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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.08.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-08-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188808126
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880812
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880812
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-08
- Tag1888-08-12
- Monat1888-08
- Jahr1888
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- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.08.1888
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Erste Anlage M Leipziger Tageblatt mb Anzeiger. 225. Tonntag den 12. August 1888. 82. Jahrgang. Der Impresario aas Gefälligkeit. Loa Arthur Achleitner. Nachdruck Verbote». Aus der Heimreise von Siebenbürgen begriffen. plagte mich der Uebermuth, auch der allezeit fivelen Stadl TemeSvar und wa- „hinterwärts von Temesvar" liegt, eine» Besuch abzustatten. Rechtzeitiger hätte ich gar nicht an dieser für Theaterkrache geradezu klassischen Stätte eintrefsen können, denn eben war wieder einmal Pleite gemacht worden, und da» ganz« Künstlervoik saß aus dem Trockenen. Da» ist tief drunten im schönen Ungarlanve, wo der Mensch erst waS gilt, wenn er viel Geld hat, mindestens ein Baron mit Sporen ist und Magyarisch sprechen kann, keine Kleinigkeit. Die Heldin hätte ihr „Lebt wohl, ihr Berge, ihr geliebten Tristen" recht gern der bergelosen Stadt zugcrusen. wenn sie eben da» Reisegelv gehabt hätte, und so ging e» den Meisten, denn die Saison war noch sehr jung an Gagetagen. Ein Heibenspectakel ging lo», al» meine sechs Sckuh lange, durch vieljiihrige» Recenscntenlhum zahlreichen Künstlern bekannte Wenigkeit in der Theaterrestauration austauchle. Die Damen küßten den „Retter in der Noth", die Herren drückten ihm die deutsche Rechte wund, Alles in der Vorahnung, nun zu leibhaftigen Guldeuzettrla zu kommen, die sich in Eisenbahn- billet» umwandeln lasten. ES war, wie man in Wien sagt, „ein Geriß" um den Ankömmling; die Coloratursängerin flötete einen „süßen Arthur" nach dem andern über die vor Aufregung bebeuden Lippen, während da» „tiefe doch", Bassist Mayer, der aber mit seinem wirklichen Namen Schulze hieß, mir den Rücken brritklopfcnd zurief: „Deutscher Bruder, Tu mußt un« Helsen!" Und gar die komische, auch in der Oper zu verwendende Alte, die. weiß der Himmel welch' ein Wind von Hannover nach der Hauptstadt dcS Temeser ComitateS geweht hatte! Daß sie micb mit ihren sspitzen Lippen nicht ssteinigte, war Alles. Die bösen Zungen nannten sie immer nur d>« „Frau von scharseS Ss." Wie eine Schaar zusammengejagter erschreckter Spatzen sah diese Gesellschaft sich an. ES kostete Mühe, die Zärtlich keiten und Zudringlichkeiten abzuwehren und zum Worte zu kommen. Da gab eS rasch lange Gesichter, vielleicht mochten Manche geglaubt haben, der „deutsche Bruder" habe große reichSdeulsche Banknoten bei sich. Du lieber Himmel! ein deutscher Schriftsteller und große Banknoten! Omni» men mecum porlo — für da» Bisserl, waS ick habe, zahle ich nickt einmal Porto. Aber Rath mußte geschasst werden. Ich ließ mir (technisch gesprochen) die Primadonna der Oper vorsühren, griff in die verstimmten Saiten des Pianino und intonirte die Hauptstellen aus — „Lohengrin". Frl. M. War da» Urbild der „in Kamillcnthee weichgekochten deutschen Jungfrau Richard Wagner'S" und — waS die Hauptsache war — eine famose Sängerin mit herrlicher Stimme. Dann mußte der