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Beiblatt zur Eilpost für Moden. ^9. Unter Verantwortlichkeit der Redaction der Eilpost. 1842. Neuestes Aüllctin der Moden. Paris, den 19. Februar 1842. Ein lange vernachlässigter Bestandlhcil der weiblichen Toi lette, dessen Bedeutung eine doppelte ist, nämlich die der Ele ganz nicht allein, sondern auch die der Gesundheit, ist es wohl werth, mit einigem Ernst unsern Damen empfohlen zu werden. Ich meine die neuen Leibchen. Das Leibchen ist jetzt nicht mehr eine sehr uninteressante Parthic der Toilette, vielmehr ist es die erste nothwendige Basis jedes Anzugs, Dank den Fort schritten, welche die Arbeiten von Pousse, rus iVIontmurtie Nr. 171, gemacht haben. Das Pousse'sche Leibchen läßt nicht nur den Respirationsorganen vollkommene Freiheit, den Bewegungen des Körpers ihre Leichtigkeit, sondern verleiht auch den Formen so viel Reinheit und Anmuth, und erschafft die selben, wo sie natürlicherweise fehlen, daß wir diesen Artikel nicht genug rühmen können. Die Dame, welche sich jetzt noch mit einem gewöhnlichen Leibchen nach altem Schlage behilft, steht sich selbst sehr im Lichte und kennt ihren eigenen Vor- theil nicht. Auf die Balltoilette verwendet man jetzt sehr viel Aufmerk samkeit; der Carncval ist zwar vorüber, aber seine Lust und Freude dauert fort. Madame Pollet, r»e liickelieu Nr. 95, hat in der letzten Zeit wieder höchst elegante und geschmack volle Ballanzüge geliefert. Folgende machte sich ganz aller liebst: Eine Tunica, die mit einer Rolle von blaßblauen und weißen Marabouts garnirt war; eine gleiche Rolle am untern Theil der kleinen, sehr kurzen und ganz glatten Aermcl, und um das Corsage, welches offen bis zum Gürtel war: unten am Jupon eine Franze von Marabouts mit einem Silber knopf. Die Coiffüre dazu bestand aus einem Rosenkränze ohne Blätter ü I» Iphigenie. Dieses Costüm paßt sich am besten für eine blonde und zarte junge Dame. Die Marabout- garniturcn sind jetzt sehr beliebt. Die Mode hat sich, wie es scheint, in die schwarze Farbe verliebt. Selbst bei großen Soiröen herrscht sie vor. Ueber den Sammet und den Atlas nimmt man viel Spitzen, aber was das Allerneueste ist, das sind die Franzen von Seide und Perlen zu Garnituren, zur Berthe und zu den Pagoden. Sehr schön als Ballbekleidung ist eine Robe von Seidengaze mit einem Unterkleid von weißem Atlas. Die obere Jupe ist an jeder Seite offen und mit weiß atlasner Bandverzierung und kleinen Rosen. Das Corsage ist spitz mit Draperie; die Aermel, sehr kurz, werden durch zwei Bouillons gebildet, welche durch eine kleine Rosenguirlande getrennt sind. — Reizend sind die Soiröe-Roben von grünem und rosensarbenem gestrahlten Atlas auf weißem Grund; Corsage glatt und spitz, Aermel ebenfalls glatt, dazu eine Cardinal-Pelerine von Spitzen. Was die Hüte betrifft, so haben wir unter andern in den Salons deren von grünem Sammet gesehen, geziert mit einem Zweig von derselben Farbe und rothen Camellien inwendig. Andere waren von afrikanischem blauen Sammet von etwas hoher Form, mit Spitzen ringsherum besetzt und mit einer Feder an der Seite. Viele Hüte und Capots «erden von rosen farbenem Atlas getragen, mit weißen Federn geschmückt oder auch mit einer einzigen Feder und kleinen Rosen im Innern. Markt des Lebens. Wolfgang Menzel sagt über die neueste Poesie: „Wenn es von jeher der Ruhm der Dichter gewesen ist, vom Menschen und menschlichen Leben entweder die Natürlichkeit oder den Adel und die Größe aufzufassen, so scheint die neuere Poesie, indem sie im Gegentheile nach pikanten Unnatürlichkeiten jagt und es mit dem Edlen nicht mehr genau nimmt, sich weit vom wahren Ziele der Poesie zu entfernen. Mögen nun die Seelen losen auf diesem Irrweg, einer fremden Mode fröhnend, ver derben, aber tiefere Seelen, wärmere Herzen, kräftigere Gc- müther sollten ihn meiden." Der greise Dichter Eduard Möricke läßt sich nach langem Schweigen wieder eKmal im Morgenblatte hören. Seine Gedichte „die Christblume" und „auf einen Geburts tag", die er daselbst mittheüt, sind wieder ausnehmend zart und sinnig. Unter den bedeutendsten Lyrikern wird er in der Regel nicht mit aufgezählt, und doch gehört er mit vollem Rechte in ihre Reihe. Die Gräfin Hahn - Hahn hat, wie Vielen bekannt ist, das Unglück gehabt, durch eine Operation ein Auge zu ver lieren. Wie wohl thut es dem theilnehmenden Leser nun, wenn er die geist- und gemüthreiche Dame in einem ihrer neuesten Werke folgende Worte sagen hört: „Eines muß ich Dir zuerst und ein für alle Mal sagen: die Welt liegt gerade so schön vor einem Auge, als vor zweien da, deshalb betrübet Euch nicht mehr um mich, denn ich selbst thue es nicht. Frei lich — wenn ich daran denke, daß ich ein so kostbares Organ verloren habe, und so entstellt bin — und zwar durch die fahr lässige ärztliche Behandlung in der nach der Operation noth- wendigen Nachkur; nicht aber, wie nach allen vier Winden