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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 14.06.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-06-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19070614027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1907061402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1907061402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1907
- Monat1907-06
- Tag1907-06-14
- Monat1907-06
- Jahr1907
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DissrS Blatt wird den Lesem von Dresden . zugestellt, während es die Post.Abonnenten und Umgebung am Tage vorher bereits als VBV^ am Morgen m einer GejqMtsu-gabe erhalten. SerugsgedW: If»»»r»«»ni dkl lSqNL Kuttooun, durch untere »» und «or,c»1, an «wmav »MI »v>>. durchau«wärti-»-i»n- Äl °ümu>>?ük! Zuiültuna dur?> K« VrßsMi. MchnkB/sirilarld». im Aua. laut, mit enllvreckikudem Zutckilaqe. Die de» Leiern von Dresden und Um- gehuna am Dane liorliei ziiaeilellten Abenv -AuSoaben ernnilen die lnidivariiacn Bezieher init der Moraen AuSaabe tnlamnien ,»> aciielli Nachdruck aller Slmicl und Ori,inal.Mi»«iiun,en n»r mit deutlicher Ouellenanaabc t.Dredd Nachr. > «vläMq. Nachircka- >lche Konvraranivruche bleiben unberuckilchiiat! «fiverlanale Man». iktple werbe» nicht auidcwahrt. relearamm-Adreiie: lea «achrichien Dresden. LauvtaenbLsirstelle: Mariensir. 3S/«o. Druck und Verlag von Liepsch L Reichardt in Dresden. Fsnrelgen.cafft. »nnahm« von nachmiti »tta,d » ULr. Sonn- und fteiertaa» nur Marienitrahe « vo» il bis >/,l Ukr. Die l lvccktiae virundzeile <ca 8 Silben» » Pia . ilamiliennachrichten 20 Pi-.! Bc- ickiäildanzeiaen aus der Pnvaöeile Neve 3V Pia : die 2ivaliiae Leite aui Teriieiie«« Pia.: als Sinaetzndt 2ival»ae Zeile von Dresdner «ui- traaaebern IS Pia , von ausivürtiaen I M biummern nach Saun- und k«iertaacn: I lvalNqeGrundjeite so Ps>,. g»i Prwaljeiie «0 Mq. 2ivall>ae Zeile al« Euigelandt vo» Dresdner Auitraaaebern 1 Mk. von vuewarliaen l.so Mk.. Mimilien »aclmckuen Mundzerle 2s Via — Ne Vielte der Inieraic lind im Dioraen und Abcudblasic dietelbe». A«S- wärtine AutUäqe nur qcqe» Bor> aiiddttal>l»»u. — BeleablLilrr ioiikn ra Lkeniiiae. Lernlprcchcr: Nr. U und 2VSS. NiMimIm «sclWmlii ^ Miller. Md lim Mi!« Ser L« M MiMillel mler KSIe! kiii'III?«»!' »»N» lcivlnsn und grossvn flsscßvn ovtiSItlivli in sllsn Elision ds8 IITLR-I >N»»I sei i-ki NllSI ik-Vm sine. 1 AH Ajusgpl' Neueste Drahtbcrichle. Hofnachrichten, Vieh, und Schlachthof-Neubau. Massenbraiidstifter vor dem Schwurgericht. ! «sei-» I-Ve»» VjMslkl. Gibt es für die Musik eine Fortschrittspartei? Deutscher GnstwirtStag. Freitag, 14. J»»r 1Ä07. Neueste Drahtmel-unaen vom 13. Juni. Wettrennen «m den Kaiscrprcis. Homburg v. d. H. Seit 3 Uhr morgens herrscht trotz leichten Sprühregens aus der Nenn fluche reges Leben. Der Kaiser traf mit Gefolge 3^1 Uhr um Start des Taunusrennens bei Kloster Thron bei der Saalburg zn dem heute stattfindende» Ausscheiduugörennen ein. An wesend waren ferner das Prinzenpaar Heinrich vo» Preußen, das Großherzogspaar von Hessen und andere Fürstlichkeiten. Der Start begann um 4 Uhr 10 Min. und erfolgte in Zwischenräume» von je 2 Minute». Bei -er ersten Runde stürzte ein Wagen um. der beschädigt wurde. Ein anderer Wagen erlitt Maschinendcsekt. Per sonen wurden nicht verletzt. Die Rennstrecke ist infolge anhaltenden Regens überaus schwer passierbar. Kloster Thron bei Saalbnrg. Bei dem Ausschei- -ungsrenncn für das K a i s e r p r e i s r c n n c n passierte als Erster in beiden Runden Wagen Nr. 3^. (Opel» in einer Gcsamtsahrzeit von l8l Minuten, als Zweiter Nr. 8-^. sKiat Ij mit 17V,15 Min. Wagen 5^V. lArgusj fuhr bei Nvd a. d. W. in einen Graben und gab das Rennen auf. Ernstliche Verletzungen sind nicht vvrgekommcn. Kloster Thron. Während des A u ö s ch e i d u n g S - Rennens der ersten Serie ereigneten sich noch einige kleinere Unfäl l e. Ein Wagen blieb bei der Saalbnrg in einem Graben liegen,- ein anderer liegt bei Niedcr- EmS zertrümmert, ein dritter stürzte bei Grcveniviesbach um: der Fahrer wurde verletzt. Der in den Graben gc- sahrene Wagen 1l.