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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.08.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-08-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188808299
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18880829
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18880829
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1888
- Monat1888-08
- Tag1888-08-29
- Monat1888-08
- Jahr1888
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.08.1888
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Erste Geitage M Leipziger Tageblatt und Anzeiger. 242. Mittwoch den 29. August 1888. 82. Jahrgang. t-' t-rr - >7- r> L...» ^ nr> « U"v uoer. uno ^uowiq uvtdlio nvcmcirle ^ s» ^ Vkbkn» entladen. WaS Aovocatcn zu», Projessvr der deutschen Literatur in Tübi z w.ll soll die Hand lmn. traurig, wenn °,'c ! He.nrich ^ube vertauschte die Theologie »nt der Tr 'uraie, und auch einstiger Regisseur an der Hos ^UmgesattelN" von Hermann Pilz. «ochdnxk ver»«le». .Was willst Du werden?" Giebt es im ganzen Familienleben eine schwerer wiegende Frage, als die vier Worte? Wir möchten eS bezweifeln. In der Antwort liegt ja, so hofft man, die Besiegelung de» Glücke« der Zukunft für de», der die Antwort giebt. E» ist ein alte» gutes Wort, dag Jeder seine» Glücke» Schmied ist, wenn e» nur immer auch Jedem vergönnt würde, frei und ohne Fesseln de» Hammer zu schwingen! Wem der Arm geführt wird, wer den Hammer so schwingen muß. wie e» ihm väterliche Gewalt und Weisheit verschreibt, nun, der wird wohl auch was Rechte» schmiede», wenn er so sortsährt, wie er unter weiser Hnndsührnng begonnen. Ob er aber immer sein „Glück" schuueden wirb? Zweifelnd schüttelt da» Haupt, wer die Lebensläufe der Menschen in aus- und absteigender Linie verfolgt. Und doch ist das Glück Alle-, wonach wir auf Erden jagen. Wer da» Glück aus Erde» nicht erreicht, bleibt ein armselig Menschenkind, dem besser wäre, er hätte den ersten Morgen nicht über sich leuchten sehen. Da» Glück aber ist die innere Besriedigung, das Znsriedensein mit sich selbst, weiter nicht-. Die innere Besriedigung aber ist ein Kind der Harmonie VeS äußeren und inneren Lebens. Wo Außen- und Innen leben in Mißklang stehen, da ist der Mensch ein verfehltes Touskück, Vesten sich der Cvmponist schämen muß. Der Berus LeS Lebens muß dem Drange des Herzen» entsprechen. Da» übervolle Herz soll sich in: Berus deS Leben» entladen. Was das Herz lhun muß. Her; ewig voll. Wie auch die Hand emsig schafft, e» hat keinen Theil daran. Die Befriedigung fehlt. Das Glück ist verscherzt. Man sieht ihm sehnsüchtig nach. Man springt wohl »och einmal aus. eS zu Haschen. Aber eS fliegt wie ein scücner Vogel immer feldeinwärt». Weit, — weit — ans ewig! „Was willst Du werden?" Jeder Mensch hat in seiner Zagend ein Anrecht aus diese Frage. Die Eltern er füllen nur eine Naturalobligation, wenn sie dem Kinde da rsiecht der Beantwortung dieser Frage einräumen. Derjenige ist kein boirus pater samilius, der auS der inhaltsschweren Frage ein kategorisches: „Daö sollst Du werden!" macht. Dieser Beseht ist ein Mißbrauch der väterlichen Gewait. Er »st grausam und schmecki nach der patria potestas des römischen Hausvaters. Und doch wird er alltäglich im Leben gehört, und oft, ans Kosten deS eigenen Glücke», auch erkört. Kaum ist der Bube geboren, so sieht ihn der glückliche Schneidermeister schon im Geiste wie einen Pascha aus dein Schneidertlsch sitzen und kunstgerecht Knopflöcher schneiten oder ein Hosenkreuz cinsetzen. Der künftige Schneider wächst langsam heran. Er entwickelt treffliche Gaben. Er ist ein .Mordskerl" i» der Säule und die Freude seiner Lebrer. „A»S dem Zungen wird einmal ein Gelehrter", sagte gelegentlich der Lehrer zu unserem Schneidermeister. Da wurde es dein Vater grün und blau vor den