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Sächsische Volkszeitung : 23.01.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931-01-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193101234
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19310123
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19310123
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Volkszeitung
- Jahr1931
- Monat1931-01
- Tag1931-01-23
- Monat1931-01
- Jahr1931
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 23.01.1931
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llm den Talsperrenbau im Osterzgebirge Die Stadlräte von Pirna, Glashütte, Verggietz- Hübel, Gottleuba und Bären st ein haben die sächsische Regierung und den Landtag erneut gebeten, für den Bau der Talsperren im Muglitz- und im Goltleubatal einzutrelen. Ab gesehen von der Hochwassergefahr, die immer besiehe, warteten Tausende von Arbeitern, Gewerbetreibenden und Kleinhandwer kern auf den Beginn der Bauten. Die Not sei aufs höchste ge stiegen Kein Tag ohne politische Zusammenstöße Zwanzig Verletzte bei einer Schlägerei in Brochwitz. Meißen, 22. Januar. Die Nationalsozialisten hielten am Dienstagabend im Gasthof zu Brachwitz eine Versammlung ab, an der auch unisormierte Abteilungen der Ortsgruppen Dres den und Meißen teilnahmen. Bis zum Einmarsch der Unifor mierten wurde der Saal geschlossen gehalten. Es kzatte sich da her eine ansehnliche Menschenmenge vor dem Versammlungs- lo-kal eingesundcn. Als die SA.-Leute die Freigabe des Ein gangs zum Lokal verlangten, kam es zu einer Schlägerei, bei der es über zwanzig Verletzte gab. Einer von diesen mutzte mit erheblichen Stichwunden dein Kranken bause in Meißen zugeführt werde«. Tas alarmierte Uebersall- Kommando räumte darauf die Straße vor dem Gasthof. Kirschau. Im Anschluß an eine nationalsozialistische Ver. ammlung, die in der Hauptsache von Gegnern besucht war und nsolgedessen einen sehr stürmischen Verlaus nahm, kam es zwi- chen Nationalsozialisten und polnisch Andersdenkenden zu einer chwercn Schlägerei, bei der Zaunlatten als Waffen verwandt wurden. Auf beiden Seiten gab es mehrere Verletzte. Das hcrbeigeruscn« Ueberfallkommando stellte die Nuhe wieder her. d. Schadenfeuer. In der Nacht zum Mittwoch entstand in Meißen im Hintergebäude der Maschinenfabrik Schindler u. Griineioald in der dort untergebrachten Tischlerei ein Brand. Die Feuerwehr bekämpfte das Feuer mit einer Motorspritze und beseitigt« bald die Gefahr. Vernichtet bozw. beschädigt wurden Hölzer. Modelle und Maschinenteile. Der Schaden diirste durch Versicherung gedeckt kein. l.«iprig un<! Umgebung Leipzig erbt LOO 000 Dollar Leipzig, 22. Januar. Wie aus White Plains im Staate Nemwrk gemeldet wird, hat der kürzlich verstorbene Deutsch- a - lkancr Ludwig Schmieder, dessen Mutter aus Leip- tammte, in seinem Testament bestimmt, datz nach dem Tode r -Tochter Marguerite Behrens der Stadt Leipzig eine «r chast von hunderttausend Dollar zufallen soll. Der Betrag sou zur Errichtung eines Brunnens verwendet werden, der den Namen Schmieders tragen soll. Oachstuhtbrand auf -em Brühl Am Mittwoch früh war auf dem Brühl vom Mittelgebäude r Grundstücks der Dachstuhl in Brand geraten. Beim Em der Feuerwehr stand der ganze Dachstuhl in Hel- ammen, die bei der noch herrschenden Dunkelheit euchteten. Das Feuer wurde mit vier Schlauchleitungen ... Der mit altem Gerümpel angefüllte Dachstuhl brannte völlig aus und mutzte zum Teil abgetragen wer den. Der Sachschaden