16 Anzeichen der mechanischen Geschicklichkeit und schliesslich Aeusserungen der Phantasie beziehentlich des Schaffenstriebes. Zu den wesentlichen Einflüssen, die auf die Begabungsentwicke lung einwirken, gehören noch das angeborene Temperament und die bei der Erziehung mittätigen äusseren Verhältnisse. Selbst bei gleicher Art und Stärke der angeborenen Anlagen müssen sich alle diese bei verschiedenen Individuen stets un gleichen Einflüsse in jeder Hinsicht geltend machen, woraus sich erklärt, dass das Begabungsbild der Schüler beim Eintritte in ihr Fachstudium so überaus mannigfaltig und eine Unterscheidung in Grade und Arten nicht in Wirklichkeit, sondern nur theoretisch möglich ist und zwar in ähnlicher Weise, wie man die Tempera mente unterscheidet, die doch in der Wirklichkeit nur äusserst selten und auch dann wohl nur periodisch in unvermischter Form aultreten. Lässt sich einerseits nach ihren Einzelstoffen — wie schon anfangs erwähnt — die „allgemeine musikalische Begabung 11 in die rein musikalische, theoretisch - technische und mecha nisch-technische Anlage gliedern, so kann man anderseits nach Temperament und Erziehungseinflüssen „beirrte“ und „unbeirrte“ Begabung unterscheiden; ferner folgt aus dem Schwerpunkte jedes Begabungsbildes die Bestimmung ihrer Art, wonach man von produktiven, theoretischen und reproduk tiven Talenten sprechen kann und endlich ergibt das stärkere oder schwächere Vorhandensein der verschiedenen Einzelmomente eine grössere Zahl von Färbungen dieser Arten. Die Abschätzung der „allgemeinen mu-ikalischen Begabung“ nach Graden unterliegt der persönlichen künstlerischen Erfahrung des Urteilenden und es düiften die Prädikate „gross“, „bedeu tend“ oder „hervorragend“ dem Sinne des höchsten Grades — wobei aber die Bedeutung einer genialen Begabung für die An wendung innerhalb der Schule schon aus Erziehungsgründen auszuschliessen ist — und danach „entschieden“ („unver kennbar“, „mittel“) und „ausreichend“ dem Sinne der Grade entsprechen. Wie stark der Einfluss des Temperamentes, der Erziehung und der äusseren Verhältnisse sich in der Kunstbegabung geltend machen kann, beweisen die folgenden Typen „beirrter Talente“. Da ist obenan der „Gigant“, das „Genie durch eigene Ver herrlichung“, einer, den die Welt als Erlöser von der „Knechtschaft der Form“ längst erwartete und der nun im Begriffe steht, diese armselige Welt mit seiner Wirklichkeit zu beglücken. Seine „Aibeit“ besteht vornehmlich im Dichten und Improvisieren von Jlusik- dramen und „Symphonischen Fantasien und Apotheosen“ mit Furien- und Engelchören. Das Klavier ist ihm auf jeder Seite um 1 x / 4 Oktave zu klein. Er hört beständig im Geiste Instrumente, die noch nicht existieren. Er „arbeitet“ nur im Ausserordentlichen, Gewaltigen und strotzt voller „Gedanken“, verschmäht alles Ein-