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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.12.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19051207020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905120702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905120702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-12
- Tag1905-12-07
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BezugS-Prei- t» d«r HaLptexpedttto» oder deren «ll-gab». stellen abgeholt: viertrljLhrttch bet täglich zwevnaüger Zustellung Ws Hau« vierteljährlich ^ss Durch uujer» aus wärtigen Ausgabestelle» und durch die Post bezöge« stir Deutschland und Oesterreich vierteljährlich <50, für die übrige» LLider laut Zeitu»g-preiSliste. Redaktion und Expedition, JohaauiSgaff» S. Lelephvn Nr. 15L^ Nr. Wh Nr. 1173 iverltuer RedaktionS-vureaur Berlin IssV 7, Dorotheeuftrab« SS. Del. I. «r. «L7K. Dresdner RedaktionS-vurrrn, Dr«»d«»-L, Löllueritzstr. Lch Tel.lhrrr.LLSS, Abend-Ausgabe. WMrr Tageblatt Handelszeituug. Ämtsvkatt des LSnigl. Land- »nd des Könige. Amtsgerichtes Leipzig, des Nates »nd des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Lazeiseu-Prett di» S gas paltau« Pettt-eil« Lt Pf, AaurtüaW^ ^WhnuugS» uud Ptallau« Anzeig« Kt Pf. Fiuangtalla Aazeigau, tSeschästSauzeigen «1« Text od« au dejonLerrr Stoll« »ach Daris. Für da- Ers cheisen au bestiornrteu Dog« u. Plätze» wird lein« Garantie übernommen. Anzetgeu-Auuahuur Tugu-u-platz 8, St, JohauutSgafla Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh S bi- abends 7 Uhr. Ailial^kxpediti»»: verltu, ltützowstr. 12. . » OrrSdeu, Marie» str.5< Druck «ud Verlag vou L. Polz i» Leipzig Sah. De. v, «. » » «ttukhardy. Heran-gebeo vr. Viktor Kltukhardt. Nr. «23. Donnerstag 7. Dezember 1S0S. SS. Jahrgang. vsr Mchtigrte vom rage. * Die Aufständischen in Deutsch-Ostafrika ziehen sich in der Umgegend von Ssongea zu sammen, so daß sich dort die Lage ernst gestaltet. (S. Deutsch. Reich.) * Prinz Heinrich vonPreußen hat das Pro tektorat über die vom 3. bis 18. Februar 1906 in Berlin stattfindende Internationale Automobil ausstellung übernommen. * Die jährlich einmal stattfindende General konferenz der deutschen Eisenbahnver waltungen tritt in diesem Jahre am 15. Dezember in Berlin zusammen. Es liegen ihr 75 Anträge vor, die vorwiegend Glltertariffragen betreffen. * In der Kreisstadt Saratow ist gestern der frühere russische Kriegs Minister Sacha row von einer Frau durch Revolverschüsse ge tötet worden. (S. Ausland.) * Tas über einen Ingenieur vom Kriegsgericht ge fällte Todesurteil wurde vom russischen Verkehrs minister sofort aufgehoben, als mit einem neuen Generalstreik der Eisenbahner gedroht wurde. politische ragerrchau. Leipzig, 7. Dezember. Wahlrechtsreform und Straßendemonstration. Ain Schluß eines Artikels über die Straßen demonstrationen der Sozialdemokratie in Sachsen fiihrt die „Sächs. nationalliberale Korrespondenz" treffend aus: Leider ist die sächsische Negierung von einer schweren Verantwortung nicht frcizusprechen. Gew'ß konnte sic Uch auf ihr Gewissen berufen, das ihr nicht gestattet, das Verlangen der Sozialdemokratie nach dem allgemeinen und gleichen Wahlrecht ohne weiteres zu erfüllen. Jeder mann weiß, daß dies nichts anderes bedeuten würde als die Aufrichtung einer Klassenherrschaft in« Landtage. Zu dieser Torheit kann sich eine vernünftige Regierung nicht hergebcn, und zwar umsoweniger, als für den Reichstag das denkbar weitgehendste Wahlrecht be steht, also von einem Mundtotmachen der Massen nicht gesprochen werden kann. Aber etwas durfte die Regierung, als sie im Landtage