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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.01.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-01-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186001256
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18600125
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18600125
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1860
- Monat1860-01
- Tag1860-01-25
- Monat1860-01
- Jahr1860
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.01.1860
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nicht die nöthigen Talente, namentlich nicht Frechheit genug besaß. Diese letztere unschätzbare Eigenschaft ist hier leider unentvehrlich. Ich kaufte einige Maaren, z. B. vergoldete Ketten, Nadeln, Zwirn, Knöpfe rc. und ließ mich auch von meinem bisherigen Lehrer in der Cigarrenanfertigungskunst bethören, ihm einige Hundert Cigarren abzukaufen. Er öffnete die Kisten, zeigte mir da- elegante Aus sehen der Maare und versicherte, ich würde sehr gute Geschäfte damit im Innern machen können. Fünf Dollars ließ ich zurück für Nothfälle, bei einem ehrlichen Bekannten, meine Sachen nahm ich in einem kleinen Reisesacke mit, den ich in der Hand trug. Noch kaufte ich einen Regmmantel für 3 Dollar- und so auS- staffirt, nachdem ich fast all mein Geld angelegt hatte, fuhr ich auf der Dampffähre über den Fluß hinüber nach Jersey City heitern MutheS, daß ich au- New-Vork fort, auch leichten Herzen- und voll Hoffnung. Ich ging den ersten Tag bis Newark, wo ich in einem Gasthofe einkehrte, obwohl ich, wie zu erwarten stand, in der nächsten Umgebung New-Vork- nicht- verkauft hatte. Um schneller nach entfernteren Gegenden zu kommen, wo besserer Absatz zu hoffen, nahm ich einen Platz auf der Eisenbahn nach MorriS- town und von dort nach Easton in Pennsylvanien, wo ich zunächst bleiben wollte. In Pennsylvanien stammt eine große Zahl der Bevölkerung von Deutschen ab. Das dortige Deutsch aber ist noch mehr verdorben und mit englischen Worten vermischt als man eS bei den andern in den Vereinigten Staaten lebenden Deutschen findet. Sie nennen sich untereinander wie die meisten übrigen Deutschen Du, doch fand ich nicht die gerühmte Gast freundschaft im Busch, d. h. auf dem Lande, vielmehr sind die Leute sehr geizig und gewinnsüchtig. Ich ging viel ln den Niederlassungen, dort „ Städte!" genannt, haufirrn, fand aber, daß mein Verkauf mit meinen Ausgaben nicht im Berhältniß stand^ und mußte gewöhnlich, wenn eS billig war, 1/4 Dollar allein für Uebernachten bezahlen, in Gasthöfen da- Doppelte. So merkte ich sehr bald, daß ich auf diese Art nicht mein Glück machen würde und sah mich nebenbei nach etwa- Anderem um. Beim Verkauf der Cigarren hatte ich mit Schrecken bemerkt, daß die Kisten nur oben mit guten angefüllt waren. Die darunterliegenden schlechten wollte Niemand kaufen. Zuletzt war ich froh sie mit 75 Proc. Verlust loszuwerden. Zum Glück machte ich die Bekanntschaft eines gebildeten Deutschen, eine Seltenheit, der auch ein Mann von Herz war und mir Theilnahme zeigte. Er war in Europa Oekonom gewesen und hatte Kenntnisse in der Branntweinbrennerei, Thierarzneikunst rc., die ihm sehr zu Staaten kamen. Er verschaffte mir eine glänzende Stelle al- L»rlre«p«r (AuS sehen ker', Kellner) bei einem Hannoveraner, einem dicken Manne, der reich geworden und gut- müthig, aber sehr grob war, wa- er nicht böse meinte. Er hatte ein Gasthaus, in dem meist Leute von den auf den benachbarten Canälm fahrenden Bootm