7° Herfried Homburg die Kantaten Nr. 104 Du Hirte Israel, höre, Nr. 105 Herr, gehe nicht ins Gericht undNr. 106 Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit sowie 1840 einen weiteren Motettenband. Nach der Veröffentlichung der Briefe M. Hauptmanns an F. Hauser nahm man an, die Bach-Pflege in der Kurhessischen Residenz sei diesen Künstlern zuzuschreiben. Seit kurzem wissen wir, daß sie dem Einfluß eines bislang fast unbekannten Bachverehrers zu verdanken ist: dem „Amtsrath Lueder aus Catlenburg“. Als Sohn des geschätzten Amtmannes Friedrich Ludwig August Lueder am 14. Mai 1781 zu Herzberg (Harz) geboren, wurde Christian Friedrich Lueder bereits am 3. Mai 1797 als Jurist bei der Universität Göttingen immatrikuliert. Nach kurzer Studienzeit kam er als Schüler auch zu J. N. Forkel. Lueder spielte bald „sehr fertig“ Violine, Bratsche, Violoncello und Klavier; in jungen Jahren besaß er eine gute Tenorstimme. Forkel zog ihn, wie die meisten seiner Schüler, zur Mitwirkung bei seinen Abonne mentskonzerten heran. Die Persönlichkeit des genialen Lehrers scheint auf den jungen Studenten einen unauslöschlich tiefen Eindruck ausgeübt zu haben. Forkel vermittelte Lueder so umfassende praktische und theoretische Kenntnisse, daß Spohr, Marschner, Mendelssohn, Meyerbeer, u. a. in spä teren Jahren dessen - eines Dilettanten! - Rat gern hörten. Lueders klare kritische Urteile über Werke Beethovens, Schuberts, Schumanns, Mendels sohns, Meyerbeers, der italienischen und deutschen Opernkomponisten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und des von ihm hochgeschätzten Spohr sind heute noch allgemein gültig. Den „Neuen“ Wagner und Brahms stand er nicht ablehnend gegenüber, vielmehr erinnerte er sich bei den un gewohnten Klängen: „Mir sind — wie mein seliger Doctor Forkel einst in Beziehung auf mir unverständliche und später allerdings wundervoll gefundene Compositionen des Friedemann Bach sich meist ausdrückte, ,die ganz neuen . . . Ohrengänge noch nicht aufgegangen,“ . . . um die Tiefe und Schönheit der Composition erfassen zu können...!“ Lueder hatte drei musikalische Idole: den Zeitgenossen Spohr, den all verehrten Mozart und den von ihm am höchsten geschätzten Johann Sebastian Bach. Verständnis und Liebe zu der Kunst Bachs hatte, wie Lue der später wiederholt bekundete, Forkel ihm eingepflanzt. Die Bemühungen Forkels um das reiche Erbe des Thomaskantors sollten durch diesen Schüler vielfältige Früchte tragen 22 . Seitdem Spohr als Hofkapellmeister in Kassel wirkte (Januar 1822), kam Lueder zu jedem interessanten Konzert, zu den bedeutenden Opernpremi eren und zu den privaten Kammermusiksoireen Spohrs und seines Kreises vom Klostergute Katlenburg (bei Northeim) in die Kurhessische Residenz. 22 Vgl. die gedruckte Matrikel der Universität Göttingen, Nr. 17925. In der Kasseler Bibliothek sind 167 Briefe Lueders an Spohr erhalten geblieben. Die wertvollsten Stücke gingen jedoch im Spohrschen Nachlaß in Dresden 1945 unter. Vgl. auch die Studie Anm. 21.