Tenorist aus» Seil. Herr A. hatte den Hauptscblcr aller Tenoristen, er war au» Blitzschwaben, dann den Cardinal« fehler seiner Zunft: er war etwas spleenig, aber wenn er gereizt wurde, pfiff er wie eine Amsel, und die hohen e purzelten nur so durcheinander. Wenn auch kein Heinrich Vogl, stellte A. für rin Stavttheater seinen Mann voll und ganz. Auch die Altistin war nicht von Pappe, hübsche Person mit sonorem Organ, aber wie die „BroinSlawa" im viel später componirten ..Bettelstudent": ewig hungrig. Einige Chordamen ver sicherten mir. sie verzehre ohne Beschwerden auf einem Sitz drei Portionen Gulasch, fünf paar Wiener Würstel und Knödel ungezählt, wenn solche zu haben sind. Weil sie gar so schwarzhaarig und glulhäugig war, wurde sie die „Acuzena ohne Kind" genannt. Mil solchem Hunger Pleite zu sein, muß schrecklich sein. In der Thal pumpte mich Acuzena bereits »ach halbstündiger Bekanntschaft um einen „Einser zur Stillung deS ersten Hunger» a». Wenige Minuten später wanderle mein Guldenzettel als Wiener Würstel in den jedenfalls sebr gesunden Mageu der Altistin. Daß ich eS kurz mache, ich hielt — ein ClavierauSzug fand sich vor — eine richtige Lohengrinprobe. um mich über die Leistungs fähigkeit des von seinem Direktor „meuchlings" verlassenen Volke» zu informiren. Dann ließ ich den Capellmeister hole», — auch ein alter Bekannter aus früheren lustigen Tagen — und proponirte den Leuten, al» Manager vorauszureisen, um in kleinen südungarischen Städten Gastvorstellungen mit Wagneropern zu geben. Jubelnd wurde eingestimint, und noch am selben Abend fuhr ich aus einem unbeschreiblichen Vehikel „hinterwärts von TcmcSvar". wie Fürst Bibesco so schön singt. Acuzena, durch den gern gegebenen Einser zw traulich geworden, wollte gern mitsahren, allein ich fürchtete ihren Hunger, den die Pußtalust jedenfalls bedeutend ver schärft hätte. Geschriebene Theaterzettel verkündeten den 7153 Einwoh nern der südungarischen Stadt L-, baß das Opernensemble deS Stadtthealers von Temesvar in Originalaufsührung Richard Wagner'S berühmte Oper „Lohengrin" zur Dar stellung bringen werde. Während ein Chorist diese Zettel auStrug und an allen Straßenecken anschlug, quälte der Capellmeister sich mit den sechs Zigeunern herum, die als die einzigen Musiker d-S Städtchens den orchestralen Thcil der Oper zu übernehmen hatten. Noten kannte keiner von ihnen, und so sehr wir nnS plagten, die Wagner'sche Musik wollte keinem inS Gehör. Mit dem Vorspiel zum 1. Act ging'S überhaupt gar nicht. In Heller Verzweiflung wurde denn nach Temesvar um fünf Musiker deS Theaterorchester- tele- graphirt, den sechsten machte ich am ersten Geigerpult. Mit sechs Musikern Lohengrin — entsetzlich, wird mancher musik- uindige Leser denken. Auch wir hattm ein ähnliche« Gefühl ,rnd deshalb wurde zur Ausfüllung nach einem Pianino ge ahndet. Unglaublich, aber wahr! In ganz L. fand sich kein solches Marterinstrument vor «- die Glücklichen! Aber für uns war diese« Glück «in Malheur, weil wir just ein Pianino nothwendig braucht-». Ta, in höchster Noth fand sich ein alter weißhaariger Kunst- reund, der, im Besitz eines Harmoniums, sich bereit erklärte, eS leihweise abzugebe», wenn ibm die Mitwirkung im Orchester gestattet würde. In einem Alhemzuge wurde ihm natürlich Alles von der ersten Geige bis zum Tamtam osserirt, allein der alle Herr vermochte nur die — große Trommel — wie er sagte, virtuos — zu behandeln. Mil Mühe wurde daS Lachen verbissen — .Lohengrin" und große Trommel! Allein