Augen. Ein Gelehrter? „Ein Schneidermeister soll er werden", erwiderte er determiuirt, und ließ den verblüfften Schnlniona>chen stehe». Spornstreichs eilte er nach Hause. Der Bube mußte die Schulbücher bei Seite legen und sich für heute im Faden wichse» und Eiiisädcln übe»! Er soll Lust »nd Liebe zu seinem künftige» Berus bekommen, sagte sich der Beherrscher aller Buckskinsorten. Und die Jahre gingen darüber hin. Der hoffnungsvolle Sohn war schon in seines Vaters Atelier mit beschäftigt. Er hatte bereits da» „Ansagen" beim Maßnehmcn capirt; „wenn er nur erst Zuschneider ist", jubelte es »n Herzen des Meisters. Nacht» im Traume erschien ihm daö Bild des Sohne» vor Augen, und um ihn herum, da ivimmelie eS von Faden, Nadeln, Schceren, Schnitten, Knöpfen und Bügeleisen! Dem Schn aber erschienen im Traume ganz andere Bilder. Er sah sich als einen Bildner der Jugend. Er sah, wie andere Knaben mit großen, lauschende» Augen zu ihm anfsahen, genau wie er voller Andacht zum Antlitz seines Lehrers emporschaute. Und er erzählte ihnen von Gott und der Natur und von der Liebe und Treue zu Kaiser und Reich. Und er lächelte im Traume. Das Glück schwebte wie ein Zephir an seinem Veilchen vorüber. Die Schulzeit batte ihr Ende erreicht. Schüchtern wagte er sich mit dem Wunsche hervor, ein Lehrer z» werden. Der Meister fragte nicht, waS er werden wollte. .Du sollst Schneider werden". Damit war sein Schicksal entschieden Nu» saß er oft aus dem langen Tische, und schaute sehnsnät g durch die Fensterscheiben hinaus auf die Straße, wo die Jugend in grünen Mützen zu dem altersgrauen, ehrwürdigen Seminar wandelte. Wie abwesend starrte ec in die Weite. Er folgte den Glücklichen. Da rann ihm eine Thräne über die Wangen. Er schreckte auf, wischte den Verräther weg. und beugte sich wieder nieder, um eine solide Naht zu erzeugen. Za, ja, das Glück war nur ein Traum gewesen! Wäre doch da» Leben auch nur ein Traum! Zahre sind in» Land gegangen. Draußen vor dein Thore, im stille» Garten deS Frieden», wölbt sich grüner Rasen über dem Meister. Er starb befriedigt. Er hatte seinen Sodn zum „Gesellen" gemacht. Guter Vater, von dem stillen Weh Deines KindeS, von dem namenlosen Kummer, der da» Herz Deines Sohne» oft in Stunden der Ruhe peinigte, davon hast Du nicht» gewußt. Du freutest Dick wen» seine Hände so fleißig schafften, Du ahntest nicht, daß diese fieberhafte Arbeit nur dazu dienen sollte, die rebellischen Gedanken in der Seele zu unterjochen. Friede Deiner Asche Dein Sohn freilich ist Dir untreu geworden, und Deine Todesstunde war die Stunde seiner Auferstehung. Mit Deinem Erbe ergriff er den in der Seele verjolgten Berus — spät, aber nicht zu spät —, und nun hängt die Jugend an seinem Munde! Er bat „umgesattelt!" Daß er »och „umsalteln" konnte, brachte ihm das Glück wieder. Wie Vielen vergönnt laS Schicksal nicht, umzusatteln! Sie leb«, ein freudlose» Dasein dahin und feiten schleicht ein Sonnenblick über ihr Antlitz. Die klugen Menschen aber zucken »och spöttisch die Achsel», wenn sie hören, daß Einer „umgesattelt" hat „Er hat umgesattelt", das ist bei Viele» gleichbedeutend mit: „Er ist ein Taugenichts", oder: „Es wird nicht» Rechte» an» dem Menschen" O Ihr kleingläubigen Thoren, eben weil er vorwärts kommen will aus der großen Rennbahn de» Leben», zäumt er einen anderen Gaul aus Es kann nicht Jeder mit jedem Pferde an» Ziel kommen Hätte man ihn doch gleich aus da» richtige Pierd gehoben daS er z» reiten begehrte. Dann wäre da» .Umsalteln" nicht »ötbig gewesen Es habe» große Männer in ihrem Leben „umfatteln müsse». Dersslinger vertauschte die Elle mit dem Rerterschwert. Menzikosf avincirte vom Pastetcnbäcker zum ersten russischen Staatsmann. Valentin Dnval verlies die Hirtenlausbahn. um sich zum Professor der Geschichte und Alterthumskunde cmporzuschwingen. Auch Johann Michael Georg oder