86 Arnold Schering, Bachs Musik für den Leipziger UniversitätSgotteSdienst Beleg des schönen Wortes gelten, das er später zu Kirnberger sprach: „Es muß alles möglich zu machen seyn!" Die im Streitfälle mit der Universität oben herangezogenen Aktenstücke geben schließlich über eine Angelegenheit Auskunft, die gleichfalls von der Bachforschung noch nicht inS Licht gestellt worden ist. Die Universitätsbehörde machte Bach den Vorwurf, in den Jahren 1723—1725 zweimal nicht persönlich bei den Quar- talsorationen erschienen zu sein. Dieser Vorwurf war unbegründet, da altem Herkommen gemäß des Kantors persönliche Teilnahme an diesen Akten keine Verpflichtung bedeutete. Dennoch recht fertigte Bach sein Fernbleiben. An jener Eingabe vom 31. Dezem ber 1725 heißt es, er habe beide Male verreisen müssen, und zwar das zweitemal nach Dresden;„ ... da ich nothwendig zu verreisen, insonderheit das andere mahl in Dreßden zu verrichten gehabt H." Dies seien die „impenäimenta leZitima", die rechtmäßigen Hin derungsgründe gewesen. Über den Anlaß des Dresdener Ausflugs erfährt man freilich nichts. Hat es sich um eine Orgelprüfung ge handelt? Die Ausdrücke ,,1e§itimnm" und „verrichten" deuten jedenfalls darauf, daß die Reise nicht aus privatem Interesse, son dern aus einem zwingenden Grunde geschah. Sie wird in eine Zeit gefallen sein, in der die Stadtkirchenmusik einmal aussetzte, weil Bach sonst mindestens eine, wenn nicht gar zwei Sonntagsmusiken in den Hauptkirchen hätte versäumen müssenH. Er spricht im De zember 1725 von dem Falle als von einem bereits weiter zurück liegenden („Also wird meine Abwesenheit doch mehr alß ein oder zweymahl nicht geschehen seyn"). Da er ferner, wie anzunehmen, zum mindesten die ersten zwei oder drei Quartalsmusiken (II., III., IV. 1723) pflichtgemäß selber bestellt haben wird, die erste Ab wesenheit aber vor die zweite, die Dresdener, fiel (also wohl in das I. oder II. Quartal 1724), hingegen im III. Quartal 1725 (Sep tember) der ganze Streit schon in vollem Gange war, so darf die Reise genauer in die zweite Hälfte des Jahres 1724, spätestens ins I. Quartal 1725 gesetzt werden. Vielleicht läßt sich hiernach künftig Genaueres bestimmen. Spitta II, S. 45 oben. ») Allerdings kam es vor, daß er sich bei Abwesenheit durch den Neukirchen- musikdircktor Schott vertreten ließ.