der Capellmeister erklärte sich nothgevrungen einverstanden, der alte Herr erhielt einen ClavierauSzug mit blauen Nullen versehen und die Information, bei jeder Null recht kräftig aus die Trommel einzuschlage». Wie rlektrisirt sang und spielte daS Ensemble, al» es daö ailSverkaufte HauS sah, und der Cassirer erklärte, daß der aus jede» Mitglied entfallende Theilbetrag mindestens die Reise nach Wien sichere. Die Vorstellung ging oben samoS, wir im Orchester waren freilich sehr dünn gesät, ich allein als erster Geiger schwitzte Thräne», Capellmeister K- oben am Harmonium nicht minder, außerdem mußte er ab und zu »och tactire» — eine Leistung, die von ei»i»enler Tüchtigkeit und Praxis Zeugniß gab! So oft der alte Herr in die große Trommel subr. hätte ick am liebsten die Geige fallen lasten, heiliger Richard Wagner! — cS war zu»-. Kranklachen. Aber im Publicum glaubte man, diese Trommelstöße gehören zur Wagnermusik, und man fand das heftige Gebrumme mit Tamtamschlag ganz in Ordnung. Tags daraus mußte auf allgemeines Verlangen die Oper noch einmal gegeben werden, und schon Vormittag war kein Platz mehr zu haben. Der Uebermuth der unter meiner Leitung stehenden Künstlerschaar kannte keine Grenze mehr, den Beutel voll Geld, den Degen zur Seit', die Feder am Hut — — Acuzena hatte den ganze» Tag Würsteln i»> Munde; Frau von scharfes SS wollte immcr Emscr Kränchen mit Cognac. WaS man in Sübungarn für theureS Geld nicht bekommen kann; der Tenorist wiederum fahndete nach einem Reitpferd; Mayer-Schulze lrank unglaubliche Mengen Wer- schetzer Wein, daß er roth wie ei» Puter wurde — glücklicher Leichtsinn! Auch Freund K.. der Capellmeister, ward von dem Freudentaumel angesteckt, trank Sccl und machte sich am ClavierauSzug deS alten Herrn zu schaffen. Da in diesem Augenblick die Primadonna mich ihrer Zuneigung versicherte, falls ich ihr bei einem Wiener Tbeaieragenle» empfehlend zur Seite stehen würde, konnte ich dem Treibe» des Capellmeister» nicht genug Aufmerksamkeit widme», aber mir ahnte Schlimmes. Wehe, wenn sie losgelaste»! Wieder ward e» Abend, die Petroleumlampe» knisterten und sandten ihren „lieblichen" Dust in den Saal, nochmals ging „Lohengrin" in Scene und trotz partieller Bekneiptheit der Solisten wurde wacker gesungen und gespielt. Schon rüstete Lohengrin sich im Mondenschein zum LiebeSgcständinß, pianissimo spielten wir unten die Begleitung, Lohengrin singt in süßen Tönen: „Elsa, ich liebe Dich!" Da — bum tschin — bum —!— wie besessen donnert der alte Weißbart unten aus seiner großen Trommel, der Tenorist macht einen Luft sprung vor Entsetze», Elsa sinkt vor Schrecken nieder, ich laste die Geige fallen, und der Capellmeister hält sich die Seiten. Im Publicum aber beginnt ein wieherndes Ge lächter» nein ein Gebrüll, ein ohrenbetäubender Lärm bricht lo-, man heult vor Lachen und der Vorhang muß herunter Jetzt merkt auch der gewissenhafte alle Herr, was er cni- gerichtet, aber ohne Scheu nimmt er den ClavierauSzug. uni sich zu rechtfertigen. Das merkt man natürlich auch sofort im Auditorium und jubelnd wird der unschuldige Sünder mit solchem Applaus überschüttet, daß er endlich flüchtet. Weg war die Stimmung für „Lohengrin", aus dem Publicum ertönen Ruse: „Rakoczy! Elfen Rakoczy!" Wohl oder übel, wir spielten den Rakoczy-Marsch mit allein verfügbaren Feuer, schließlich einige CsardaS, woraus Alles in eine nahe Restauration wanderle, wo fidel bis in den jungen Morgen hinein gekneipt wurde. Mil einigem Haarwch, aber