Görge, der zum P-chsieder und Biehknker auserkoren war. sattelte um, und starb als berühmter Regic- rnngsdircclor in Bayreuth. Michael de Rnytcr brannte seinem Lehrmeister in der Seilerbahn durch und wurdeMatrose. Als Admiral war er später „der Schrecken deS groß :> OccanS'. Hätte Schiller als „NegimeutSseldscheer ' sei» Glück machen können? WaS hätte Sir Henry Havelock, der große englische Krieg-Held, am staubigen Actenlischc für eine Be sriedigung gesunden? Karl Linus ließ Knieriem undPsriemen im Stiche, um sich der Natur hinzugebe», und er wurde der .Vater der Naturgeschichte". Wilhelm Herschel, der große Astronom, ließ Horn und Oboe im Stiche, um an den Usern deS klaren Avon Nacht- in oen Sternen zu lesen. Ludwig Bechst ein ließ Pillen und Mixturen link» liegen und widmete sich der Bibliothekenkunde. Zwischen den alten Folianten tauchten ihm die Gestalten seiner Märchen auf, die ihn in seinem früheren aromatischen Berufe wohl geflohen hätten. Friedrich Bodenst edt entfloh dem Kaufmannsberuf, Matthias Claudius vertauschte die Bibel mit dem cor^us juiis, Tb-"dor Fontane gab das Studium der Naturwissenschaften aus, und wandte sich der neueren Philologie und Geschichte zu, und der alte Gleim, der TyrtäuS des siebenjährigen Kriege», ging von der Rechtswissenschaft zum Lehrerberus über. Julius Hammer, der gedankenvolle Poet deS „Schau uni dich und schau in dich", wandte sich von der Jurisprudenz zur Philosophie, Hegel von der Theologie zur Philosophie, und Heinrich Heine vom Kausmannsberus zur RecbtS- wissenschasl und von dieser zum Schriststellerthum. Erst im letzteren fand er Befriedigung. Justinu» Kerner sollte ein Tischler werden. Als man sah, daß er dazu keine Neigung hatte, zwang man ihn zum Couditor. Vom Convilor ging seine Laufbahn auswärts zum ärztlichen Berufe. Julius Mosen ging von der Jurisprudenz zur Dichtkunst und Dramaturgie über, und Ludwig Ubland avancirtc vom übingen. Trama- Hosburg, August Förster, war ursprünglich zum Gotte»gelehrten bc- limmt. Dawison war ursprünglich Copist in Warschau zewesen, Döring war für da» theologische Studium be- timmt, wurde dann Kausman», und schließlich der erste Dar teller des „Nathan" für alle Zelte», und Ludwig Dcvricnt iug heimlich vom Ladentische zu der wandernden Schau pielcrtrnppc dc» DirectorS Lange in Gera. Wa» würden sie alle geworden sein, wen» sie dein Studium, dem Berufe treu' ebliebe» wären, zn dem sie der Eltern Weisheit bestimmt alte? Von den Hosen, die Dersslinger gesertigt hätte, würbe man heutzutage ebenso wenig etwa» wissen, wie von dem Baumkuchen, der unter den Finger» von Justinu» Kerner entstanden wäre! Sie habe» alle zur rechten Zeit — um gesattelt! Schmähet nur da» „Umsattcln" nickt! Seid ihm nicht hinderlich, auch wenn der Reiter das Pjerd, auf dem er bisher geritten, sich selbst im Marstall ausgesucht hatte. DeS Menschen Wille ist sei» Himmelreich. Es w>rd nie zu be klagen sein, wenn ein Mensch, in Folge besserer Erkenntniß eine» eigenen Wesen», von einem Berufe zum anderen über geht. Versperrt Nicmandcni de» Pfad zu seinem Glück! Freilich beim „Umsalteln" gehl Zeit verloren. Obendrein muß der Reiter von Neuem starte» und mit Jüngeren lausen, die zeitiger als er auss rechte Pferd gekommen sind. Da» läßt sich nickt ändern, bester spät als gar nicht an'S richtige Ziel zu gelangen. Glücklich, wer nicht umzusatteln braucht, wer nicht durch ein Machtwort in eine falsche Bahn gekrängt wurde. Glücklich der, den man gefragt hat: „WaS willst Du werden?" ,Wenn cs aus den Willen ankommt, wird mein Zunge Postillon", wendet mir hier ein gestrenger Vater kopsschülteliw ein. Nu». sei e» drum, wenn er nur seine Postkutsche in Ehren führt I Aber. wie alt ist denn der künftige ReichS- postkutfcher? „Acht Jahre!" Dan» ist seine Sehnsucht aus de» Bock der gelben Kutsche vielleicht nur kindliche Romantik. Wer