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5l in neuester Zeit waren folgende: Wiener Taschentücher (büchcr;). gestammelte Gedichte (gesammelte G.); ver wischte Beiträge (vermischte B.); Ta n dbibliothck des Geistreichsten (Handbibliothek d. G.); Kehrbuch der Aesthctik (Lehrbuch); die Rcducti'on des Blattes (Redaction). Ist in diesen Spielen des Zufalls (oder eines witzigen Correctors) nicht ein Stück Literaturgeschichte enthalten? Müiizgewinn. In Ielatcrinburg in Rußland werden aus jedem Pud Kupfer 36 Rubel geprägt, ein Pud ausge prägter Rubel kostet dem Münzhofe aber nur 2s Rubel, so daß jedes Pud 33s Rubel Gewinn trägt. In den letzten sechs Jahren wurden auf dieser Münzstätte jährlich zwei Millionen 600,000 Kupfcrrubcl oder mehr, als 72,000 Pud ausgeprägt. Kosack, oder richtiger Kasack bezeichnet ursprünglich frei, sei cs von Hcrrendienst, sei es von einer Frau, dann, weil man sich wehren muß, um frei zu sein, ein bewaff neter, freier Mann; hierauf ein von der polnischen Herr schaft frei gebliebenes Volk; endlich die aus diesem Volke genommenen Truppen und jetzt Jeder, der in solchen Regi mentern dient. Nationaltracht» Alle Slavinnen lieben das weiße Linnen und wissen sich sehr geschmackvoll darin zu kleiden. Eine Art, den Kopfputz damit zu ordnen, ist wahrhaft ma lerisch. Ein feines weißes Tuch wird so zusammengclcgt, daß alle vier Zipfel sichtbar bleiben ; dann wird es in der Art über den Kopf geschlagen, daß cs ungefähr einen halben Zoll über ' den Haaren herunter auf der Stirn liegt; die beiden Flügel werden nun zurückgebogcn und an de» Seiten mit Nadeln be festigt. So liegt es wie bei den Vcstalinnen und wallt hinten in schönen, regelmäßigen Falten herab. Das Gesicht tritt dabei in seiner ganzen Bildung hervor, aber keineswegs schroff, indem die ein wenig an die Seiten hervortrctendcn Falten des Tuchs dieß verhindern. Der Typus der Slavinnen mit seinen feinen Zügen nimmt sich reizend darin aus. Interessante Briefe aus dem porigen Jahr hundert. Allen Freunden der Literaturgeschichte empfehlen wir die Lectüre des Briefwechsels zwischen Ehr. F. Weiße und Uz, den das Morgenblatt in seinen letzten Nummern mittheilt. Diese Dokumente fallen in die Zeit der Blüthc Lessings und des Anfangs der literarischen Wirksamkeit Goe thes, welcher „ein gewisser Gcde" genannt wird. Wir dürfen jetzt den guten alten Weiße mit.seiner zopfigen Oppo sition belächeln, aber wir wollen uns nicht verbergen, daß die Urtheilc der neuesten Zeit über die Erscheinungen in derselben oft nicht minder befangen sind. Allzunahe Gegenstände täuschen das Auge. Eine spashaftc Todesanzeige. In einem Provin- zialblattc zeigte die Wittwe des Besitzers der Leihbibliothek im Städtchen den Tod ihres Mannes also an: „Gestern nahm der liebe Gott meinen guten Gatten zu sich und starb plötzlich an einem Schlagflusse, der mir nun auf ewig entrissen worden. Aber wer die Hcrzcnsgüte des Dahingeschiedcncn kannte, der wird ermessen können, wie groß mein Schmerz ist und daß das Geschäft, wie bisher, in der besten Ordnung fortgesetzt wird." Ein Bruder des berühmten Violinvirtuosen Ole Bull ist Virtuos auf der Guitarre. Eduard Bull hält sich jetzt in seiner Vaterstadt Christiania aus, wo er früher studirt hat. Dem Vernehmen nach wird er im nächsten Sommer eine Kunstreise nach Deutschland unternehmen und zu nächst in Hamburg öffentlich auftretcn. Sein Talent soll ein gleich bedeutendes sein, wie das seines Bruders. Daß Bull auch eine Schwester hat, welche zu den schönsten Mädchen Christianias gehört, mag nebenbei gesagt sein. Die Sollirtagsritter in Paris. In Paris sieht man an jedem Lage in der Woche nicht weniger, als drei - bis vierhundert Reiter, welche ihre Pro menade in den Alleen des boi» <lo voulogn« machen. Am Sonntage aber vermehrt sich die Zahl dieser sashionablen Eentaurn bis auf acht, oder neunhundert. Schon am Sonn abende erfaßt eine Menge junger Leute der wüthcndste Reit fanatismus. Diese Jünglinge, ungefähr zwanzig Jahre alt, kennen die Pferde zwar nur den Namen und dem Anblick nach, dennoch können sie der Lust nicht widerstehen,- ihre schöne Sonnkagsfreiheit und die fünfzehn Franken in ihrer Tasche zu einem stolzen Spazierritt auf einem gemietheten Buce- phalus zu benutzen. Dergleichen Cavaliere aus dem Stegreife sind gewöhnlich Primaner oder Studenten, welche noch im ersten Semester stehen, in Deutschland Füchse genannt, oder junge Handlungsdiener oder andere hcranblühendc Männer, die sich zu fühlen anfangen. Was die Gaule betrifft, so muß man zwei Klassen wohl unterscheiden. Zur ersten gehören die jenigen, welche zu rasch laufen oder weiter laufen, als sie sollten, zur zweiten diejenigen, welche nicht genug laufen. Man könnte noch eine dritte Klasse statuiren, nämlich diejenigen, welche mit den beiden erstgenannten Klassen nichts gemein haben, d. h. welche gar nicht laufen. Abgesehen von diesen kleinen Fehlern, hat man mit den Rennern zu zwölf Fran ken für den Tag außerordentlich viel Vergnügen, voraus gesetzt, daß man Muth genug besitzt, an ein solches Ver gnügen nicht allzuhohe Ansprüche zu machen und die kleinen Gefahren nicht zu scheuen, welche mit jeder ritterlichen Uebung verbunden sind. Der junge Mann, der zum ersten Male das Glück genießen will, sich hoch zu Roß zu sehen, bezieht sich nach dem Stalle, wo die Renner stehen, mit einem Herz klopfen, das ihn an sein erstes Rendezvous erinnert. Nicht weniger hebt sich seine Brust bei dem Anblick der Stallthüre als damals, da er erwartungsvoll vor der Hintcrthüre stand, durch welche seine Geliebte kommen sollte. Sein Aeußcres kann man sich leicht vorstellen, — er schwenkt eine lange Gerte in der Rechten und schlägt die Lüfte, daß sie pfeifen und heu len, dabei klirren große glänzende Sporen den Takt zu seinem Sturmtritte — halt, junger Herr, nehmen Sie sich doch in Acht, bald hätten Sie sich die Beinkleider zerrissen! — Nun sitzt der Reiter in den Bügeln; die Knechte treten zurück und lächeln, während jener mit erzwungener Leichtigkeit sich noch