durch die nationallibe- cale Wahlrechtsintcrpellation zu einer Erklärung ge nötigt wurde, nicht versäumen: sie mußte einen guten, ernsten Willen zeigen; sie mußte sich das Vertrauen des Bürgertums sichern, indem sie das jetzige, von ihr selbst seinerzeit scharf verurteilte, Wahlsystem prcisgab und eine zum mindesten die größten Ucbelstände, z. B. die indirekte Wahl, beseitigende Vorlage ankündigtc. Damit hätte sie verhütet, was unbedingt verhütet werden mußte, daß nämlich die Sozialdemokratie sich auch in den Augen des Bürgertums auf den Mangel an jedem Entgegenkommen berufen kann. Sic hat sich nun selbst in die heikelste Lage gebracht. Nach der Interpellation der nationalliberalen Partei würde die Zusicherung einer Wahlrcchtsvorlage ihr nicht als Schwäche aus gelegt worden sein, man würde darin allgemein nur ein verständiges Vorgehen gesehen haben. Wollte sic jctz t, wo der Herr G o l d st c i n sic von neuem zu einer Ant wort nötigt, das Versäumte nachholcn, so würde sie es nicht hindern können, daß die Sozialdemokratie sich mit ihren, Erfolge brüstet. Tut sie cs aber gerade deswegen nicht, verweigert sic eine Wahlrechtsvorlage, so tut sic dieser Partei erst recht einen großen Gefallen und liefert ihr neuen Zündstoff. Die alte Lehre: poli tische Fehler sind leicht gemacht, aber schwer korrigiert. Minister Budde über bas Dpremberger Unglück. Wie wir schon berichteten, ist gestern im preußischen Ab geordnetenhaus das Spremberger Eisenbahnunglück zur Sprache gekommen. Wir tragen an dieser Stelle die Dar legungen, die Minister Budde gab, etwas eingehender nach: Ich habe eine eingehende Untersuchung durch Kommissare ein treten lassen, die den Unfall geklärt hat. Der StationSassislent, der übrigens kein GewohnbeitSsäufer gewesen ist, soll infolge unglücklicher Verhältnisse, wahrscheinlich bei einem Urlaub, dem übermäßigen Alkoholgenuß verfallen sein. Dieser Mann hat eine Depesche er- -.lten, ob der Zug aussahren kann. Diese Depesche hat er nicht gelesen, sondern als Antwort „DummeS Zeug" telegraphiert und dadurch die andere Station konfus gemacht. Das Unglück wäre nicht vorgekommen, wenn nicht sieben Personen ihre Schuldigkeit zu tun versäumt hätten. ES war auf der Strecke eine große Be triebsbummelei. Sämtliche Personen, die unmittelbar oder mittel bar beim Unfall beteiligt waren, sind beseitigt worden. Ich stehe nicht an, zu erklären, daß die Verwaltung die Schuld trägt, in- sofern sie für ihre Beamten verantwortlich ist. Ich erkläre aber auch im Namen der 400000 Beamten, daß wir es stets beklagen, daß die sieben ihre Schuldigkeit nicht getan haben, und bitte Sie, von chem einen Unfall nicht auf die Allgemeinheit zu schließen. (Sehr richtig I) Selbstverständlich hat der Unfall in der Preße eine große Erregung hervorgerufen. Sie hat selbstverständlich das Recht, möglichst für Aufklärung zu sorgen, Urbelgenommen habe ich es ihr aber, daß sie mir unterstellte, daß hohe Beamte aus Kriecherei wider besseres Wissen ihr technisches Urteil durch Fiskalität beeinflussen ließen. Die hohen Beamten haben das nicht verdient. Die Strecke ist eingleisig gebaut, nicht nur weil wir sparsam sind, sondern weil sich die zweigleisige Strecke nickt lohnt. Niemand spannt vier Pferde vor einen Wagen, der von zweien gefahren werben kann. Daß eine zweigleisige Strecke sicherer ist, als eine eingleisige, ist durchaus nicht der Fall. Die Statistik beweist das. Ich bade angedeutet, daß Telearamme von Personen an ihre Angehörigen bei Unfällen als Diensttelegramme befördert werden. Wenn ich keine amtliche Mitteilungen über das Unglück veröffent lichen ließ, so habe ich zu bemerken, daß in einer so aufgeregten Zett jedes Wort nur eine Veranlaßung ist, darüber zu schreiben. Der Sturm muß sich erst austoben. Im übrigen gebe ich gerne Auskunft an die Preße. Da- werde» mir viele Herren im Hause bestätigen. , Bezüglich der hier vorgrschlagenen Bremsvorrichtungen usw. kann ich nur sagen: So viel automatische Erfindungen wir auch machen, den Kopf des Leiters können wir durch keinen Automaten ersetzen. Die gekennzeichnete Bummelei konnte nur vorkommen auf einer wenig befahrenen Strecke. Der Erlaß über den Alkohol genuß im Dienste ist mir ziemlich schwer geworden: ich habe es aber für meine Pflicht gehalten, ihn zum Schutz des Publikums in Kraft treten zu lassen. Ich hoffe, er wirb auch wirken. Die Direktionen habe ich angewiesen, für alkohoyreie Getränke sorgen zu lassen. Noch ein Wort über den Rettungsdienst. Derselbe verfügt über 75 Sanitätswagen, die mit allem Notwendigen ausgerüstet sind. Auch im vorliegenden Falle waren alle Erfordernisse auf den be nachbarten Stationen vorhanden. Wir nehmen in der Unglücks statistik noch einen guten Platz ein. AuS dem einen Unfälle darf man nicht schließen, daß die Verwaltung verrostet sei. Haben Sie weiter Vertrauen zur Verwaltung. WaS gescheden kann zur Ver hütung von Unfällen, wird geschehen. Die Aufnahme der Engländer in Japan. England hat bekanntlich vor kurzem ein G c - schwader nach Japan gesendet, in der Ab sicht, dem Verbündeten Volke durch die Vorführung einer Anzahl Panzer zu imponieren, ihm einen Begriff davon bcizubringen, welcher Art und Beschaffenheit Flotte und Mannschaft Großbritanniens sind, und damit zugleich diejenigen Kreise Japans zu gewinnen, die in dem Bündnis mit England mehr eine Gefahr als einen Vorteil für Japan erblicken. Ob diese Absicht voll ge lungen ist, kann der Leser aus einem interessanten Brief ersehen, den wir aus Tokio erhalten, und in dem es heißt: Der Eindruck, den die englischen Matrosen machten, war sehr verschieden. Die einen benahmen sich durchaus vorzüglich, andere wieder kannten in Ge tränken und allem, was damit zusammenhängt, kein Maß. In dem großen Vergnügungsjahrmarkt, der am Kwanon-Tempel im Asakusa-Stadtviertel das ganze Jahr über geöffnet ist, sah man oft wunderliche Gruppen; die blonden Blaujacken in ihren Uniformen Arm inArm mit den mit demKimono bekleideten kleinen Japanern und Japanerinnen; letzteres ein Anblick, der jedes echt japanische Auge verletzen mußte. Leider blieben an den Tagen, an welchen mehrere hundert Matrosen im großen Hileiya-Park bewirtet wurden, üble Szenen nicht aus. Der Alkohol floß in Strömen, und so konnte man die Folgen wohl voraus sehen. Selbst die „Japan Mail", das bezahlte Blatt der japanischen Regierung, und ihr enragierter Japan- Engländer Brinkley machten ihrer Entrüstung über die Vorgänge beim Fest energisch Luft. Im Park hatte man ein Zelt des Noten Kreuzes (I) mit männ lichem und weibliä-em Pflegepersonal aufgestellt. Und wo ein braver Blaujack oder Rotrock unter den Tisch sank, wurde er von der Trägerkolonne auf einer Bahre nbgeschleppt, um sich im Krankenzelt zu erholen. Die Bedeutung des Bündnisses für Japan war aus den offiziellen Reden natürlich nicht zu entnehmen. Hier war alles nur immer wieder eine Wiederholung der Worte des Bündnisses selber, daß es bestimmt sei, den Frieden für lange Jahre im Osten zu garantieren. Und wenn Admiral Sir Noel sich auch bei dem letzten großen Feste im Ueno-Park, an dem nicht nur die höchsten japa nischen Seeoffiziere, auch Admiral Togo, sondern auch Vertreter sämtlicher Mächte teilnahmen, in seiner Rede ein wenig unvorsichtig vergaloppierte, so hat das doch auf