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9 Emil Twerdy. heutigen Forderungen des Papiermarktes, und die Fortfehritte in den Betriebs mitteln zu kennzeichnen, um die gebotenen Leitungen gebührend zu würdigen. Das Rohmaterial. Hadern. Das wichtigfte und werthvollfte Rohmaterial der Papierinduftrie bildet heute, nach wie vor, die Baumwoll- und Leinenfafer in der Form von Hadern, ein Artikel, welcher fchon lange nicht mehr in hinreichender Quantität befchafft werden kann, und von welchem fich kaum behaupten läfst, dafs feine Qualität im Laufe der letzten Zeit irgend welche Verbefferung aufzuweifen hätte. Entgegen der Mehrzahl anderer Induftrie-Rohmaterialien, welche durch ent- fprechend forgfältige Behandlung, Pflege, Züchtung, dem Fabrikanten eine wefent- liche Erleichterung in der Weiterverarbeitung bieten, entzieht fich das Hadern- material hartnäckig dem zweckfördernden Einfluffe des Confumenten, da es faft ausfchliefslich , als zu keinem weiteren Zwecke verwendbarer „Abfall“ feiner letzten, aber dennoch fo wichtigen Beftimmung zugeführt wird. Die Natur der Haderngewinnung, das „Lumpenfammeln“ bringt es mit fich, dafs die Hadern in wirrem Gemifch in die Hände des Händlers gelangen, von denen noch keineswegs alle fo forgfältig in der Sortirung und Claffificirung ihrer Waare vorgehen, dafs der Papierfabrikant nicht noch weitere grofse Mühe aufzuwenden hätte, um der Wirkung des angekauften Materiales annähernd ficher zu fein. Die moleculare Verfchiedenheit der, felbft als „fortirt“, gehandelten Rohwaare ift demnach eine fo bedeutende, dafs Fabrikanten halbwegs befferer Papiere gezwungen find, zum minderten eine „Nachfortirung“ vorzunehmen, und haben faft alle commerciell gut geleiteten Etabliffements die Gepflogenheit, den Werth der gekauften Roh waare auf Grund gewiifer, der Qualität der einzelnen Sorten entfprecliender Einheitspreife zu fixiren, wodurch es allein möglich ift, fich vor Täufchung und eventuellem Schaden zu bewahren und der Calculation eine legalere, weil ftabile Bafis zu bieten. Die aus der Natur der verfchiedenen Gefpinnftfafern fich ergebende Ungleich heit, die gröfsere oder geringere Reinheit und Weichheit, die Variationen in der Färbung etc. erfchweren die Homogenität felbft einer beftimmten Sorte in fo erheblichem Mafse, dafs der Fabrikant auch bei grofser Aufmerkfamkeit der weiteren Behandlung nur fchwer auf vollkommene Gleichartigkeit der Stoffe rechnen kann. Diefer letztere Umftand fpielt bei den gefteigerten und oft ganz gerechtfertigten Anfprüchen der Papierconfumenten eine fo wichtige Rolle, dafs es oftmals trotz anfeheinend ganz gleichartigen Stoffes der complicirteften Combi- nationen in der Weiterbearbeitung bedarf, um Ausfehen und Qualität conftant zu erhalten. Diefe von den im Allgemeinen noch immer ziemlich primitiven Verhält- niffen des Hadernhandels und der Natur des Materiales unzertrennbaren Mifs- ftände, potenziren fich durch den ferneren Umftand, dafs fich in unvermeidlicher Weife Lager von zur Fabrication einer beftimmten Specialität nicht taugliches Materials bilden, die nicht fowohl oft werthvolle Räume in Anfpruch nehmen, und die Gefahr der Verunreinigung befferer Stoffe mit fich führen, als auch dem Fabrikanten durch den darin unnöthiger Weife angelegten Capitalaufwand diretft fchaden. Fabriken, welche nicht mehr als eine Papiermafchine befitzen, werden dadurch von dem mehr und mehr als ausfchliefslich richtig anerkannten, wirth- fchaftlichen Grundfatze „der Cultivirung einer Specialität“ periodenweife abge drängt, oder gezwungen, einen in feltenen Fällen vortheilhaften Zwifchenhandel ihres Abfallmateriales zu treiben. Ein fernerer Uebelftand des Hadernhandels befteht darin, dafs der Zufam- menflufs des Materiales hauptfächlich gerade in einer, dem Zwecke ungünftigen Zeit, nämlich im Winter erfolgt, wo viele Hände erft nach gefchehener lohnenderen