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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.08.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-08-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188808080
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880808
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880808
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-08
- Tag1888-08-08
- Monat1888-08
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.08.1888
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Erscheint täglich stütz 6'/. Utzr. Netz««»« »«tz LrPkdiNe« Johannetgaffk «. Sprechstunden der Nedarli«»: Vormittag« 10—1« Uhr. Nachmittag« b—6 Uhr. FI» II« Atta,ab« eia,elant»er »««krt»»« ti« Ite»«ct>»» „cht rerduwU». >»»»»«« »er für tzte »tckkf«»^»tz« R«»«er tz»stt««ten A«ser«»e «» W,che«»«,e» »,» S N»r Nach»,««,», «mG»««- «n»Keft»«srn stütz tzt«'/,»Utzr. Ln tzrn Filialen filr Lns.-Lnuah»e: Oll« Klo««, UniversitätSstraßr 1. L-ui« Lösche. Kachari,e»ftr. »3 pari. ». König-Platz 7, nur bi«'/,st Utzr. 'riMM.TaMalt Anzeiger. Organ fLr Politik, Localgrschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Abonnememt-prel» viirteljährtick 4>/, Mk wrl. Bringerloh» 5 VN., durch die Post bezöge, 6 VN. Jede eiuzelae NummrL AZ Pf Belegexeniplar 10 Ps. Gebühren für Extrabeilage» (i, Togeblati-Format gesalzt) «tzNk Postbeiörbening 60 Mk. «tt Postbesörderuag 70 Mk. Lnlerat» «gespaltene Pelitzeile 20 Pf. Größere Schrift« laut „s. Breisverzeichntß. l«b«ll»rilcher ». Zisserusatz nach höher« Lrrts. Nellameu »ter de» «ed-ctio,«strich die 4arsp»lt. geile SO Pf., vor denFamilieunachrtchte» die Kgespalteu« geil« 40 Pf. Inserate si»d stet« a, die Er-etzittan z» snlde,. — Rabatt wird uicht gegebe». Zshlung pr»«nmor»oüo oder durch Post, »achnahme. 221. Mittwoch dm 8. August 1888. 82. Jahrgang. Amtlicher The«. NeliimillMch«»». Mit Zustimmung der Stadtverordneten Hab« wir de» Betra, für Herstellung von Privatableitung« für Master au- dem städtischen Wasterrobrnetze b>S zur Grenze de« mit Wasserleitung zu versehenden Grundstück» durch unsere Stadt- wastcrkunst mit Rohren von 24 mm Lichtweit« auf 12L und für solche von SS mm Lichlweite auf ILO vom I. September lsd. I» ab festgesetzt Die «utgegenstehenden Bestimmung« de« geltende» Waster- glldtarif« werden daher hiermit ausgehoben. Leipzig, den S. August 1888. ,. 488« Der Rath der Stadt Leipzig. 10SS vr. Georgi. Kretschmer. Miimistmchmi-. Am heutigen Tage sind von uns Frau E«»a E»M«icha«, Nicolaikirchhos 5, I., und Frau Jda Aleaker. Ranstädter Steinweg 44, ai« Hebammen für den Stadtbezirk Leipzig in Pflicht ge nommen worden. Leipzig, am S. August 1888. Der Rath -er Stadt Leipzig. vr. Sretzs VIII. 1484. vr. Georgi. rretzschmar. Unter Bezugnahme auf unsere Bekanntmachung vom 4. l. M.. die Besichtigung de« Bieb- und Schlachthofe« be treffend, bringen wir biervurck zur öffentlich« Kenntniß, daß Wir den Eintrittspreis für Gesellschaften von über 12 Person« auf 25 pro Person festgesetzt haben i!«ipzlg, den 27. Int, 1888. Der Rath der Stadt Leipzig. I». 480S. Vr. Georgi. Hentschel. Bekanntmachung. Die Leichenwäscherin de« 6. Bezirks. Frau spettag, welche durch Krankheit an der Ausübung ihre« Dienste« behindert ist, wird während ihrer Krankheit von der Leichenwäscherin de« 7. Bezirk«, Frau Schramm hier. Gustav Adolphstraßc Nr. L4. vertreten, was hiermit zur öffentlichen Kcnntniß ge bracht wird. Leipzig, den 4. August 1888. VM. 1L3«. Der Rath der Stadt Leipzig. Vr. Georgi. Neustadt. 