japanischer Seite keinerlei Gegenliebe gefunden. Er sagte in seiner Rede vor allen Teilnehmern: „Es war nur schade, daß wir an der Seeschlacht bei Tsuschima nicht mitschlagen durften." Von einem Militär mag solche Acußcrung immerhin verständlich oder entschuldbar sein, aber es ist sicher, sic hat auf alle Vertreter der fremden Mächte einen pein lichen Eindruck gemacht. Daß auch eine ziemliche Gegenströmung im Volke vorhanden war, ist zu deutlich im Gespräche mit vielen einfachen Bürgern zutage gcrrereu, als daß sie unterdrückt oder totgeschwiegen werden könnte. Als die Führer und Sprecher dieser Bewegung werden drei Männer genannt: Osaki Jokio, der Bürgermeister von Tokio, doch hält er mit seiner Ansicht in der Öffent lichkeit zurück; Generalleutnant a. D. Viscount Tani, 1885 bis 1887 Minister des Handels und der Landwirt schaft, und Fekamoto Sec. In der Nippon haben diese Männer ihre Meinung ziemlich offen und rückhaltslos ausgesprochen. Sie geben ungefähr die Gründe ihrer Gegnerschaft gegen das Bündnis in seiner erweiterten Forin mit denselben Worten an, die man in der kritisch gestimmten fremdsprachigen Presse in Japan immer wieder findet. Das „eatarnm cenrmn" dieser Männer ist, daß das neue Bündnis wieder zu einem neuen Kriege gegen Rußland führen müsse, ebensogut wie das erste dazu ge führt habe. Rußland brauche in Asien ein Ausflußtor. Im Osten sei ihm das jetzt durch Japan ein für alle Mal verschlossen worden, so werde es sich dasselbe in Afghanistan suchen. Darauf deuteten auch die Eisen- bahnbautcn und vielerlei andere Vorzeichen der letzten Zeit des Krieges hin. Dort werde Rußland in kurzer Zeit mit England in Konflikt geraten. Da werde England sofort sich auf das Bündnis stützen und Japan mit hineinziehen, wenn es auch im umgekehrten Falle noch lange nicht seinen Verpflichtungen nachkommen werde. Am bittersten, für den Verbündeten sind aber folgende Schlußworte: „Englands Flotte war einmal stark unter Nelson. Seitdem hat sie nie Gelegenheit gehabt, ihre Kraft zu erproben, — ihre Stärke ist nur ein Schein. Noch schlimmer steht cs aber mit Eng lands H e e r, das gerade so korrumpiert ist, wie das russische." Die harmloskn Tschechen. Die Tschechen sind höchst indigniert darüber, daß die Wiener Regierung sich anschickt, zur Verhütung oder Unterdrückung größerer Unruhen eine recht ansehnliche Truppenmacht nach Böhmen zu senden. Der Tschechen klub ist zusammengetreten und hat über die Vorgänge in Prag eine Kundgebung erlassen, der sich sämtliche außerhalb des Klubverbandes stehenden tschechische Ab geordnete angeschlossen haben. Es wird darin gesagt: Vereinzelte Erscheinungen, die jede Volksbewegung mit sich bringe, bedeutungslose Ausschreitungen und er fundene Gerüchte hätten den willkommenen An laß zur Verbreitung beunruhigender Nachrichten iiber Prag und zur Anrufung der Wehrmacht gegen das Tschechenvolk geboten. Die Vertreter des Tschechen- Kolkes weisen mit größter Entschiedenheit die sträflichen Hetzereien zurück und erklären vor der ganzen Öffent lichkeit, daß nichts geschehen sei, was zu außerordent lichen Maßnahmen Anlaß geben könnte. Sollte die österreichische Regierung wirklich nur Ge spenster am Hellen Tage sehen? Der Prager Statt halter Graf Coudenhuvc, der gewiß den Tschechen nicht übel will, scheint die Dinge doch anders anzusehen, denn auf seine Initiative ist die Marschbereitschaft der Truppen zurückzuführen. Voraussichtlich genügt übrigens die Ankündigung, daß Truppen in Böhmen konzentriert werden sollen, allein schon, um die Gelüste jener Herrschaften einzudämmen, die zunächst gern ein paar Massakres unter Deutschen