einkehrten. Ich bekam 8 Dollar- monatlich und hatte mich einigermaßen wohl befunden, wenn ich nicht zu viel mit den Betrunkenen zu thun gehabt hätte, deren eS namentlich Sonnabends und Sonntag- sehr viele gab und die dann gewöhnlich sehr unangenehm wurden und meist auch nicht bezahlen wollten. Da nun solche Tänze alle Tage vorkamen und ich beim HerauSwerfen dieser Gäste nicht immer am besten wegkam, so reichte ich bald meine Entlassung ein und verzichtete auf da- Portefeuille — Denselben Tag traf ich durch merkwürdigen Zufall zwei meiner Leidensgefährten vom Cigarrenmachen in New-Vork her, welche ihr Glück im „Westen" versuchen wollten. Sie waren ganz ohne Geld und schon in letzter Nacht auS dem Gasthofe entwichen, ohne die Zeche bezahlen zu können. Wir theilten mit einander und setzten unfern Weg gemeinschaftlich fort. Da ich viele Boot-leute kannte, so stiegen wir an einer der Schleusen auf eine- dieser Fahrzeuge, welche- nach Manch Chunk ging. Alle diese Böte laden hinwärts Güter. — Meine Reisegefährten blieben in Manch Chunk, ich aber setzte meinen Weg ohne ein bestimmte- Ziel fort, denn eS trieb mich zum Wandern wie den ewigen Juden und ich fand einen Trost darin, und die Hoffnung, daß je weiter je besser e- sei, verließ mich nicht. Meine Verkäufe gingm sehr schlecht in Folge der großen Menge herumziehender Hausirer; überdies hatte ich keinen Erlaubnißschein; einige Artikel, die verkauft waren, konnte ich unterwegs nicht vor- theilhaft ergänzen und da überhaupt Capital und Gewinn von den ZehrungSkosten in Anspruch genommen wurden, so konnte ich wohl sagen: „Ike expvnse, nur Mitk tbe prosit." (Die Spesen laufen mit dem Profit davon^ Es ist ein unangenehme- Gefühl, da- de- Heimatlosen, auf der Straße zu wandern, ohne zu wissen, welche- Dach ihn die nächste Nacht vor Wind und Wetter schirmen werde, oder ob er wohl gar im Freien bleiben muß, unter Menschen vielleicht schlimmer daran wie in der Wildniß. Die Eftgend, durch welche ich in südlicher Richtung wanderte, um nach dem Staate Maryland zu gehen, war eine jehr angebaute und ich erreichte immer de- Abend- mit leichter Muhe eine Farm oder ein einfache- Blockhaus. Oft frug ich dann, wenn die Sonne niedergehen wollte: I »t»? Karo »U niskt?" (Kann ich die Nacht hier bleiben?), denn da e- in dieser Gegend keine Gasthöfe gab, mußte man in den Privarhäusern zu bleiben versuchen, doch darf man nicht glauben, dies koste nichts. Oft erhielt ich verneinende Antwort; Diele sagten: „Wir nehmen keine Fremden an!" oder: „Sie können noch bi- zum nächsten Hause kommen; e- ist nicht spät und eS sind nur fünf engl. Meilen." Kam ich dort spät in der Nacht an, so wurde ich meist nicht ausgenommen, denn eS hieß: „ES ist zu spät. Bei Nacht erlaube ich Niemand in mein Hau- zu kommen." (Schluß folgt.) Nachruf am Grabe Friebr. Georg Wiecks. Die Polytechnische Gesellschaft zu Leipzig hat einen großen Verlust zu beklagen. Da- älteste Mitglied, in doppelter Beziehung, will in wenigen Worten seinen Gefühlen Ausdruck geben. Wieck war längst bekannt in seinem bürgerlichen Leben als gefälliger und dienstfertiger Mayn, dem die Herzen entgegenflogen; als gut unterrichteter GeschäftSmättn> der in dm zahllosen Ver zweigungen der Gewerbe eingeweiht; älS^ gewandter Schriftsteller in den technischen Fächern; al- treuer und zuverlässiger Freund. Seine wissenschaftliche Tüchtigkeit, seine warme Theilnahme für die Talente ^Anderer, seine Befähigung zu Ausrichtung großer commercieller Leistungen wiesen ihm einen hervorragenden Platz