Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.12.1870
- Erscheinungsdatum
- 1870-12-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187012184
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18701218
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18701218
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1870
- Monat1870-12
- Tag1870-12-18
- Monat1870-12
- Jahr1870
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.12.1870
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
11744 im Saale deS Gewandhauses: a) Ouvertüre zum Colliuffche» Trauerspiele „Coriolau" Op. 62, fertig im April 1807, wurde zuerst m einem Coucert im December 1807 aufgeführt; o) Meeresstille und glückliche Fahrt Op. 112, componirt im Jahre 1815, zuerst aufgesührt am 25. December 1815, erschienen am 28. Februar 1823, bemerkenSwerth rst, daß auf der Rückseite deS Titelblattes die Verse aus dem 8. Gesang der O:ysse, stehrn: Alle sterblichen Menschen der Erde nehmen die Länger Billig mit Achtung aus und Ehrfurcht, selber die Muse Lehrt sie den hohen Gesang, und waltet über die Sänger, e) Concert für Piauoforte, Violine und Violoncello vut Begleitung deS Orchester- Op 56. Der Componift beschäftigte sich unt dem Werke bereits 1804 ; 1807 am 1. Juli erschien die erste Ausgabe ; ä) Neunte Symphonie mit Schlußchor über Schillers Ode „An die Freude" für Orchester, 4 Solo- und Chorstrmmen Op. 125, begönne» vor 1817, druckfertig 1823, zuerst aufgeführt am 7. Mai 1824, erschienen 1826; 6) Freitag den 16. December rm Theater: u) Die Ruinen von Athen Op. 113 (ein Nachspul von A. von Kotzebue), compomrt im Jahre 1811 zur Eröffnung deS neuen (deutschen) Theaters in Pesth und daselbst nebst Op. 117 (König Stephan) zum ersten Male aufgeführt am 9. Februar 1812; d) Die Geschöpfe deS Prometheus Op. 43, Ballet von S. Vigano, zum ersten Male aufgeführt am 28. März 1801, der ClavrerauSzug erschien im Juni 1801; 7) Sonn abend den 17. December: Oper „Fidelio", Op. 72 n) und d), 1803 begonnen alS Oper „Leouore", am 20. Novem ber 1805 zum ersten Male aufgeführt im Theater an der Wien als „Fidelis oder die eheliche Liebe"; sodann um gearbeitet und darnach aufgeführt am 29. März 1806, endlich zum dritten Male umgearbeitet im März 1814 mit den nöthigen Textumgestaltungcn von Friedrich Treitschk«; mit Ausnahme einiger Stücke kam nun die Oper zurrst am 23. Mai 1814 auf dem Kärvthnerthor-Theater zur Aufführung. Zum Schluß sei noch bemerkt, daß der Dilettant« n- Orcyesterverein am 11. December die Ouvertüre zur erwähnten Oper „Leonore", Nr. 1, L-äur und die genannte Egmout-Mufik reproducirte und heute am 18. December der Kammermusik abend deS Rtedelschen Vereins auf die Beethoven-Feier Bezug nimmt. Angekündigt sind von den Werken des Gefeierten ») daS Streichquartett in k'moll, Op. 95, im October 1810 vollendet, b) die Planoforte-Sonate in OmoII, Op. in, beendigt am 13. Januar 1822, e) Liederkreis an die ferne Geliebte, Op. 98, geschrieben 1816 und ä) das bereits angegebene Oismoll-Quartett Op. 131. vr. OScar Paul. Neues Theater. Leipzig, 17. December. Der zweite Abeud der Beethoveufeier im Theater brachte uns zuerst das Hugo Müller'sche Stück: „Beethoven", ein anekdotisches Genrebild, welches unS den Helden der Kunst in Schlafrock und Pantoffeln und zwar in der letzten Epoche seines Lebens vorführt, wo er taub und unzugäng lich für die Heimsuchungen der bewundernden Menschheit war. Wir erwähnten schon bet der ersten Aufführung deS Stücks, daß daS Motiv der Taubheit bei einem Musiker au und für