechtsanwalt habi litier hatte, übernahm Cotta, auf den Wunsch seines Vaters, die Leitung des Geschäfts, das seil fast zwei Jahrhunderten im Besitz seiner Familie sich befunden hatte. Fast mittellos trat er in einen beschränkten Kreis geschäftlicher Thätigkeit, die er bald zu einem bisher nicht geahnten Umfange steigern sollte. Cotta war ein staatsmännisches Talent der edelsten und besten Art, der Staatsmann im großen Styl ist der innerste Kern seines Wesens. Durch häufige Reisen, namentlich durch öfteren Aufenthalt in Paris, wo er mit Schlabrendorf, Oelsner und Förster in nähere Verbindung trat, hatte er sich eine ausgebrcitetc Kcnntniß der politischen Zustände und einen Einblick in die per sönlichen Bezüge und Triebfedern derselben gewonnen, wie sie wohl nur wenigen Zeitgenossen zu Gebote stand. Seine scharfe Beobachtungsgabe ließ ihn bald erkennen, daß eine großartige buchhändlerische Thätigkeit nur auf der Grundlage einer politischen Zeitung zu errichten sei, daß er vor allem ein solches Institut zu schaffen habe, um seine Fäden an demselben anknüpfen und von hier aus nach allen Seiten hin ausspinnen zu können, daß nur der Besitz einer politischen Zeitung, wie sie in Deutschland noch nicht vorhanden war, ihn in den Mittelpunkt eines Netzes von persönlichen Verbindungen und sachlichen Belehrungen versetzen und fortdauernd in demselben erhalten werde, von wo aus es ihm gelingen dürfte, seine Unternehmungen über alle Zweige des Wissens und der Kunst auszudehnen und jedes aufkeimende Talent in sein Interesse zu ziehen. Schon fünf Jahre nachdem er, r^iter nicht eben glänzenden Auspicicn, seine erste Ostcrmesse bezogen hatte, stand der Plan fertig vor seiner Seele, so neu und groß, daß er Schiller zur Uebernahme der Rcdaction begeisterte. Nicht weniger als das Zusammenwirken eines so hohen Maßes von Menschenkenntniß und Unterhandlungskunst, wie es in Cotta sich vereinigte, gehörte dazu, um den großen Kreis von Gön nern, Mitarbeitern und Freunden um sich zu sammeln, die, ohne ein fremdes Muster zu copiren, in einem der politischen Bewe gung abgeneigten Lande ein Tribunal politischer Weisheit und reifer, der Zeit vorauseilendcr Erkcnntniß begründet haben, wie cs die Allgemeine Zeitung während eines so langen Zeitraums gewesen ist. Die glänzende Thätigkeit, die Cotta nunmehr entfaltet hat, eingehend zu schildern, ist unnöthig. In diesem Kreise kun diger Männer genügt cs, darauf hinzuweiscn, wie das Zusammentreffen mit Schiller die Quelle von Cotta's Verbindung mit den ersten Geistern der Nation gewesen ist, wie er, nicht befriedigt durch die vorthcilhaftesten Anerbietungen, die von da ab ohne sein Zuthun sich ihm darbotcn, niemals aufgehört hat, mit planvoller Absicht die Linien für seine Unternehmungen immer weiter zu ziehen, wie er fast für alle Zweige der Literatur und der Kunst eigene Zeitschriften begründet und diese wieder zum Mittelpunkte neuer Erwerbungen in jeder Provinz des menschlichen Wissens gemacht hat, wie er, mit dem glücklichsten Verständniß für die gei stigen Bedürfnisse des Volkes begabt, denselben durch die edelsten und besten schriftstellerischen Kräfte zu genügen bestrebt war, wie er zuletzt auch den Kunsthandel in den Bereich seiner rastlosen Thätigkeit zog und durch eine Vereinigung typographischer und artistischer Arten der Vervielfältigung zur Ehre seines Namens Prachtwcrke ins Leben rief, die sonst nur fürstlicher Freigebigkeit ihren Ursprung zu verdanken pflegen. Nur Eines will ich hervorhebcn, was den Geschäftsmann wie den Menschen adelt— die Liberalität, mit welcher er das Honorar der Schriftsteller auf eine vor ihm unbekannte Höhe