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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.05.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-05-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189005196
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900519
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900519
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-05
- Tag1890-05-19
- Monat1890-05
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.05.1890
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1. Anlqe W §kW-n TiMti »d A«Ml Ur. M. Mal«- de« IS. M«i 18W. Die Preisbewerbung um das Kaiser Wilhelm-Denkmal in Lreslau. * Wir haben schon milaetheilt, daß bei der Prei-bewerbung um da« Kaiser Wilhelm-Denkmal in BreSlau, welche- die Provinz Schlesien zum Andenken an den Be gründer de« Deutschen Reiche- errichte», derjenige Entwurf mit dem ersten Preis (6«»0 ^l) ausgezeichnet worden ist, welcher außer Herrn Christian BehrenS, Vorsteher des Meister-Atelier- in BreSlau, unseren Mitbürger Herrn Stadt- baudirector Licht zum Urheber hat. ES wird gewiß viele Kreise interessiren, Kcnntniß zu nehmen von den Erwägungen, welche dem Urtbeile dcö Preisgerichts, bestehend aus den Herren Herzog von Natibor, General von LewinSki, Grafen Stosch, Landeshauptmann von Klitzing, Oberbürgermeister FriedenSburg, Zustizrath Freund, LandeSralh Graaer, Pro fessor von Zumbusch in Wien, Professor von Miller in München, Professor Diez in Dresden, LandeSbauratb Keil, Baurath Lüdecke, Stadtbaurath Plüddciuann, Professor Morgenstern, MuseumSdirector vr. Ianitsch, inSgesaiiimt in BreSlau — zur Grundlage gedient haben. Die .Schle sische Zeitung" veröffentlicht hierüber sehr auSsührlichc Darlegungen, denen wir Folgendes entnehmen: Sachkundige Blicke hatten wohl bald herausgesunden, daß er sich an erster Stelle nur um die Entwürfe Nr. 41 und Nr. 15 handeln werde; aus die Entscheidung, weicher von beiden den Lorbeer davon- Iragen dürfe, mögen aber selbst Kenner gespannt gewesen sein. Denn jeder der beiden Entwürfe hat seine ganz besonderen Vorzüge, und was dem einen etwa an Wucht abgckt, ersetzt er durch bestechende Eleganz der Modcllirung; läßt es der andere dagegen etwa an diesem liebenswürdigen Entgegenkommen fehlen, so ersetzt er den Fehler (wenn es einer ist) durch den herrlichen Schwnng der all gemeinen Umriße. Kurz, wie auch die Entscheidung fallen mochte, nur dursten sicher sein, daß eine wahrhaft bedeutende künstlerische Leistung ausgezeichnet werden würde. — Dcr Spruch der Preis- richter ist erfolgt, und unsere Ausgabe ist cS hiernach, durch ein gehende Analyse der beiden Entwürfe uns die Gründe dieses UrtbeilS klar zu machen, damit wir ihm ganz und freudig beitretcn möge». Beim ersten Anblick von Nr. 15 konnte Niemand, auch ohne Kenntnitz davon, daß Professor Fritz Schaper der Urheber sei, zweifeln, dass es nur von einem gewiegten Meister herrühre, einem Künstler, der sicher und zielbewusst schaffe und seine Mittel und ihre Wirkung klar erkenne — so ungemein harmonisch, ruhig, in sich abgeschlossen stellt sich das Werk dar. Eine Plattsvrm von nur einem halben Meter Erhebung und etwa der Breite deS Wasscr- iviegelS dahinter trägt das vielgliedrige Ganze. In ihrer Milte sieht aus mäßig hohem Sockel das Rcilcrbild des Kaisers. Reiter mit Pferd cnliprcchc» (einschließlich der Plinlhe) etwa einer Höhe von 5Z0 m, der Sockel