hätte nicht in seiner Jugend Soldat, Schauspieler. Musiker, am liebsten einer niit der Pauke, werden wollen! Diese kindliche Romantik z-rp!atzt schließlich wie Seisenblascn. Zur rechten Zeit, nicht zu spät und nicht zu früh, will die Frage: „WaS willst Tu werden" gestellt sein. Zur Zeit, wo eS mit der Berufswahl Ernst wird. Vorher ist c» eine Spielerei, und die Antwort kann wohl die richtige sein, aber sie kann auch bald eine andere werde». Der Schreiber dieser Zeile» wäre in seiner Jugend gern „Briefträger" geworden, »amentlich „Geldbriefträger", er hat sich aber doch auch eine» Anderen besonnen! Nur Niemanden zwingen. Etwa» zu werden, und Nie manden abhaltcn. Etwas anderes zu werken, als er geworden ist, das könnte ein Gebot in jedem ErziehungSkatechismus sein. Za, wenn ein jnnges Menschenkind wie ein Schmetterling von Blume zu Blume flattern, und aus keinem Kelche Rast halten will, wenn e» von alle» Blüthen nur nasche» will, dann mag eS wohl geboten sei», rin Machtwort zu sprechen, um dem zerfahrene» Sinn Stätigkeit zu verschaffe». Sonst ist'« vom Nebel. Der Zwang scheucht da» Glück fort. Der Berus wird ein Joch, unter dem man ohne Befriedigung einhertrottet. Nicht immer ist man so glücklich, „umsatteln" zn können. DaS Glück ist verscherzt. Man sieht ihm sehn süchtig nach. Man springt wohl noch einmal auf. es zu Haschen. Aber e» fliegt, wie ein scheuer Vogel, immer feldeinwärt». Weit, — weit, — weit, — auf ewig! Kaiser Wilhelm II. in Dresden. * Wir lasten dem ausführlichen Bericht in der letzten Nummer über die Anwesenheit Kaiser Wilhelm'» H in Dresden noch folgende Mittheilungen folgen: Am Tage vor dem Abrückei, nach dem Lausitzer Herbst. übungSgelände ward unserem sächsischen „Kaiser"- Grcnadier-Regimente noch die unerwartete, aber um so freudiger begrüßte Ehre zu Theil, von seine,» kaiserlichen Ches besichtigt zu werden. Se. Majestät der Kaiser beschloß seine Fahrt durch die Residenz mit einem Besuche rer Cascrne deS 2. Grenadier-RegimentS Kaiser Wilhelm, König von Preußen Nr. I0l, woselbst Hocbderselbe um »,,>2 Uhr. ge leitet von Sr. Majestät dem König Albert, der die Uni form seine» preußischen Dragoner-Regiments trug, cintraf. Dem kaiserlichen Zuge waren die dem Regimcntc Vorgesetzte Geueralität: Se. königl. Hoheit der conimandircndc General, Feldniarschall Prinz Georg, der heute da» erste Mal da» Zeichen seiner Macschallwürde, den „Stab", trug, der ihm durch Se. Majestät dem Kaiser aus dem Bahnhöfe über reicht worden war; ferner die Generale von Rudorfs und von Minckwitz und der Stadt-Cvmmandant General ü Bhrn vom Berliner Bahnhofe vorauSgeeilt. um noch rechtzeitig am rechten Flügel des in Bataillons-Colvnne. mit der Stirnseite nach den Caserne», im großen Cascrnenhose in Parade auf. gestellte Regiment eintreten zu können. Ebenso waren die königl. Hoheiten Prinz Friedrich August und Prinz Johann Georg und Se. Excellenz der Herr Krieg-minister Graf von Fabrice aus dem Cascrnenhose erschienen. Prinz Max war in die Front eingetreten. Vor der mit der König-standarte und Flaggen in den Reich»- und Landesfarben geschmückten Caserne hatte ein nach Tausenden zählende» Publicum Aus. ilelluiig genommen, welche» hier stundenlang, den drohenden Liegen nicht scheuend, im Festkleide wartete, um die Majestäten bei Ihrem Erscheinen enthusiastisch zu begrüßen. Se. Majestät der Kaiser trug die Uniform de» Re giment» ohne Busch und Orden»band. Sein militairischeS Gefolge bildeten der Chef de» Milltaircabmet». General von Haknke. Generaladjutant von Wittich, Flügeladjutant von Brösigke und Rittmeister Gras Pücklcr. Se. Excellenz der vrenß sche Gesandte am hiesigen Hose, Graf von Don hoff, sowie der LegationSsecretair Fürst Thurn und Taxi» halten sich der kaiserlichen Suite angeschlossen, während sich in der Begleitung Sr. Majestät unsere- König» die General adjutanten