sich etwas Tragisches hat, daß dies Tragische aber sich nicht dramatisch ver- werlhen läßt. Im Gegemheil, daS Hiueinreden in einen Tau ben, der alle die an ihn gerichteten Liebeserklärungen nicht ver steht, macht im Grunde einen komischen Eindruck. Ueberhaupt ist die dramatische, namentlich geurebtldliche Verarbeitung großer GeisteSheroeu immer bedenklich; denn ihre eigentliche Bedeutung läßt sich nicht darstellen; sie kann ihnen nur äußerlich angeheflet werden und sie laufen daher herum, wie die Figuren der Pup- penkomödte mit dem Zettel im Munde. Herr Jauner spielte den „Beethoven" mit vieler Routine; er brachte die Contraste, welche der Autor in die Rolle gelegt, daS Mürrische, Sauertöpfische, wie den Ausdruck überschweng lichen Gefühls zu voller Geltung; aber wenn schon der Beethoven in dem Stück eine etwas verschwommene Gestalt ist, so ließ Herr Jauner doch in seiner MaSke und seinem Spiel die geistige Be deutung nicht genugsam hervortreten. Seine Leistung wurde indeß von dem Publicum mit größtem Beifall ausgenommen. Die „Adelaide" wurde von Frl. Widmann wohl mit einem etwas zu scharf einschneidenden Pathos vorgeführt; die Gestalt muß etwas Melancholische-, Verschleierte- haben. Frl. Räder als „Clärchen", Frau Bach mann als „Frau Fadiuger" und Herr Rebling als „Franz Lachver" führten den muntern Theil deS Genrebildes recht lebendig auS. Herr Rebling zeigte sich wiederum im Vortrag der „Adelaide" als feingeschulter Säuger und erntete verdienten Applaus. WaS daS Clavier betrifft, so bewies eS wohl mehr als alles andere, daß der Tomponist taub war, sonst hätte er sich jedenfalls ein bessere- Instrument aus gesucht. Auf „Adelaide" folgten zwei musikhistorische Curiositäteu, deren Eindruck allerdings ein sehr eurioser war: „Die Ruinen von Athen" und das Ballet „Prometheus". Beethoven'S Mufik zu dem Festspiel und dem Prometheus ist a«S den E-ncert- säleu bekannt; die Ouvertüren zu beiden Stücke«, die Chöre eM den Ruinen von Athen, der originelle Türkenmarsch gehöreu^W den Juwelen im reichen Schatzkästlein der Beethooeu'scheu M°i»M die kein Kundiger entbehren möchte und die auch auf das PEcaM stets den gleichen Reiz auSübev; ja auS der im Jahre I8«>1 oM schaffenen Ballrtmusik deS „Prometheus" hat Beethoven in vM 1864 componnte Eroica und zwar in dem Letzten Satz d:rsils,M eine Melodie fast unverändert ausgenommen. All« diese M^ikM stücke zeugen nicht nur voa der meisterhaften und doch maßo)ll«> Behandlung der Instrumentation, die den Compouisteu a^.W zeichnet, sondern auch von der Kraft dramatischer und theatralische» Charakteristik, welche aber nie den Strom der Harmomeu durch» allerlei bizarre Klippen und Strudel eine- auf die Spitze gr- » stellten dramatischen Raffinements unterbrach I Wenngleich nun daS Dramatische der Musik am einleuchtiudst«» durch die Aufführung der Festspiele und Balladen s,ldst hrivor.» treten muß, welche gleichsam Gelegenheit giebt, die Probe darauf» zu machen, so erscheint dieser Versuch für die Gegenwart doch» unmöglich wegen veS gänzlich Veralteten, Flitterhaften, bi-zml Parodie Ungenießbaren der Texte und Stoffe, an welch, dn» Compouist seme Kunst verschwendet hat. » Eine Allianz Beethoven-Kotzebue muß schon an sich Bebeuka» erregen; hierzu kommt, daß bei einem Festspiel, bei einem Gtlegn-I heitsstück, noch dazu hoffestlicher Art, nicht der Zweck die Mittel! heiligt, ja nicht einmal die Mittel den Zweck zu heiligen vn.» mögen. „Dre Ruinen von Athen" find nun ein höchst frivoler! Stoff im Geschmack der abgeblaßtesten mycholgischeu