6 I« Monat Juli d. I. gingen bei dem unterzeichnet« Armenamle ein: » ^ Sühne t. S. P. /. Ä. 10 » — « « » » P. '/. R 10 » — » - durch Herrn Rechl-anwalt Dip. 10 « — » « i. S. H. V- L. 5 - — » » « « L. G. /. F. F. b » — « - « » L. G. 8- H. 1» . — . . . . F L. W. K. S « — « » - » C K. /. M. M t » -— » « « « M. L. /. M. Sch. tO » — « » » » H. Sch. '/. H. B. » . — . . - . M. S. /. I. Sch. 5 » — » » - « B. K. /. I. M. S . — . . , . A. B. vr. D. L - — - » « » F. K. '/. F. H. 15 « — « B » - E . E - '/- H. Sch S » — « » » » M W E V z . — . . . . F. N. M. L. 10 . — . - . . L. K. /. F. ». 5 « —- » * » » E. B. /. C. K. 5 « — » » « » A . K . /. R N. 174 Summa, worüber hierdurch dankend quittirt wird. Leipzig, den S. August 1888. Der Rath der Stadt Leipzig. (Ärmrnamt.) Winter. Schicker. durch Herrn FrievenSrichter Freher. Vekanntmachung, Seneralreoifion über die Droschken bete. Die Generolreviflon über die Droschken und deren Bespannung und zwar über diejenigen mit uugeratzru Nummern, öl« 1, S. 5 ». s. «. soll Dienstag, tzev'N. September 1888, ans dem Aatzrweg an der Tribüne tzer Arnubatzn stattfinden Die AussahrtSzeiten werden wie folgt festgesetzt: E« haben am gedachte, Lage ihre Be sch irre vorzusahrea die Concessionare mit den Ausaugsduchstaben ^ — k Vormittag« '/,S Uhr, A — ^ » '^10 » L-« . 'Qi . kt —S Nachmittag« '/,4 Uhr, 8ob — 2 » '/,ä » »ud zwar derart, daß die Droschken nicht etwa nach »ad noch zu andere», ,l« den vorgedachten Stunden ansahr«, sondern, daß dir jäNfNitkiche» zu eia und derselben Zelt vorzusadreuden Wagen au einmal and pnnrtlich zur festgesetzten Stunde aus dem Ausfahrt«, platze, der von den AnPäitSorgan« am Tage der Revision noch speziell angewiesku vrrdrn wird, öur Stelle sind. Oie Eonresstonare. welche bei Vorführung ihrer Nummern zugegen sei» müssen, werden iu-beloadere daraus aufmerksam gemacht, das, Go» di« Droschke, durchgehend« gut lackirt, dt« Sitz- " «lehn« gut gepolstert und mit reinlichen, keine»v«g« ge» versehen kein wüsten. Ferner ist auf die gehSrig« der Pserdrgrschirre besondere« Augenmerk »n per- fbe, müssen au« gatem Lederzrug bestehen, gut n»d dem beim Bolizrlamt ausgestellt« Probegelchirr »ugepotzt s,i». Bei Nruherstellung,, der Droschke,, de« Locke«, der inneren Au<schlLg» «. s.». ist gllenthalbr» limmnnge, i» unseren vekanntmachung« vom 10. Oklober 1884, b«z. LS. August 1887 ngchzugehen. wie d«a üherhaupt die Droschke» durchgehend« all« übrigen Lestiwmunqen in st. 6 de« Droschteareaolaliv« vom S Oktober 18Z8 und der »ocged«cht«n vebmatmachung, die Dienstkleidung der Droschkensübrer aber genau de, Vorschrlstr» i» st. 10 de« gngrzogenen «t-ulat>V« eutspreche» "E^«befo,dere weisen wir »och mit Rücksicht ans <st«re Vor kommlisse a»«drückl>ch daraus hin. daß e« durchau« unzulässig ist wen» sog. Sommerüberzügr in gänzlich verwaschenem Zustande mit größer« und kleineren neuen Flickflccken von dunkler Farbe versehen zur Verwendung kommen »der buaie -ammdcckelkisten »der Droschken, latrr»«. deren Schafte anstatt blgpt geputzt schwarz lacket sind «ach kna, etz nicht aeduldet werden, daß lahm« Pse'd«, sei ,« auch daß dieselbe, nur oks R'lervttzserde Verwendung st»de, illlten, ,m Drolchkendienste sg Arbrapch genommen wertzeif. Zvwidrrvandlui-r, gegrn lorftehead« A,cr»num>«, »erde, nach st. ül de« Negglattp« bestraft werden und Hab», di, »oncesfioaare noch Vrsinde» id«rdl»« dir Außerbetriebsetzung »«r nicht Urschrift«, mäßig vorsahreiiden Geschirre «, gewärtigen. Leipzig, den 6. Auauft 1888. Da« Polizei»«« per St«pt Letpzt» kk«. »87« v. L. I. B.: Ioack, PoU-Rath. Mühlner. Nichtamtlicher Thetl. Die Zustände in Frankreich. Seit vierzehn Tagen herrscht in Frankreich eine gelinde Anarchie, veranlaßt durch eine Streikbewegung ganz besonderer Art. Der ursprüngliche Zweck der Arbeitseinstellungen ist die Erzielung besserer Erwerbsverhältnisse für bestimmte Arbeiter- ober Hanbwerkerkreise. und dabei treten regelmäßig die beiden Forderungen nach Erhöhung de« Lohne« und Abkürzung der Arbeitszeit auf. Schon daran« ergiebt sich, daß der Streik nicht von außen angeregt wird, sondern innerhalb einer be- 'tinimlen Berussgenossenschast entsteht. In Par>S kommt in diesem Jahre zum ersten Male ein neuer EntstchuiigSarund ür eine Streikbewegung zur Erscheinung. Die Erdarbeiter testen die Arbeit ein offenbar in der Absicht, bester« Lohnsätze zu erzielen. Da- wird aber von dem revolutionairen E«ntral- comitü benutzt, um den Gedanken eines allgemeinen Streik« anzurcgen und mit all« zu Gebote stehend« Mitteln zur Au«- ührung zu bring«. Was ist ein allgemeiner Streik? Die Arbeitseinstellung sämmllicher Arbeiter und GewerkSgehilsen. Ein Streik in diesem Umsaiige ist IhalsächliL unmöglich, denn er würde die socialistische Organisation des ganzen Ar beiterstande- in einer Stadt wie Paris oder in einem Lande wie Frankreich vorauSsetz«. Dazu genügt nicht daS Macht wort eines CenlralcomilüS, sondern cS sind vor allen Dingen bedeutende Mittel erforderlich, um Millionen von Ar beitern mit ihren Familien W»cke», vielleicht Monate lang zu unterhalten. Streikcastcn bestehen wohl bei vielen Arbeit«- und Handwerkszweigen, aber st« sind ans ein« Theil der BernsSgenost« beschränkt, die Organisation ist bei Weitem nicht so allumsastend und vollständig, daß z. B. alle Maurer, alle Zimmerleute, alle Eanal- und Eisenbahn- Arbeiter an einem Orte oder in einem Bezirk zur Streikkasse beisteuern. Da« ist ein Hinderniß für den Ausbruch «ine« allgemeinen Streiks, da« zweite besteht darin, daß nur ein Theil vcr Arbeiter und GewerkSgehilsen, bestimmte BcrusS- kreise mit ihrem Loose so unzufrieden sind, daß sie zu dem gefährlichen Mittel der Arbeit«einstellung greisen, um ihr« Lage zu verbessern. Der revolutionäre Geist ist >m Arbeiter stande noch lange nicht zur Alleinherrschaft gelangt, e« sind noch genug solide Elemente vorbanden, welche die regelmäßig« Arbeit unter den bestehenden Verhältnissen der Erzwingung eines bcsser-n Zustandes verzieh«, beste» Haltbarkeit zweifel haft ist. Daher kommt es, daß Arbeitseinstellung« regel mäßig nur dann austret«, wenn die Erwerbsbedingunge» irgendwo besonder» drückend für die Arbeiter sind oder wenn in einem Arbeilszweige unruhige Köpfe die Führung über nommen haben. Die Theilnahme anderer BcrutSzweige an der Bewegung pflegt nickt ebne Weiteres einzutreten, da geschieht nur, wenn zwingende Gründe Vorhand« sind. Paris hat zum ersten Mal da- Beispiel einer viele Be« rusSkreise gleichzeitig umsastend« Streikbewegung gegeben. Die Erdarbeiter haben de» Streik begonnen. eS sind die Bau- bandwerker, die Tischler und Färber, die Friseurgehilfen und KasscebauSkcllner gesolgt, und die Droschkenkutscher Hab« ve- reit- Anstalten getroffen, gleichfalls einen Streik zu organisir«. DaS ist kein Zufall, sonver» da« Werk einer Centralleitung und diese hat ihren Sitz in der ArbeitSbörse, welche wiederum mit dem revolutionairen Eenlralcomitö Fühlung hat. Die Empfindungen, von welchen die verschiedenen Gruppen der Streikenden bewegt werden, sind nicht die gleichen, die Erdarbeiter wollen nicht leiden, daß ein Tbcil ihrer Genosten die Arbeit