oder Juden anrichten und im weiteren vielleicht den Versuch machen möchten, die Herrschaft der Wenzelskrone über Böhmen, Mähren und Schlesien zu etablieren. Da ist es dann schon ganz gut, wenn die Wiener Regierung lieber vorbeugt und den Unruhestiftern die Spitzen der Bajonette zeigt. veulscves klricb. Leipzig 7. Dezember. * Tie Lage in Trutsch-Ostafrika. Die Aufständischen in Ostafrika ziehen sich rasch vor den heranrückenden deutschen Streiskorps zurück, die bereits auf das etwa 80 Kilometer westlich von Mrogoro gelegene Kilossa marschieren. Wenn nicht alle Anzeichen trügen, be finden sich die Hauptmassen der Rebellen jetzt in der Umgebung von Ssongea, dem 100 Kilometer östlich vom Nyassa-See gelegenen Hauptort der Mharuli-Land- schäft. Dafür spricht wenigstens folgende Meldung des „L.-A.": „ Die 5. Kompagnie unter Oberleut nant Wcndland ist am 4. Dezember in Mrogoro einge troffen. Ein Zug ist unverzüglich auf Kilossa weiter vorgeschoben worden, um das Detachement des Haupt manns von Wangenheim für die Expedition nach Mahcnge frcizumachen. Die letzten Nachrichten von Ssongea lauten, daß die Situation dort sehr ernst ist. Meiner Berechnung nach muß Major Johannes dieser Tage in Ssongea eintreffen." * Ein Rechenfehler des Herrn Podbielski. Als der Landwirtschaftsminister im Reichstage die Rechnung aufmachte, wonach ihm der Verkauf seiner berühmten drei Schweine 23,10 Spesen verursacht habe, wider sprach ihm keiner der Abgeordneten. Die „Deutsche Fleischer-Zeitung" hat aber die Rechnung nachgeprüft und gefunden, daß, von den Transportkosten abgesehen, die Spesen höchst»>.s 10,40 betrugen. Futtergcld ist nur mit 2,10 statt 3,30 -L, Versicherung nur mit 2,70 statt 3 Stroh nur mit 20 H statt 30 H an- zusctzen. Der hohe Satz von 6,30 für Kasscngelder ist ganz unnatürlich. Usance am Berliner Diehmarkt ist nur 1s/z Prozent, inklusive Vorkaufsprovision und Ucbernahmc des Delkredere. Die Kommissionäre bc- rechnen schon seit Jahren nur IVs Prozent ohne Vcr- kaufsprovision. Er hat also 3 zuviel bezahlt. Es verdient auch bemerkt zu werden, daß nach den Preisen, Feuilleton. Wenn ckle schöne blsmm' erlöschet, Vie cks8 MI geräubert Hst, kleiden ixsvch unci kräncie stehen Von cker königlichen 5tsclt. Z. M. st. tienr <I7SI-I7»r>. Heinrich Zügel und Friedr. August von Kaulbach. Em Beitrag zur Dezember-Ausstellung des Leivziger Kunstvereins. Tie beiden Namen in einem Atemzuge zu nennen, heißt einer rotblonden Dame einen blattgrünen Schal um den Hals legen. es könnte an Geschmacklosigkeit grenzen, und dock passen dieje beiden Namen zur Erklärung einer großen Antithese jo wunderbar zusammen, daß ich mir das Vergnügen nicht versagen kann, sie neben einander in derselben Kolumne abzu handeln: denn hier enthüllt sich vielleicht wie selten an zwei Beispielen, was eigentlich Kunst ist und was nicht. — Heinrich Zügel, des Schäfers Sohn zu Murrhardt in Württemberg, wo er am 22. Oktober 1850 das Licht der Welt erblickte, ist eine seltene, in sich geschlossene Persönlichkeit, die ihren Platz in einem halben Jahrhundert nach großen Werken strebender deutscher Malerei glanzvoll errungen und noch glanzvoller behauvtct lmt. Die des Kölner DomkapellmeisterS Leibi Sohn, l>at er in widerspruchsvollen Jahren einer nach realistischem Ausdruck ringenden Kunst durch seine ihm eigene künstlerische Note früh «inen beispiellosen Erfolg zu ver zeichnen gehabt, der mit ehernen Lettern in den Tafeln deut scher Kunstgeschichte des neunzehnten Jahrhunderts ei „ge meißelt steht. Es ist eigentlich sonderbar: In der Hochflu» menschlich schöner Kunst, in den Tagen der Renaissance, die in den Namen