sterium Vorbehalten. Aufgabe des Unterstaatssekretärs im Staatsmini sterium war es, Reibungen zwischen dem Reich und Preußen zu verhüten und zu beseitigen, Meinungsverschiedenheiten der Preußischen Ministerien auszugleichen, den Reichskanzler in seiner Eigenschaft als Preußischer Ministerpräsident zu beraten. Wer diese Aufgabe erfüllen wollte, dem nützten Rechtskenntnisse allein nicht allzuviel; die Kunst der Mcnschen- behandlung, eine feine und sichere Hand, politisches Verständnis, kurz, staatsmännischc Fähigkeiten waren hier unerläßlich. Sechs Jahre lang hat Rudolf von Seckendorfs, zuerst unter Hohenlohe und dann unter Bülow, der einst in Metz sein Referendar gewesen war, dieses Amt vorbildlich verwaltet. Von hier aus knüpft sich das erste dienstliche Band zwischen ihm und dem Reichsgericht; im Jahre 1900 wird er Mitglied des Kaiserlichen Disziplinarhofs in Leipzig. Am 1.8. Juni 1.905 tritt er, der nunmehr Sechzigjährige, in voller geistiger und körperlicher Frische an die Spitze des Reichsgerichts. Die vierte große Periode seines amtlichen Wirkens beginnt. Wie seine Vor gänger schließt er sich dem IV. Zivilsenat an. Gleich in die erste Zeit seiner Amtsführung fällt eine besonders bedeutsame und schwierige Auf gabe, die Entscheidung des Lippischen Erbstreits. Auf sein Wirken innerhalb seines Senats und in den Nebengerichts höfen des Reichsgerichts näher einzugehen, muß ich mir versagen. Auch diesen Aufgaben ist er in bestem Sinne gerecht geworden, auch an sein Richteramt und ebenso an die organisatorischen Aufgaben des Reichs gerichtspräsidenten ist er mit der Klarheit und Sicherheit des Urteils und mit dem Feingefühl herangetreten, die ihm eigen waren, mit tiefem Verantwortungsbewußtsein und mit der Gewissenhaftigkeit, die er auch den kleinsten Dingen zuzuwenden pflegte. Wie er sein Richteramt grund sätzlich auffaßte, geht aus einem eingehend begründeten Votum hervor, dessen Kenntnis ich Herrn Geheimrat Or. Wildhagcn verdanke. „Es ist meines Erachtens eine der schönsten Aufgaben des obersten Gerichts hofs", so schreibt er, „für eine der allgemeinen Rechtsanschauung ent sprechende Anwendung des Gesetzes Raum zu schaffen, sofern dies mit