an. Die hohe Staatsregierung übertrug ihm die Anordnung der großen Industrieausstellung in der Centralhalle zu Leipzig, so wie der Industrieausstellung in Chemnitz. Zu der großen Ausstellung im Glaspalaste zu London 1851 abgesendet, lieferte Wieck einen trefflichen Bericht. Die Polytechnische Gesellschaft fühlt schmerzlich, was sie an Wieck verloren hat. Er wußte den Eifer für das Beste der Gesell schaft in den Mitgliedern stets rege zu erhalten. Er widmete un eigennützig einen großen Theil seiner Zeit den vorbereitenden Arbeiten zu Ausstattung der öffentlichen Versammlungen. Er beschwichtigte die unzufriedenen Mitglieder, ermunterte die Trägen, feuerte an die Lauen. Wieck war ein Mann ein Fortschritte-, stet- bereit, die Fesseln, welche noch auf die Gewerbe drücken, brechen zu helfen. In dm unfruchtbaren Berathungen über den Entwurf eine- sächs. Gewerbe gesetzes sprach er sich allezeit für freies Gebaren, für Freihandel auS. Sein Geist verdiente einen größeren Wirkungskreis; jetzt hat ihm Gott denselben angewiesen. Das sei unser Trost. Friedr. ' Leipzig, den 21. Januar 1860. H ofmeister. Die Feier von Leasings Geburtstag betreffend, ist nachträglich noch der schönen und sinnreichen Aus schmückung des Festlocals (die Säle de- Hotel de Pologne) zu gedenken. Die Büsten, Statuetten und Bilder der größten Heroen in Wissenschaft und Kunst waren (so weit dieselben zu beschaffen; denn leider mußten die Koryphäen der bildenden Kunst fehlen) in sinniger Weise aufgestellt: Lessing in Bild, Statuette und Büste, Mose- Mendelssohn (eigen- für das Fest gegossen und als Geschenk dem Schillerverein verehrt), Leibnitz, Luther, Gel- lert, Chr. Felix Weiße, Herder, Wieland, Kant, die Rietschelsche Schiller-Goethe - Gruppe, Shakespeare, Calderon, Dante, Ariost, Tasso, Haydn, Mozart und Beethoven. — Ein namhaftes Verdienst um diesen Fest schmuck, durch den die Feier schon im Aeußeren ihren akademischen Charakter documentirte, hat sich der Bildhauer Herr Dietrich erworben, indem er unentgeltlich die in seinem Besitz befindlichen Kunstwerke dazu hergab und da- Arrangement der Aufstellung be sorgte. — Die Größen, welche unsere Universität gehabt hat,, waren demnach bei dieser Feier, die einem der größten Söhne Sachsen-, einem der ruhmreichsten Zöglinge unserer Hochschule galt, in elsixie vertreten, wogegen von den lebenden Mitgliedern der Universität sich nur auffallend wenige beim Feste betheiligten. — Schließlich bemerken wir noch, daß die beiden Festreden der Herren vr.Wuttke und vr. Goldschmidt demnächst zum Besten de- Cammzer Lessingdenkmals im Druck erscheinen werden. GeffentUche Gerichtssitzung. . Wegen grober Widersetzlichkeit gegen die öffentliche Autorität erschien am 23. d. M. der Maschinendreher Adolph Ferdinand Bäßler vor den Schranken de- öffentlichen Gericht-. Seinm Ge burtstag zu feiern, wie er sagte, hatte Bäßler am 3. v. M. eine hiesige Wirtschaft besucht und in Spirituosen mehr gethan al- gut war. Ein zerbrochener Spiegel hatte zu Differenzen zwischen ihm und andern Gästen Anlaß gegeben, man hatte sich seiner zu entledigen gesucht und al- dies nicht-gelungen, Polizeimannschaft herbeigeholt. Dem Gebote der letzter» hatte Bäßler keine Folge gegebm und al- er arretirt worden und auf das Polizeiamt geführt werden sollte, sich dem gewaltsam widersetzt, seiner Fortschaffung alle mögliche Hindernisse in den Weg gelegt, sich gestemmt, mit den Armen um sich geschlagen', einem der Polizeidiener den Amt-,
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