ist, was den Dachstuhl onlangt, nicht grotz. jedoch dürfte ein darunter befindliches Fell-Lager durch das Wasser erheblich gelitten haben. ) Empfindlicher Verlust. Ein Kaufmann, der am 12. Ja nuar nachmittags 4.58 Uhr von Aue über Wilkau, Werda» aus dem Leipziger Hauptbahnhofe angekommen war und zum Ein kauf nach Hamburg weiterfahrcn wollte, vermißte nach der An kunft seinen braunen Vulkansiber-Rcisckoffer, der 12 OVO NM bestehend aus 100- und 50 Markscheinen, enthielt. Das Geld war in Papier und ein weitzes Taschentuch eingeschlagen. Ge naue Angaben über den Verlust kann der Geschädigte nicht ma chen. Es ist ihm auf der Bahnstrecke zwischen Wilkau und Werdau unwohl geworden und er ist dabei eingeschlafen. Es besteht deshalb die Möglichkeit, datz der Koffer während dieser Zeit gestohlen worden ist. Für die Wiederherbeischassung des Geldes Hal der Derlustträger 10 Prozent Belohnung ausgesetzt. ) Keine wetteren Neichszuschüsle zur Leipziger Messe. Wie aus Berlin gemeldet wird, hat der Haushaltausschutz des Reichs tags in seiner Mittwoch Sitzung sämtliche Anträge aus Zuschüsse für die Leipziger Messe abgelchnt. Die Deutsch« Jugendkeast „Misnla" der Gemeinde Leip- zig-Schönefeld veranstaltet am Sonntag, 1. Febniar, nachm. 680 Uhr im Saale des Rathauses, Leipzig-Schönefeld, einen Gesellschaftsabend mit turnerischen Darbietungen und Tanz. Freunde der katholischen Jugendbewegung sowie die ganze Gemeinde sind herzlich eingeladen. Der Reingewinn ist zum Besten der Jugendpflege. P. K. ^stemnitr, Irvicstsu, ?Isu«n Zur Tagung der sächsischen Industrie Chemnitz, 22. Januar. Der am 23. Januar in Chemnitz beginnenden Veranstaltung des Verbandes Sächsischer In dustrieller kommt nicht nur insofern eine besondere Bedeutung zu. als die sächsische Regierung durch den Ministerpräsidenten und Ministerialdirektor Dr. Klien sich aktiv bei der Erösfnung und der Ucbernahme des Hauptreserates beteiligen, sondern auch die ganze übrig« Organisation der Versammlung erkennen lassen, daß es sich um «ine Tagung handelt, die sich aus dein Nahmen der sonstigen Hauptversammlungen Heraushebt. Neben der Reichsregierung, den Ministern und Staatssekretären, den Reichsministern sind auch die Leiter der großen Bcschassungs- stellen des Reiches, di« islarteien des Reichstages, die große außcrsüchsisch« Presse, die Spitzenverbände der Wirtsclzaft. ins besondere Rheinland Westfalen, geladen. Führende Industrielle, die die deutschen Verhältnisse mit denen des Auslandes zu ver gleichen vermögen, werden sich zu den Folgen der besonderen sächsischen Wirtschastskatastrophe äußern. Nachdem Geheimrat von Loeben, ein weit über die Grenzen Sachsens bekannter Sachverständiger aus kreditwirtschaftlichem Gebiet, sich über die Auswirkungen dieser Politik aus Sachsen ausgesprochen Hal, wird Georg Stöhr i. Fa. Kammgarnspinnerei Stöhr u. Co., A.G.. Leipzig, die steuerliche Uebeibürdung behandeln und dar nach Stadlrat Max Köhler i. Fa. Julius Köhler, Limbach. mit der llebcrhöhung der Löhne einen der wundesten Punkte der sächsischen Krise angreifen. Ihm wird sich Kurt Wagner i. Fa. Robert Wagner, Chemnitz, anschlietzen und die frachtliche Ungunst als eine der Ursachen, die ebenfalls dazu beigetragcn lmt. die Lage Sachsens gegenüber seinen Kundengebietcn in ge fährlicher Weise zu verschieben, darlegen. Nach diesen pro grammatischen Ausführungen über die wichtigsten Ursachen unserer Not. die im gewaltigen Ausmaße zu einer Abwanderung der «'nsk nach Sachsen vergebenen deutschen Aufträge