Harmonie! Was wir in der Musik »Harmonie« nennen, im Gegensätze zur »Melodie«, ist nur eine schwache, einseitige Anwendung des grossen herrlichen Begriffes. Ohne Harmonie kein Weltengebäude, kein von Gott geschaffener Organismus. So- erscheint es recht klein, die Harmonie in der Musik zu studieren, gegenüber der Aufgabe jedes sittlich hochstehenden Menschen, die Harmonie des Lebens, die Harmonie in der Natur zu studieren. Nichts ist gefährlicher, als die Tradition der Formen einer Lehrmethode. Das strenge, also mehr oder weniger mechanische Nachahmen derselben verliert nicht nur in einer neuen Zeit periode, sondern sogar schon zu derselben Zeit, durch verschiedene Individuen ausgeübt, ihren geistigen Inhalt und ihre Berechtigung. Soll die Schule ihre fördernde Nachwirkung in der Zukunft ihrer Schüler einst geltend machen, so muss ihr Wahlspruch lauten: »Tradition für Stil und Inhalt, — Aufklärung für Form und Methode.« Glaube an das gute Prinzip in der Schöpfung; gib dich der Natur hin, liebe sie, beobachte sie im Kleinen wie im Grossen und lerne die Wunder der Schöpfung als solche erkennen; übe Auge und Ohr durch scharfe Beobachtung und vergleiche fort während die Schönheitsempfindungen beider Sinne; sei aufmerk sam und empfindsam für die Regungen der Seele; bereichere deine Fantasie und sammle eifrig aber ruhig die Eindrücke der Werke der Künste auf dein Gefühl, stets als wichtigstes unter suchend, ob auch das äusserlich Schöne sich mit idealem, d. i. veredelndem Inhalte verbindet: alsdann wird Schönheit zu deinem Bewusstsein gelangen! Suche nicht zwischen den Sternen, du hast auf Erden genug zu finden! Tue nichts und denke nichts ohne Anschluss an das Bestehende, Bekannte, Tatsächliche. Der einfachste, natürlichste Oedanke ist am meisten wert, gedacht und verfolgt zu werden