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ALLGEMEINE ZEITSCHRIFT für EXTIL-INDUSTRIE. Chf.f-Redaptfub: PH. ZALUD in Chf.mxitz. ;mii:unin Nr. 4. Chemnitz—Leipzig, 15. Februar 1882. IV. Jahrg. Inhalt. Abhandlungen: Wird Baumwolle durch starkes Pressen beschädigt? Ueber Webegeschirre von K. Denk. Mustercompositionen. — Hall's neue verbesserte Sectional- Zettelmaschine für bunte Garne von Eginhard Merkel. — Färberei halbwollener Presidents, Doubles, Pilots, Xaps u. s. w. und überhaupt von Stoffen mit Bnumwollkette und Kunstwollsehuss. — Das Indöphenolblau. Original-Färberei- und Druckerei-Recepte (Druck auf Seide-Satinstoff mit 1 Muster). Neuerungen und Verbesserungen: Spindel- antrieb für Streichgarn-Feinspinnmaschinen. Ringhalter für Ringspinnmaschinen. — Yliesstheiler für Vorspinnkrempeln. - Antrieb für Streichgarn-Selfactors zur Erzielung dreifacher, von der Wagenbewegung unabhängiger Spindel-Geschwindigkeit. — Antrieb des Liefernngs-Cylinders an Mule-Feinspinnmaschinen durch den ausfahrenden Wagen. — Aus rücke-Vorrichtung an mechanischen Webstühlen. — Sammthaken mit kreisförmiger verstell barer Schneide. Maschine zum Brechen von Geweben. — Vorspinnmaschine für bleibenden Draht. — Vorrichtung zum Schützenwechsel an Handwebstühlen. — Einrichtungen zur Auf hebung der Kettenspannung an mechanischen Webstühlen bei mangelhaftem Schützenlauf. Kluppe zum Festhalten von Geweben. — Neuerungen an Apparaten zum Pressen und Rahmen von Stoffen. — Automatische (Jamwaage. Doppelbohr-Apparat für Stickmaschinen. — Einrichtung an Klöppelmaschinen zur Verstellung der Weichenzungen. - Eine Rund- ränder-Strickmaschine. Fadenführer-Apparat zur Herstellung von Schlauchringelwaaren auf der Lamb'schen Strickmaschine. — Rachel-Maschine. Das Wasserstoffsuperoxyd. — Patentwesen: Patent-Anmeldungen, Ertheilungen, Erlöschungen. — Erloschene Patente. Meinungsaustausch: Noch einmal die englische Vorrichtung der Jacquardmaschine. — Mittheilungen: Notizen. — Inserate. ABH ANDtUN&EN, fS'ICTTTiüE: ■■ViTiT Wird Baumwolle durch starkes Pressen beschädigt? Dies ist eine Frage, welche zuweilen von Spinnern auf geworfen wird, und mögen daher einige Worte über diesen Gegenstand nicht ohne Interesse sein. In früheren Jahren, als Maschinen aller Art noch nicht zu der Vollkommenheit der Jetztzeit gebracht worden waren, wurde die Baumwollfaser heim Packen in Ballen nur einem massigen Druck unterworfen und diese dann mit Stricken umwunden. Mit der Zeit machte man aber stärkere Pressen, namentlich als hei der Ausdehnung der Baumwollcultur und der grösseren Centralisation der Ans fuhre die Pressen auf mehr Arbeit rechnen konnten. Dem Pflanzer und dem Händler kam dieses stärkere Packen natürlich nicht zu statten, sondern dem Käufer oder dies seitigen Händler; denn da die Seefracht nach dem Cubikinhalt berechnet wird, so beträgt die Fracht natürlich weniger, je kleiner der Ballen ist. FJn Ballen von einem Durchschnittsgewichte von 200 Kilo maass früher 56 bis 60 cm in Höhe, durch stärkeres Pressen ist aber seine Dicke allmählich reducirt worden, so dass heut zutage ein Ballen amerikanischer Baumwolle dieses Gewichtes kaum mehr als 25 cm dick ist*) und also nur die Hälfte der Fracht eines Ballens von dem doppelten Volumen kostet. Auf der anderen Seite ist auch nach und nach die Grösse der Ballen wieder aufrechterhalten worden, da che kleineren Ballen verhält- nissmässig mehr Packungsmaterial und Spesen absorbirten. Auf diese Weise stieg das Gewicht der Ballen bis auf 400 Kilo, welche dann denselben Raum einnehmen als ein früherer Bähen von nur 200 Kilo. Der enorme Druck auf ein von Natur elastisches