von Carlowitz u»l> Fürst von Schönburg, Stabs chef General von der Planitz. General Schuria und die Flügel« adjutanten ObcrstlientcnantS Müller von Berncck und von Schimpfs befanden. DaS Regiment präsentirte beim Einfahren der Majestäten aus den Äeschl seines CommandeurS Oberst von Egidy, gleichzeitig ließ die Musik Len alten bekannten Fahnenmarsch de» Regiments erklingen. Die Tamboure schlugen ein, die Fahnen senkten sich und ein dreifache» salvenartig dröhnendes Hurrah tönte dem verehrte» Regiment-ches von den Lippen der Mannschaften als Willkommgruß entgegen. In dem Augenblick, wo der Kaiser aus den Händen reS NegimcntS- Coinmaudeur» den Frontrapport entgegennahm, brachen die ersten Sonnenstrahlen durch den bis dahin von Wolke» be deckten und mit Regen drohenden Himmel. Sehr langsam und genau prüfend schritt der kaiserliche Herr, »eben Sr. Majestät unserem Könige gehend, die Fronten der Bataillone hinab, jedes einzelne Bataillon mit einem freudig erwiderten „Guten Tag Grenadiere!" begrüßend. Hieraus sormirte sich das Regiment zum Vorbeimärsche, erst in Compagniesrvnten mit ungefaßtem Gewehr und aus- gepflanztem Bajonnct, sodann in RegiuicntScolonue» mit Gewehrüber, die Slabsosficierc voraus und dann allein un mittelbar vor dem dicht massirte» N gimente der RegimentS- commandenr mit den Fahnen. Nach dem Vorbeimärsche, der beide Male von den großen, schön gewachsene» Grenadieren vorzüglich ausgesührt und von dem coinmandirenden General, sowie den Division»- und Brigade-Comiiiaildeuren geleitet wurde, versanimeltc Se. Majestät der Kaiser die Ossicicrc deS Regiment» vor der Front, um ihnen seine Besriedigung über da» Au-schen und die Haltung deS Regiments, zugleich aber auch seine Freude auSzudrücke», durch Sc. Majestät den König Albert als Chef an die Spitze dc- Regiments gestellt worden zu sein, welches de» Name» seine- glorreichen Großvaters Kaiser Wilhelm I. seit über 20 Jahren trage und zu Höchstdessen ruhmreichem Gedenke» z» ewigen Zeiten tragen werde. Sodann begab sich Se. kaiserliche Majestät zn den Truppen, um dieselbe» zu begrüßen, unk nahm dun» die Einladung zu einem im Casino deS OssicicrScorps bereiteten Frühstücke buldreichst an. Der Eingang zur Caserne war mit Blume» und Blattpflanze» geschmackvoll besetzt, ebenso der Vorraum derselben und die Treppen. Z»i großen Speisesaale war die Tafel für 80 G decke bestellt, die gleichfalls reich mit Blumen und de» schönen silbernen Aussätzen, die daS Regiment »ach und nach verehrt erhalten hat, geschmückt war. So stand beispielsweise vor dem Platze deS Kaisers, der zwischen dem Sr. Majestät des König« und Sr. königl. Hoheit deS Prinzen Georg an der Fensierseite lag. ein wundervoller Theerosenstrauß aus hohem Silberaussatze. Wahrend der Tafel spielte die RcgiincntSmusik unten vor der Caserne, im Hose da gegen hatten die Mannschaften des Regiments erneut, diesmal aber ohne Gewehr Ausstellung genommen, um dem Kaiser bei der Abfahrt nochmal- eine begeisterte Huldigung zu bringen. — DaS Frühstück währte beniahe eine Stunde, so daß eS gegen >/^2 Uhr sein mochte, als die Allerhöchsten Herrschaften die Wagen bestiegen, um die Fronten de» Regiments nochmals abzusahren und dann durch die noch immer vor der Caserne harrende Menge berzlichst und sreudigst begrüßt, den Weg nach Pillnitz cinzuschlagen. Die Ofsiciere und Mannschaften deS Kaiser Wilhelm-Grenadier Regiment» trugen heute VaS erste Mal den NamcuSzug neuer Probe mit der römischen EinS unter dem ,,^V". Ebenso sah man heute bei den nicht eingetreteneu Ossicicren daS erste Mal die neuen Achselstücke, die in Zukunft an Stelle de» EpauletteS getragen werden. (DreSd. Anz.) v Pirna, 27. August. DaS königl. Lustschloß Pillnitz ah heule den Kaisergast, dem gleich der Residenz Dresden auch von unserer Landbevölkerung der rauschendste Empfang bereitet worden war. Der von früh an sich kundgebcnde Menschcnzusammeiifluß war wirklich colossal, und orkanartig brausten dann die Hochruf« der Volksmassen dahin, als man de» Kaiserwagens ansichtig wurde. Loscbwitz, Wachwitz. N edcr- poyritz und Hosterwitz zeigten ein besonders schöne» Fcier- klcid, wie ferner auch die Gemeindevorstände mit de» Schul kinder» rc. zur chrsurchtSvollcn Begrüßung deS Monarchen Aufstellung genommen hatten. Beim Betreten deS P.llnitzcr Schlosses erfolgte der Empfang de» Kaisers durch die Königin Carola und die Prinzessin Mathilde, worauf dann die Vor stellung deS kaiserlichen GcsolgeS und der diesseitigen Hos- charchen vor sich ging. Glänzend arrangirt war die in» großen Speisesaale de- BergpalaiS stattgesundenc Gala tasel. bei welcher Se. Majestät der Kaiser die Königin Carola und König Albert die anwesende Eroßhcrzogin von Mecklenburg-Strelitz zu Tisch führte. Auf der Tafel prangten die reizvollsten Blumengruppirungen; außerdem zeigte sich daS kostbare Watteau Porzellan, da» bekanntlich zu den WirthschastSschätzeu unsere» HoscS gehört. Der Kaiser plauderte, sichtlich sreudigst erregt von de» ihm dargebrachtcn Ovationen, sehr viel mit den sächsischen Majestäten und den erlauchten Angehörigen derselben, nächstdem wurden bei dem nachsolgenden Cercle aber auch die Herren Staatsminister mit den Inhabern der oberste» Hofämter von dem allerhöchsten Gast in das Gespräch gezogen Der düsteren Wetterslimmnng. welche zuerst berrschte, war bei der Ankunst de- Kaiser- in Pillnitz Heller Sonnenschein gefolgt; in der 6. Stunde traten dann aber deftige Regengüsse ein, welche für Diejenige», die sich zur Rückfahrt de- Kaiser» Uber Kleinzschachwitz nach Niedersedlich aufstellten, sehr fatal geworden Ware». erfreuen hatten, wie man die» übrigen» in Dresden derartigen Anlässen von jeher nicht anders gewohnt ge wesen ist. Sowohl die königl. Polizeidirection. als auch die Organe der Generaldirrctio» der StaatSbahnen hatten i» zuvor kommendster Weise Anordnungen getroffen, die de» Vertretern der heimischen und auswärtigen Presse ihr schwierige» Amt der Berichterstattung ungemein erleichterten. Seiten» der königl. Polizei-Direction hatte ma» den Journalisten sogenannte Passirscheine ausgestellt, die ihnen de» ungehinderten Verkehr durch die abgesperrten Straßen und den Zutritt zum Friedrich- stäoler Bahnhöfe sicherten, während dciiselben von den dienst- thuenden Oberbeamten der StaatSbahnen ein ganz bevorzugter Ausstellungsplatz aus dem Perron de» Balmhose», unmittelbar am Eingang zn», KönigSzimmer und später aus dem Platze vor dem Bahnhöfe eingeräuiut worden war, um der Bc- gegiinng Ihrer Majestäten de» Kaiser» Wilhelm II. und de» König» Albert beiwohnen und über die sonstigen Vorgänge au» eigener Anschauung au» nächster Nähe berichten zu können. Auch seilen» der dienstthnenden Hvsbeamte» fand nian das bereitwilligste Entgegenkommen, indem dieselbe» jede gewünschte Auskunft gern ertheillen. — Wir registrier» diese Thalsachen »nt dein gebührende» Tanke! Königliches Landgericht. Ferien-Ltrastamuirr I. Bei dem Wege» TiebündlS iv cderholt rückfällige» Zinime» maiin August Schmidt aus Oberbülnnsdors. nnlchrr am 21. März 188.', vom königl. Londgerichie zu Eltcrscld zn ii.icr fünfjährigen Ziichlhausslra'e vkrurlhkilk wordc» war, fand ina» i» der Slras- anstalt ein Tchii'istiick, seinen Melbticbein, vor. Es war u»n der Angeklagte beichuldigi, am 24 November 1884 iui hiesige» Krpslall- palast einen Wuileiüverziehcr gestohlen »nd denselben zn Gelbe ge macht zu haben, und zwar bei einer hiesige» Trödlerin, welche in ihr Ein- und BerkausSbuch aus Grund der vom Verpjüudcr vor- gtleglen Legitimation jenen Meldeschein, aus Schmidt lautend, ei»- getiagen halte Dies führte z» der Ernisttclnng de» Angcll'.gtr», welcher zwar hartnäckig leugnete, jenen Tirbstah verübt zn haben, wohl aber zugab, zur