sortsetzr, di« Friseurgehilfen haben eS aus die Bermitlelungsburcau« abgesehen und die KaffeehauSkellner wollen die Kaffeehäuser plündern und zerstören. In den An wandlungen der Friseurgehilfen und KaffeehauSkellner tritt der rcvolutionaire Charakter der Bewegung hervor, nährend die Erdarbeiter mehr die gemäßigte Richtung der Streik bewegung vertreten. Nur in einem Punkte stimmen alle Streikenden überein, in ihrer Feindschaft gegen die Polizei, dagegen haben sie eine sichtliche Abneigung, mit Truppen in Streit zu gerathen. Die Friseure und Kellner Hab« sich bewaffnet und scheinen entschloss«, ihren Wünschen mit Ge walt Erfüllung zu sicher». Man darf also für die nächste Zeit wieder blutigen Zusammenstößen mit der Polizei ent gegen sehe». Was tbut nun die Regierung, um der Gesahr zu begegnen? Der Präsident der Republik reist in der Provinz umher, bald ist er in Fontainebleau, bald i» MonlargiS, um der Ent hüllung de« Denkmal» M>räbequ'S bcizuwohnen, und stets ergreift er die Gelegenheit, um die Einigkeit aller Republikaner als da« beste Schutzmittel gegen aste staatögefährltch« Um triebe zu verkünd«. Da» ist aber ein überwundener Stand punkt. denn Bonlaiiger bedeutet heute nickt mehr die Haupt gefahr für den bestehend« staatlichen Zustand, sondern der Sociali-mu« und der Anarchismus erheben wieder drohend dg« Haupt, um der staatlichen Ordnung den Krieg zu erklären. Die Regierung ist von der Bewegung »nzweifelhaft überrascht worden, sie hat keine Ahnung davon gehabt, wgS im Scbooße de« revolutionairen Centraleomilos vorgegange» ist, welche Kräfte thätig gewesen sind, um den Gedanken Le» allgemeine» Streik« unter den Masten zu verbreiten und der Unzusrievcn- beit von allen Seiten Nahrung zuzuführc». Heute wird der Commune-General EudeS begraben und dieses Leichcnbegänginß wird Gelegenheit geben, einen Ueberbllck Uber deu am Slrei betheiligten Procentsatz der Pariser Arbeiterbevölkerung zu ge winnen Die Negierung hat bedeutende Anstalten getroffen, um Ruhestörungen bei diesem Anlaß entgegen zu treten, Wahr scheinlich wird aber gerade die Entfaltung ejner stark« Potizeimacht die Streikend« zum Widerstande reizen. Der letzte Grund aller redolnlionalren Erscheinung« in Frankreich ist der Mangel einer starken Eentrqlgewalt. welche den revolnlionqir« L idenschaslen ein Gegengewicht dardietet und für die Dauer und Leb-»ss8bigkeit deS bestehenden Zu stande« Gewähr leistet. Durch die fortwährenden Partei, kämpfe ist die öffentliche Aufmerksamkeit von den Haupt- schädeu, an welchen da« französische Staatswefe» leidet, aogrlentt Word«. Während Radikale und Opportunisten. Republikaner und Monarchisten, Freund« der republikanisch« Eoncentration und der Diktatur mit einander um die Herrschaft stritten, setzten die Feinde aller staatlich« Ordnung ihr« Minirarbeit ungestört fort, und eine« Tage« wurde e« klar, daß ganz Pari« und mit ihm ein großer Tbeil Frankreich« focialisnsch unterwühlt sei, daß zwischen Arbeitgebern und Arbeitern ein völlig unhaltbares Ver- hältniß besteht, welche- sich unter dem Schutze der Partei- ireiligkeiten allmälig bi« zur Uuerträglichkeit gesteigert hat. Die Ursachen, welch- scheinbar völlig außerhalb der Lohn bewegung stebend« BerusSkreise, wie Friseure und Kellner, zur Arbeitseinstellung gesübrl haben, sind no<b nicht zur all- gemeinen Kenntniß gelangt, aber di« Wuth der gehilfen gegen die Inhaber von Vermittelung» - , und der Kellner gegen die KafseehauSbesttzer deutet an, wo die Beweggründe ihrer Aufregung zu suchen sind. Die Friseure spielen in