eines Botticelli, Raffael, Michelangelo und Lionardo ihren höchst erreichbaren Gipfel verkörpert, hat alles Menschliche seinen Ausdruck gefunden. Götter stiegen von hohen Thronen herab und wurden zu schönen, wechselvollem Dasein unterworfenen Menschenkindern. Die Gestalten des Himmels stiegen herab aus blauen Wolken und saßen an Tischen mit armseligen irdischen Erscheimrngen. Botticellis Madonnen weinen wie Mütter, die das unselige Los mißratener Kinder beklagen, Raffaels Himmelsköniginnen atmen im Glücksgefühl keuscher, mütterlicher Liebe, und bei Michelangelo nimmt gewaltige Titanenkraft Gestaltung, die :.r ihrer verwegenen Kühnheit hart an das vrometheische Halbgöttertum grenzt. Lionardo aber versinkt bei Verkörpe rung transzendentaler Erscheinungen ganz in das Gebiet des Allgemeinmenschlichen, dos er wie ein Psychologe bis ins Detail der Leidenschaften in seiner Kunst herauszuarbeiten versteht. Ein Gefühl stolzer Göttlichkeit hatte in jenen Tagen die Menschenbrust erfüllt. Die ganze lebende Natur, Mik.o- kosmos und Makrokosmos,, verkörperten sich allein im Menschen. Und das Tier, der Genosse und Freund des Menschen? Es gibt kein Bild aus jener ganzen Zeit. daS einer mitfühlend gedächte; nur ein Meister macht eine selt- ame Ausnahme, und der ist trotz seines sonnigen, echt deut- chen Gemütes heute noch so Wenigen bekannt, daß es nutz- os wäre, auf ihn deutlicher hinzuweisen, der Veronese Girolamo dai Libr,. Bei den Deutschen war dos anders Es liegt nun mal von reber im deutschen Gemütc, daß wir das Tier, dos Vieh deS Hauses wie einen lieben, zum menschlichen Dasein dazu gehörigen Freund betrachten. Nur der Germane hat seit Ur beginn an die Wunderweit des Tierreiches mit eigenen poetisch verklärten Augen betrachtet. Im alten heidnischen Götter mythus sehen wir Wolf, Bär Pferd, Hund und Fuchs in enge Beziehung zur menschlichen Schicksalsgestaltnng gebracht. DaS ist ein Erbteil unseres Volkes, auf das wir stolz sein können. In der deutschen Kunst und markanter noch in der eng vcr- wandten holländischen Maiweise „ahm diese liebevolle Sym pathie zu den Tieren, im speziellen Sinne zu den mit unS lebenden Haustieren, zuerst ttinstlerische Form an. Man könnte «ine lange Liste von Malern oufführen. die die Tier welt als solche zum künstlerischen Problem erhoben. Zügel, dem unsere Betrachtung gilt, ist ein Glied, freilich em selten um- viaiier, von er ais Künstler imitanve ,jt, dte blöde, unw Kraft eines Hornviehs, das plumpe, täppische Stampfen von Schweineherden, dos ängstliche Getrampel einer aneinander gedrängten Schafherde bildnerisch zu gestalten, beweisen alle seine: Bilder — aber was den großen Künstler, den eminenten Tiermaler Zügel macht, ist doch viel — viel mehr. Ich möchte sagen, cS ist di« grandiose und einzige Art. wie dieser Maler ein Naturgesühl aus Landschaft, Licht, Lust und Tier er stehen läßt, was ihn himmelhoch über alle seine Genossen, die sich im gleichen „Genre" betätigen, emporhebt. Die fran zösische Kunst verbindet mit einer Rosa Bonheur eine ähnliche Vorstellung, im Grundton ihrer malerischen Art sehen sich Zügel und Rosa Bonheur ein wenig ähnlich: aber bei näheren Vergleichen fällt eben bei unserem deuischcn Meister die emi nent kraftvolle, männliche Ader ausschlaggebend inS Gewicht. glanzvolles Glied in der unendlichen Kette der sogenannten Tiermaler. Und das ist wunderbar an der Kunstweisc dieses Mannes; er malt die Tiere, das Vieh, nicht um des Viehes willen, weil ihn eine besondere Vorliebe zum Ochsen, zum Schaf oder Schwein hinzöge, wie Henriette Ronner etwa ihre possier lichen Katzenstücke gemalt hat; cs ist nicht das