fraglichen Zeit hier gewesen zu sein. Nach dem Ergebinste der Beweisaufnahme erachtete das G rieht den An geklagten des Diebstahls jür schuldig und verurtheilte denselben zu einer als Zusatz zu der noch nicht vollständig verbüßte» fünfjäh rigen Strafe gellende, Zuchthausstrase von 6 Monate». II. Die Arbeiter-flau Anna Siegmund auS Steindors bei Ohlau, welche wegen Diebstahls bereits Vorstrafe» erlitten hak. war beschuldigt, am 17 Juni d. I. bei einer Schnittivaarenhändleii» i» Dahlen, woselbst sie einige Einkäufe besorgte, heimlich ei» neues zu- grschnitlenes Hemd mit sortgenoinmen und sich somit deS Rnckiatls- bicbstnhls schuldig gemacht zu haben. Während nun die Angeklagte bei ihrer ersten Vernehmung in Oschatz die Einwendung eiugesiandc» hatte, trat sie von diesem Geständnisse in der Ha»ptverhandlu»g zurück und stellte die Sache so dar, alS ob sie mit der GeschäftS- inhaberin in Dahlen bereits über den Ankauf deS ObjecteS verhandelt habe u. s. w. In Folge besten machte sich die Vertagung der Hauptvc,Handlung und Vorladung der gedachten Zeugin nothwendig. Letztere war in ihren Aussagen, die sie in der anderweite» Verhand lung eidlich erstattete, so bestimmt, daß dem Gericht kein Zweifel au der Schuld der Angeklagte» beikam. Tie Folge davon war die Beiurtheilung der Siegniund zu drei Monaten Gesängniß. Das Gericht nahm mit Rücksicht aus daS gering- werihige Object und die unerheblichen Vorbestrasnngen der Ange klagten mildernde Umstände an und erkannte aus die bei Anwen dung de« hier einschlagenden 8 244 des R.-Str.-Ges.-B, gesetzlich zuläisig geringste Strafe in der oben angegebenen Dauer. Der G richishos bestand aus den Herren Laadgerichts-Director Bartsch (Präsidium), LandgerichtS-Rälhen Wolf, Schubarth-Enqel- schall, Vülluer und von Sommcrlatt II. Dir Anklage führte Herr StaatSanwalt Meißner. Aerien-Strafka«mer 6. Eine ziemlich schwierige Ansgabe hatte der Gerichtshof in der Privatklaglache L. contra Harry B., welche jüngst zur Verhandlung gelangte, da der wegen Beleidigung zu 100 .8! Geldstrafe vc» urtheilte Beklagte Berufung eingelegt hatte. Die Privalklägerin wie der Beklagte und die Zeugen waren Engländer, weshalb der gerichtliche Dolmetscher Herr Ilr. As her der Verhandlung beiwohnte. Den Grund der Anklage bildete ein richtiger Klatsch. Mstr. B. war beschuldigt, seine Landsmännin Miß L. in gröblicher Weise beleidigt zu haben, indem erste einem anderen Landsmann gegenüber imOctober v. I. mehrmals verleumdet bcz. sich über sie in Aeußeruugen ergangen hakte, welche geeignet gewesen, die Privatklägerin in der üsteMlichen Meinung herabzuwürdigen. Mstr. B. hatte seinerzeit für Miß L. ein Logis hier gemiethet, resp. seiner Landsmännin, welche im vorigen Jahre nach Leipzig kam, in uneigennützigster Weise zur Seite gestanden. Später beklagte sich der Hauswirth bei Mstr. B., daß Miß L. die Wohnung sehr unreinlich halte und daß überdem vom frühen Morgen bis zum späten Abend in der L 'schen Wohnung ein Mordspectakel sei. Er (der HouSwirlh) bedauere, daß ihm Mstr. B. solche Mieiher zugesührt habe. Dabei brauchte der Hausbesitzer auch eine wenig ästhetische Bezeichnung, welche sich aut Miß L. bezog, und erzählte Mstr. B. auch sonst Fälle, die sich bei L.'S zugetragen haben sollten, welche nicht gerade eine günstig« Meinung zu erwecken geeignet waren. B. erzählte dem belr LandS- ma.in hiervon und dieser hu,terb, achte das Gehörte sofort Miß L. Die Folge war die Beleidigungsklage gegen B. und seine Bcrur- thcilung. I» der Verhandlung, tue übrigens reich an komischen Zwischenfällen war, führte der Beklagte Thalsachcn an, welche zu seiner Entlastung beitragen inußlen, und ergab überdies die Beweis aufnahme ein entspreche»!» günstiges Resultat sür B Der Gerichts hof sah denn auch die Sache i» einem bedeutend milderen Lichte an und setzte die Strafe von 100 aus üO Geldstrafe