mit Geld im Beutel fuhr dann mittelst Leiterwagen die ganze Gesellschaft weiter, der Heimath zu. Einmal Manager gewesen und nicht wieder! Der feudale Großgrundbesitz in Minen. Vom österreichischen ReicbsrathSabgeordneten Heinrich Swoboda. Daß der VersastungSflreit in erster Linie in Böhmen au-getragen wird und daß die Deutsche» aller Länder der österreichischen Krone in der westlichen Hälfte des Reiches nur ihre eigene Sacke verfechten, wenn sie mit der deutsch- böhmischen Bevölkerung gemeinsam Vorgehen, um den Heiß Hunger und die Großmannssucht der Czechoslawen als ehr licke Oesterreicher einzudämmern, das de» Näheren auszu führen und zu beweisen, hieße wohl Eulen »ach Athen trage». Fällt der deutsch-böhmische Stamm in diesem Ringkampse, bann fallen alle Deutschen diesseits der Leitha mit. So lange i» Böhmen der Kamps der Deutsche» um die nationale Existenz gekämpft wird, stehen denselben in aus dauernder Unerbittlichkeit drei Gegner gegenüber. I» erster Reihe daS czechische Volk. Aus dieser Arena steht ein Volks tbum offen gegen daS andere. Während die Deutschen ihre Eigenart und Selbstständigkeit bewahren wollen, ist alles Sinnen und Trachten der Wenzelssöbne dahin gerichtet, bei Amt, Gericht und Schule im ganzen Königreiche ihr slawisches Idiom zur Anwendung zu bringen und dadurch entweder die Deutschen von allen diesen Stellungen wegzudrängen und aus zuschließen oder sie zur Erlernung einer ihnen unsympathischen Sprache zu zwingen. Der zweite, gefährlichste Feind de» deutschen Volke- in Böhmen aber ist der aus deutschem Blute entstammende Feudaladel. Ungesckeut hat derselbe mit Hussiten und Nussophilen einen Pact geschlossen und ist un ablässig daran, die eigenen StammeSgenosscn zu befehden, die reie BolkSstimmc zu unterdrücken. Diese sogenannten „deulschconservativen" Ritter vereinigen eine ungeheure Capitalmacht an beweglichem und unbeweg lichem Gut, welche- seinen Ursprung nicht selten au» den Zeiten der Gegenreformation datirt, in ihren Händen, und sie nützen diese Macht zu politische» Zwecke», besonders in den rein deutschen Gegenden, rücksichtslos auS. Bei eder Gemeindewahl in Stadt und Tors giebt eS eine» harten Aneinanderprall zwischen unabhängigen Bürgern und Bauern und den Söldlingen und Pächtern der „Herrschaft", bei «dem Wahlgangc in den OrtS- oder BezirkSschulrath eine erbitterte Concurrenz, bei jeder Wahl in die Bezirksver tretung oder in den Bezirkeausschuß einen harten Strauß, ja selbst bei der Bestellung deS Vorstandes eines landwirth- chasllichen Verein« oder BauerncasinoS kommt es zu Händeln ind Zwistigkeiten, weil der „HerrschaftS"-Bcsitzer allüberall eine Herrschaft behaupten oder wiedereinführen will. ES ist eine unerquickliche Situation, inmitten eines solchen AampseS zu stehe», gegen alle offenen und versteckten Angriffe ge wappnet zu sei», und eS gehört viel Scharfsinn dazu, um den Knoten der unablässig geschürzten Intriguen immer recht zeitig zu zerhaue». Und dieser seudalherrliche Einfluß spielt in der That in ganz Deutsch-Böhmen, in BudweiS angefangen, längs der Grenze bi» zu dem Riesenkamm und den Sudeten, intensiver, wo die Bevölkerung eine rein Ackerbau treibende oder von der Waldarbeit abhängig ist, weniger intensiv, wo die Industrie eine heilsame Emancipation geschaffen hat. Die österreichische Gesetzgebung hat auch endlich das Ihrige dazu beigetragcn, daß dieser rückschrittliche Einfluß überall in Böhmen überwuchert. Durch die Virilstimmen wurde ein verbängnißvolleS Privilegium