nach an deren Bezugsländern führten, werden sich weitere Darlegungen der Vorsitzenden großer Bezirksgruppen des Verbandes über die Lage Mittel- und West- und Ostsachsens äußern. Die ersten Ansprachen der Tagung werden mittags von 1.45 bis 2.80 Uhr an durch Rundfunk verbreitet werden. Es wird in ihnen zur Ankurlrelung der Wirlscl)ast und der ihr ent- gegcnstehenden Hindernisse aufgerufcn, um der geivaltigen Arbeitslosigkeit entgegenzuivirken. Die weiteren Reden säch sischer Wirttchaftsführer und ger zur Mitwirkung aufgerufenen Vertreter öffentlicher Stellen und »ruraler Organisationen können wegen der beschränkten zur Verfügung stehende» Zeit nicht im Rundfunk gebracht werden Der großen Versammlung der Träger der sächsischen In. dustrie ist voller Erfolg zu wünschen. Wie wir erfahren, wird Reichskanzler Dr. Brüning am 23. Januar voraussichtlich nach Chemnitz fahren. Er wird dort auf der Tagung der sächsischen Industriellen „Sachsen braucht Arbeit" sprechen. Am 24. Januar will Dr. Brüning nach Köln Weiterreisen, wo er am 25. vor den Christlichen Gewerkschaften eine Rede halten will. Oer Drandstisterprozeß Pilz Chemnitz, 22. Januar. Der Andrang des Publikums zu dem Brandstislerprozetz Pilz hielt auch am dritten Verhand lungstag unvermindert an. Zu Beginn der Mlttwochvcrhand- lungen teilte der Vorsitzende mit, datz nur noch von i h m Fragen an die Angeklagten und Zeugen gestellt werden würden. Ferner wurde mitgeleilt, daß der Sonnabend verhandlungsfrel bleiben soll und mohr>clieinlich erst am Montag ein Lokaftermin in Scharfenstein abgehaltcn werden wird. Im übrigen wurde mit der Zeugenvernehmung fortgesahrcn. Der erste Zeuge war der Polizciwachtmeistcr Kautzsch aus Echarfonstcin. der während des Feuers in der Pilzscizen Villa an der Brandstelle weilte. Der Zeuge bemerkte, daß sich Pilz nicht wie einer be nommen hätte, dessen Hab und Gut abbrenne. Der Zeuge machte dann noch weitere Angaben über seine Beobachtungen an der Brandstelle. Frau Pitz versuchte, dem Zeugen Behaup tungen. die von seiner Aussage abwichen, in den Mund zu legen, die ausgestellt -u haben, der Zeuge entschieden bestreitet. Er- wähnenswert ist weiter die Aussage des Zeugen Fiedler, dessen Aussage sich aul die Mcineidsangelegcnheit der Frau Pilz bezieh». Er soll geseyen haben, datz di« beiden Berllmr KSusetz. der Pilzschen Fabrik Frau Pilz auch in Scharfensteln nach, gestellt haben. Die Aussage des Zeugen ergibt abe» jür dttz, Käuser nichts Belastendes. Ous «ler 1.susi1r Brandstiftung aus Bache Kamenz, 22. Januar. In der Nacht zum Dienstag vrannte im benachbarten Straß gräbchcn das Anwesen des Wirt« schastsbesitzers Richard Raum, bestehend aus Wohnhaus, Scheune und Stallungen, vollständig nieder. Es tauchte sofort die Vermutung auf, daß Brandstiftung die Ursache des Feuers gewesen sei. Am Dienstag früh wurde auf der Eisen bahnlinie Kamenz—Senftenberg in der Nähe der Station Straß gräbchen ein bei Raum beschäftigt gewesener 17jähriger Wirt schaftsgehilfe, der sich vom Gülerzuge hat überfahren lassen, als Leiche aufgefunden. Die Ermittelungen ergaben, daß der junge Mensch sich mehrere Diebstähle zuschulden kommen ließ und Be strafung zu gewärtigen hatte. Aus Rache gegen seinen Dienst herr» hat er das Feuer vorsätzlich angelegt und daraus Selbst mord verübt l. Di« Bautzener Iutesplnnerek arbeitet weiter. Der RaV - der Stadt Bautzen nahm in seiner Sitzung vom Dienstag Kenntnis von den Verhandlungen mit den Vereinigten Jute« spinnereien und Webereien A. G. wegen Fortführung des Bautze ner Betriebes -er genannten Firma. Der Rat stftnmte einem in dieser Angelegenheit mit der Firma abzuschlietzenden Abkom men zu. Wer wird Landeskommandant in Sachsen? Personaloeränderungen Im Wehrkreis 4. Mit dem 1. Februar 103l werden ernannt: General major v Cochenhausen, Kommandeur des Art-Regt. 4, zum Artilleriesührer 4; die Obersten von Einem, Stab Inf.