einer solchen von etwa 4,56 m. Es ist wohl lein Zufall, wenn auch die Masiverhältniffe an diejenigen des Tcuk- inals des Großen Kurfürsten in Berlin (annähernd 4,50:3,20 m) erinnern, das noch in der weiteren Anordnung hier wie bei einer Reihe anderer Entwürfe ersichtlich Borbild gewesen. Der Kaiser i» Interims-Uniform rettet in ruhiger Haltung einher. Er ist schlicht, fast nüchtern, aber vornehm, durchaus realistisch In seiner Atllaaserscheinung dargestellt. Ter Socket soll an den Langseiten Reliefs mit näher zu bestimmenden Darstellungen ausnehmen, als welche die Kaiscrproclamation und der Einzug des König- in Breslau angedeutet sind. Die ideale Sphäre ist unten um den Sockel herum angeordnct. Wie bei jenem Schlüter'schen Denkinal aus der Langen Brücke sitzen in der Diagonale an den vier Ecken allegorisch« Gestalten, die mit ihren ver'chicdenen Attributen das Wirken des Kaisers nach seinen Hanptrichtungen zu bezeichnen scheinen. Der Künstler selbst legt, den beiaegcbenen Erläuterungen zufolge, kein großes Gewicht auf ihre geistigen Beziehungen, ein größeres auf ihre ornamentale Function, welche er sogar schärfer anszuprägen sich bereit erklärt. Krieg und Friede, Kunst und Wissenschaft möchte annähernd ihre jetzige Bedeutung sein. Ihre Anordnung »nd Modellirung zeigt so unverkennbare Berwandtschaft mit derjenigen des Goethe-Denkmals in Berlin, daß der Name des Künstlers wohl manchem Beschauer sofort ans die Lippen trat. Dieser Kern des Ganzen, daS eigentliche Kaiserdenkmai, wirkt besonders sein und schön, man möchte sagen aaheimelnd. Er ist von so intimem, säst idyllischem Charakter, daß man sich gern« innerhalb eines freundlichen ParkcS, in der Nähe eines heiteren Sommerpalastes des Kaisers nach einer Stelle dafür Hinsehen möchte. Hierauf beschränkt sich diese Schöpfung nicht; der Künstler hat sie nach mehreren Seiten hin erweitert. Zu beiden Seiten am Rande der Plattform, fast in gleicher Lins, mit der Hinterkante des mittleren Denkmals, so daß die vordere Hälfte der Platlfonn gänzlich frei bleibt, erheben sich aus schlichtem Sockel die Stand- bilder Bismarck'- und Moitke's. Auch diese von gleich realistischer, anspruchsloser Bildung, wie der Kaiser, im Jitterimsrock, barhaupt, ohne jegliche Pose. Das Berhäitniß dieser Figuren zur mittlere» ist sein abgewogen: die Figuren haben etwa 3,40 m »n 3 m Sockel hohe (von der Plattform an gerechnet), im Ganzen also etwa 6,40 m zu den 9,70 u> des Kaiscrdenkmals. Somit herrscht diese- klar vor, doch nicht erdrückend; cs bleibt den Rcbenstandbildern noch genügende eigene Bedeutung. Der Charakter schlichter Intimität ist auch hier streng sestgehaiten; mit richtigem Empfinde» ist jeder Schmuck vermieden, der auf eine Gleichstellung mit den, Hauptdenkmal deuten könnt«. Besonders wichtig erscheint unS, daß auch dieser Künstler die Nolhwendigkeit eines eigenen Denkmalsbezirks anerkennt und durch seinen Vorgang zugleich den Grundsatz erhärtet, daß dir Bildung dieses Bezirkes, mag er gestaltet sein, wie er wolle, nur in engster Ilebereinstimmung mit dem Bildhauer und aus seinem Geist heran- zu geschehen habe, und daß es für einen seinfllhligen Künstler nicht gleichgiltia sein dürfe, wer ihm die Folie zu seinem Werk und in welcher Gestalt schaffe. Schinkel war es, der diesen Grundsatz längst schon in seinen Entwürfen zum Denkmal Friedrich'- des Großen zum Ausdruck gebracht, bei loelchen sämmtlich die