Ausnahmefällen für den Universitätsgottesdienst hervorgeholt wur den. So mag sich erklären, daß später manches namenlose Stück unverdient mit dem Ehrentitel „äi 7- 5. öacl»" versehen wurde. Von Bachs Nachfolger Harrer weiß man, daß er sich eine Kantate Sebastians abschrieb („Bringet dem Herren Ehre", Nr. 148). Als Harrer 1755 starb, war es der damalige Präfekt Penzel, der die Thomanerbibliothek aufmerksam durchsah und mehreres in Parti tur brachte. Am 23. Juli dieses Jahres setzte er sich vor die geöffneten Notenschränke und schrieb sich in kurzen Abständen bis zum 8. August zunächst nicht »reuiger als 12 Kantaten Bachs ab. Er brauchte sie für die von ihm vertretungsweise bestellte Kirchenmusik dieser Wochen H. Dabei geriet er auf zwei unechte: „Nach dir, Herr, verlanget mich" und „Uns ist ein Kind geboren", die mit anderen ihrer Art sogar in die Bach-Ausgabe übergingen ^). Einschübe fremder Kompositionen machten sich aber auch »vährend der langen Vakanz zwischen Kuhnauö Tod (5. Juli 1722) und Bachs Antritt (31. Mai 1723) nötig. Neun Monate lang, mit Ausnahme der Advents- und Fastenzeit, mußte für die »veiterlaufende Sonn- und Fefttagsmusik der Stadtkirchen gesorgt werden. Einen Teil dieser Sorge nahmen allerdings die Bewerber um das Kantorat mit ihren „Probemusiken" auf sich, zunächst Telemann (der die (einige schon am 9. und 10. August leitete), hernach Fasch, Rolle, Kaufmann, Graupner, Bach. Aber die Fülle der Sonntage, vor allem in den Monaten August bis November, dann in den ersten Monaten des nächsten Jahres forderte darüber hinaus viel »veitere Musik. Wir wissen nicht, wer sie stellvertretend geleitet hat, ob der von Kuhnau hinterlassene erste Präfekt oder der Neukirchenmusikdirektor Schott. Nur so viel ist sicher, daß kurz vor Bachs Antritt in den Stadtkirchen eine Menge Kompositionen fremder Herkunft erklang. Alle diese Verhältnisse müssen in Betracht gezogen werden, will man erkennen, wie vieles von dem, was in diesen Jahren musika lisch geschah, von zufälligen Umständen bestimmt worden ist. Eine vollständige Erhellung der Tatbestände wird kaum mehr möglich sein. Auch das im folgenden Ausgesprochene läßt sich vorläufig nicht überall unter zwingenden Beweis stellen. Es soll nichts anderes 1) Vgl. hierzu Beruh. Fr. Richter im Bach-Jahrbuch 1906, S. 56f. 2) Sie stehen in dem bösen 30. Bande der Ausgabe.