Genüssen des die Welt vergessenden Weisen. Lobgedichte und Epigramme auf Bilder zu formen, war lange ein gern geübter Sport der Gebildeten. Ja es entstand in China unter den Priestern und Laienbrüdern einer buddhistischen Sekte jene Übung einer ganz vergeistigten Geselligkeit in der Betrachtung seltener Kunstwerke, die uns aus Japan unter dem Namen des Chanoyu, der Teezeremonie bekannt ist. Ein Bild, und oft eine chinesische Landschaft, die sorgsam in vielen Hüllen verwahrt jahrelang im Schatzhause geruht hat, wird hier einmal entrollt und betrachtet, und ihrer Bewunderung, ihrem Wesen gilt das Gespräch der erlesenen Geister, die der Besitzer zum feinsten Genuß sich geladen hat. So war die Malerei in China — und von der Landschaft gilt dies mehr noch als von ihren anderen Zweigen — gerade in den größten Zeiten ihrer Geschichte eine Angelegenheit nicht so sehr des ganzen Volkes als vielmehr der Vornehmsten, Gebildetsten und Geistigsten aus der ganzen Nation. Die Besten waren es, die sie schufen, die Besten, die sie begehrten und genossen. Ihren Schöpfern wie ihren Genießern war diese Malerei eine edelste Frucht am Baume menschlicher Bildung, der Gegenstand eines innersten Bedürfens für die kultiviertesten Menschen der Zeit. Kein Wunder, daß mit der Ab' Schilderung einer gegenständlichen Gegebenheit der Sinn dieser Kunst nie- mals erschöpft gewesen ist, daß diese Menschen nicht bloß ihre tiefsten Ge' fühle und Erregungen, daß sie auch ihre tiefsten und geheimsten Gedanken in der Sprache des Bildes auszusprechen getrachtet haben. „Die Kunst schafft etwas, was über Formen hinausgeht, Liegt auch ihre Größe in der Gestaltung der Form.“ Und ganz besonders gilt dies von der chinesischen Landschaftskunst, war doch sie vor anderen die Kunst der Dichter und Literaten. Die große Landschaftschule der Wang Wei, der durch lange Jahrhunderte die bedeu' tendsten chinesischen Landschafter angehört zu haben scheinen, wurde spe' ziell als eine Kunstrichtung der Gelehrten angesehen. Hier entstand aus jener alten Verbindung und lebendig geübten Universalität des künstlerischen Schaffens eine Malerei, der das Bild nicht mehr allein gemaltes Abbild, som dern zugleich auch Musik und Gedicht und über all das hinaus ein Sinnbild viel tieferer Dinge wurde, mit Formen und Worten allein nicht auszusprechen. So entstanden jene tiefbeseelten Landschaften der Sung'Zeit, die das Um materiellste und Geistigste sind, was jemals eine Kunst hervorzubringen ver- mocht hat. 12