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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.04.1862
- Erscheinungsdatum
- 1862-04-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-186204188
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18620418
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18620418
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1862
- Monat1862-04
- Tag1862-04-18
- Monat1862-04
- Jahr1862
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.04.1862
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1810 seit sBachS Wirksamkeit so unendlich vervollkommneten und auf neue Bahnen des Ausdrucks geführten Kunst erregten. Hier hörte auch die leiseste Befremdung am alterthümlichen Styl, hier alles Bedenken an dem schwer zu genießenden Text auf, — der Geist des Werkes feierte eine wahre Auferstehung aus der schmählichen Vergessenheit, in der ein glaubensfeindliches Jahrhundert eines der erhabensten Denkmäler unserer Nation gelassen. Es wird dem Genius des großen Meisters nicht zu nahe ge treten mit der Behauptung, daß nicht seine Kunst an sich die volle und ganze Bedemung des Werke? ausmacht. DaS religiöse Bewußtsein seiner Zeit fand in seinem Werke den vollendetsten Kunstausdruck, indem er alle Bestrebungen seiner Vorgänger, in der evangelischen Kirche der Musik eine wahrhaft bedeutsame Gel tung zu verschaffen, mit seinem Kunstvermöaen überflügelte und den» musikalischen Ausdruck den weitesten Spielraum innerhalb eines kirchlichen Kunstwerkes eröffnete, hielt er doch an der — wir dürfen sagen — geheiligten Grundform der liturgischen Passionsauf- führnng, an der reinen Darstellung des Evangeliums, an den herrlichen Chorälen der großen Dichter und Tonsetzer der evange lischen Kirche fest und in diesem Festhalten an einem Kern religiöser Grundanschauung, die noch in unserer Zeit eine festste hende und lebendige ist, erklärt sich die Wirkung eines Kunst werkes, dem neben der Bewunderung des empfindenden Kenners auch die andächtige Stimmung der Gemeinde die Herzen öffnet. Man wird wohl — von der Auffassung gänzlich negirender Standpunkte abgesehen — innerhalb unserer jetzigen christlichen Anschauungen dem Bach'schen Passionstext mit sehr verschiedener Gesinnung entgegentreten und nur in sehr kleinen Kreisen sich gänzlich an die Gefühlsweise des frommen Picander anschließen, allein es werden wenige Zuhörer sich deshalb einer Störung bewußt geworden sein. Einmal ist auch der freiesten christlichen Anschauungsweise doch etwas von der Empfindung für die un endliche Tiefe der Leidensgeschichte gemeinsam, deren wunderbare Macht in der Passionsmusik kaum andere Nebengedanken auf- kommen läßt, und dann hat eben nur die gläubige Hingebung in der Auffassung des Evangeliums vermocht, die christlichen Stoffe in vollendete Kunstformen zu gießen; mag wissenschaftliche Forschung in der Gestalt und in der Bedeutung unserer Glaubensgrundlagen neue Aufschlüffe gewonnen, reinere Wahrheit zu Tage gefördert haben — für die Kunst hat sie keine Förderung bringen können und deshalb dürfen wir wohl im Hinblick auf die gesammte Ent wickelung und Umgestaltung des religiösen Zeitbewußtseins sagen: Bachs Passions musik ist das letzte vollkommene rein christliche Kunstwerk der Musik — wer mag sagen, ob es je ein ebenbürtiges finden werde? Möge denn ein Mitgefühl für die andächtigen Empfindungen Vieler bei allen Denen Platz greifen, die nicht selbst von dem religiösen Zuge des Werkes berührt werden, damit in dem Ge- sammteindruck der Aufführung die ganze Hingebung der Ausfüh renden und Hörenden in ungestörter Reinheit zur Geltung komme, die auf die künstlerische Auffassung selbst so bedeutsamen Einfluß hat, weil sie bei einem in sich so einheitlichen Werke erst im Stande ist, die Absichten des Componisten in volles Licht zu stellen. Kanne, dem Käthchen ihr Herz »»gewendet, und nach kurzem Auf enthalt bestellt er das Schönkopf'sche Ehepaar nebst einen: anstän digen Weinvorrath nach Dölitz, wo sie seinen Geburtstag feiern und dann ihr Käthchen abholen sollen, während er selbst mit Kanne sofort dahin aufbricht. In Döliy thut er den Inhalt des an ihn gekommenen Briefes kund; sein liebes Mütterchen theilte ihm mit, daß Papa sehr bös gewesen sei, als er von des Herrn Sohnes liederlichem Leben rc. gehört, daß aber Alles wieder gut gemacht sei durch die liebevolle briefliche Vermittelung des Herrn Kanne, welcher den genialen Wolfaang in aller Weise vertheidigt und von mancher verleumderischen Nachrede gereinigt habe, so daß nun der strenge Vater wieder ausaesöhnt sei, jedoch die Rückkehr des Soh nes nach Frankfurt wünsche. Den Edelmuth des Freundes glaubt nun Goethe nicht schöner vergelten zu können, als indem er, mit wundem Herzen allerdings, das heiß geliebte Käthchen — das er freilich durch seine ewigen Neckereien, Quälereien und tyrannischen Launen sich selbst entfremdet hatte — dem lieben Freunde zuführt und die Einwilligung und den Segen des indessen ein getroffenen Schönkopf'schen Paares auswirkt. Mit dieser That beschließt er seinen Aufenthalt in dem ihm so theuren Leipzig. Das ist, natürlich nur in kürzesten Umrissen, der Inhalt des außerordentlich anmuthigen und mit jedem folgenden Gesänge mehr fesselnden Gedichts, das dem Besten, was in dieser Gattung der Poesie geleistet worden, sich kühn an die Seite stellen darf. Die feine Diction, der Wohllaut der auSnahmlos gut gelungenen Hexameter, die köstliche, dem wahren Charakter der idyllischen Achtung angemessene Schilderung oder vielmehr Malerei eines reizenden Stilllebens, der poetische und doch stets natürliche Ton des Gesprächs, das Alles vereint sich zu einem Prächtig abgerun deten Ganzen. Wir zweifeln keinen Augenblick, daß dieses lieb liche Idyll den dichterischen Ruhm des Verfassers noch bedeutend erhöhen und zu einem Lieblingsbuche des deutschen Volkes werden wird. * * * Goethe's Augrnditebe in Leipzig. Mit aufrichtigster Freude und ungetheilter Befriedigung ergrei fen wir die Feder, um über die am Mittwoch Abend im Ge wandhaussaal stattgehabte Vorlesung der neuesten Dichtung Adolf Böttgers zu berichten, welche in acht Gesängen das prächtige Thema behandelt, das wir an die Spitze dieser Zeilen gesetzt haben. Wenn die ungewöhnlich zahlreiche und gewählte Zuhörer schaft, welche den schonen Raum vollständig ausfüllte, von dem lebhaften Interesse, welches man im Voraus der Dichtung ent- gegemrug, rühmliches Zeugniß ablegte, so konnte der am Schluffe jedes Gesanges sich kundgebende und namentlich gegen das Ende LeS Ganzen hin immer stärker anschwellende Beifall keinen Zweifel darüber lasten, daß die Erwartungen des Auditoriums nicht nur nicht getäuscht, sondern, wenn auch dem Dichter gegenüber hoch gespannt, doch noch übertroffen worden waren. Daß zu diesem schmeichelhaften Erfolge der verständige und natürliche Vortrag des :n tadellosen und glatt fließenden Hexametern geschriebenen Ge dichts durch Herrn Devrient nicht unwesentlich mit beitrug, wird Jever anerkennen, der der Vorlesung beiwohnte. Der kurze Zeitraum eines schönen SommertageS ist eS, inner halb besten das liebliche Idyll sich abspinnt. ES ist der 28. August 1768, der neunzehnte Geburtstag Goethe's; der herrliche Jüng ling ist bei Professor Oeser auf dessen Landgütchen in Dölitz zum Besuche; da kommt plötzlich aus der Stadt Käthchen Schönkopf, die Tochter des Weinschänken im Brühl, für welche Goethe so feurig empfunden hatte, und fragt ihre Freundin Friederike, des Professors Tochter, ob Goethe etwa in Dölitz sei, man habe ihn in der Stadt vergeblich gesucht, und doch sei ein als sehr eilig be zeichnter Brief aus Frankfurt an ihn angekommen. Goethe w:rd gerufen, nimmt den Brief und stürzt bald darauf aus Dölitz fort nach Leipzig zum alten Schönkopf. Dort trifft er seinen Freund Ueber die Angabe der richtigen Mittlern Leit in Leipzig. Bisher wurde die Rathhausuhr jeden Montag früh um 8 Uhr mit einem regulirten Chronometer der Sternwarte verglichen, der erste Schlag der 8. Stunde war maßgebend und durch ihn konnte man angeben, wie viele Secunden die Rathhausuhr vor oder nach ging. Der Uhrmacher Herr Zachariä hat die Rathhausuhr als Raths uhrmacher unter seinen Händen und regulirte oder stellte sie so, daß die Abweichung von der richtigen Zeit, wie aus den Angaben im Tageblatt zu ersehen ist, in den letzten Monaten fast immer weniger als r/4 Minute, za oft nur wenige Secunden betrug, eine Genauigkeit, welche für das bürgerliche Leben mehr als hinreichend ist. Das Reguliren und Stellen der Uhr wird aber immer nöthig sein, weil das Werk schon 1599 zuerst aufgestellt ist und das Pendel trotz vielfacher Aenderungen ohne Compensation aus Holz und Eisen besteht. Um eine gute Normaluhr, welche fast nie gestellt zu werden braucht, in der Stadt zu haben, ist für die neue Sternwarte von Herrn Zachariä eine Uhr mit Compensationspendel angefertigt und selbige in der neuen Sternwarte in der nach der Stadt gerichteten Front oben im Giebel so aufgestellt, daß man von unten an ver goldeten Zeigern die Stunden und Minuten, an einem schwarzen Zeiger die Secunden erkennen kann; und diese Uhr wird immer bis auf die Secunde genau die aus Beobachtungen hergeleitete richtige mittlere Zeit anzeigen. Herr Zachariä holt sich alle Wochen einige Mal von der neuen Sternwarte die genaue Zeit und wird dafür sorgen, daß die Rath hausuhr immer möglichst mit dieser Zeit übereinstimmt. Die bis herige wöchentliche Angabe des Standes der Rathhausuhr wird daher unnöthig sein. Sternwarte Leipzig, den 16. April 1862. C. BruhnS. Universität. Der Privatdocent vr. pb. Tuisco Ziller zu Leipzig ist zum außerordentlichen Professor in der philosophischen Facultat daselbst ernannt worden. Auszeichnung. Seine Königliche Majestät haben dem Advocaten Johann Michael Jäger in Leipzig in Anerkennung seiner länger als fünfzigjährigen lobenswerthen Wirksamkeit als Sachwalter und beziehentlich als städtischer Beamter das Ritterkreuz des Albrechtsordens zu verleihen huldreichst geruht. Verschiedenes. Leipzig, den 16. April. Wie wir vernehmen, hat der Rath gegenüber den Bestimmungen des Gewerbegesetzes die Nochwendig-
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