dem eitlen Pari» eine weit bedeutendere Rolle al» bei un» in Deutschland, wo da» solide Spießbürgerthum noch die Oberhand über da» Gecken- und Dandytbum be hauptet, auch da» WirtbschastSwesen ist bei aller Ausbreitung, die e« auch in Deutschland gesunden hat, noch lange nicht aus die Höhe von Pari« oder auch nur von Wien gedieh«. In Pari» werden die Zahlkellnerstell« in großen Casä» und Restaurant« an den Meistbietenden vergeben, denn dort erhalt« diese Leute kein Gehalt, sondern ziehen ihre Einkünfte au» den Trinkgeldern, von denen sie häufig genug noch Procente an die Wirthe abgeben müssen. Die anderen Kellner sind die Paria», die nur durch die Hoffnung in Zucht und Ordnung gehalten wcrd«, dereinst auch die einträgliche Stellung eine» Zählkellner» zu erringen. Wahrscheinlich besteht bei beiden Kategorien, bei Friseuren und Kellnern, mehr Angebot al» Nachfrage, sonst würden die Friseure nicht so erbittert gegen die Stellenvermittler sein. Genug, au» der ganzen Lage ergiebt sich, daß in Paris schwere sociale Schäden besteben, welche nur eines leisen Anstöße« bedürfen, um zu gefährlichen Kämpfen zu sübren. Aus der ein« Seite sinnlose Verschwendung, auf der anderen bittere Noth. dabei Eigendünkel schlimmster Art bi» in dir unterst« Schichten der Gesellschaft hinab, gepaart mit Vergnügungssucht und Arbeitsscheu, wie soll da rin lebensfähiger Zustand ausgrrichtet werden? » Leipzig. 8. Avgvst. * Daß de" Kaiser sich im Herbst nach den Reich»- lan den begeben wird, steht jetzt fest. Zweifelhaft ist nach den bisherig« Meldungen nur, ob die- Mitte oder Ende September öder Anfang Oktober geschehen wird. Der Besuch soll etwa anderthalb Wochen dauern. Der „Magdcburgischen Zeitung" wird darüber au- Straßburg geschrieben: Sein Standquartier wird Kaiser Wilhelm in Straßburg nehmen, zu welchem Zweck mit Ausbietung aller KlSste an der Fertigstellung de« KaiserpalasteS gearbeitet wird. Derselbe ist äußer lich so gut wie vollständig sertig, so daß in diesen Lagen mit der Beseitigung de- letzten TheileS de» Baugerüste« begonnen wird. Auch die Anlagen aus dem Kaiscrplatz und m dem Palastgarreu sind so gut wie vollendet. Dagegen ist eS fraglich, ob die innere Ein richtung de« Palastes bi« zum Oktober völlig fertiggeftelli werden kann. Unter allen Umständen aber wird die- so weit geschehen, daß der Palast bewohnt werden kann. Die nicht sertiggestellten Räume werden mit Teppiche» verhängt werden. Der Kaiser verknüpft mit dem Besuch hauptiächlich den Zweck, mit der elloß-loihringischen Bevöike- rung persönlich in Berührung zu kommen, die sür die poliliiche Entwickelung des Landes einflußreichen Personen kennen zu lernen und sich über die Lage der Dinge an Ort und Stelle selbst zu orienlireu. Der Kaiser ist erst einmal, nnd zwar im Herbst 1886, auf wenige Tage in« RetchSlande gewesen und trat damals neben seinem Großvater und Vater nicht in den Vordergrund, io daß die Bevölkerung ihn nur wenig kennen lernte. BorauSsichtlich werde» von Straßburg ouS Au-flüge in verschiedene Theile der Lande« ge macht werden, so insbesondere nach Metz und vielleicht auch nach dem Ober-Elsaß. * Wie mehrfach berichtet wird, hat der Hamburger Senat dieser Tage eine Einladung an Kaiser Wilbelm gerichtet, in welcher der Monarch gebeten wird, der Eröss- nung und Einweihung der Zollanschlußbauten m Ham burg Mitte Oktober anwobnen zu wollen. * Ueber den Aufenthalt Sr. Majestät des Kaiser« in FriedrichSruh ist noch zu bemerk«, baßAllcrhöchstdcrselbe den Vortrag de« Reichskanzler« zinn Theil aus einem Spaziergänge