-Regt. 12, zum Kommandeur des Inf.-Regt. 5; Schellbach, Stab Arl.» Regt. 4, zum Kommandeur dieses Regimentes; die Oberstleut nante Freiherr Geyr von Schweppcnburg, Reiter-Rcgt. 12, zum Kommandeur des Retter-Rcgt. 14; Sorsche, Art-Regt. 4, zum Kommandeur der 1. Abt. dieses Regiments; Aaumbach, Art.« Regt. 4, zum Kommandanten des Truppenübungsplatzes Königs brück; Gercke, Infanterie-Schule, zum Kommandeur des Inf.- Regt. 6; die Majore Beuttel, Stab Inf.-Führer 4, zum Kom mandeur des 2. Bataillons Inf.-Regt. 16; Zuckertort, Komman dantur von Königsberg i. Pr., zum Kommandeur der 2. Abt. Art.-Regt. 4; Schroeck, Inf.-Regt. 12, zum Kommandeur des l. Bataillons Inf.-Regt. 7. Mit dem 1. Februar 1031 werden versetzt: die Oberst leutnante Hielscher. Stab Gruppenkommando 2, zum Stab des Art.-Regt. 4; Raschick, Kommandeur des 1. Bat. Inf. Regt. 7, zur Infanterie Schule; Hofsmann, Kommandeur des Ausbil dungsbataillons Inf.-Regt. 8, zum Stab des Inf.-Regt. 12; von der Lippe, Kavallerie-Schule, in das Reiter-Rcgt. 12; die Haupt leute Schwartz, Inf.-Regt. 3, in den Stab des Inf.-Führer 4; Doerstling, Inf.-Regt. 10, in den Stab der 4. Division; Ober leutnant Krüger, Art.-Regt. 5, in den Stab der 4. Division. Mit dem 31. Januar 1931 scheiden aus: Generalleutnant Schubert. Artillerie-Führer 4 und L a n d e s k o m m a n - dant in Sachsen; die Obersten Osterroth, Kommandant des Truppenübungsplatzes Königsbrück; Kunze, Kommandeur der 1 Abt. Art.-Regt. 4; die Oberstleutnante Fiedler. Retter-Rcgt 12; Griepcnkerl, Art.-Regt. 4, sowie Major Kohtz, Stab 4. Division. O Nach den bestehenden Vereinbarungen wird der jeweilig rangältesie sächsische Offizier Landeskommandant in Sachsen. Der bisherige Landeskommandant Generalleutnant Schubert scheidet am 1. Februar aus dem Heeresdienst aus. Sein Nach folger. Generalmajor von Cochenhausen, ist Nichtsachse, kommt daher als Landeskommandant nicht in Frage. In Be tracht kommen vielmehr zwei Oberste. Das Rcichswehrministe- rium wird demnächst seine Entscheidung hierüber treffen. Der Nachlaß Adolf von Hildebrands. — Bei einer Gedenk feier, die. zum zehnten Todestag Adolf von Hildebrands in dessen ehemaligem Atelier zu Miinck-cn stattsand, wurde eine kleine Ausstellung aus dein Nachlaß des großen Bildhauers ge zeigt. die sein Schwiegersohn, Pros. Th. Georgii. zusammen gestellt hatte. Der Nachlaß des Meisters umfaßt noch ein« Reihe von Originalen, unbekannte plastische und architektonische Ent würfe. Zeichpungen und Abgüsse. Er soll in Zukunft einmal in der Woche der Ocsfentlichkcit im Atelier ohne Entgelt zugäng lich lein. Sväter denkt man an nie ttebernakme in ein Museum. Die Bildhauerin Maria Eulenbruch steber den I'art pour I'art-standpunkt hinaus und ein in Formjragen ausgehendes unfruchtbares Attisientum von heute, das aus weite Strecken das Kunst- und Aussteslungsweien der Zeit beherrscht, ist wahre Kunst allein die. welche ihre Seele an ein Höheres verliert um sie dadurch erst zu gewinnen. Wahre Kunst ist Kunde, „Vermittlerin des Unaussprechlichen", wie Goethe cs ausdrückt, und crgrisfenc Niederschrift von ewig Menschlichem und seiner tiefsten