geschaffen. Man kann wohl sagen, jeder solcher Fcudalherrcnsitz ragt wie eine mitttel- alterliche Burg herein ins neunzehnte Jahrhundert und sendet seine Reisigen auS, um i», Kampfe gegen die Civilisation die geschaffene neuzeitliche Ordnung wieder zu zertrümmern. DaS ganze Sinnen und Trachte» dieser Kaste ist sohin ein rcvolnlivnaires. Ein allseil- willfähriger PatronatskleruS zumeist czechische» Blute» stellt sich alS dritter mächtiger Gegner deS deutsch-böhmischen Volkes blindlings zur Ver jügung, namentlich im Böhmerwaldgebiete wird Bruder gegen Bruder ausgebvlen und ein Guerillakrieg geführt, wie er häßlicher nicht gedacht werden kann. Drohungen, Ver sprechungen und Irreführungen sind die Hauplgeschütze deS Kampfes. WaS Wunder, wenn sich hier und dort trotz der Treue und Zähigkeit deS deutschen Volke- in Böhmen doch kleine Verrätherbanden bilden, welche bald unter dem trügerischen Namen „Wirthschastspartel". bald unter der Be zeichnung „Bündler" zu Tage trete»! Genauere Kenner deS politischen Lebens der Deutschen in Böhmen und besonders des süd- und nordwestlichen TheilcS wissen viel davon zu er zählen, was auf diesen großen Latifundien am Volke gesündigt wird. Die Städte Krummau. Schüttenhoscn,Kaplitz,Tachau rc. kennen diesen bis ins innerste Mark zehrenden Kamps, in welchem Jeder, der sein Volksthum hochhält und sich vor dem Geßlcrbut nicht in Demuth beugt, an seiner Stellung und an seiner Existenz bedroht wird. Allein aller Druck erstickt den gesunden Kern deS Volkes nicht — eS rafft sich bei jedem wichtigeren Anlasse aus und wehrt sich ungeachtet seiner Ab hängigkeit und theilweise großen Armuth standhaft seiner Reckte. DaS deutsch-böhmische Volk folgt seinem gesunden Jnsünct und findet den richtigen Weg in seinem ererbten Mißtrauen gegen den herrschsüchtigen feudalen Großgrund besitz, beste» Almen schon vor Jahrhunderten besonders Böhmen zu dem Tummelplatz ihrer Gewallthatcn machten, durch AdclK ausstände gegen Gesetz und Krone daS Land beunruhigten und zerwühlten und von denen schon Karl der IV. mit Erbitterung sagte: „Sie sind Tyrannen, welche den König nicht fürchte» und daS Land unter sich vcrtheill haben!" Alles Streben Einzelner, aller Druck, alle an den Pacht- und Waldsclaven versuchten und geübten Hungercuren sind nicht von dauerndem Erfolge! — Das deutsch-böhmische Volk hält in seiner großen Mehrheit unerschütterlich sest an dem einen Ziele, welches ihm seine Abgeordneten in treuer Erwägung als den Aus weg auS Noth und Drangsal vorgezeichnet haben, an der Zwcitheilung deS Landes! Vermischtes. ---Berlin, tv.August. Der Kaiser arbeitete am gestrigen Vormittage, nach der Rückkehr von einem mehrstündigen Spazierritt, zunächst längere Zeit allein und hieraus von l l>,2 llhc ab mit dem Chef des Militair-Cabincts General- Adjutant v. Hanke. Nachmittags t Uhr empfing derselbe den zu», Commandcur des 7. Armee-CorpS ernannten bisherige» Chef deS Mllitair-CabinetS General der Cavallerie und General-Adjutant von Albedyll und nahm einige Vorträge entgegen. — Später wurde der TagS zuvor auS München in Berlin eingetroffene Statthalter von Elsaß-Lothringen, Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingssürst empfangen. — Nach mittags gegen 6 Uhr begab sich der Kaiser vom Marmor Palais nach der Matrosenstation und unternahm von dort auS, in Begleitung deö Prinzen Friedrich Leopold und der sämmtlichen Herren des kaiserlichen Hauptquartiers aus dem Salondampser „Alexandria" einen Ausflug aus der Havel »ach der Psaueninsel, woselbst derselbe bald nach 7 Uhr an- langte. Ans der Pfaueninsel nahm der Kaiser daS Souper ein, worauf gegen 10 Uhr die Rückkehr nach der Matrosen station bezw. dem MarmorpalaiS rc. angetreten wurde. — Im Lause dcS heutigen Vormittags »ahm der Kaiser zunächst im MarmorpalaiS bei Potsdam die regelmäßigen täglichen Vorträge entgegen, conserirte später mit dem Minister des königlichen HauseS v. Wedell-PieSdorff und arbeitete später mit dem Ches des Civil-Cabinets, Wirkt. Geh. Rath v. Lucanu». Später wurde dann auch »och der Ceremonien- meister Graf zu Eulenburg zu längerem vortrage empfangen. ----- Die arabischen Pferde, welche die sich in Berlin zeigende Beduinentruppe de» Dircctor» des Zoologischen Garten- in Leipzig, Herr» Pinkert, mit sich führt, üben aus die Kreise der Sportwelt eine außergewöhnliche Anziehung auS. Unter de» prächtigen Thieren befindet sich, der „Nord deutschen Allgemeinen Zeitung" zusolge. namentlich ein Schimmelhengst „Sultan", welcher daS Interesse, daS man ihm enlgegenbringt, i» hohem Maße rechtfertigt. „Sultan" oll der berühmten Raste der „Kohlani" entstammen, d. h. ein Nachkomme von einer jener fünf Stuten sein, welche sich im Besitze des Propheten Muhamed befanden. „Sultan" repräscnlirt in seiner Heimath einen Werth von 40 OVO .X! Er ist das Lieblingspferd des Scheck» der Karawane, und tiefer, ei» vorzüglicher Reiter, vermag Wunderdinge mit dem eurigen Thiere zu verrichten. Da» Thier zeigt eine bewun- dernswertbe Anhänglichkeit an seinen Herrn. Der Hengst ist daS Entzücke» eines jeden Beschauer». Seitens hervorragender Osficiere sind bereits zehn Gebote aus „Sultan" gemacht worden, um denselben als Deckhengst für Gestüte von Ruf zu erwerben, aber der alte Scheck will nicht viel von den verlockenden Offerten wissen. Gewistermaßen eine Separatvorstcllung gaben am Mitt woch Vormittag während de» GefechtSexercirenS der Garde-Infanterie zwei Beduinen auf dem Tempel- Hofer Felde. Dieselben — der Scheck und einer feiner Stammesleute — waren am frühen Vormittag »ach dem Tempelhoser Felde geritten, um den Kaiser, von welchem eS hieß, daß er den Exercitien beiwohnen werde, zu sehen und die Truppen zu bewundern. Während die Beduinen, hoch zu Roß und in Begleitung eines gleichfalls berittenen euro päischen Führers, die Evolutionen der Truppen von der Tempelhoser Chaussee auö mit Intereste ansahen, entsendete der commandirende Oberst während einer Gefechtspause mehrere berittene Schutzleute zu den fremden Reitern mit dem Ersuchen, näher heranzureiten, welchem Ersuchen dieselben auch sofort nachkamen. Die phantastischen, in weiße Burnusse «kleideten braunen Wüstensöhne aus ihren prächtigen arabischen ollbluthengsten erregten bei den Ofsicicren lebhaftes Inter este, welche» sich »och steigerte, als die Beiden, hingerissen durch den Anblick der weiten Ebene und durch die Unruhe ihrer courbettirendcn, in die Gebisse schäumenden Hengste, diesen plötzlich die Zügel schicßen ließen und. Alles um fick der vergessend, gleich einem Wirbelwinde über den weiten Plan sausten — eine Reitersantasia der Wüste darstellend, wie sie malerischer aus dem Tempelhoser Felde wohl noch nicht Vagewesen sein dürste. Zurückkehrend, rxccutirten die Beiden noch einige Reiterstückchen »nd zogen dann der inneren Stadt zu, überall Aussehen und Bewunderung erregend. --- Der XVII. allgemeine deutsche Protestanten- tag soll dies Jahr am Mittwoch, den lO. und Don nerstag. den 1l. October, in Bremen stattsindcn. Am