838 Bei den Vorschläge»/ welche die Commission mit Rücksicht auf diese von ihr bemerk ten Ursachen des gerügten Prozeß-Verschleiss zu dessen Abhülfe zu thun, sich veranlaßt gesehen hat, ist sie von dem Grundsätze ausgegangen, daß bei der Prozeßgesetzgebung von den beiden Haupterfordernissm einer guten Rechtspflege, Gründlichkeit der Erörterung und möglichst schnelle und wohlfeile Behandlung der Prozesse, keins dem andern aufge- opfert werden dürfe, obschon in einzelnen Streitfällen der Eine Zweck vor dem andern vorherrschend sei. Die Mehrheit der im täglichen Leben vorkommenden Streitsachen schienen jedoch, der Erfahrung nach, immer solche zu seyn, die ihrer Einfachheit halber sich leicht übersehen ließen, und bei denen man in der Regel nichts weitcr zu wünschen habe, als sie so kurz und so wenig kostspielig als möglich, abgethan zu wissen. Die Commission hat daher geglaubt, bei Fassung der von ihr vorgeschlagenen Bestimmungen dem Bedürfnisse dieser Mehrzahl vorzüglichere Rücksicht widmen zu dürfen, hat sich jedoch zugleich bemüht, die Vorschläge so einzurichlen, daß für die gründliche Erörterung an sich weilschichtiger und verwickelter Sachen immer noch offener Raum genug übrig bleibe, der Schreib- und Sportelsucht hingegen die Hande gebunden würden, um nicht an sich einfache mit wenigen Mitteln zur Entscheidung zu fördernde Sachen ohne Noch in den kostspieligen Umfang schwerfälliger Prozesse ausarbeiten zu dürfen. Die hauptsächlichsten Mittel, welche die Commission zu diesem Zwecke in dem von ihr ausgearbeiteten Entwürfe zu benutzen versucht hat, sind diese: 1. ) dem Nichteramte mehrere Veranlassung zu geben, selbst in das Materielle der Prozesse mit einzugehen, und durch die Organisation des Prozesses den Richter zu nd» thigen, sich in jeder Sache einer individuell zweckmäßigen Prozeß Direction zu unterziehen; 2. ) die durch den Gerichtsbrauch eingeführten nur formellen Urtelssprüche thunlichst einzuschränken, und 3. ) dadurch, so wie durch Abschaffung entbehrlicher Termine und Verfahren die Pro- zeßverhandlung selbst mehr zusammen zu ziehen; 4. ) größere Strenge in Beobachtung solcher Fristen zu handhaben, deren Versäum- niß zeither den Verlust eines wesentlichen Rechts nicht von selbst zur Folge gehabt haben; 5. ) mehrere ganz unwesentliche und doch aufhältliche Formalitäten zu beseitigen und 6. ) über einzelne Gegenstände des Prozesses, deren gegenwärtige Ungewißheit zur Willkühr und zum Verschleiß der Sachen Gelegenheit und Vorwand zu geben pflegt, nähere Bestimmungen zu geben. Hierauf sind daher die wesentlichsten Abänderungen und Erläuterungen der bisheri gen Prozeßgesetze und des durch Gerichtsbrauch eingeführten Prozeßgangs berechnet, welche die Commission vorgeschlagen hat, und welche in Folgenden bestehen: a) Gemessenere Vorschriften für die Gütepflegung und Einleitung zweckmäßiger Com- promisse; d) genauere Bestimmungen für die formelle und materielle Fassung der rechtlichen Verfahren;