zoologische Problem, das ihn fesselt, sondern nur die Erscheinung im Rahmen der allgemeinen Natur. Wenn der alte Melchior d'Hondecoeter, neben Weenix der gepriescnste Geflügelmaler der holländischen Schute, einen Hahn oder einen Pfau malt, so freut er sich an der stolzen Erscheinung des einzelnen Vogels. Er malt sein Gefieder, weil ,hn dessen Schönheit überwältigt. Bei Zügel ist ein ganz anderes Moment maßgebend. Die Er- scheinung der Tiere in der freien Luft, in der vom Morgentau geschwängerten, satte Düfte ousströmenden Gottesnatur ist ihm das Wesentlichste. Er sieht nur das Malerische — er gibt — wenn man jo sagen kann, den kräftigen Erdgeruch in Verbindung mit dem gesunden Atem seiner Ochsen und Lämmer wieder. Er sieht allein die lichtfroke farbige Wir kung, die seine Tiere aus den, feuchten, dunklen Humus hcr- vorzaubern. Wie sich seine Ochsen im Nebel eines dunstigen Tages ausnehmen, wie dos Licht auf den Rücken seiner Herde spielt, das ist die ganz« Freude seines MalerouaeS. Daß er Tiere malen kann wie die alten Holländer als scharf um- rissene Erscheinungen, dewci en seine flüchtigsten Skizzen blätter, daß er als Künstler im tande ist, die blöde, ungefügige Nur ein rauher Hirtcnbursche konnte so ganz und gar den „Geist" dieser viebiscknm Erscheinungen erfassen. In seiner malerischen Technik ist Zügel kühn, ost allzu kühn. Wie sicher er in kraftvoller Breite seine Pinselstriche aufsetzt, das ist bewundernswert. Jeder noch so heftige Pinsel- strich hat seinen malerischen Werl. Man ichc dies geradezu zum Protest herausfordernde Bild der „fühlenden Schweine". Ich halte es nicht für das Beste, was Zügel gemalt, aber als Experiment einer unerhört vereinfachten, nur aus weite Wir kungen berechneten Technik ist cs einzig. Einzig ist das ganze Lcbenswcrk dieses Künstlers, dessen Bilder einzeln zu einer bis ins Detail gehenden Betrachtung locken Wie anders nimmt sich gegen einen solchen Meister ur eigenster Prägung, wie cs Zügel ist, ein Friedrich August von Kaulbach aus! Wenn man an die kleine Grup« von Künstlern denkt, die Ende der sechziger Jahre in München im Gegensatz zu der pathetischen Kunst eines Piloto und seiner Schule einem gesunden Realismus zustrebten und sich mit hingebungsvoller Liebe dem» Studium des Alten widmeten, wie Julius Diez, der sich ganz in die Welt der alten deutschen Meister versenkte, in die Kunst Schongauers und die kräftigen, robusten Bauernstücke Tcmers zum Vor bild erkor, oder ElauS Meyer, der einem Pieter de Hoogh nachslrebte und koloristisch vor allem die Werk« des Delftschen Vermeer zum Leitstern ouserkor, muß man auch Fried. August von Kaulbach nennen, der es wie keiner verstand sich die fremden Weisen älterer Meister onzueignen. Täuschend ähn lich wußte er die bis zur Extase gesteigerte Art des Carlo Dolci, des süßlichen Seicenlisten, zu imitieren, er machte mit derselben Virtuosität L I» Holbein und van Dyk, und seine schlechtesten Bilder sind noch lange nicht die, aus denen er seine Gestalten in die Tracht der deutschen Renaissance kleidete. Später hat er sich mit der gleichen Bravour die Kunstweise der großen englischen Porträtisten, eines Gainsborough und Reynolds, zu eigen gemacht, manche seiner Bilder könnte man entfernt als Werke von Sarqent ansprechen, wenn man sie aus ein« oberflächliche Aehnlickkeit bin betrachtet. Aber das ist das Traurige an der Kunst Kaulbachs, daß er wirklich nur imitiert, nichts weiter Ein Julius Diez. Claus Meyer waren Künstler genug, gewonnene Eindrücke innerlich neu zu gestalten, zu einem Neuen und Eigene» zu veraroeit«.
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