Architektur einen Hauptantheil erhielt; aber erst in unserer vielschaffenden und Erfahrung sammelnden Zeit scheint er hier und da zur Geltung durchdringvr zn sollen Schaper stellt einen solchen Bezirk durch den Hinteren Abschluß der Plattform her. Er ordnet eine Balustrade au, die von einem Setlenstandbild »um anderen sich in flachem Bogen herumzieht. Diese wird in gleichen Abständen durch vier niedrige Sockel unterbrochen, aus welchen geflügelte Geuien stehen, die über ihrem Haupt« Flammcnbeckea tragen. Der Sinn dieser Genien ist nicht klar. Für bloßes Ornament machen sie sich zu stark geltend, und zu selbstständiger Bedeutung läßt sie ihre Gleichartigkeit und uutcrgevrdneke Stellung iin Hintergrund nicht gelangen. Weiter aber ist durch ihre ideale Bildung ein empfindlicher Constict mit den vorn stehende», nur höher anaebrachlen realistischen Bilduißsiguren erzeugt, der in die Gcsammtwirkung störend eingreist, »nd der durch die im Bergleich zur übrigen, höchst maßvoll gehaltenen Architektur »verlade» aiisgestatteieil Zwischensockel, welche über den Balusiradensvckeln den Flämiiieiiträgeriiinen unter die Füße geschoben sind, noch verstärkt wird Einfach iveglassen kann man im Inleresie eines kralligen Abschlusses diese Figuren nicht, ihre» Fortbestand möchte nian in, Interesse des GesammtwerkeS nicht wünschen; und so laßt sich ohne Ungerechtigkeit wohl sagen, das Neue (eben diese Genien im Hintergrund) sZ nicht eben glücklich, wie daS Wohl gelungene an de». Ganzen nicht gerade neu sei. Jndcß, mag eS hier auch aus keine Ueberraschuiig hinaus kommen, so habe» wir vom absolut künstlerischen Standpunct ans in diesem Entwurf ein vorzügliches Werl zu erkennen, das maßvoll und harmonisch, nicht von hinreißendem Schwung, doch in seiner etwas kühlen Eleganz wohlthucnd wirkt, das in allen seine» Theilcn wie im Zufaiiimenkiaiig beneiden den überlegenen Meister erkennen läßt, der auch darin seine Meijlerschasr bewahrt, Laß er sich der Grenzen und der Eigenart seiner Begabung klar bewußt ist und sie sorgsallig innehäll. Diese aber weisen ihn ans daS lyrische Gebiet hin; sie gestatten ihm, ei» Wert von so hervorragend intimem Charakier zu schassen, das aber bei aller Schönheit nicht eigentlich monumental, nicht kaiserlich, nicht groß wirkt. Es reprajenticl nicht: es gewährt nicht Das, waS wir von »njerein ttaiserdcntinal an dieser Stelle erwarten. In Allem bildet Nr. 41 von Ehr. BehrenS »nd H. Licht einen scharfe» Gegensatz. Dieses Denkinal steckt nicht sozusagen ii» Bode» wie das vorige, sondern es wachst mächtig heraus, wie es die Natur des Platze--, dcr breite, tieie Grade» auf der Rückseite, die vielfachen Bannircihen, die Weiträumigkeit und endlich die Lage am Kreuzuiigsvuiiet belebter großer Straßenzüge bedingt. Gleich- wohl erreicht das mit scinein Sockel 9,20 >» hohe Kaiser-Standbild nicht einmal ganz die Höhe des Schaper'schen mit 9,70 »>. Die energische Wirkung wird vor Allem durch die eigenartige, vortreffliche Anordnung erziel«. Tie Grundlage bildet eine über 2 m hohe Plattform, zu welcher in zwei Absätzen rings breite Treppenanlaaen führen, deren unterste in gleicher Linie mit der Oberkante des Stadtgrabens liegt. Da oben erst erhebt sich das Hanptstaiidbild; aber nicht in der Mitte dcr Plattform, wie das sinl durchgängig, auch bei Schauer, der Fall zn sei» pflegt, sonder» an deren vorderem Rand, der zu diesem Zweck senkrecht zum unteren