Tapeten.» Minerva, die irgendwo den Siebenschläfer EpimenideS beschämt» haben muß, da sie vom Hellen lichten Tage nicht- weiß, will ei»-» mal Athen, die Heimath ihre- OelbaumS, wieder besuchen, mit» Merkur, der die vorschriftsmäßigen Flügel au die Füße auge-I schnallt hat Da sieht sie nur Ruinen, Derwische und Türke»! mit ihren Chören und Märschen und erschrickt — eine nicht Erl Idee deS fretgeistigen Herrn von Kotzebue, der damit eine kleine I Satyre gegen da- Pfaffen- und Soldatenregiment schrieb. > Nun aber beginnt der schreckliche Ernst diö Festspiel- mit dem I ganzen Apparat von Festzügen, Götterbildern, Büsten, feierlich« I Aufmärschen, und dieser ganze gemalte Pappendeckel bildet zu dm I schönen Chören eine unschöne Staffage. Wir machen der Regie I damit keinen Vorwurf; für äußern Glanz und Gruppiruugne war mit Pietät gesorgt, doch selbst die Übersetzung auS dm! Erzherzöglichen in-Künstlerische, indem der Meister selbst stattI irgend eine- ungarischen König- auS der Versenkung zu eigener I Feier in die Höhe stieg, konnte den erkältenden Eindruck dieser! „strohernen Allegorie" nicht aufheben. Festspiele sind m der Regel schon todtgeboren und widerstehen allen Belebungsversuch«. Ob auch Fräulein Widmann und Herr Trotz die Kotzebue- schen Verse so schwunghaft wie möglich in die Trümmer AthmS schleudertea, ob auch Herr Krolop als Oberpriester die ganze! Macht seine- Baffe- entfaltete, ob auch der auSstampfende Grieche (Herr Schmidt) und daS griechische Mädchen (Fräulein Preuß) > ihren elegischen Gesang in die rrümmerhafte Umgebung noch so anmutbig erklingen ließen — „Die Ruinen von Athen" blieb« eben Ruine», und waS bleibend an ihnen ist, wird stet- i7 Coucertsaal seine Geltung behaupten, aber durch die poetisch« und scemschen Zuthaten nur gestört werden. Da- heroisch-allegorische Ballet: „Die Geschöpfe de- PrometheuS" von Salvatore Vagano kann noch weniger als di« „Ruinen von Athen" sich auf der Bühn« behaupten. Der Gedanke, daß Prometheus seine Geschöpfe durch die Himmlisch« auSbilden läßt, durch Terpfichore, Thalia, Melpomene, Bacchus, wird hier in der Ausführung etwa- verwässert. Wir vertrag« seit Offeubach überhaupt nur den Olymp, wenn er in ironisch« Beleuchtung erscheint; die ernstgemeinten Olympier wirken er müdend. Trotz der fleißigen Arrangement- de- Herr» Reifing«, d,S Aufgebotes aller Kunst, mit welcher die Geschöpfe deS Bildun gen I dal i und Fräulein Kepplsr), die übrigen- etwa- spat« als Adam und Eva merken, daß sie für einander bestimmt sind, Prometheus selbst (Herr Reisinger) und namentlich auch Terpfichore (Fräulein Casati) ihre Aufgaben durchführt«, konnten diese pädagogischen Studien im Olymp kaum rechte Theilnahme erwecken. Nur die Pantomimen in der ersten Abtheilung deS Ballet- waren bei dem ernsteren und bedeutsameren Gepräge der Musik von anziehender Wirkung. Die Gruppirungeu halten hin w>d wieder etwa- zu gy mnastisch Kühne-, wie das erstaunlich vtrin-fe Herum quirlen der mftschwebenden Terpfichore in den Armen ihrA Tänzer-, und die Toiletten waren gewiß olympisch correct, »ach den Anweisungen der mythologischen Hofschneiderei entworfen; doch erinnerte unS namentlich die eine etwa- zu sehr au da- Schwimmbassin und streifte überhaupt durch ihre göttliche Trm au das BurleSke. Der gestrige Abend lehrte unS wieder, daß mau wohlthut, bei der Pflege der Classicität nicht zu viel Staub auftuwühle» uud überhaupt da- Bleibende und Vergängliche sorgfältig zu sonderu. Rudolf Gottschall.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder