21 umkehren. Kann er sich nicht erfreuen an dem herrlichen Anblicke und ruhigen Eusses auf sicherem Pfade weiterwandern? Müssen wir denn unser Ziel an eine bestimmte Zeit binden, die wir doch regelmässig zu gering bemessen? So wie der Wanderer sich umkehrt und zurückblickt, um mit Freuden wahrzunehmen, dass er von seinem Punkte aus schon einen herrlichen Ausblick geniesst und danach mit neuem Mute sein Ziel weiter verfolgt, so mag der verzagende Schüler Umschau halten, um sich zu überzeugen, dass seine Mühe nicht vergeblich war. Er muss sich aufraffen zu neuer Festigung; neue Kraft muss über ihn kommen, .er muss die Zweifel überwinden. Gerade dann gehört felsenfestes Vertrauen zu seinem Führer zu seiner weiteren Förderung. Und nun versenke er sich in das scheinbar Geringfügige. Er setze neu ein, als ob er früher noch nichts getan habe. Er schärfe seine Beobachtung, suche seine Empfindlichkeit für alle Eindrücke zu verfeinern. Er suche genauer zu unter scheiden. Er führe die Stoffteilung bis ins Kleinste durch. Er setze die Tempi zurück, greife stets auf den Grundstoff zurück und tue nichts, ohne zu denken. Er vergesse dabei nicht, dass er seinem Lehrer weh getan hat. Das vorher kindliche Vertrauen zu ihm muss ein bewusstes, überzeugtes werden. Auch der Lehrer ist einst denselben Weg gewandelt, auch er hat gerungen und gekämpft und ist nicht verzagt! Er schliesse sich an ihn an und sein Vertrauen wird sich lohnen. — Eins tut ihm not: Geduld! Geduld mit sich selbst, wie sie der Lehrer mit ihm gehabt hat. Ja, der Anfang ist nicht schwer, er ist ein Kinderspiel gegen die Arbeit des Vollendens! ■ Da ist. die moderne Hast, Berufsziele in möglichster Kürze zu erreichen. Es ist eine moderne Krankheit. Es ist ja nur ein äusserliches, scheinbares Erreichen, wobei die Innerlichkeit und die Durchbildung zu kurz kommen, die allgemeinen Kunst bedingungen geschmälert werden! Das Zustandekommen eines sogenannten »Reifezeugnisses«. ist doch nur ein scheinbarer Erfolg. Noch hat der Schüler erst die Jütte des Weges erreicht und er soll nun seinen Weg allein finden? Es kommt auf seine Natur an. Ist er von jenem machtvollen Drängen beseelt, von der Schönheit des Zieles ent flammt, dann wird er wissen, was er zu tun hat. Aber die Meisten gelangen leider nur bis zur Mitte und sind alsdann mit dem zufrieden, was sie erreicht haben. Viel leicht können sie damit Geld verdienen. Das ist der Fehler. Das Durchschnittsmass befriedigt sie. Ihr Weg führt bestenfalls, um den Gipfel herum, auch wohl wieder langsam abwärts, — aber keinen Schritt höher!