Podest absällt. Dadurch erst wird die Höhe der Plattsonn mit derjenigen des Standbildes vom Auge als Einheit »nsammengesaßt. Dcr Kaiser ist iin tkrönungsmantcl dargrstelll; in der Rechten das Sceptcr, aus dem Hauvt jedoch anstatt der unsormlichcn Krone den Siegesiorbeer. Er parirt das Pferd, das in momentaner glücklicher Bewegung den Kops senkt und dadurch die gebietende Gestalt des kaiserlichen Reiter» freier wirken läßt. Reiter und Pscrd sind nicht realistisch in dem engere» Sinne, der nur das streng dem Leben Entnommene gelten läßt; aber sie sind mehr, sic sind monumental und groß. Dieser Reiter ist mehr als der preußische General, der gewissermaßen nebenher deutscher Kaiser war; in ihm verkörpert sich wirklich eine große geschichtliche Idee, di« Errichtung eines Kaiserthums; dies ist ein Kaiser und will eS sein. Zwei sitzende weibliche Idealfiguren vvn etwa 2,20 m Höhe, die Staat»- und die Kriegskunst versinnlichend, slankiren das Kaiser- bild, aber nicht in Anlehnung an de» Sockel, sondern frei auf eigene» pscilcrartigen Sockeln, die mit dem gemeinsamen Unterbau organisch verbunden sind. Unten erst, über dem Podest, spannt sich zwischen diesen Nebensockeln eine große Reliestascl aus, in svmbo- lischer Form die Gründung des neuen Reiches darstellend und alle dir Männer vereinigend, welche mit diesem großen Ereignisse in Verbindung genannt werden müssen. Durch diese ganze Anordnung werden einerseits alle Theile energisch zusamineiigesaftt; wiederum im Gegensatz zum Schaper'schen Entwurf, der sich in behaglicher Breite ausdehnt: andererseits, indem alles nicht zur Hauptfigur Oie- hörig« aus die Seit« oder aus die Stirnfläche des Unterbaues ver wiesen wird, kommt das Hauptdenkmal zur klarsten, ruhigen Wirkung. Kein Relief am Sockel, welches sich nur wenige Bildhauer, auch Schaper nicht, an ihren Entwürfen haben versagen mögen, keine Eckfiguren, die sich bei so vielen in stereotyper Einförmigkeit wieder- holen und die auch bei Schaper, wenngleich in schöner Bildung, eine Rolle spielen, kan n eine Andeutung von Ornament lenkt die A»s- merksamkeit von der Hauptfigur ab. In glücklichein Rhythmus voll- zieht sich der Aufbau, in reich bewegtem und doch ruliig und groß wirkendem Umrisse zur Mitte ansteigend, in dem Kaijerbild mächtig gipfelnd. Von jeder Seite aus betrachtet, entwickelt er jeine Bor- ziige, von denen nicht der geringste derjenige ist, daß keine der Seitenfiguren von irgend welchem Standpunclc aus die Hauptfigur überschncidet. Eine bcdeulende, ja wesentliche Rolle spielt bei dem BehrenS- Licht'schen Entwurf die Architckur. Sie tritt ergänzend nicht nur an den bisher geschilderten Theilcn, dem Unterbau und den Sockeln, ein, sondern in bedeutsamer Form beim Hinteren Abschluß. Hier nämlich, in einem Abstand von etwa 6 in vom mittleren Sockel, erbeben sich ain seitlichen Rand der Plattform zioei Obelisse» bis zur Höhe von 1t,50 m, mit Trophäen geschmückt und von je einem Adler mit ausgebreiteten Flügel» gekrönt. Sie haben neben dem Zweck, den Beginn des Abschlusses zu markiren, die Bestim mung, Inschriften, Daten aus dein Leben des Kaisers u. dal. aus- zunehme». Von ihnen ans zieht sich in flachem Bogen eine Pergola, eine von Pfeilern unterbrochene, gcbälktragende Säulenstellung, am Hinteren Rand der Plattform hin. Der Zweck dieser Anordnung ist ein doppelter; sie bildet einmal die kräftige Abgrenzung des Denk- malbczirkes, die doch einen Durchblick nach dem Stadtgraben zu nicht verwehrt, dann aber die höchst wirkungsvolle Umrahmung deS vor deren bildnerischen Theilcs. Bon einem Standort ans betrachtet, der der Entfernung des gegenüberliegenden Trottoirs enlspricht, treten die Obelisken zu beiden Seiten deS Denkmals wuchtig hervor, die Adler in der Höhe des Kaiserbildcs; und wechselt man auch de» Standort, so daß sich die Theile perspektivisch verschieben, stets be- halten die Obelisken wie ernste Wächter ihre enge Beziehung zum Kaiserstandbild. An der Hintcrseite sind die unteren Sinsen der Treppe herumaesührt; eine besondere, schmälere Treppe führt weiter- hin »um Wäger hinab. Diese gesammte Anordnung ist gleichsam auS dem Platz heraus entstanden, ihre volle Bedeutung erhält sic nur hier; hier aber erscheint jedes Glied organisch mit dem anderen verbunden. Nicht Willkür hat dies geschaffen: wenn erst mit dcr Betheiligung der Architektur an solchen Ausgaben Ernst gemacht werdeu soll, so kann es nicht glücklicher geschehen, als eS bei diesem Entwurf, der Fall ist. Und nicht nur auf die Gesammtanordnung beschrankt sich die Mitarbeit de- Architekten, sie macht sich fühlbar bi- in da« kleinste Profil. Di« feiasiuuig« Abwägung der Glieder zu einander, die Abstusiina der Quader, die Abmessung ver Jnschrift- tasrln, Alles athmet elassilchen Geist. Mögen antik römisch« Einflüsse vorherrschen oder nicht, wesentlich ist der überaus sein« Sinn für Ebenmaß, edlen Rhythmus und sorgfältige Durchbildung aller Theile. Bei diesem Entwurs allein haben Bildhauer und Architekt, von ileichcm Geist beseelt, Hand in Hand gearbeitet. Daher diese strenge Linhcitlichkcit, die jeden Eingriff einer dritten Hand zurückweisl und etwa vorzunehmenoe Aenderunge» nur von der Hand der Urheber vertragen würde. Solche Erwägungen lassen daS Urtheil der Preisrichter durchaus gerechtfertigt erscheinen. Man mußt« den hohen künstlerischen Eigen- chasten des Schaper'schen Entwurfes die Ehre geben, aber der Behrens-Licht'sche Entwurf ließ für jenen nur den zweiten Preis übrig. Er trug den Sieg davon infolge der Originalität seiner ge- amintcn Anordnung, welche diejenige oes Schaper'schen ebrnso sehr überragt, als dieses an eigentlich monumentaler Wirkung gegen den Behrcns-Licht'sche» zurücktritt; er trug idn ferner davon, weil er wie kein zweiter den Bedingungen des so eigenartig gestalteten Platze- und der weiteren Umgebung Rechnung trägt; und endlich, weil hier erst ei» mustergittiges Beispiel dafür geschallen ist, wie Sculptur und Architektur bei öffentlichen Denkmälern erfolgreich zusammenwirken sollen. War hier der erste Preis ein wohlverdienter, so müssen wir die Ausführung gerade eines solchen Denkmals hicrselbst für rin künstlerisches Ereigniß von höchster Wichtigkeit halten. Wir haben die Erfahrung genugsam gemacht, daß die Kunst nicht so sehr durch Schule» als durch Aufträge gefördert wird. Die Schule ist nicht im Eiande, so streng z» sichte» wie da» Leben; sie überschwemmt das Land mit den Hunderten, ja Tausenden von Haibtaienten, deren Ansprüche meist in umgekehrtem Berhäitniß zu ihrer Leisl»ng»sühig- kcit stehen. Tie Arbeit an einem großen Denkmai, welche viele Hände beansprucht, ist die wahre Schule; ihr« Wirkung würde sich in Schlesien ans lange Jahre hinaus fühlbar machen. Diesem prak tischen Gesichispunct geiellt sich noch ein idealerer: die Bedeutung, welche Breslau für das allgemeine