GERMANIA 61 Das brachte ihnen zum grossen Teil jene unermesslichen Schätze, die das Land lange Zeit zu einem der reichsten machten und ein Aufblühen der niederländischen Städte hervorriefen, das unmittelbar eintrat mit dem Sinken der rheinischen, vor allen Cölns. Das gab ihm auch die für dies kleine Land erstaunliche hähigkeit, durch einige Jahrhun derte hindurch Trotz zu bieten dem ganzen übrigen Europa, das Joch einer W eltmacht abzuschütteln und dem raubsüchtigen Frank reich furchtbar zu werden, bis es endlich von dem noch stärkeren England niederge schmettert wurde mit denselben Waffen, die es ihm in die Hand gegeben hatte. Holland war als Inselstaat ein Land der Freiheit, anders als die Republik an der Quelle des Rheins, der wenig Einfluss auf sie hatte. Der 80jährige Freiheitskampf, durch den die Niederlande ihre Unabhängigkeit errangen, war die letzte Schlussfolgerung und der grösste Tribut, den dieses Volk seinem Boden, dem Mündungslande eines Rheins zollte. Und er war ebenso gewiss keine zufällige Wiederholung des 1500 Jahre vorher auf demselben Grund und Boden stattgehabten Freiheitskampfes der Bataver, als die kurz darauf erfolgte Revolution und Republik- Erklärung in der gegenüberliegenden Haupt stadt Englands in ursächlichem Zusammen hang mit ihm steht. (Fortsetzung folgt.) Kleine Mitteilungen. Die Belustigungen der Bürger in den Sechs städten der Oberlausitz während des Mittelalters, von Dr. Hermann Knothe. Während das südliche und westliche Deutsch land, namentlich in seinen Städten, sich schon Jahrhunderte hindurch einer hochentwickelten Kultur erfreute, erstand in den ehemaligen Slaven- ländern des nordöstlichen Deutschlands erst seit dem 13. Jahrhunderte, wesentlich durch dahin ein gewanderte deutsche Kolonisten, allmählich ein frisch aufstrebendes Bürgertum. Auch in der Oberlausitz, damals «Land Budissin» genannt, waren erst gegen Anfang jenes Jahrhunderts von den damaligen Landesherren, den Königen von Böhmen, neben dem alten Bautzen auch andere, neue deutsche Städte gegründet und mit wichtigen Privilegien ausgestattet worden, welche die folgenden Besitzer, die Markgrafen von Branden burg, freigebig vermehrten. Sie waren »königliche Städte», da sie an keine Vasallen verlehnt waren, sondern unmittelbar unter dem Landesherrn standen. Sie lagen alle: Kamenz, (Bautzen) Löbau, Görlitz, Lauban, an der uralten, das Land von West nach Ost durchschneidenden Handelsstrasse. Schnell bildete sich in ihnen ein reger Handels verkehr, besonders in Tuch, mit dem östlichen Schlesien und Polen aus, der allgemeinen Wohl stand unter der Bürgerschaft verbreitete und da durch auch die Stadtcommunen selbst je länger, je mehr zu Macht und Ansehen erhob. Sowohl einzelne Bürger, als die Communen erwarben zahl reiche Landgüter rings um die Stadt und erhielten dieselben von dem Könige oder dem Landvogt, ebenso wie der Adel die seinigen, zu Lehen: sie waren infolge dessen dem Landesherrn zu Lehen dienst im Kriege verpflichtet, genau wie der Adel; ebenso wie dieser führten auch sie »Schild und Helm« und fühlten sich, als »königliche Städte», alsbald diesem gleichgestellt in Rechten und Pflichten. Und als sich 1346 jene fünf oberlau- sitzischen Städte und das damals noch ganz zum Lande Böhmen gehörige Zittau zu einem Achts bündnis gegen den räuberischen, die Sicherheit des Handelsverkehrs auf den Strassen gefährdenden Adel vereinigt hatten und seitdem Ruhe und Frieden im Lande durch rücksichtslose Bestrafung der »Strassenplacker« aufrecht zu erhalten wussten, schwangen sich jene »Sechsstädte« alsbald zu der anerkannten Stellung des «zweiten Standes» im Lande empor. In den Belustigungen eines ganzen Volkes oder eines hervorragenden Standes spiegelt sich stets die jedesmalige Kulturstufe desselben ab. Wir versuchen in folgendem die Kultur des Bürgertums in der Oberlausitz während des Mittel- alters an einigen charakteristischen Belustigungen,