Kleinere Mitteilungen. — Sprecti- und Diskussions-Saal. Bemerkungen zu Aufsätzen früherer Jahrgänge dieser Zeitschrift. Von Prof. Dr. Kewitsch in Freiburg i/B. I. Gegen Sauer, B. 24. 1893. S. 529. Geehrte Redaktion! Da ich der Urheber der Namen „Umkreis, Inkreis, Ankreis“ bin*), so gestatten Sie mir wohl ein Wort zu ihrer Verteidigung. Jene Namen sind nur Abkürzungen der vorher üblichen: umbeschriebener, einbeschriebener, anbeschriebener Kreis. Das Verbum „schreiben“ mutet ebenso wenig als „beschreiben“ bei einer Thätigkeit an, wo man nicht die Feder sondern den Zirkel führt. Kommt nun gar zu der einen Vorsilbe „be-“ noch eine zweite hinzu, so erhält das Wort etwas Geschraubtes, dem man sich unwillkürlich, ohne erst lange darüber nachzudenken, zu entziehen sucht. So mag es gekommen sein, dafs statt der Silbe „be-“ die Silbe „ge-“ vom Partizipium hergenommen, oder ganz fortgelassen wurde. Der vielfache Streit in Ihrer Zeitschrift über „um beschrieben, umgeschrieben, umschrieben“ hatte mich mit Widerwillen erfüllt**), und so suchte ich und fand die Abhilfe. Die sofortige Annahme meines Vorschlages war mir ein Beweis, dafs auch andere den Wortstreit satt hatten. Die Namen sind kurz, treffen die Sache und scbliefsen sich an die vorher üblichen unmittelbar an; was will man mehr? Ein Name ist doch nichts weiter als der Ausdruck für einen Begriff. Wollte man nun in jedem Namen die Entstehung, Sein und Werden des Begriffs zur Anschauung bringen, so würde das viel Umstand und Weitläufigkeit geben, *) S. Bd. VII ds. Z. (1876) S. 119, Bd. VI (1875) S. 435. D. Red. **) Das iat das Schicksal jedes Streits! Aber hier gilt: durch Kampf zur Wahrheit, durch Finsternis zum Licht! Wenn irgend jemand von „Widerwillen erfüllt sein“ oder von „satt haben“ sprechen könnte, so ist es in erster Linie der Redakteur, bei dem alle Beschwerden und Anträge bezw. Vorschläge wie in einem Brennpunkte sich sammeln. Jeder hält natürlich Beinen Vorschlag, wenn nicht für den besten, doch für annehmbar. Dafs die (allerdings kurzen) Namen Umkreis, Ankreis, Inkreis ein stimmige Billigung und Annahme gefunden haben, wagen wir nicht zu behaupten. Die Kürze allein thut es nicht. Für Ankreis liefse sich z. B„ da der Ausdruck „Berührungskreis“ zu lang ist, „Grenzkreis“ sagen (analog „Grenzland“). Für völlig inkorrekt müssen wir aber wiederholt den Ausdruck der „umschriebene“ Kreis bezeichnen. Sagt man etwa der „ein- schriebene“ Kreis? Übrigens wolle man den ausführlichen Artikel „Eine sprachliche Studie für Mathematiker“ von Dan. Sanders (XXI, 465) hierüber wiederholt nachlesen. Dafs die Sprechweise „Die Kreise berühren sich (besser einander!) von innen“ inkorrekt ist,» hat schon Scherling (XII, 121 Recens. Leesekamp) nachgewiesen. Dagegen stimme ich der Verwerfung des Ausdrucks einen Kreis „be schreiben“ völlig zu. Warum sagt man nicht einen Kreis (Kreisbogen) „ziehen“, wie man eine Linie zieht? (s. unsere Vorschule der Geom. § 5, S. 26, Anm.). Auch gegen Pythagoras (= P. Lehrsatz) haben wir nichts einzuwenden. D. Red.