Knnstleben gewönne, wenn es ein so durchaus neues und eigenartiges Werk erhielte, das schon durch seine» Umfang ein gewisse- Schwergewicht besitzt, durch seine Origi nalität, die schöne Verwirklichung glücklicher Gedanken, unsere ge- samntte Monumcutalkilnst fruchtbar beeinflussen wird. Alles vereinigt sich, um unS den Spruch dcr Preisrichter als einen gerechten »nd glücklichen begrüße» und uns auch den wetteren Bestimmungen bezüglich der Ausführung des Denkmals hoffnungs voll entgegensetzen zu jassen. Hier mag es wohl angebracht sein, einer irrthüinlichcn Auffassung cntgegcnzutrcten, als habe das Costiim des Kaisers in diesem Entwurs aus daS Urtheil deS Preis gerichtes irgend welchen Einfluß geübt. Hatten sich die Richter doch nicht mit de« Kaisers Rock, sondern mit der künstlerischen Auf fassung des Kaisers selbst zu beschäftigen. Mag auch manches richtige Preußenherz bedauern, seinen Kaiser hier anders denn in vorschriftsmäßiger General-uniform dargestellt zu sehen — gegen die Figur selbst wäre ein Entwurf nicht aufrecht zu halten. Der Rock aber und der Lorbeer, gegen den wohl mehr Bedenken er- hoben werden, gehören zu den unwesentlichen Dingen, von welchen die Beurlheilung des Kunstwerthes nicht abhängen darf. Den jenigen aber, welche mit so großem Nachdruck ans der intiuien Darstellung des Kaiser- — oder, wie man cs schon genannt hat, „der historischen Erscheinung" — bestehen, möchten wir ent- gegenhalte», daß cS nicht entfernt die Bestimmung eines solchen Denkmals ist, der Nachwelt die historische Erscheinung deS Ge feierten zu übermitteln. Wer sich die intimere Darstellung des Kaisers vergegenwärtigen will, wird wahrlich nicht die öffentliche» Dcnkinäler zum Maßstab nehmen; er wird vielmehr die in ge- schlösse»«» Räume», Galerien u. bergt, befindlichen Bildnisse (der Druckwerke zu geschweige») aussuchen, die init Rücksicht aus ihren Aufbewahrungsort einen intimeren Charakter tragen. Wir selbst haben täglich Gelegenheit, uns an den schönen Darstellungen des Kaisers in dem Oelbiid G. Richter's und der Maruiorbüste R. Begas' in der Galerie deS Schlesischen Museums zu erfreuen. Hier ist diese Intimität an, Platze. Sie gehört ferner an das Grabmal: ja auch vor den Fenstern, etwa des Arbeit-zimmerS des ttaijers, im Park vvn Babelsberg, würde jede andere TorstellungS- weise einen schreienden Mißklang verursachen. Wir aber wollen nicht nur dem Verewigten, sondern auch seinem großen Werk ein Denkinal „aero poremnus" setzen; der über daS Getriebe deS Tages hoch erhobene Reiter da oben soll eine weltgeschichtliche Thal ver treten, er ist mehr als der erste Kaiser, er ist das Symbol des ge- einigten Deutschland. IIuS möchte es daher zweifelhaft dünken, ob hierfür der Inlerimsrock genügt. tz. ck. Vermischtes. --»Torgau, 16. Mai. Der AuSzug der Torgaucr Bürgercoinpagnicn findet in diesem Jahre von, 29. Mai bi» l. Juni statt. Tie Haupttage desselben sind, wie bekannt, Donnerstag, der 29. Mai, der Tag deS Auszuges und bcr Parade, und Sonntag, bcr I. Juni, der Tag deS Einzuges. DaS alterthümliche Fest, eine lebendige Erinnerung an jene allen Zeiten, in welchen die wehr- und waffenfähige Bürger schaft bcr Stadt mil Harnisch und Schwert den Burg frieden dcr Heimalhstadt wahrten, hat weil über die Grenzen unserer Stadt hinaus die ihm gebührende Be achtung gesunden. Haben doch fast sämmtliche größere» illustrirleu Zeitschriften in den letzten Jahren Ab