Berichte über Versammlungen, Schulgesetzgebung u. Scbulstatistik etc. 395 unter Rat und Beistand des Herrn Prof. Garre in Rostock gut, aber mein Bruder ging an allgemeiner Entkräftung zu Grunde. Am 1. April ds. Js. erlöste ihn der Tod. Mein Bruder war von Hause aus ein Mensch von ganz ungewöhnlicher Energie, der die schwierigsten Verhältnisse überwand und der eigentlich nie ganz den Mut und den Humor verlor, so dafs er oft auf seinem fünf jährigen Schmerzenslager in Muchow seihst noch seine betrübten An gehörigen tröstete und aufrichtete. Während er mit seiner körperlichen Gebrechlichkeit schwer zu kämpfen hatte und als Hauslehrer täglich 5—6 Stunden, später als Privatlehrer noch mehr Stunden gab, schrieb er seine Lehrbücher und machte sich mit der englischen Sprache vertraut, um auch hierin Unterricht erteilen zu können, obgleich er schon Schülern aus den ersten Klassen Privatstunden gab im Lateinischen, Griechischen, Französischen, Deutschen, in der Mathematik, Geschichte u. s. w. Bei seinem Leiden zeigte er im Ganzen eine grofse Geduld, selbst seinen letzten schrecklichen Zustaud ertrug er ruhig und geduldig, wenn auch hier seine immerfort vorschreitende geistige Umnachtung mildernd hinzukam. Ein weiterer hervorragender Charakterzug meines Bruders war die heigung wohlzuthun. Er gebrauchte hier bei seiner einfachen Lebens weise und billigen Pension lange nicht seine ganze Einnahme, hat aber sehr wenig übergespart und hinterlassen. Wo er einen Notleidenden fand, half er; waren es Familienangehörige oder waren es Fremde, immer war er zu helfen bereit. Schon als er sich noch als Student und Privatlehrer seinen Unterhalt mühsam erwerben mufste, kam er allen hülfsbedürftigen Angehörigen auf wirklich rührende Weise zu Hülfe, soweit es ihm irgend möglich war. Er schränkte sich mit seinen Lebensgenüssen lieber bis auf das Äufserste ein, ehe er nicht half, wo es Not tbat“.*) Hoffentlich genügen Ihnen diese Notizen, wenn nicht, so bin ich gerne zu weiteren, soweit meine Erinnerung reicht, bereit. Mit gröfster Hochachtung ergebenst G. Bardey. *) Der Herausgeber dieser Zeitschrift kann diesen Charakterzug aus eigner Erfahrung bestätigen. So nahm der Verstorbene für seine in der Zeitschr. aufgenommenen Artikel immer nur die Hälfte des Honorars, indem er meinte, man müsse dem Gründer und Herausgeber dieses von ihm ge schaffenen Organs hierdurch seinen Dank bezeugen. Ja, einmal schickte er sogar die Hälfte des ihm zugesandten Honorars wieder zurück. — Auch die oben erwähnte „Energie“ des Verstorbenen lernten wir s. Z. kennen, als B. im Jahre 1882 in Leipzig war, um sich wegen seiner Anschuldigung, Herr Sinram-Hamburg habe seine (Bardeys) Sammlung Arithmetischer Aufgaben, mehr, als einem Manne von Ehre gezieme, ausgenutzt, vor dem Landgericht persönlich zu verteidigen. In der Hauptverhandlung vom 7. März 1882 wurde denn auch B., unter Assistenz zweier Leipziger Mathematiker, auf Grund seiner energischen Verteidigung freige sprochen, während er vorher vom Schöffengericht in erster Instanz zu 150 Jl Geldstrafe verurteilt worden war (vergl. Jahrg. XIII, 1882. S. 166). D. H.