Mittwock finden die Sitzungen der Ausschüsse statt, die Festprediat wird an demselben Nachmittag Dccan I> Zittcl anS Karlsruhe halten. Ai» Donnerstag, den 1l. October, findet die Hauptversammlung statt, in welcher Stabtvsarrer Hoenig-Hcidelberg und Superintendent vr. Dreyer-Gotha über das Thema sprechen werden: „Die Arbeit dcS Prvtcstanten- Vereins während seines 25 jährigen Bestehens und unsere Aufgabe für die Gegenwart und Zukunft der evangelischen Kirche Deutschlands." Am Nachmittag findet daö Festmahl statt, welchem eine Versammlung der Freunde und Mitglieder des Vereins mit Ansprachen folgt. Es werden die Herren Sckmcidler Berlin, Matz-Breslau u. A. über die Verhältnisse der verschiedenen Landeskirchen sprechen. Am Freitag findet wahrscheinlich ein Ausflug nach Bremerhaven statt. --- Madrid» 5. August. Der Prozeßscandal hat seinen HSHepunct erreicht. Die Presse hat es durchqesetzl, daß die der Bei hilfe an der Ermordung der Frau Luciano Borsino Beschuldigten vor de» Rich! er gezogen werden und die Fäden, die von de» Be» brechern zu einflußreiche» Personen gehen, rücksichkslos ausgedeckt werden. Der endlich dingfest gemachte Gesängnißdirector Millan Astray steht unter der Anklage, für Geld den muthmaßlichcn Muttermörder Barela aus dem Kerker gelassen zu haben, und schwer wiegende Zeugnisse sprechen dafür, daß er wissentlich den Mörder der Strafe zu entziehen strebte, indem er Gesängnißbeamte be stimmte, saliche Aussagen zu machen, indem er die Higinie, das Dienstmädchen der Ermordeten, beredete, sich für die Mörderin aus- zugeben — offenbar in der Absicht, später Begnadigung zu er wirken—, indem er die Richter aus falsche Fährten zu bringen trachtete und indem er schließlich durch Bestechung eines Weibes Camara aus einen Unschuldigen, Fernando Blanco, den furchtbaren Verdacht ab lenkte. Eine begreiflich: Entrüstung hat sich der spanischen Nation bei diese» Vorgängen bemächtigt, zumal der so schwer beschuldigte Beamte in einflußreichen Kreisen immer noch Bertheidiger findet, die sich bemühen sollen, die Angelegenheit niederzuschlagen. Unter den Personen, die sich über die hier beliebte Art der Rechtspflege am unwilligsten geäußert haben, befinden sich Sagasta und Bega de Armijo, der auswärtige Minister, der zufällig in den Stand gesetzt ist, alS Zeuge gegen Millan Astray auszutrrten, waS seine Volks- thümlichkeit außerordentlich vermehrt. Es heißt, der angeklogte Gesäugnißdirector habe gedroht, »oeittragende Enthüllungen zu machen, wenn er nicht in Freiheit gesetzt werde. Die öffentliche Meinung findet indessen beim Ministerpräsidenten, bei Bega de Är mst», den Parteiführern und der gesammten unabhängigen Presse kräftige Unterstützung. Francisco Silvela, der frühere Justizminister, ein hervorragender Redner, Hot die Stellung der conservativen Partei in einer Ansprache in Malaga mit herber Rücksichtslosigkeit bezeichnet und bat somit den Proceß von einem bloßen Criminal- salle aus die Höhe einer politischen Frage ersten Range» erhoben. Römers Robledo hat ebenfalls eine Lanzc für die öffentliche Sittlichkeit gebrochen. empfiehlt zur bevorstehenden Enthüllung des Siegesdenkmals Breite 100 Etni« Länge »OO Etm., Stück 8 80 , LO« . . 7 . — . » 800 i » O » — « mit dem deutschen Reicksadler auf weißem Felde auf echtem baumwollenen Tuch L.io breit, » Mtr. lang, Stück H>ret» LO ^ 1.8» » 8 » » » « 1? » 800 «tm., Stück 7 ^rr 80 LOO . . 10 § — 800 , , 12 80 «00 . . 18 » —
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