bildungen des Festes gebracht, asten voran „die Leip ziger Jllustrirle Zeitung". „Gartenlaube", „Daheim". „Buch für Alle" u. s. w. ES konnte nicht ausbleiben, daß sich um da» Fest ei» Kreis von Sagen der verschiedenste» Art gebildet bat. Nicht die Erbeutung Vvn Rüstungen in blutiger Schlacht oder eine andere Wasjeuthat ist die Ursache des Festes, besten Entstehung in eine viel frühere Zeit zurück- reicht. Wir dürfe» den Auszug als eine Fortsetzung de- mittelalterlichen Psingstschieße»-, welches Iahrbunbcrte lang alljährlich die wasjenscihige Bürgerschaft zur Uebung vereinigte, betrachten und noch viele Gebräuche, so z. B. die Bestätigung jämmtlicher OssicierSwahle» durch den Magistrat u. s. w . er innern noch an ihre ursprüngliche Bedeutung. In erster Linie ist cS die Geharnischten-Eompagnir, welche durch ihre Tracht und Bewaffnung jeneZeit lebendig werden läßt, in welcher dieWaffen- iibuiigen »öthwenbig waren zur Abwehr kriegerischer Einsiistc. Tburgowe war al« Burg der deulscbeu Eroberer i», feindlichen Wenvenlande errichtet, stündlich mußten die Burgmannen deS Angriffs der Unterjochte» gewärtig sein. Viele Jahrhunderte noch, bi« über die Zeit deS dreißigjährigen Krieges hinaus, ist noch fiele Beschäftigung mit den Waffe» geböte» gewesen und die Torgauer OrtSjialuten von 102l—l8t3 bestimmen: „Ein cder Bürger soll mil Harnisch und anderen Webren so ausf ein Hauß gelegt sind, jeder Zeit zu Tag und Nacht gerüstet und bereit scyn, daß aufs jcveren Nolhsall kein Mangel zu pürcn". Neben diesen kriegerischen Zwecken waren eS auch ost festliche Gelegenheiten, welche die geharnischten Bürger zur Theilnahme forderten, und die sächsische» Archive in Weimar und Dresden wissen viel von der Absenkung Torgauer Gewappneter zn fürstlichen Hochzeiten. Huldigungen zn er zählen. — Vom 26. Mai ab bi- Ende September dieses Jahres finden bekanntlich alle Sonntage in Oberammergau Auf führungen dcr Passionsspiele statt. Finden sich an den Sonntagen so viele Zuschauer ein, daß dcr Play für sie nicht auSreicht, so wird am Montag daS Spiel wiederholt. Die diesjährigen Ausführungen beanspruche» nm so größeres Interesse, als dieselben in dem vom Mascsiinendirector Lautcn- schlägcr in München erbauten PassionSspielhausc mit voll ständig bühnenlcchiiischcr Leitung stattsindcn. Herr Arthur Achleitner in München bat nun einen origincUcn Führer zu den PassionSspiclcn in Oberannncrgau unter dem Titel „Im PassionSdorfc" zu dem geringen Preise von 50 erscheinen lasten. Er aiebt in äußerst untcrbaltcndcr Form eine Schilderung dcr Fahrt von München nach Oberammcrgau, indem er zugleich mit den Sagen vertraut macht, die sich bei den biederen Dörflern jener Gegend bis aus den hentigcn Tag erhalten haben. Wir kommen zum Graltempel im bayerischen Hochland, dessen Geschichte ausführlich mitgethcilt wird, äöciter wird auch dcr Leser mit der Geschichte dcr Passionsspiele, dcr Besetzung der einzelnen Rollen, den Spiel tagen, den Reiscgeleacnyeitcn u. s. w. vertraut gemacht. Auf dieses ebenso interessante wie praktische Büchlein sei deshalb noch besonders bingewicscn. --- Kopenhagen, 13. Mai. Baron Christian Jucl- Brockdorsf hinterließ bei seinem vor 2 Jahren erfolgten Tode ein sehr bedeutendes Vermögen, wovon er den größten Theil zu wohlthätiae» Zwecke» vcrmächte. Nachdem die Rcgulirung des Nachlasses jetzt beendet ist. wird ein Betrag von 1,574,348 -Krone» 12 Ocrc an verschiedene