^ ist gehoben und fährt weiter. Um 9,44 Uhr begann der Start der zweite» Serie. Der Kaiser beobachtete den Bcrlans von der Hosloge a»S. Pxinz Hein rich von Prensien und der Großhcrzog von Hesse» hielten sich vielfach beim Ziele ans. Der Regen lässt nach. Kloster Thron. Um 12,20 Uhr hatten vo» 39 Wagen der zweiten Serie 22 die erste Runde absol viert. Die besten Ergebnisse erzielten die Fiatwagc». Nach amtlicher Mitteilung des Kaiserlichen Automobilklubs verunglückte Wagen 180 bei Grevcnwicsbach: beide Fahrer sind schwer verletzt und bewußtlos. Berlin. In wohlunterrichteten Kreisen ist nichts davon bekannt, daß der Unterstaatssekrctär im Rcichspost- amte, Sydow, für eine eventuelle Nachfolge des Kultus ministers v. Studt in Aussicht genommen worden sei. Plauen. Wie der „Bogtl. Anz." berichtet, sind heute früh bei dem Brande eines Stickereigcbäudcs in der Hos- wiesenstraße größere Vorräte fertiger Stickereien, Garn usw. vernichtet worden. Auch 13 Stickmaschincn und mehrere landwirtschaftliche Maschinen wurden zerstört. Der Gcsamtschadcn wird ans über 100 000 Mk. geschätzt. Wittenberg. Seit gestern nachmittag ist hier durch einen aus eine Untiefe in der Elbe sestgefahrcnen Kahn die gesamte Schiffahrt gehemmt. Fünf Dampfer, dreißig Kähne und ein Floß halten gegenwärtig vor der Unsallstellc. Kiel. Der japanische Admiral Aamamoto ist mit seiner Begleitung heute nach Watcrneverstorf abgcreist, nm am Grabe des Grafen Waldersee einen Kranz nieder- zulcgen. Hamburg. lPriv.-Tel.j Ter Deutsche Fleischer- verband beschloß mit kleiner Mehrheit die Gründung eines eigenen Fachverbandes. Die Berliner Fleischer. Innung, deren Ehrenmitglied Fürst Bismarck war, hat durch eine Deputation am Bismarckdciikmal in Hamburg einen Kranz niedcrlegeit lassen. C r v n b e r g. iPriv.-Tel.i Gestern nachmittag ver unglückte ans der Rennstrecke unweit Schloß Friedrichs hof ein pfälzischer Tourenmagen Nr. 1580 dadurch, daß er in den Straßengraben geriet und am Kilometer stein 1.8 total zerschellte. Der Chauffeur brach den Ober arm, die beiden Insassen trugen innere Verletzungen davon. Namen waren nicht scstzustcllcii, weil die Ver unglückten sich zu nennen verweigerten. Frankfurt a. Dt. Am Ziel der H c r k o m c r s a h r t wurden nachts sämtliche Dekorationen gestohlen. Nordhausen. Die St. I o h a n n i k i r ch e in Ellrich ist gestern abend bis ans die Umfassungsmauern ii i e d e r g c b r a n nt. Die beiden Türme stürzten nach 8 Uhr zusammen. Einer von ihnen siel aus das Wohnhaus des Küsters und setzte es in Brand. Tic Orgel und das Geläute sind völlig zerstört. Fünf Glocken, ein Geschenk Kaiser Wilhelms I., waren aus dein Metall erbeuteter Kanonen gefertigt. Die Stadt war lange Zeit gefährdet. N o m. Alle Fraktionen der äußersten Linken haben in gemeinsamer Sitzung beschlossen, bei der Kammer zu be antragen, daß der ehemalige Minister Nasi vor den Staats- gcrichishos gestellt werde. Paris. Nach Blättcrmelduiigen ist Len Offizieren und Mannschaften der Garnisonen von Montpellier und Narbonne während der nächsten 48 Stunden jeder Ausgang untersagt. Hebungen außerhalb der Gar- niisonen finden vorläufig nicht statt. Paris. (Priv.-Tel.j Der „Hcrald" berichtet aus angeblich autoritativer Quelle, König Eduard werde dem Zaren einen Besuch abiiatten. Die Zusammenkunft, die in der Ostsee erfolgen werde, solle unter denselben Be dingungen stattsindcn, wie die Begegnung vor anderthalb Jahren. Paris. Bourgeois erklärt im „Echo de Paris", er glaube, daß die Haager Konferenz sechs Wochen dauern werde. Er hossc, das unternommene Werk werde für den europäischen Frieden ein günstiges Ergebnis habe». Wenn cs uns gelingt, so führt Bourgeois ans. das Feld für internationale Schiedsgerichte zu erweitern, wird unser Ehrgeiz schon befriedigt sein. Paris. Dem „Figaro" zufolge hatten bis gestern um Mitternacht in den Weinbau treibenden Departements 150 S t a d t v e r m a l t u n g e n ihr Amt n i e d e r g e l e g t. London. Aus Tanger melden die „Times", daß sich Angehörige der bedeutendsten Stämme des Südens in großer Menge vor Marrakesch sammeln. In der Stadt herrscht große Unruhe. Ter in Tanger weilende Kricgs- miiiistcr habe Befehl erhalten, die Feindseligkeiten gegen die Naisuli schützenden Stämme wieder zu beginnen, da die Verhandlungen mit Raisnli gescheitert seien. London. Wie die „Times" aus Washington melden, verschob der japanische Botschafter Aoki den be absichtigten Besuch der Stillen Ozcanküste, um einer fal schen Beurteilung der gegenwärtigen Lage vorzubeugen. Cr hofft, die Reise später auSführeii zu können. London. lPriv.-Tel.j Aus Newport wird gemel det, daß der Präsident von Nicaragua, General Zelaya, den Krieg gegen Guatemala erklärt hat, weil Guate mala sich auf Seite Salvadors stellte. Nunmehr führt also Nicaragua gegen Guatemala und Salvador gemein schaftlich Krieg. Nicaragua errang einen wertvollen Sieg durch die Einnahme von Acajutla, einem Seehasen in Salvador. Nikaraguanische Truppen griffen von der Landseitc an, während ein nicaraguanischcs Kanonenboot von der Secscile bombardierte. Daraus wurden weitere nicaragnanische Truppen gelandet. Die Garnison in der Stadt verteidigte sich mit großem Mute, schließlich mußten die Verteidiger sich aber ergeben, woraus die Nicaraguaner im Triumph ciiizogen. Die Verluste sollen auf beiden Seiten enorm sein. P e t e r s b n r g. In einem Dorsc an der Wolga gegen über von Astrachan sind drei Todesfälle vvrgekommen, als deren Ursache die bakteriologische Untersuchung Pest fest- gestellt hat. Schab rinsk sGonvernement Permj. Ter örtliche M i I i i a r ch e f ist von einem Arbeiter durch einen Nevvl- verschuß getötet worden. Ter Täter wurde ergriffen und bekannte, den Mord aus politischen Beweggründen begangen zu haben. Bukarest. Bei den Kamm erwähle» des Wahlkvllcgiums des 3. Distrikts sind 37 Liberale gewählt Eine Stichwahl ist erforderlich. Newyor k. Eine Depesche des „Ncwyork Hcrald" aus Rio de Janeiro besagt, die Nachricht von dem Scheitern -er geplanten Kassccvalorisationsanlcihe habe dort eine Panik hervorgcrnsen. Eine schwere G c s ch ä s t ö ka t a st r o p h c werde befürchtet. Santiago de Chile. Das neue Ministe rium ist nunmehr in folgender Zusammensetzung zu stande gekommen: Inneres: L. A. Vcrgara, Acußeres: F. P. Borno, Justiz und Unterricht: E. I. Figueroa, Finan zen: G. Snbercaseaur:, Krieg und Marine: A. L. Lina, Industrie und öffentliche Arbeiten: G. Urvcjila. Kalkutta. Hier sind zwei zum Bonkott aussordernde Agitatoren wegen Verbreitung aufrührerischer Schrif ten verhaftet worden. Tic Polizei entdeckte bei einer HcniSsnchittig 700 Flugschriften und Korrespondenzen, worin zur Bildung von eingeborenen Freiwilligcn-Abteilungen anfgesordcrt wird. Tokio. Tic Morgenblätter bringen Photogra phien von den zerstörten japanischen Restau rants