im Parke entgegengenommen und dabei ein besondere« Interesse sür die forstlichen VcrsuchScul- turen an den Tag gelegt hat, welche Sr. Majestät bei dieser Gelegenheit vor Augen käme». Für die neuen vom kand- wirthschaftlichen Mmisterium geleiteten Versuche, edle über seeische Nadelhölzer japanischen und kalifornisch« Ursprungs bei unS zu acclimatisir«. wird e» erfreulich sein, zu missen, daß Se. Majestät diesen Bcmübung« ein besondere» Interesse widmet, und der Freude über da« Gedeihen einzelner erotischer Nadelhölzer, wie insbesondere der DouglaS-Tanne und der Lawson-Cypresse, lebhaften Ausdruck gab. Hierin liegt sür die Forstverwaltung eine besondere Ermunterung, und e» ist danach anzuiichmen, daß der Kaiser, der da» Waidwerk bekanntlich mit Vorliebe übt. dabei auch sür diese sorstlichen Versuche seine wohlwollende Theilnahme zu erkennen geben wird. * Zu den sogen. ..Enthüllungen" der „Nouvclllc Revue" ergreift die „Norddeutsche Allgemeine Zei tung" nochmal» daS Wort. Da» gouvcrnementale Blatt schreibt: Wir haben bereits melden können, daß wir ermächiilst waren den in der Pariser „Nouvelle Revue" veröffentlichien a»> geblichen Bericht des Reichskanzlers an Seme Majestät den Kaiser Friedrich 11k. als eine Fälschung zu kennzeichnen. Wir füge» dieser Erklärung nunmehr Hinz», das, ein Inimcviab bericht de« Inhalts, wie der von der „Nouvelle Revue" v rosse»! lichte, niemals an de« dochielige» Kaisers Majestät erstatte, worden ist. Die Angaben der Madam« Julie Adam enthalten «ine Evmpilation von Andeutung«, die anfangs April d I, tn mehr wt« einer Zeiiuug zu finde» war«, und die vielleicht in einem Berich, del Reichskanzler« an Kaiser Friedrich hätten qciagi werden können, aber nicht ««sagt worden sind. — In der Balt-nbergische» A»tz»l«>e»deit ist mehr al« rin Immediatdericht erstattet war. de», aber keiner derselben Hot eine Anspielung ans Besprechungen de« Kanzler« mit Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich odeb ans einen vries tzer Königin von England vom 2«. Mär» d. I. enttznlir». Ein solcher ist dem Reichskanzler und dem Aus wärtigen Amt des deutschen Reiche» bi« zu diesem Lag» absolut unbekannt geblieben. Wenn er dennoch existier«, also dies« Angabe tzer Revue richtig sein sollte, so würde darin der Veweiö liege», daß di« vorliegend« Fälschung von Regtoaen autgegangen ist, in denen man von der Eorrcspondenz der Königin von England grnauere kenntniß hat. al- im «n»wärttgen Amt des dentschea Reiche«. — Eine Auretz« des Monarch« mit „Tire" oder Majestät" findet t» solchen Immediatberichlen niemals statt. Der ganze weitere Text ist willkürlich erfunden, und bildet so gut eine Fälschung, wie die im vorigen Jahre dem Kaiser Alexander suppeditirien bulgarischen Actenftücke, nur mit dem Unterschiede, daß bei der jetzt vorliegenden Erfindung eia politischer Zweck derselben nicht recht erkcnubar ist. Die Zu- sammenstellung enthält Nicht«, was der Reichskanzler, wenn es von ihm gesagt worden wäre, Grund Hab« würde, der Ocssentlichkcit vorzuenthaltea. Wobt aber wird derselbe aus seine geschäftliche Reputation zu viel Werth leg«, um den Verdacht der Autorschaft eines solchen „Jmmediatberichte-" ans sich sitzen zu lassen. Das Actcnstück enthält eine Anzahl von Sätzen der Art, wie ein mit der BeschiitSpraxi« im deutschen Dienste unbekannter Ver fasser sich deakt, daß der Reichskanzler an sein« Sou- veroiu hätte schreibe» können, und er hat mit einer Rhetorik, wie sie in dergleichen Aktenstück« bei uu« uicht üblich ist, Angabe» anögejchmückt, die theil« nach Lage der Dinge, theil« nach Anleitung der öffentlich« Blätter und »ach Aeußeruugea von halbeiagcw.ihten Personen au« dritter nnd vierter Hand sich leicht znsammenstelleu ließen. Die Compilation enthält aber kaum einen der Gedanke», die damals in d« wirklichen amtlichen Berichten zam Ausdiuck gekommen find. Die Wahl der Argumente und die Art der daraus gezogen« Schlüsse, kurz da« ganze Aktenstück ist eine Erfindung. ES ist nach dem Inhalt nicht einmal aazunehmen, daß der Verfasser oder seine Gewährsminuer zu Denen gehtre«, welche eine der wirk lich exiftirendeu amtlich« Depeschen einmal oberflächlich gelesen oder baden vorlesen hören. Sonst wäre e« unmöglich, daß der Haupt inhalt der ganzen Fälschung ooS Angaben bestände, welch« in den wirklich vorhandenen Aktenstücken auch nicht im Eutseruiesten berührt worden find Die letzteren haben namentlich niemals eine Bezugnahme ans die letzten Aeußernaaea Kaiser- Wilhelm'« l. bezüglich nulereS Ver- hältnisse« zu Rußland enthalten, deren Wiedergabe und Besprechung eia« großen Theil de« angeblichen Aktenstücke« auSfüllt. Es ist auch dem Kaiser Friedrich niemals „no portekeaill« »oeowpnxnnot es mäwoirs" vorgelegt worden, »ud die ganze Bezugnahme aus solcher steht daher ta der Last. Die Durchlesuug umsäaglicher Lei. lagen wird bei nu« in solch« Bericht« dem Monarchen nicht zage- muthet. Ebensowenig hat jemals in einem der sraglichen Aktenstücke eine Bezugnahme ans deu König Karl von Rumänien stattgesunde»; die Worte Rumänien oder König Karl kommen in denselben über- Haupt nicht vor. Der erfinderische Verfasser der Fälschung macht sich eine ganz unrichtige Vorstellung von der Form, in welcher ein deulscher Minister an seinen Monarch« zn berichten pflegt. Für jede» Sachkenner inDentschiaud wird der wört- licheAbdruck der gefälschte» Depesche genügen, um ihre Uuechtheit darznthuu, weit man bei uu« weiß, daß die Phrasen haste Eloquenz, welch« den ansltndischen Ursprung diese« Aktenstücke« kennzeichnet, t» deutschen ministeriell« Schrift« keine Anwendung findet. Der Stil der „Nouvelle Revue" nnd ihrer Gewährsmänner genügt, um die Fälschung zu erkenn«. Sein ganzer Phrasenbau und Gedankeagang läßt vrrmnthen, daß wir e« uicht mit einer Ueber. setzung aus dem Deutsch«, säubern mit einer arsprüuglich sronzSsisch redigieren Arbeit zu thun Hab«. » Die Londoner .World" hatte mitgetheilt, daß die eigen händigen Auszeichnungen Kaiser Friedrichs nack Englanv gebracht worden seien. Wie glaubwürdig verlautet, sind dieselben inzwischen nach Deutschland zurück gesendet worden. * Die .Nationalliberale Correspondrnz" bemerkt zu der schon mitgethcillrn Petition an den Reichstag, betressend tz l66 de« Strafgesetzbuches: Dre Herausforderungen, welche sich die rheinischen Ultra- montanen neuerdings gestatteten, haben eine sehr natürliche und berechtigte Gegenwehr der evangelischen Bevölkerung und eine Erregung hervorgerufen, die noch immer im Wachsen begriffen ist. Dinge, wie die wochenlang« Ausstellung« und Anbetungen von Reliquien, Wunderheilungen, Maffenzüge kranker M.nichen und sanalisirter Schaar« zu den „Heiligtdüinera", bat sich der Ultra- monlanlsmus in Preuße» seit Jahrzehnten in solcher Oefsentlichkeit und so oemoaftrativem Hervortreteu nicht mehr erlaub!. Aus der anderen Seite wird jeder Widerspruch gegen dies Treiben in der ullramonkanen Presse terroristisch nicdergeschrie«. Nie war man empfindlicher gegrn „Beschimpfungen" der katholischen Kirche und ihrer Einrichtungen und bei dem Zuge der Zelt, welcher die sorgsamste Schonung