Mitteilungen über die Verhandlungen des Ordentlichen Landtags im Königreiche Sachsen / 1. Kammer

dem Anträge der geehrten Deputation auf den Wegfall dieser Frist von 24 Stunden hauptsächlich doch wohl die Rücksicht ent- Zegenstehen, daß dadurch die anerkannte Berechtigung und Ver pflichtung der Regierung, die anstößigen Schriften dem Verkehr zu entziehen, zu sehr erschwert, und dieses in vielen Fallen ziem lich erfolglos werden würde, wenn die Regierung nicht sofort durch vorläufige Beschlagnahme den Verkehr noch mehr stören und dadurch eine größere Unzufriedenheit erregen wollte. Das ist es aber eben, was die Regierung gern zu vermeiden wünscht, eben diese vorläufige Beschlagnahme, die man dann, wenn man nur einige Zeit zur Prüfung gehabt hatte, vielleicht unterlassen hätte. Dies sind die Gründe, weshalb die Regierung wünscht, daß auf diese 24 Stunden Frist eingegangen werden möchte. Referent Vicepräsident v. C arlowitz: Ich bin allerdings auch kein Freund der vorläufigen Beschlagnahme; ich muß aber doch bemerken, daß man über vorläufige Beschlagnahme auch bei der Frist von 24 Stunden nicht hinauskommen werde. Es ist mir unerklärlich, wie man sich eine Unmasse von Schriften, wie sie namentlich zu Meffenszeiten vorliegt, so durchgehen zu können getraue, daß man sich mit Bestimmtheit darüber fassen kann, ob eine Consiscation an der Zeit sei. Es wird daher der hohen Staatsregierung immer nur übrig bleiben, in irgend be denklichen Fallen eine vorläufige Beschlagnahme eintreten zu lassen. Träte aber eine Verschiedenheit in der Behandlung des einen Werks gegen das andere hervor, so kann diese Ver schiedenheit nur von sehr großem Nachtheile sein, und es ist dies ein hauptsächliches Bedenken gegen die 24 Stunden Frist. Wollte man auf der andern Seite diese Frist noch verlängern, so würden sich die schon hervorgerufenen Klagen nur noch meh ren , und zwar nicht ohne Grund, weil bei Preßerzeugnissen an einer schnellen Versendung oft viel gelegen ist. Königs. Commissar 0. Schaarschmidt: Es wird viel leicht beitragen, die Bedenken des Herrn Referenten in das ge hörige Licht zu stellen, wenn ich bemerke, daß der Kreis von Schriften über 20 Bogen, bei welchen wirklich eine Prüfung nöthig wird, immer nur ein sehr kleiner sein wird. Schriften über 20 Bogen sind es in den seltensten Fällen, die eine preß polizeiliche Prüfung nöthig machen. Ob sie aber nöthig ist, das wird man in den meisten Fällen schon an dem Titel erken nen. Groß wird also die Zahl der Fälle nicht sein, wo man von dieser Frist von 24 Stunden Gebrauch zu machen haben wird, allein für diese Fälle, die denn doch vorkommen werden, ist es wünschenswerth, daß der Regierung einige Zeit gelassen werde. Prinz Johann: Ich habe mich in der Deputation für den Wegfall dieser Fristvon24 Stunden erklärt, und erlaube mir, den Grund dazu anzugeben. Ich halte jene Frist keineswegs für den Buchhandel bedenklich, und in vieler Beziehung für die Handha bung derPolizei.für nützlich; ich habe aber durchaus keine Hoff nung, daß man zu einer endlichen Vereinigung über diese Frist gelangen werde. Daher scheint es mir zweckmäßig, zu einer Vereinigung den Weg bereits anzubahnen, indem man jene Frist in Wegfall bringt. Bürgermeister Wehner: Wenn der könW- Herr-Com missar gesagt hat, daß überhaupt wenig Schriften- über WBo- gen vorkommen möchten, so kann ich dem nicht so ganz bsitre- ten, wenigstens wird aus den Meßcatalogm hervorgehen,, daß olche Schriften, zu einer Messe sehr viel vorhanden sind und daß deren einer Censurbehörde auf einmal sehr viel vorliegen. Zu Einsicht einer solchen Schrift wird daher eins Zeit von 24 Stunden nicht viel helfen, es wird ganz unmöglich sein, eine? geschweige denn mehre Schriften durchzusehsn, und insoftrn ist denn der Vorschlag der geehrten Deputation wenigstens- an nehmbar und wird nicht viel schaden. Ich bin der Uebrrzxu- gung, daß die zweite Kammer auf dem richtigen Wege ist, wenn ic sagt, daß es gar keinen Schaden thue, wenn man erlaube, daß sofort, wenn die Schrift gedruckt ist, auch die Versendung derselben geschehen könne. König!. Commissar v. Schaarschmidt: Ich erlaube mir noch einmal das Wort, um eine Aeußerung zu erläutern, die vom Herrn Bürgermeister Wehner mißverstanden worden zu sech scheint. Ich bin nämlich weit davon entfernt gewesen, zu behaupten, daß die Zahl der Schriften über 20 Wogen ge ring sei; denn der Meßcatalvg zeigt das Gegentheil. Ich be haupte nur, dH unter den Schriften über 20 Bogen wenig sein werden, die einer besondern Prüfung bedürfen. Das ganze Gebiet der exacten Wissenschaften, der Philologie gehört hierher. Selten werden diese Schriften über 20 Bogen Vorkommen, hin sichtlich deren die Regierung eine Prüfung nöthig finden wird. Secrerair Bürgermeister Ritterstädt: Ich muß mich doch auch hier für die'Änsichtdcr geehrten Deputation verwenden; denn außerdem scheint mir eine große Inkonsequenz in den Ge setzentwurf zu kommen. Will man bei Schriften über 20 Bo gen blos Nepressivmaßregeln und keine PräventivmaZregeln an wenden, so muß man die Frist von 24 Stunden aufgeben; denn durch diese Frist würde nur eine Präventivmaßtegel eintreten, aber keine Repressivmaßregel. Bürgermeister Starke: Eine Anfrage erlaube ich mir noch, entweder, an den Herrn Referenten, oder an den Herrn königl. Commissar; nämlich welches Verfahren eingeleitet werden solle, vorausgesetzt, daß es bei den Bestimmungen zu Z. 2,3 und 4 bleibt, wenn in Bezug auf Schriften über 20 Bogen, welche censurfrei sind, gefunden würde, daß blos einzelne Stellen, welche darin enthalten, anstößig sind? Soll da auch mit der Beschlag nahme des ganzen Werks verfahren, oder sollen nur die betref fenden Bogen herausgenommen und umgedruckt werden? Erste res' würde doch eine ziemlich harte Maßregel sein. Königl. Commissar V. Schaarschmidt: Schon jetzt hat hie Regierung in Folge der vorläufigen Beschlagnahme nicht alle mal die wirkliche Consiscation einer Schrift angeordnet, sondern so viel wie möglich die gefundenen Bedenken durch einen thcil- weisen Umdruck beseitigen lassen. Dieselbe Maßregel wird auch künftig bei censurfteien Schriften anwendbar sein; ergibt es sich, daß solche Schriften durch einen solchen Umdruck zu erledigen sind, so wird das die Negierung gewiß thun.