in San Francisco mit Beschreibung der Leiden der Landsleute und reizen die Bevölkerung weiter aus. Ein Blatt erklärt, die Zeit zum Handeln sei gekommen, und fordert zur Vergeltung nicht durch einen Krieg, son dern in handelspolitischer Beziehung auf. Tokio. Tie Zeitungen sind amtlich ersucht worden, von der Veröffentlichung aufreizender Nachrichten und Artikel in der japanisch-amerikanischen Frage abzu- schen. Hongkong. Tic Aufständischen haben das Tors Aunchiin im Bezirk Waitschou angegriffen und das MilitärvcrwaltuiigSgcbäudc, sowie die Lager nieder- gebrannt. Ein Detachement zu ihrer Bestrafung abgc- sandter Provinztruppcn hatte mit ihnen heftige Zu sammenstöße. Kanton. Ter Vizekönig geht damit um, die vor- gcschlagene Eröffnung Waitschous als VertragS- Hafen vorzunehmcn. Oertliches nnv Sächsisches. Dresden, 13 Juni. —* Se. Majestät der König hörte heute vormittag im Rcsidenzichlosse die Vorträge der Herren Staatsminister und des stellvertretenden Königs. Kabinettssckretärs. Mittags 1 Uhr empfing der König den nenernannten fran- Kimst und Wissenschaft. -f*MitteilitiigausdcmBnreauderKönta- lichen Hoftheater. Im Königlichen Opernhause wird Sonnabend, den 15. Juni, Verdis vieraktige Oper „Aida" ausgesührt. In der Titelpartic beschließt Frau v. Falken ihr aus Engagement .ibzielcndcs Gastspiel. Den RadamoS singt Herr Burrian. Die übrige Besetzung der Oper ist die folgende: Amneris: Frl. ,v. Chavannc. Anionasro: Herr Plaschke, Ramphis: Herr Wächter, König: Herr Puttlitz, Bote: Herr Erl, Prtesterin: Frl. Keldorfer. «i»t es f«r die Musik eine Fortschritts- smrtcilb Ueber die Ziele der künstlerischen Betrachtungen und kritischen Ausführungen, die in dieser Wochenschrift der Musik gewidmet sein sollen, eine Art Programm zu geben, widerstrebt mir gründlich. Ich liebe überhaupt Programme nicht. Dem einen versprechen sie zn viel: den anderen be einflussen sie zu stark: ein Dritter behauptet, in der Be. tättgung seiner eigenen Phantasie durch das Programm gestört zu sein: ein Vierter denkt lieber gar nichts, als daß er nachzndenken versucht, was ihm ein Zweiter vorgcdacht hat: der Fünfte nörgelt sich mit einer anderen Ausrede hindurch — kurz, Programme sind unzeitgemäß. Nun traut man mir aber einen großen Spürsinn in der Auffindung des Sensationellen zu: ich tue auch wirklich, wie einige kluge Zeitgenossen bereits scharfsinnig herausgesundcn haben, den ganzen Tag nichts anderes, als darüber speku lieren, wie ich salsv so eine Art Musikschncider) die Mode der nächsten Saison wieder am besten befriedigen könnte — und so wollte ich denn zuerst, als das Allcrmoderiiste, den musikalischen Teil dieser Zeitschrift ganz ohne Programm des Herausgebers vom Stapel lassen, zumal ich damit am '1 Mil Erlaubnis bei Verlegers entnebmen wir den vorstehenden Artikel dem am 11 d. M- erscheinenden 1. L-ste der Wochenschrift für deutsche «stur .Morgen". Verlag von Marquardt L Co.. Berlin. besten meiner kaum überwindlichen Abneigung gegen schrift stellerische Betätigung frönen konnte. Die Herren Verleger ließen jedoch nicht nach: „Wenn Sie. werter Herr Strauß, schon als Herausgeber sigurieren, geht es nicht an, daß Sie nur ab und zu als „spirftu« reotor" hinter den Kulissen wirken, sondern Sic müssen als „Füh rer der Moderne", als „Haupt der Fortschrittspartei" unseren musikalischen „Morgen" mit einer wenn schon kurzen, aber desto bedeutenderen Kundgebung einleiteii." Ich hasse derartige Kundgebungen von ganzem Herzen. Gegen seine beste Absicht kann man cs kaum vermeiden, mehr oder minder pro ckomo zu sprechen, und mein Grund satz ist iiiin einmal, daß man für sich selbst nur Taten und Werke, aber