der katho lischen Kirche fordert, sind von Behörden und Gerichten Entscheidungen ergangen, welch» den Widerspruch der protestantischen Kreise und das Gefühl Hervorrusen mußten, daß man gcgenwärttg der ultramon- tanea Herausforderung einen steteren Spielraum gewähre als der evangelischen Abwehr. Die überaus zarten Rücksichten, welch- den Lutherscstipielen Schwierigkeiten bereiteten, sind noch in allgemeincr Erinnerung. In Solingen hat dieser Tage eine offenbar ganz ungesetzliche polizeiliche Auslösung einer Versammlung deS Evan gelischen Bunde» stattgesuilden, worin der vielgenannte Pastoe THümmel die „HeiligthumSsahrten" einer, mit Ausnahme eines einzigen Ausdrucks gegen die Kölner nnd Aachener Geistlichkeit, durchaus maßvollen und vom evangelischen Stauopunct aus ganz berechtigte» Kritik unterwarf. In gerichtlichen Urtheilen ist mil- unter dem Begriff „Beschimpfung kirchlicher Einrichtungen" eine Ausdehnung gegeben worden, die säst jede Erörterung kirchlicher Gegenstände unmöglich macht. Man muß hemzulage sich sehr de- denken, Zweiscl an der Echtheit heiliger Röcke uno Windeln zu äußer», w-il auch Reliquien in gerichllichen Erkenntnissen als Ein- richtungen der katholischen Kirche betrachtet worden sind. Ter Versasser des vor einem halben Jahrhundert erschienenen und seitdem in allen Liederbüchern verbreiteten berühmten Gedichts vom heiligen Rock zu Trier würde heutzutage lange Gesängnißsirasen wegen Gotteslästerung und Airchenbeschimpiung zu gewärtigen haben; selbst wissenschaftliche Unleriuckiungen übrr die Echiveit iolcknr Gegenstände, wie die von Sybcl und Gildemeister, wäre» vnlle cht nicht sicher vor ftrasrechtlichcr Verfolgung. Angesichts so vieler Zeichen der Zelt ist es wohl begreiflich, daß sich ver evangelisch-n B oöllernng in denjenigen Landschaft«, die unter den ultramontanen Heraus forderungen am meisten zn leiden haben, eine wachsende Erregung nnd das Gefühl bemächtigt, in der Abw-Hr in unbilliger Wege gehindert zu sein. Aus dieser Stimmung ist u. A. rine Eingabe an den Reichstag hervorgegangen, den von der öffentlichen Blschiinpsnng der Kuchen uud ihrer Einrichtungen bandelnden K. 166 de» Reichs- ftrasgesitzbuchs z» streichen. Ohne Zweisel geht dieser An trag zu weit; sein, Verwirklichung könnte den ärgsten Gottes- lällcningen und Rcligionssp-ltere>en Thür uud Thor öffnen. ES wird wohl auch keine Partei im Reichstag, vielleicht außer den Socialdcinokraten, diesen radikalen Vorschlag bejürworten. Das aber dars und muß allerdings verlangt werden, daß dem Para- graphen »ich! eine Ausdehnung gegeben wird, welche jede Kritik sreiiidcr kirchlicher Lehren und Gebräuche, einschließlich anstößiger Aeiißerüchkeilen, und die Abwehr von HerauSsorderungen un- möglich macht. * Betreffs der Aachener HeiligthumSsahrt richtet Herr Gymnasialdirrclor Hr. Oskar Jäger in Köln im „Evangrtischen Gememdebialt für Rheinland und Westfalen" folgende Interpellation an diejenigen, welche es betrifft: ,.1) Ist cS wakr, was in den öffentlichen Blättern zu lesen war, daß bei der Eröffnungsfeier der sogenannte» Heilig thumSsahrt auch die Mitglieder der königlichen Regierung, de« Landgerichts, die Lehrkörper der höheren Schulen, das Osficier-corpS in eoizu»« zugege» gewesen sind? 2) Ist an- zunehmen, daß die Mitglieder b efer Körperschaften, gleichviel ob katholisch oder protestantisch, an die Echtheit der aus gestellten Reliquien geglaubt haben? 3) Wenn dies nicht der Fall — wie anzunehmen, da die Mehrzahl der Betheiiiqte«
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