herab. Ebenso wurde dem Beklagten nur die Hä lfic verkosten auferlegt. -s- Dresden, 27. August. Zur Verabschiedung von Sr. Majestät dem Kaiser hatten sich heute Abend auf dem Perron deS Leipziger BahnhoscS eingesunden: Ihre Excellenzen Stadtkommandant Ge»erall>eute»ant ü Byr», Gros Dönhoff, königl. preuß. Gesandter, LegationSsecretair Prinz Thurn und Taxis, ferner die Herren KreiShauptmann von KoppenfelS, Oberbürgermeister vr. Slübcl, Geh. Hosrath Ackermann, Polizeipräsident Schwauß und daS gesammte OsficiercorPS de- Grenadier-Regiment- Nr. 101. Nachdem der Salon wagen deS Kaiser- auS dem Extrazuge in den fahrplanmäßigen Uber Röderau nach Berlin verkehrenden Courierzug rancflrt worden war, erschien der Kaiser am Fenster und unterhielt sich mit mehrere» der erschienenen Herren. Kurz vor Abfahrt brachte Herr Geh. Hofratb Ackermann ein dreifaches Hoch aus Se. Majestät au», in da- die Anwesenden begeistert ein stimmten. Der Verein Jäger und Schützen überreichte dem scheidenden Kaiser durch seinen Vorstand ein kostbare» Blumen bouqnet mit langer Schleife. 1- Dresden, 27. August. Daß die „Presse" die sechste Großmacht sei, ist zur stehenden Redensart geworden und doch wird den Vertretern derselben nicht immer mit derjenigen Rücksichtnahme begegnet. Welche die Presse für sich vermöge ihrer maßgebenden Stellung im öffentlichen Leben ohne alle Ueberhebliiig mit vollstem Rechte >n Anspruch nehmen darf. Da» zeigte erst kürzlich die unwürdige Behandlung, welche den Vertretern der Presse in Leipzig bei der Ankunst de» hoLleligen Kaiser» Friedrich lll. seiten» behördlicher Organe zu Theil ward. Im direkten Gegensatz hierzu verdient die überau« liebenswürdige Bevorzugung hervorgrboben zu werden, welcher sich in Dresden die Vertreter der Presse bei der heutigen Ankunft Sr Majestät de« Kaiser- Wilhelm ll. Vermischtes. — Wernigerode, 25. August. Gras Otto Stolbcrg- Wernigerode, welcher dieser Tage u»ter großer Theil- nähme der Bevölkerung seine silberne Hocbzeit feierte, bat ans Anlaß dieses Feste- zum Besten der Einwohner der Grafschaft folgende Zuwendungen geinacht: sür daS von der Gräfin gegründete und unterhaltene HeinrichShauS hier- sclbst 20 000 --E, a» daS Krankenhaus in Jtscnburg 10 000 .6, der Kleinkindcrschule in Hasserobe 500 für die Armen der Statt Wernigerode 1200 sür bi« Arme» in Jlsenburg und Nöschenrobe je 800 zu WohlthätigkeitSzweckc» im Kreise 12 000 — Kiel, 27. August. Prinz Heinrich ist am Sonntag hier wieder eingctrossen. — Bremen, 27. August. Auch der Norddeutsche Llovv- Dampser „Eins" hat die „City of Newyork" glänzend geschlagen. Beide Dampfer gingen gleichzeitig von Ncw- york ab; die „City of Newyork" passirte Browhead in Irland Sonntag Morgen 0 Uhr 45 Minuten, die „EniS" Lizard um lO Uhr 80 Minuten Vormittag-. Da Lizard ungefähr l4 Stunden weiter östlich liegt, hat die „EmS" eine »m 10 Stunden raschere Reise gemacht. Die größere Schnellig keit der Doppelschraubendainpfer ist also damit nicht bewiesen. Der Cunarddampser „Unibria", welcher ebenfalls am 18. August Morgen« von Newyork abaing, passirte Browhead am 25. August 4 Uhr 13 Minuten Morgens --» Aachen, Ä>. August. Die Nachricht, der CnttuS- minister lasse Erhebungen über die während der letzten HeiliglhumSsahrt durch Berührung mit dem Lendenluch angeblich bewirkten wunderbaren Heilungen anstellen, bestätigt sich in ihrem vollen Umsanac; außerdem soll der Minister einen Bericht über den gesammtcn Verlaus der HeiliglhumSsahrt eingesordert und bereit« erhalten haben. Auch daS hiesige SlistScapitcl unterzog die Wunder einer Prüfung und holte da» Gutachten der Acrzle ein. welche die beiden durch daS wundcrlhätige Tuck geheilte» Mädchen im Alter von 19 und 2l Jahren zuvor behandelt halten. Ueber da» Ergebniß der Untersuchung dürste kaum etwa» verlauten.
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