12 Grimmaischen Tore hereinfuhr, brach ein Rad seines Wagens, was man als böses Vorzeichen deutete. Im zweiten Wagen saß der junge Fürst Barnim von Pommern, im dritten Luther mit Melanch- thon. Ein Augenzeuge hat uns die Gegner geschildert: „Martin ist von mittlerer Leibesgröße. Sein magerer Körper ist von Sorgen und Studieren so erschöpft, daß man die Knochen zählen konnte. Noch ist er in vollkrästigem, männlichen Alter, hat eine helltönende Stimme und eine bewundernswerte Schriftkenntnis. Stets blüht Heiterkeit auf seinem Gesichte, so daß man schwerlich glauben kann, daß dieser Mensch so große Dinge ohne Gottes Beistand beginne. Eck ist lang gewachsen, hat einen vierschrötigen Körper und eine volle, recht deutsche Stimme wie ein Ausrufer." Am 27. Juni begannen die Verhandlungen mit einer Messe in der Thomaskirche. Dann begab man sich in feierlichem Zuge nach der Pleißenburg. Zwanzig Tage dauerte die Disputation, der Herzog Georg mit eiserner Zähigkeit bis zum Ende beiwohnte. Man stritt über den freien Willen, die Stellung des Papstes, die Bedeutung der Kirchenversammlungen, über Fegefeuer, Buße und Ablaß. Als Luther betonte, daß einige von der Kirche verdammte Lehren, die Johann Hus vertrat, gut christlich und evangelisch gewesen wären, da rief Georg entrüstet, daß man es im ganzen Saale hörte: „Das Walt die Sucht!" schüttelte den Kopf und stemmte beide Arme in die Seiten. Ein Ergebnis hatte die Disputation nicht; beide Teile schrieben sich den Sieg zu. Aber Luther hatte sich viele Freunde gewonnen, und die Schar seiner Anhänger sollte bald zum großen Volke werden. Für Luther hatten die Tage in Leipzig die Gewißheit gebracht, daß es in Glaubenssachen keine andere Auto rität gebe als die heilige Schrift. Eck aber reiste nach Rom und brachte die Bannbulle für den verhaßten Gegner mit. Sie fand in Sachsen nur geteilten Beifall. Luther aber eroberte sich in zwischen mit dem Schwert seines Geistes die Herzen seiner Deutschen, er schrieb in dem großen Jahre 1520 die drei geistesmächtigen Schriften: „An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung", „Von der babylonischen Gefangen schaft" und „Von der Freiheit eines Christenmenschen". Sie wurden in Deutschland, auch in Sachsen mit Jauchzen begrüßt. Am 10. Dezember 1520 aber hat das Feuerzeichen vom Elstertore zu Wittenberg, die Verbrennung der Bannbulle, den Bruch Luthers mit dem Papsttum verkündet.