l. Der Landesbischof. Der Landesbischos ist wohl die markanteste Erscheinung unserer Verfassung. Wie reimt sich das zu dem eben Gesagten? Also doch hochkirchlich verfaßte Bischofskirche? Gewiß nicht. Man hat den Titel gewählt. Es ist ein schöner Titel, und er hat seine eigene Werbe kraft. Unser Landesbischof hat auch seine Kathedrale in Dresden bekommen. Die Sophienkirche ist in eine „Domkirche" (äomus spisooxi) umgetauft. Ob diese Konkurrenz mit dem Dom zu Meißen, unserem evangelisch-religiösen Symbol an der Heimstätte der christlichen Kirche in unseren Landen und der Heimstätte des Hauses und Staates Sachsen, wünschenswert war und förderlich ist, lasse ich dahingestellt. Wir hatten früher in der evangelischen Landeskirche auch einen Bischof, den Landesherrn als Lummus episoopus, in Sachsen den König, dessen „ins spisoopala" ausdrücklich in der sächsischen Staats verfassung vom 4. September 1831 Z 57 verankert war. Er war als Nachfolger des römisch-katholischen Bischofs in tomporulibus gedacht. Der Name könnte also katholische Reminiszenzen wachrufen. Allein auch Luther hat den Ausdruck verwendet. Und in Wirklichkeit ist der Amtsinhalt und die Kompetenz unseres Bischofs gerade entgegengesetzt. Die neue Kirchenverfassung hat geflissentlich alles vermieden, was dahin ausgelegt werden könnte, daß er für sich allein irgendeine Rechts gewalt in der Kirche habe. Was er sein soll, das sagt der 8 6 der Kirchenverfassung im Rahmen der den Gesamtbau skizzierenden all gemeinen Sätze: Er soll „die geistliche Führung der Landeskirche" haben. Und in 8 28 I an der Spitze der sein Amt speziell regelnden Sätze heißt es: Er „ist der führende Geistliche der Landeskirche und als solcher zur gottesdienstlichen Wortverkttndigung im ganzen Lande be rechtigt". Doppelt ist es gesagt: Er soll der Führer sein seiner Per sönlichkeit nach, und in seiner Kompetenz soll die geistliche Führung liegen. Führer, nicht Befehls- oder Gewalthaber, nicht Hierarch im katholischen Sinne! Das ist streng durchgeführt in den 9 Ziffern des 8 28 IV, die seine Amtsobliegenheiten bestimmen, als da sind: Geistliche Jnteressenwahrnehmung, Überwachung des religiösen Lebens, geistliche Ansprachen, Visitation der Superintendenten, Pfarrer und Kirchgemeinden, Evangelisationen und Volksmissi onen, Förderung der geistlichen Tätigkeit und der wissenschaft lichen Fortbildung der Geistlichen, Fühlung mit den geistlichen Konferenzen, pustor pastorum im seelsorgerlichen Sinn, Sorge