Product erforderte dann auch andere Befestigungs mittel für die Ballen; die Stricke genügten nicht mehr und gaben zu sehr nach, sie werden daher gegenwärtig durch die festeren eisernen Reifen ersetzt. *) Diese Bemerkungen beziehen sich hauptsächlich auf amerikanische Baumwolle. Bei den alten Pressen war ein Druck von ungefähr 1.000,000 Kilo das Aeusserste; die neuesten Pressen werden aber auf einen Druck von 2.000,000 Kilo und mehr gebaut und arbeiten gewöhnlich bis wenigstens 1.500,000 Kilo. Unter diesen Umständen ist die Frage: schadet dieser enorme Druck der Baumwollfaser'/ eine nur zu natürliche. Bei der Bearbeitung in der Spinnerei war dies nicht so leicht zu beurtheilen, weil der Uebergang auf stärker gepresste Bähen ein allmählicher war und man selten Ballen, welche stark, und andere, welche schwach gepresst, zusammen vor sich hatte. Es wurden daher von einigen Interessenten verschiedene Bähen speciell weniger gepresst und die Baumwolle aus denselben bei der Ankunft in England mikroskopisch mit dergleichen Baumwolle aus stark gepressten Ballen verglichen, wobei man Instrumente mit einer 1400 fachen Vergrösserung an wandte, um jeden Unterschied im Stapel um so genauer beurtheilen zu können. Zur Verwunderung mancher Sachkenner stellte sich aber heraus, dass seihst bei dieser starken Vergrösserung kein merklicher Unterschied bestand; auch war dieser nicht ersichtlich, wenn beide Partien Baumwolle mit einem Muster derselben Baumwolle verglichen wurde, welche gar nicht gepresst worden war. Mau suchte namentlich zu finden, ob die Faser nicht in der Mitte oder in den Enden gebrochen worden und somit kürzer geworden sei, konnte dies aber keinenfalls con- statiren. Die Sache ist indessen leicht erklärbar, wenn man die Feinheit jeder einzelnen Faser bedenkt, die sich heim Drucke an und gleichsam in seine gleichgeformten Nachbarn drückt, welche letzteren dann als ein elastisches Kissen agiren und somit dem Drucke einen gewissen Widerstand leisten. Ausser dem ist zu bemerken, dass der — wenn auch enorme Collectiv- druck gleichmässig auf den ganzen Inhalt des Ballens vertheilt ist und derselbe auf jede einzelne Faser oder eine geringere Anzahl derselben noch lange nicht das ist, welchem diese Faser beim Spinnen unter den Cylindern der Spinnmaschinen unterworfen wird. Man braucht daher wegen des starken Druckes keinerlei Befürchtungen zu haben und selbst nicht, wenn dieser mit der Zeit noch mehr erhöht wird, was sicher der Fall sein wird, denn es ist unausbleiblich, dass dann auch in dem Falle die Grösse der Ballen wieder im Verhältnisse zunehmen wird und dann aus oben angegebenem Grunde schon deshalb die Faser nicht leiden kann. Eine andere Frage aber ist die, oh hei dem starken Pressen die Ballen nachher nicht schwieriger zu öffnen sein werden und bei der ersten Procedur die Baumwolle nicht mit mehr Schwierigkeit aufzudecken ist; sollte dies zu weit getrieben werden, so werden unsere Maschinenbauer schon bald Rath wissen. Ueber Webegesehirre. Sehr häufig kommt es namentlich in der Wollenweberei vor, dass Klagen über das schlechte Halten der Kettfäden resp. der Ketten geführt werden. Ist das dazu verwendete Garn an und für sich nicht widerstandsfähig, so ist allerdings in der Spinnerei vor allen Dingen darüber nachzuforscheu, oh dem Garne auch die nöthige und regelmässige Drehung ge geben, oh ferner die passenden Wollqualitäten dazu benutzt wurden etc. Die Spinnerei hat indessen in letzter Zeit so grosse Fortschritte gemacht, dass dieser Fall eigentlich nur noch ausnahmsweise Vorkommen kann und wird. Viel häufiger kommt es dagegen vor, dass gutes Kettgarn beim Weben nicht