Berichte über Versammlungen, Sehulgesetzgebung u. Schulstatistik etc. 393 für mich sorgte, verschafften mir mehr, als ich bei einer freilich sehr einfachen Lebensweise zu meinem eigenen Unterkommen gebrauchte. Meine Privatstunden wurden allmählich sehr gesucht, so dafs sich selbst aus Schwan und Doberan Schüler einfanden, und, da ich genau genommen der einzige Student der Mathematik in Rostock war, so konnten meine Fortschritte in der Mathematik nur unbedeutend sein. Ich mufste andere Vorlesungen hören, um nur die zum Kouvikt erforderliche Stundenzahl zu haben. Ostern 1862 endlich, nachdem ich im Winter vorher noch wöchent lich 30—40 Stunden gegeben hatte, waren meine materiellen Verhältnisse so weit geordnet, dafs ich mit etwa 60 Thlr. nach Königsberg gehen konnte, wo besonders Richelot und Hefse Mathematik und Neumann Physik lehrten. Auch hier setzten materielle Umstände mir erhebliche Schwierigkeiten in den Weg. Wenn ich auch, obwohl ich in Rostock des Mittags _ zweimal in der Woche fastete und einmal sogar 2 Monate laug g ar nichts Warmes genofs, jetzt als Amanuensis des Professor Neumann täglich Mittagessen erhielt, so wurde ich doch schon am Ende des ersten Semesters krank und sah mich, kaum wieder hergestellt, ge- nöthigt, das erste Wintervierteljahr in einer ganz ungeheizten Stube zu zubringen. Privatunterricht jedoch, den ich mit der Zeit erhielt, ein zweijähriges Stipendium von 50 Thlr. vom Grofsherzog und Preise aus dem mathematisch - physikalischen Seminar verschafften mir bald ein besseres Auskommen, obwohl der Privatunterricht nur zum Nachteil meines Stadiums war. Unter umfangreichen Ausarbeitungen, die ich für den Professor Richelot übernommen hatte, bekam ich Weihnachten 1854 Ge lenkrheumatismus. — Beim Beginn meiner Krankheit gab ich noch Stunden und konnte, obwohl ich sehr starkes Fieber hatte, gröfstenteils des Tages auf sein; später aber wurde mein Zustand immer schlimmer, auch die Lähmung stärker, so dafs ich die Hände nur noch mit Gewalt zum Munde kriegen konnte. Mein Arzt, der sonst für ganz geschickt galt, zeigte nach vielen angewandten Mitteln wenig Vertrauen zu meiner Wiederherstellung und ich selbst hatte nur zur Wasserkur Vertrauen. Ich reiste am 1. April 1855 lahm, wie ich war, von Königsberg mit der Eisenbahn ab, um mich nach der Wasserheilanstalt Stuer zu begeben. Ich liefa mich von einem Wagen zum ändern transportieren und nachdem ich 2 Tage und 1 Nacht unterwegs zugebracht hatte, ohne ein einziges Mal mich hinlegen zu können, kam ich nach Zurücklegung von mehr als 110 Meilen teils mit der Eisenbahn, teils mit der Post, ja selbst zu Wasser in Stuer an. Genick, Rückgrat und andere Teile hatten so sehr gelitten, dafs ich die Anstrengungen in 4 Wochen noch nicht verschmerzt hatte. Mein Bruder verwaltete damals interimistisch die Wasserheilanstalt in Stuer. Anstatt, wie ich geglaubt hatte, in wenigen Wochen wieder hergestellt zu werden, verschlimmerte sich in Stuer anfangs mein Zustand noch. Die Kosten wurden in Stuer alsbald zu grofs und ich wurde Michaelis 1855 zu meiner Mutter nach Muchow gebracht. Einen besondern Arzt habe ich nicht weiter gehabt, nur hat mein Bruder zuweilen mit Ärzten in Berlin über meinen Zustand gesprochen. — Unter manchen Versehen, die vorkamen, war ich bald besser, bald schlechter; nur die endlose Last, die ich iür meine Familie war, obwohl sie Alles mit Freuden für mich aufopferte, blieb dieselbe. Einst als ich noch gesund war, machte ich an einem Tage fl—12 Meilen, jetzt bin ich schon ermattet, wenn ich mich an Krücken so oft im Zimmer auf und abgeschleppt habe; einst errang ich Siege auf den Turnplätzen und einen Centner konnte ich mir mit einer Hand auf die Schulter schwingen, jetzt aber mufs ich mich aus dem Bette heben lassen, und meine einherschleichende Jammergestalt läfst kaum noch er kennen, wer ich einst war. Dafs freilich auch auf meinen geistigen Zu stand mein körperliches Elend nicht vorteilhaft wirkte, ist wohl natürlich. — Zur Medizin habe ich nicht das geringste Vertrauen, nur Gymnastik und ein geeignetes Bad halte ich für die einzigen Mittel, die meinen Zu-