nicht Worte reden lassen soll. Jedenfalls ist selbst mit den verwegensten Werken der Künstler noch nie mals soviel Konfusion angerichtct worden, wie mit den papierncil Kundgebungen ihrer Gegner, die mit Worten gegen Werke zu kämpfen sich bemühen. Ich überlasse daher solche Kundgebungen auch fernerhin allen denen, die ohne Schlagworte nicht leben mögen, oder die mit dogmatischen Verboten den natnrnotwenoigell Prozeß des Fortschritts glauben aushalten zu können, so z. B. den Gegnern der Zukunftsmusik, oder auch solchen, Wagnerianern, die — an dem Geist ihres eigenen Meisters sich versündigend — ebenso pctrcsakt geworden sind, wie seinerzeit die Mozar- tianer um Franz Lachner, die Mciidclssohiiiaiicr um Carl Rcinicke oder die Lisztiancr hinter Draescke. Wie gesagt, ich weigerte mich hartnäckig. Allmählich aber setzten sich die so verlockenden Worte „Führer der Moderne" und „Haupt der Fortschrittspartei", mit denen jetzt ebenso fleißig wie gedankenlos hantiert wird, immer eigensinniger in meinem Kopfe fest, und ich begann, besonders über die Fortschritts partei. etwas nachzndenken. Nachdenken ist immer un angenehm. Diesmal hatte es aber wenigstens zur guten Folge, daß ich mir schließlich die Frage vorlcgtc: Gibt es denn überhaupt eine Fortschrittspartei? Ich mußte mir diese Frage endlich mit einem strikten Nein! beantworten. Auch die eigentlichen engeren Wagnerianer waren doch nur eine Vereinigung gleich gesinnter Jünger, deren Ziel cs war, die Ideen ihres Meisters zu erklären und zu verbreiten, Irrtiimer und Mißverständnisse ans dem Wege zu räumen, die Gleich gültigen ausznrntteln, die Gutwilligen in ihrem Urteil zu bestärken und die Mißgünstigen zurnckzumeiscii. Aber schließlich haben doch nicht diese Parteigänger den Fori schritt erzwungen, der treibende und in letzter Instanz ent scheidende Faktor, der auch einem Richard Wagner, wie jedem anderen großen Nenschopser, zu endgültigem Siege verholsen bat, war die große Masse dcS unbefangen ge nießenden Publikums, das sich in seiner naiven Emvfäng- lichkcit für jede neue und bedeutende Kniisileistiing in der Regel als der zuverlässigste Träger jeglichen Fortschritts- gednnkcns bewährt hat. Gegenüber der in der Geschichte immer wieder erhärteten Tatsache, daß eine große künstle rische Erscheinung vom großen Publikum sozusagen als ein Naturgegebenes insliiittiv richtig ersaß«, wenn auch nicht dnrch klares Urteil im cinzelneli begriffen wird, ist das Wirken eines etwa als Fortschrittspartei zn bezeichnenden engeren fachmännischen Kreises nicht von ausschlaggeben der Bedeutung. Die Hauptsache ist der zwingende Kontakt zwischen dem schassenden Genie und der über den Rahmen jeder möglichen Partei weit hiiigiiSrcichcndc» sortschritts- willigcn Masse. Man darf sich nur dadurch nicht verwirren lassen, daß dasselbe große Publikum das mühelos Ge fällige, Gemcinverstüiidlichc und sogar Banale ebenso — vvrilbcrgchcnd oft noch mehr — bejubelt, als das künstle risch Bedeutungsvolle, Ncnnrtigc, der Zeit Vvrauscilcndc. Das Publikum hat eben zwei Seelen in iciner Brust. Eine dritte allerdings fehlt ihm: für diejenige Kunst, die weder ohne weiteres cingänglich, „och in hervorragendem Maße zwingend ist, hat das Publikum das wenigste Verständnis und die geringste Zuneigung. Daher so viele Enttäuschungen criiststrebender Künstler, von denen selbst der Gegner nicht schmähe» mag, sie seien banal, und selbst der Freund nicht rühmen tan», sie besaßen eine auch die Masse sortrcitzende suggestive Kraft Carl Maria van Weber sagte einmal vom großen Publikum: „Der einzelne ist ein Esel und das Ganze ist
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