Volltext Seite (XML)
" ' — Stück Tapete haftete, welches mit salpctersaurem Silber getränkt warben, entging dem vielfach aufgeregten Beobachter. „Die Herrlichkeit ist fart!" rief er; „es war eine Phantasieblume der Nacht, die bei Tage sich nicht be trachten läßt; was thue ich damit und wozu nützt mir das wiederkehrende Licht, da es schon die erste meiner beabsichtigten Forschungen vereitelt? Aber laßt uns nach der Ursache schauen, wenn sie etwa nicht auch in der unermeßlichen Himmelsbläue zugleich mit der Wir kung mir zum Tort zerflossen ist." Bei diesen Worten setzte er eine grüne Brille auf, hing einen 'Schirm von derselben Farbe über die Stirn und trat zögernd an's Fenster. Kaum hatte er einige Augenblicke hier gestanden, da trat er rasch zurück, warf den Schirm zur Erde und schlug ein lautes böses Gelächter auf. „Gut gemacht, das!" rief er dann mit Härte; „zweien Narren ist bange, wenn der dritte im Bunde fehlt, und ich bin dicß »»lens volons gewesen. Nun kenne ich den Esel, dessen Ohr aus dem Schnack geschaut und weiß, daß jene grelle Fratze dort um jeden Preis vor meine Augen gebracht werden sollte. Deßhalb batest Du also um Verzeihung, meine kleine Viper und ich Simplex wußte nicht, wcßhalb? Und ich versprach Dir eine Belohnung für den ungcahncten Schelmenstreich? Nun, sei es, ich will Wort halten; ich will das Narrenspicl wie ein echter Comödicnpapa ergötzlich enden, denn es naht der Schluß des letzten Akts und wenn der Vorhang niedergeht, bin ich aus der Truppe verabschiedet. Fiorilla, nimm Dir den Schalksknecht, den göttlichen Maler, welcher seine hei ligen Beterinnen bei den Beinen aufhängt; nimm Dir ihn, denn Ihr seid einander werth, und wenn Ihr Arm in Arm dem Publikum draußen Euern Re verenz gemacht und für den gütigen Zuspruch ge dankt habt, dann packt Euch mit meinem besten Segen zu allen " Er vollendete nicht, denn er schwankte in diesem Augenblicke wie ein Trunkener und sank todesbleich, leblos in die Arme der erschütterten Kinder, deren lau tes Schmerzgcschrci im Verein mit dem Geheul der Magd als eine unheilvolle Morgenhymne zu dem schö nen Himmel emporstieg. Der alte Mann war allzu sehr angegriffen worden, erst physisch durch Luft und Licht, wodurch seine Nerven sich fieberhaft gespannt hatten, dann moralisch, indem es seinen Gelehrtenstolz lödtlicib verwundete, daß er, der weltberühmte Doktor aller K ünste und Wissenschaften, eine optische Erfindung Ungelehrter bewundern sollte, von deren Möglichkeit ei nie eine Ahnung gehabt. „Mein Vater stirbt; ich habe ihn gemordet!" kreischte die verzweifelte Jungfrau in gellendem Weh laut, und ihr Auge rollte wie wahnsinnig in dem schö nen Madonnenkopfe. — „Ja, Ihr habt ihn gemordet, Ihr bösen Weltkinder," heulte die bigotte Magd und während sie mit einem Arme den Meister unterstützte, schlug sie mit der freien Hand sich unablässig an die Brust. „Aber, Gott Lob, der liebe Meister ist selig verstorben; die Verführung hat ihn nicht aufs Neue umgarnen dürfen, ich meine, das frevelhafte Forschen über Dinge, welche der Herr uns verborgen hat; er starb unmittelbar nach der großen Buße, die alle Sün den hinweggenommen und ihn in den Stand der Gna den versetzt hat. Darum Preis und Ruhm dem Höch sten, Hosianna in der Höhe! Triumph, Triumph, Halleluja!" Hier begann die halbnärrische Alte einen mißtönen den grauenhaften Lobgesang, daß der erschütterte Maler flüsterte: „Wahnsinn, Jammer und Tod — dreifache Höllengeiscl, die ich nicht aushalte. Lorbeerbaum, Du bist stark genug, mit dem heillosen Bilde auch dessen Verfertiger an einem Aste baumelnd halten zu können, und wenn die Eminenz Courage genug hat, meine Cäcilie zu behalten, so mag sie das Honorar meiner armen Seele in frommen Gebeten nachzahlen." — Nach diesen Worten trug er den Meister auf's Bett, drückte die halbohnmächtige 7k' illa der Magd in die Arme und rannte zur Tb' Heftig prallte er da an einen Mann, der , . Zeit in seinem Versteck verborgen gewesen se>. ''d nun mit Kraft den Jüngling zurückdrängll > ^ Mit Erstaunen erkannte dieser den würdigen ^ 0, der ruhig, fast heiter auf den leblosen dessen ohnmächtige Tochter blickte, aber der alten ein so strenges Gesicht zeigte, daß diese ihren Lärm , gleich cinstcllte. Charles machte einen Versuch, de.n Priester die Ursache dieser Schaudersccnen zu erklären, doch Ubaldo ließ es nicht zu. „Ich weiß Alles," sprach er; „Fiorilla beichtete mir und seit einer Vier telstunde stand ich hier im finstern Winkel an der Thür; ich habe das Bild gesegnet, ehe es am Lorbeer aufgehängt wurde und jetzt sind meine Diener beschäf tigt, die umgekehrte Stellung der betenden Cäcilie in die naturgemäße zu verwandeln. Sieh hinaus* finstere unchristlichc Frömmlerin," setzte er hinzu, gegen die Alte eine heftige Bewegung mä hend; „siche, cs ist ein