gesteigert hat, die freudige Bereitschaft zu jeder Art von Aushilfe, mit der er seinen literarischen Freunden entgegenkam. „Das größere Honorar, das man sofort gibt", äußerte er im Deccmber 1826 gegen Eduard Gans, „gewährt auch den Gelehrten mehr Spielraum zur Entwickelung ihrer Kräfte, das Publicum findet sich angezogcn, einem Beginnen Dauer zuzumuthen, das die Anordner durch das, was sie anbieten, selbst für begründet halten. Ich glaube derjenige zu sein, der zuerst den größeren Ehrensold, den Gelehrten gegenüber, einsührte, und ich habe in Bausch und Bogen nie Gelegenheit gehabt, cs zu bereuen. Die Literatur kann sich nur heben, wenn man sie wirklich achtet, und die Empfäng lichkeit des Publicums steht in der genauesten Wechselwirkung mit dem Felde überhaupt, das man den Gelehrten eröffnet."' Man hat die umfassende, nach allen Seiten hin ausgreifende Wirksamkeit Cotta's wohl auch eine cncyklopädische genannt und sie mit dieser Bezeichnung zu rühmen gemeint. Mit großem Unrecht. Freilich mochte er sich durch das Bewußtsein befriedigt fühlen, ein so mannigfaches Spiel geistiger Kräfte in Bewegung zu setzen und zu beherrschen und dadurch einen Einfluß auf die öffentliche Meinung zu gewinnen, wie er bis dahin von Deutschland noch nicht ausgegangen war; aber er hatte doch zuviel Wahl verwandtschaft mit dem Genius, den er zu Gaste geladen, um nicht zu wissen, daß derselbe nur durch die Eigenartigkeit seiner Er zeugnisse aus die Menschen cinwirkt. Und wie er selbst eine casernenartige Anhäufung seiner geschäftlichen Arbeitsmittel von sich wies und es vorzog, die verschiedenartigen Richtungen seiner buchhändlerischen Thätigkeit mit einem gewissen künstlerischen Tact auf seine Niederlassungen in Stuttgart, Augsburg und München zu verthcilen, so war er auch darin musterhaft, daß er die Lei stungen genialer Männer nicht etwa zur Ausführung literarischer Schablonen verwendete, die er sich vorgezcichnet hatte, sondern daß er einem Jeden sein eigenes Recht angedeihen und Niemanden dem Boden entfremden ließ, auf dem und für den er gewach sen war. Daß Cotta vielfach auch in Staatsgeschäften thätig war, soll nur beiläufig erwähnt werden, da über diese Vorgänge wenig bekannt geworden und es daher unmöglich ist, sich über dieselben ein abschließendes Urtheil zu bilden. Die staatsmännische Klug heit, Voraussicht und Kühnheit, mit der Cotta das palastartige Gebäude seiner geschäftlichen Thätigkeit gegründet und aufgerichtet hat, läßt uns vermuthen, daß er auch mit dem Machthaber des 18. Brumaire erfolgreich unterhandelt, daß er in den Jrrgängen des Wiener Congresscs sich zurecht gefunden und an seinem Theile dazu beigetragcn haben wird, die Hindernisse hinwegzuräumen, die sich dem Beitritt Bayerns und Württembergs zum deutschen Zollvereine cntgegenstellten. Möchten doch die Erben Cotta's dem Beispiele Nachfolgen, mit dem die Perthes'schen Erben ihnen vorangegangen sind, die es verstanden haben, das Leben ihres Vaters zu einem Erbauungsbuche aller Gebildeten zu machen! Mögen die unbenutzten Dokumente über das Leben des außerordentlichen Mannes recht bald zu einer Darstellung verarbeitet werden, auf welche die Nachwelt ein Recht hat! Erst wenn eine solche Arbeit das geistige Bild Cotta's aufgeschlossen und das nachwachsende Geschlecht mit seinen Erlebnissen und Gesinnungen vertraut gemacht har, dann erst werden die Züge dieses Bildes, dem wir heute die Weihe geben, sich beleben und in der Genossenschaft, der er an gehörte, die Tugenden befestigen helfen, durch welche er eine Zierde des deutschen Buchhandels geworden ist.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder