1136 Ständisches Gutachten, das Strafgesetzbuch für die Königs. Sächf. Truppen vom 4ten Februar 1824- betreffend. Das in der Aufschrift genannte Gesetz dürfte, ungeachtet der Sorgfalt, mit welcher es ausgearbeitet ist, und der vielen zweckmäßigen Dispositionen, welche es enthalt, doch kaum durchaus als gnügend auf eine Armee berechnet sich darstcllen, welche aus dem Kern der Sächsischen Jugend aus allen Standen bestehen soll, und dürfte schwerlich ganz geeignet scyn, die Liebe zum Dienst, ohne welche nie das Vorzügliche geleistet wer den wird, und welche mehr als alles das Geschäft der Armeeergänzung erleichtert, zu beleben. Insbesondere veranlaßt uns zu diesen Zweifle« der Geist der Strenge und Härte, welcher in vielen Dispositionen des erwähnten Gesetzes vorwaltet, und welcher mit den Ansichten unsrer Zeit und mit dem Geiste der Gesetzgebung andrer Staaten, deren Unterthanen zum Thcil den Grad der Cultur unsres Volks noch nicht erreicht ha ben, in einem auffallenden Gegensätze steht. Wir bescheiden uns, daß das militairische Leben Eigentümlichkeiten hat, die den Soldaten nicht immer wie einen andern Bürger bcurtheilcn lassen, daß im militairischen Leben, besonders im Kriege, Fälle eintreten können, in welchen die oft unabsehbar nachtheiligen Folgen geringe Vergehen, selbst außerdem straflose Handlungen, in Ver brechen unuvandlen, welche die strengsten Strafen zu rechtfertigen und Maaßrcgeln, die man in andern Verhältnissen nie für gestattet halten würde, zur traurigen Nothwendig- keit zu macken vermögen. Allein, daß diese Grenzen der Nothwendigkeit gnügend in unsrem Gesetzbuche beachtet sind, müssen wir bezweifle», und wollen wir nicht uns den Sächsischen Soldaten in einem Zustande tiefer Niedrigkeit und Verwilderung denken, so können wir nicht anders als dafür halten, daß der an sich höchst achtbare Zweck, Ordnung und Disciplin in der Armee aufrecht zu erhalten, zu einem Rigorismus ge führt habe, dessen es nicht bedurfte, und der nicht nur das vorgesteckte Ziel verfehlen, sondern auch die nachtheiligsten Folgen äußern dürfte. Kein Gesetz kann wohlthätig wirken, das nicht dem Grade der intcllectuellcn Bildung derer, welche dadurch regiert werden sollen, der Eigenthümlichkcit ihrer Art zu denken und zu empfinden entspricht. Eine Strenge namentlich, welche sich mit diesen Elementen des Volkslebens in Wider spruch setzt, verwandelt Abscheu vor dem Verbrechen in Mitleid mit dem Verbrecher, Achtung gegen das Gesetz in Erbitterung gegen dessen Urheber, willige Befolgung für heilsam anerkannter Vorschriften in trotzigem Widerstand gegen geglaubtes Unrecht. Sie drückt das Volk zu dem Grade geistiger Abstumpfung herab, den sie bei ihm voraus fetzt, wenn man sie mit fester Confequenz handhabt, oder sie wird zum leeren, gering