Bezüge zu Gott und zur W e l t. Schöpferisch ist der. dem es gegeben ist. dieses ewig, urbildlich Menschliche zu schauen und bedeutsam im Gleichnis seiner Werke zu spiegeln. Wobei Reinheit und Ticse dieser Schau mitbedingt ist durch das leidende Ergrissenscin vom Schicksalhaften' alles Menschleins. Dem das Wißen seiner ewigen Bestimmung die unerhört dramatische, wuchtige Gegenfpannung wie die Größe der inneren Haltung gibt: „Den Erableib tragen die Eott.s- söhac". Solchem Kreuzungspuntle irdiüher Schicksalhaiiigieit und ewiger Bestimmung des Menschentums, vom großen Künstler zutiefst erlebt, erwächst das Höchste in der Kunst, die Demut und Inbrunst der alten Dome, uäe des Acfchylos, Prometheus und Goethes Faust, die Schöpsungen Grünewalds und Beethovens; aus ihm heraus ist das Schaffen der Berufenen bis heute ein ehriiirchliges, anbelendes Händesalten. Denn von dorther kommt es. daß. wie Henri Bremond sagt, olle Künste danach streben — eine jede durch die ihr eigenen magischen Mittler: die Worte, die Noten, die Farben, die Linien — in das Gebet zu münden. Ein zuinnerst ergriffenes und daher auch andere ergreifendes betendes Händefalten. wie bei ihrer Lcatue „Immaculata", ist das ganze Schaffen der Bildhauerin Maria Eulenbruch, ' aus dem hochstrebcnden Kreis der Aachener Kunslgewerbeichule. Cie war zuvor Schülerin von Frau Dorkas Ncinacher-Härlin an den Kölner Wcrkfchulen zeigie aber von Anfang an eine in sich gründende Eigenart, dcr von außen nichts hinzuzusügcn ist. da sie eine Innenwelt von keuscher, herber Innigkeit umschließt. Wie die schon erwähnte „Immaculata" den ganz seelischen Raum zwischen den erhobenen Händen, dem mädchenhaft zarten Busen und der von Beschauung schweren, tief ins Geheimnis geneigten Stirn. Die natürliche Körperlichkeit von Eulenbruchs Gestalten tritt zurück und wird gleichsam aufgefogen von diesen lecli chen Ausdcucksgegcbenheiten. so daß sie nur ihre sichtbar gewordene «tnsach große Gebärde scheint, von der einprägsamen Sinnbild Hastigkeit der Zeichen alter Bildschriften. Nusdrucksinstrnmente stellen bei ihr vor allem auch die mächtigen Hände wie die erde greifenden Füße, als Gegengewicht der Vergeistigung, dar. Die ins Wesentliche. Typische gehobenen Antlitze ihrer Figuren sind gleichwohl von lebendigem Mienenspiel und scheinen besonders bei den Gestalten der Passion ost ergreifend den leidenden, un teren Schichten des Volkes entnommen. Denn das Leid dcr Zeit, das ihr eigenes ist, legt Maria Eulenbruch in die Szenen der Passion, die sie in Kreuzwegrelicfv von schlichter Größe, in Kruzisiren und Picta-Darstellungen von mittelalterlicher Wucht und Erfülltheit immer wieder gestaltet. Es ist die Frau aus dem Volke, die leidvolle Mutter und Märtyrerin unserer Tage, die. in der vielleicht erschütterndsten Pieta Gruppe Eulenbruchs, unter schmerzerstorbenem Antlitz den zu Tod mißhandelten Sohn wie ein zerbrochenes, ästiges Knochenbündel uns anklagend, grausig entgegenhebt. Denn wir alle tragen Mitschuld an dieser furchtbaren Schändung des Memchen- und Gottesbildcs; unsere selbstftichtige Härte und lieblose Eotlentsremdung ist Ursache des Elends unserer Brüder. Die innige Beglückung im Muttertum weiß die Künstlerin, etwa in dcr verzückten Gruppe „Mutter und Kind". 