wohltbälige Institute zur Vcrtheilung komme». So erhalten u. a. der „Rothe Kreuz-Verein" und daS Asyl für schwächliche Kinder je ca. lOO.OOO Kronen, der „Dänische Ka»ipsgcnosscnvcrcin" und dcr Verein „Dänische VcrthcidigungSbrüdcr" je circa 48,000 Kronen rc. ----- Amsterdam, 15. Mai. Dcr Versuch, die zum Wiederaufbau des abgcbra » nte» StadttheatcrS nötyige Summe von 900 000 f>. durch ei» Anlehen zu beschaffen, ist al- gescheitert zn betrachten; indessen will daS ComitS noch cininai die Opserbercitwilligkeit der Bevölkerung anriffcil. DaS abgebrannte Theater war als Eigenst,»,» dcr Stadt nicht versichert und dem Wiederaufbau a»S städtischen Mitteln steht nicht nur der wenig günstige Zustand dcr Finanzen dcr Stadt, sondern auch dcr Widerwille eines ThcilcS der Be völkerung entgegen. Sollte das Anlebcii doch »och zn Stande kommen, dann will die Stadt die Bürgschaft für 2proecntige Verzinsung deS Capital» übernehmen. --- Washington, Cnde Apiil. Eine an Unterschriften sehr reiche Monstre-Petition an den russischen Zaren circulirt i»> sfimke gegen die barbarischen Frevel, weiche an den Gefangenen in Sibirien begangen werde». Ei» reisender aiiierikanischer Schriftsteller, Ke»»an, welcher Sibirien bereist und die Gcsängniffe und BergwcrkSminen daselbst, gefüllt mit politischen Gefangene», untersucht hat, hat ein Werk über die Zustände in Sibirien veröffentlicht und hält i» allen größere» Siädten hier Vorträge über die Barbarei in Sibirien, weiche allgemeine» Entsetzen errege». Die neueren Erinordiinge» von sibirische» Gesungene» und namentlich die Brnlalüäl, r»it welcher ein gebildetes Weib in dcliciilc» Umständen gegen den Protest de» Arzte» zn Tode gepeitscht worben, haben die allgemeine Entrüstung her- vorgerusen. Literatur. Die neuest» Nummer — siie Mai — von Wcstermann'ö Illu- strirte» Tcutsche» Monätoyrste» (Braliiischweig, George Westermann» bringt i» erster Linie die Fortsetzung des Romans „Aus der Paar" vo» Wittieli» Iensen, eine Schwnrzwaldgeschichte voll seiner psychologischer Beobachtungen; dann den Beginn einer Novelle i» Briefen „Gräfin Kalhinka" von Laiithippus, worin ei» höchst spannender Eonslic» vorbereitet wird. Das Hest ist besonders reich illustrirt. „Im FiiisMbiel der Schwarza" von Georg Lehnert belltest sich die Schildennig eines ThcilcS des Thüringer Waldes, dessen malerische Schönbeil längst »»»erkannt ist. Sodann gilbt Theodor Harte» die oussührlichc Beschreibung der Ni>-I»sel Philä, mit wirklich prächtig ausgesührlkii Bilder». Ein wisjenichastlicher Aussatz von dem berühmten Naluriorscher Robert v. Lcndenseld über die „Leuchtenden Fische der Tiesscc" ist gleichfalls reich illustrirt. Erwähnen wir noch die Eharalleristik „Franz Schubert" von dein Mllsikjchristsleller August Reis,»>»»», nebst Portrait, eine novellistisch- ethnographische Skizze „Jndiantrader" von F. I- Pajekrii, sowie einen sehr lesenswerthe» Aussatz „Sehen und Hören" von Johann Winkcliiiann, „ebsl einer reichen Zugabe vo» litterarischen Krittke», so ist dcr Inhalt dieses neuesten Westermaim'schen HesIcS erschöpft. Hainstraße V, Parterre, I.«.A.Et. beehren sich den Eingang aller Neuheiten in I-oielitsn 8omm8?-6onkso1.ioiis aiizuzeigen, als: Fichus. Hihr»- mi> Pkrt-KlMN. Älludmick! in Walle Ni» Me, Z llLtlll- vLUrm-VIomsi», VoUwolUkKvUos- mul Lsjävll-Vlolisvll, großartige Auswahl entzückender Faxens bei
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