72 Verhandlungen über den 8- 55. des Entwurfs der Derfassungsurkunde, die Verhältnisse der katholischen Kirche zum Staate betreffend. Bereits im vorigen Jahre hatten sich die Stande veranlaßt gesehen, gegen einige Bestimmungen des unter dem 19. Febr. 1827. ergangenen Mandats, die Ausübung der katholischen geistlichen Gerichts barkeit betreffend, in der Schrift vom 22. May 1830. Borstellung zu thun; indessen wichen sie selbst da mals zum Theil in ihren Ansichten und Anträgen von einander ab. In der dermaligen Landesversamm lung führte die Berathung über den Berfassungsentwurf aufs neue zu diesem Gegenstände zurück, indem man bey dessen tz. 53. ausreichende Bestimmungen über das Derhältm'ß der katholischen Kirche zur Staats gewalt vermißte. Die Wichtigkeit Lieser Angelegenheit gab Veranlassung, jene Punkte, über welche man sich früher nicht hatte vereinigen können, in nochmalige, sorgfältige Erörterung zu ziehen, und diese führte nunmehr ein einstimmiges Resultat herbcy. Es ward daher beschlossen, dasselbe zum Gegenstände einer besondern ständischen Schrift zu machen, und deren Vorlegung um so mehr zu beschleunigen, je wünschens- werlher eine baldige beifällige allerhöchste Entscheidung erscheint. Diese Schrift ist folgende: Allerdurchlauchtigster ic. Ew. Königl. Majestät und Königl. Hoheit sind von den getreuen Standen bereits durch die unter dem 21. März d. I. überreichte Schrift, mehrere Bitten und Anträge ehrfurchtsvoll vorgetragen worden, welche sich auf den von Allerhöchst- und Höchstdenenselben uns zur Begutachtung vorgelegten Entwurf einer Ver fassung für das Königreich Sachsen beziehen. Im Hergänge der sorgfältigen Kerathungen über diese hochwichtige Angelegenheit hat sich nun bey dem 6. Abschnitte des Verfassungsentwurfs, welcher von den Kirchen und Unterrichtsanstalten handelt, von neuem die Größe des nachtheiligen Einflusses vor Augen gestellt, welche mehrere Bestimmungen des unter dem 19. Febr. 1827. erlassenen Mandats , die Ausübung der katholischen Gerichtsbarkeit und die Grund sätze zur Regulirung der gegenseitigen Verhältnisse der Protestanten und Katholiken betreffend, auf die pro testantische Kirche und ihre Mitglieder äußern, weshalb wir auch als Stände eines protestantischen Landes cs für unsere heiligste Pflicht erachteten, während der im vorigen Jahre stattgefundenen Ständeversamm- lung dringende Vorstellungen zu thün. Je ausführlicher wir damals diese Vorstellungen, frei von aller Parteilichkeit und Unduldsamkeit, und nur von dem Bestreben geleitet, die Staatsbürger und die protestan tische Kirche vor den Eingriffen der katholischen geistlichen Behörden zu schützen, in der ständischen Schrift vom 22. May 1830. entwickelt und begründet haben; destoweniger halten wir es anjetzt für nöthig, die Nachtheile jener Bestimmungen, auf deren Abänderung wir angelegentlichst antrugen, insbesondere noch mals ausemanderzufttzm. Denn klar stellt sich dar, wie weit ausgreifend die Competcn; der katholischen geistlichen Behörden in dem Mandate vom IS. Februar 1827. ausgebildet und wie diesen Behörden sogar- eine Gerichtsbarkeit, welche über die der protestantischen geistlichen Behörden hinausgehtund mithin die Parität verletzt, cingcräumt werden ist. (Beschluß folgr.) Leipzig, Druckt Lei B. G. Teubner.