1926, nicht ; minder echt darzustellen, als feine erhabene Größe, als einer — so möchte man fast sagen — kosmischen Macht und Ausgabe, von der ein weihevoller Schimmer auf dcr Mutter Gottes für Burg Rothenfels liegt. Die mächtigen wahrenden, hüten den Hände des Weibes halten den lcibcnttprossenen, gcistgezcug- ten Sohn, der seinerseits, mit alles umfassender Gebärde der Kinderärmchen, schon seine Erwählung zum König des Alls aus- zudrücten scheint: „Siehe, ich ziehe alles an mich". In seiner vollen Majestät als Allbeherrfchcr zeigt ihn die monumentale Christusfigur Eulenbruchs, die sich in einem Jnnenhos der Dculzer Ausstcllnngsbautcn befindet, wo er lehrend aus den von den vier Evangelistensymbolen umgebenen Weltkugel steht: ins kosmisch Große gesteigert wie dort jenes Geheimnis des Muttcrtums. Der ganz nur Güte vcrsinubildcude „Ielus als Kinder- . freund", dcr die erhobenen Hände wie eine Muschel des Segens ! vor der Brust öffnet, ist flankiert von zwei Kindcrgestalten, deren herber Reiz, aus dem fungiräulich-mütterleichen Instinkt der Künstlerin geflossen, aufs tiefste berührt. Der Jungfräulichen, Entsagenden w«rden viele Kindlcin erwachsen und bcfck>ert fein: aus diesem leid- und kreurmollen Gebenm-is höheren, geistigen Mütkerkums sche. uns Vas ganze Schatten Maria Eulenbrüchs entsprossen. Es erweist, nebenbei bemerkt, wieder einmal, daß ,er von fa vielen ldie gar nicht wiüeii. worum es sich bei ihm handelte) als tot vcrfchrftne Expressionismus heute zu einem großen religiösen Monumcutalstil der Zeit gereift ist. Karl Oabrivl Lkeill. Das Schi.ttal des Holftcntores. — Die Niedersächsische Ar beitsgemeinschaft der Freien Deutschen Akademie des Städte baues nahm in einer Sitzung in Lübeck zu dem Entwürfe dec dortigen Oberbaudirektors Pieper für die städtebauliche u d denkmalpflegecifche Behandlung des Holstentorcs Stellung. Sein Entwurf stellt im Gegensatz zu allen anderen Plänen das Tor in die Mittelachse dcr 35 Meter breiten Hauptstraße, leitet den Per-ehr vorbei und siihrt nur die Straßenbahn durch die auf 6,5 Meter verbreitete und nm ca. 2 Meter erhöhte Terössnung. Dadurch würde «in Eingrisf nötig, der vor astem die horizontalen Terrakottabändcr über der Torösfnung be rührt. Unter dem Vorsitz des Hamburger Oberbaudircktors. Professor Dr. Schumacher, wurden in der Sitzung eine ganze R-.iye von Änderungen vorgephlagen Der Lübecker Oberhau- d->vktor Ball-r will entscheidendes Gewicht ans die Erhaltung des freien Blickes aus die Stadl mit ihren Kirchen und Salz- spcich.rn legen Der Hamburger Architekt Fritz Höger nennt die Erhaltung des Stadtbilecs das Wichtigste; die Straßen wände vor dem Tore müßten weiter auseinanderriickcn: an der Straße niedere, höchstens 6—8 Meter hohe, im Hinter- i gründe höhere Bauten. Der Hanneveriche Stadtbaurat Prof. Elkarl möchte das Tor neben den Verkehr gerückt sehen. Der Bremer Gildemeister rät ab. die Straßenbahn kindurchzusiih- ren. Pros. Dr Vetterlein, Hannover, ist derselben Meinung, da sonst jede Betracht,ung. Zugänglichkeit und Benutzung des Tores unmöglich wäre. Doch war, wie Schumacher in seiner Zusammenfassung d- r Mein», gen au-ftührte, d-e Mehrheit für eine achsiale Lösung: sie werde iftcht erreich« durch den Kollettiovcrcehr der Streßen-mhn, sondern dadurch, daß dem Fußgänger das Tor zugänglich gemacht wird. Der Raum zwischen Trane und Griinring verlange eine architektonische Fassung. Falls ein neuer Platz geschaffen werden solle, diirse er nicht nach der Straße geöffnet sein, sondern von den 'stau- massen umschlossen werden. Ein Ausschuß mit Schumacher, dem Hamburger Obcrbaudirektor Dr Leo, Elkart und Gildemeister soll unter Mitarbeit Balßers - Gutachten an arbeiten.
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