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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.05.1855
- Erscheinungsdatum
- 1855-05-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-185505155
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18550515
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18550515
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1855
- Monat1855-05
- Tag1855-05-15
- Monat1855-05
- Jahr1855
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.05.1855
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den griechischen Colonien könnten wir lernen. Man erleichterte unzufriedenen Parteien die Auswanderung, oder der Staat selbst führte seine Armen nach fremden Küsten, wo man mit ihnen in einer nahen Verbindung blieb, die nie zu einer völligen Abhängig keit der Colonie vom Mutterlande wurde. Die geringe Entwickelung des römischen Handels läßt sich auS den unübertrefflichen RechtSbuchern JustinianS zur Genüge erkennen. DaS auf den Handel bezügliche Obligationenrecht sticht durcb seine Dürftigkeit gegen die gediegene Ausführlichkeit der die dinglichen Rechte regelnden Normen auf eine heut zu Tage unbegreifliche Weise ad. Al- da- römische Reich an Umfang gewann, wurde der Handrl zur unerträglichsten Geißel für die Provinzen. Er war in den Händen der römischen Ritter, die zu defferm Betriebe in Gesellschaften zusammentraten und nebenbei die Einkünfte der Pro vinzen pachteten, so daß sie in doppelter Weise erpressen konnten. Vortrefflich waren die römischen gemauerten Straßen. Der heutige Verkehr benutzt sie zum Theil noch. Aber diese Straßen dienten, wenigsten- seit der Kaiserzeit, welche den Privaten die Benutzung derselben nur mit besonderer Genehmigung de- Staat- erlaubte, bloS Staatszwecken. Die romanisch-germanischen Völker theilten anfänglich die Ver achtung der Alten gegen den Handel und ließen ihren Binnenver kehr vorzugsweise durch Juden betreiben. Die Unsicherheit der Straßen, die schlechte Beschaffenheit der Wege und die Unvollkom menheit der Transportmittel hinderten einen höhern Aufschwung. Der Handel mit dem Orient sah sich bis zu den Zeiten der Kreuz züge gezwungen, den Umweg durch Rußland zu machen, da der gegenstitige Haß zwischen Lateinern und Griechen und die Sperrung de- MittelmeerS durch die Sarazenen die natürliche Verbindung abschnitten. Die Kreuzzüge öffneten den eigentlichen Handelsweg zwischen dem Osten und Westen wieder und machten den Handel lebhafter, indem sie nicht allein den Luxus und das Verlangen nach den Waaren des Morgenlandes steigerten, sondern auch auf manche Straßen aufmerksam machten, die früher gar nicht oder doch nur sparsam benutzt worden waren. DaS gelobte Land bot außer lyrischem GlaS wenig werthvolle Ausfuhrartikel dar, desto wichtiger wurden aber die großen Handelsniederlassungen der Ge nueser, Pisaner und Venetianer in den Städten, von wo aus über Aleppo die Verbindung mit Armenien, über Bagdad und Baffora mit dem fernsten Indien unterhalten wurde. Indische Kauffahrtei schiffe segelten bi- Aegypten, von wo die Güter weiter über Alexan drien nach Syrien, Griechenland und Italien verführt wurden. Die Blüthe de- Lande-, die eine Frucht diese- Verkehr- war, hatte zu gleich einen gesteigerten Wohlstand der Städte zur Folge, wodurch diese sich zu der Macht großer politischer Körperschaften erhoben. In Deutschland war es vornehmlich da- Stapelrecht, da- seit Heinrich I. mehr und mehr in Uedung kam, welche- die Bildung größerer Plätze, die für den Handel so nothwendig sind, beförderte. Den Höhepunct de- Gedeihen- erreichte da- städtische Gemeinwesen durch die Verbindungen der einzelnen Städte. Die wichtigste dieser deutschen Verbindungen, die Hansa, kann den Ruhm beanspruchen, Deutschland- Wohlstand und Bildung unendlich gefördert zu haben. Im Mittelmeer waren die Venetianer, Genueser und Pisaner nebst den Bürgern von Amalfi die eifrigsten Pfleger de- Seehan- delS, den sie durch Verträge sicherten. Genua behauptete seine Niederlassungen in der Krim bis in das zwanzigste Jahr nach dem Fall von Konstantinopel. Noch mächtiger war Venedig, dessen Marine allen Staaten zum Muster diente, da- auf der Küste von Dalmatien, in EpiruS und Morea, auf Kandia, in Syrien und Palästina tapfer vertheidigte Haltpuncte besaß. DaS moderne See recht, da- freilich gegen Mächtigere eben so wirkungslos ist, wie alle- Völkerrecht überhaupt, ist au- dem WiSbyer Seerecht und dem Ooosvlato 6e1 Ickaro hervorgegangen. Durch die Schifffahrt der nördlichen Staaten ist der Sieg der Segelschiffe über die Ruder fahrzeuge de- Mittelmeer- entschieden worden. Die Entdeckung de- Seeweg- nach Ostindien und der west lichen Halbkugel hat einen neuen Welthandel geschaffen, der diesen Namen eigentlich erst verdient. Die Anwendung der Magnet nadel — eine Erfindung de- 11. Jahrhundert-, die aber erst im 14. Jahrhundert stärker benutzt worden zu sein scheint — da« sorg fältigste Studium der Winde und Seeströme, da- nach dem Be kanntwerden de- Golfstrom- und der Paffatwinde begonnen hat, di« fortschreitenden Verbesserungen in der Bauart, Ausrüstung und Leitung der Schiffe haben die Nautik auf eine hohe Stufe der Vollkommenheit gebracht. Wenn irgendwo, so läßt sich hier ein stetiger Fortschritt Nachweisen. , Roch hi den zwanziger Jahren diese- Jahrhundert- gab es in Deutschland Hauptstraßen, auf denen bei schlechtem Wetter Fracht fuhrwerk zwei und drei Tage mit der Zurücklegung kurzer Strecken zu thun hatte, Berge, die sich wie Riegel vorlegten und nur mit Gefahr zu überschreiten waren. Der Mindener Berg auf der Casseler Straß«, einer der HauptpulSadern de- deutschen Verkehr-, war in dieser Beziehung weit und breit berüchtigt. In den Un ruhen von 1830 befriedigten süddeutsche Hauderer ihren Zorn gegen die Schnellposten, diese unerhörte Neuerung. Jetzt hat Deutschland sein Eisenbahnennetz nahezu vollendet und neben diesen Schienen wegen, auf denen jährlich Millionen von Reisenden sich Bildung holen, elektrische Drähte gelegt, die mit Gedankenschnelle Mitthei lungen zu den entferntesten Orten bringen. Ganz Europa und Amerika haben die- neue Verkehrsmittel adoptirt, selbst Spanien und Portugal werden eher Eisenbahnen haben als gute Chausseen. Schon sieht der Hindu den Dampfwagen bei sich vorbeisausen und in einer kurzen Spanne Zeit wird die Verbindung de- atlantischen Meeres mit dem stillen Ocean durch eiserne Schienen vollendet sein. Die Entfernungen schwinden auf den zehnten Theil zusammen, Menschen und Reiche rücken einander näher. Wenn in einer frü hem Zeit, wie die ältern Männer noch recht gut sich erinnern, die Osnabrücker Kaufleute zur Abreise nach der Leipziger Messe sich rüsteten, stellte die Geistlichkeit in den Kirchen Gebete um glückliche Rückkehr an. Wir sind leichten MutheS, wenn wir nach Mar seille, Triest, Konstantinopel reisen; unsre Väter nahmen feierlichen Abschied von allen Lieben, wenn sie in der berüchtigten gelben Kutsche — jetzt berüchtigt, in ihrer Jugendzeit als ein Zeichen de- Fortschritt- bewillkommt — eine Fahrt von zehn Meilen machten. Als die Vereinigten Staaten ihre Expedition nach Japan ab segeln ließen, legte Daniel Webster dem befehligenden Officier einen der Hauptzwecke des Unternehmens mit den Worten dar: „Der Augenblick ist nahe, wo das letzte Kettenglied der oceanischen Dampf schifffahrt sich bilden soll. Von China und Ostindien nach Aegyp ten, von da durch da- Mittclmeer und den atlantischen Ocean nach England, von da wieder nach unfern glücklichen Küsten und.andern Theilen dieses großen ContinentS, von unfern eigenen Häfen bi- zum südlichsten Puncte des JsthmuS, der die zwei westlichen Con- tinenre verbindet, und von der Stillenmeeresküste derselben nord wärts und südwärts, so weit al- die Civilisation sich verbreitet hat, tragen die Dampfboote anderer Nationen und unsrer eigenen Tau sende von Reisenden, die Aufklärung der Welt und den Reichthum hin und her. Unser Präsident will unsre Kaufleute in den Stand setzen, da- letzte Glied in dieser großen, alle Völker der Welt ver einigenden Kette zu ergänzen." Der kaum gehoffte Erfolg der Expedition hat die Ergänzung ermöglicht. Ist zwischen Schanghai, Hakodade, Honolulu und San Francisco eine regelmäßige Dampf schifffahrt eingerichtet, wozu die Vorbereitungen in vollem Gange sind, so können wir in Deutschland Briefe und Zeitungen aus Japan und dem russischen nordöstlichen Asien in 70—75 Tagen erhallen. ES ist Undankbarkeit, wenn man den Handel als dem geistigen Leben ungünstig schildert. Der Austausch der Ideen im Großen, die geistige Friktion der Völker hat durch ihn die größte Förderung erhalten. Haben Wallfischfänger, die ihrer Beute nachgingen, unsre geographischen Kenntnisse wesentlich bereichert, sich unter den Ent deckern ehrenvolle Namen gemacht, so sind auch von den umfassen dem Erfindungen viele duxch den Eifer hervorgerufen worden, den der wetteifemde Verkehr erweckt. DaS Ausammenfließen der Völker des Erdballs zu einer weltgeschichtlichen Bewegung, wer ander- hat es bewirkt als der Kaufmann, theil- unmittelbar, theil- mittel bar durch die Berücksichtigung, welche die Staaten seinen Interessen angedeihen lassen mußten. Und wäre die- auch nicht, so mußte schon der Reichthum, den der Handel erzeugt, un- Achtung vor diesem Bildung-mittel einflößen. Ein arme- Volk wird immer ein rohe- sein. Nach einer noch immer nicht zum Schweiaen gebrachten Ansicht ist die höhere Bildung der Völker durch eine Verschlechterung ihrer materiellen Lage erkauft worden. In demselben Grade, al- wir geistig reicher wurden, sind wir körperlich elender geworden. Nicht- kann ungegründeter sein al- dies« Ansicht, die, indem sie sich dm Meinungm der äußersten Rechten anbequemt, den Phantasien Jean Jacques Rousseau - von einem glücklichen Urzustand der Menschen ihre Huldigungen darbringt. Findet man da- materielle Gedeihen im Genuß der guten Dinge de- Leben-, so wird man eingestehe» müssen, daß ei« Mittelbürger unsrer Tage die Lage eine- Herzog- de- Mittelalter- nicht zu beneiden braucht. Wir wissen genug von der HLu-lichen Einrichtung unsrer Altvordern, um darüber mit Sicherheit urtheilen zu könnm. Seht man da- materielle Gedeihen in körperliche Gesundheit, so wird man unsrer Zeit «och entschie-
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