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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 04.12.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-12-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19071204024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1907120402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1907120402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1907
- Monat1907-12
- Tag1907-12-04
- Monat1907-12
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SS. Jahrgang. vrjng»grtt»r °>««»iit»n. «ii» »n», d«, d«t iw«t. durch-„«»«»»,« <»»- n»I,„i>»« »«> «t- «„ ,i»m«Ii>« Zu« iuLw» durch »«» <«ft r» d« e«<«r, »-» rnddrn u. Umurdun, am rag« »ardrr ,u. ^ii-Ilkn »d«i>d<>ui» gad»u «rdallr« du »»«» wäiliain V'iiebrr mit d» »ar,«u <«„««»»» .uiammen pia»a«llt. alaidiru-Inul mll deut- l!-d,r O«ea«nan^>», („I>««d, Ra»r."i ,«« iaisi«. — UnixrlanVe Manul'rivlr i»»dk» nicht autdiwadrt. Telegramm-Adresse: Nachrichten TreSden GegvLrrrSeL 185V Druck und Verlag von Liepsch L Reichardt in Dresden. Dauptgeschästsstell-:: Marlenstrasre 58/^0. Fernsprecher: Nr. N und 20V6. Trrttette V0 . Nummk-rn noch Sonn« und Ktiertaien: di, einjpatti-e SrundzeUe 30 Pf., auf PrivakseUe 40 Pf., Hamiliennach- richten die G undzetle LK Pf. — Slu4wo«ige Sluftrüfle nur gegen Vorausbezahlung. — ^Zedi-'S Aclegt-latt kostel 10 Pfennige. Lustsv 1 sh IVloni trsknsssel sst Rn^I kcNe Nüriig^oNsinser-. LT-» iVlocienns Okirksttsn ipanv dlsustsüsn - Solick« f,drl!c«la von 2 di, SVO IVIsrst. ALrv erkrc^o Lefov. Die Königin-Witwe wird, da sie noch der Schonung bedarf, in diesem Winter keine Empfänge abhalten. Kronprinz Georg und Prinz Friedrich Christian wurden heute vormittag gesirmt. In der Ersten Kammer gab heute bei der Etatbera tung nach einer Erklärung der zweiten Deputation Finanz- mMister Dr. v. Rüger eine scharfe Absage gegen direkte Reichs st euer». Im österreichischen Abgeordnctenhausc gab Ministerpräst- bcnt Freiherr v. Beck eine Erklärung ob gegen die anti preußischen Kundgebungen anläßlich der preußischen Polenvorlage. Zn Lissabon wurde ein neues Bombenlager entdeckt. Neueste Drahtureldungeu von, 3 Dezember. Eine Erklärung des österreichischen Ministerpräsidenten v. Leck. Wien. Zu Beginn der heutigen Sitzung des Ab geordnetenhauses ergriff der Ministerpräsi dent Freiherr v. Beck das Wort zu folgender Er klärung: „In der letzten Sitzung haben die Herren Abgeordneten Bretter und Genossen au mich eine Interpellation betreisend den im prensiische» Abgeordnetenhaus«: eiligebrackten Gesetzent wurf über Dias,nahmen zur Tlarliing des Deutschtums in den Provinzen Kestpreukicn und Posen gerichtet. Gegen diese Vor lage'ist tn detsclben Sitzung auch von den Vertretern einer Reihe von Parteien in der Form von Aniragc» au den Herrn Präsidenten Beschwerde erhoben worden. Die Herren Inter pellanten haben sich damit auf ein Gebiet begebe», das zu be tteten uns von vorubercin versagt sein mutz. (Zustimmung und Zwischenrufe!) Es ist ein im Völkerrechte vollkommen aner kannter Brauch, das« mau sich tn keiner Weise in die inneren An gelegenheiten eines anderen Staates «inmischcn darf. Es ist die» aber auch ein wohlbegriindcter Brauch, weil sonst das wechselseitige Verhältnis der Staaten sortwährenden Störungen niid Trübungen auSgcsctzt und damit der Frieden gefährdet würde. Deshalb muh von der Regierung und den össentlichc» Faktoren an diesem Grundsätze unter allen Umlländen fest- gehalten werben, wenn auch vielleicht das Gcsiih! einzelner manchmal nach einer anderen Richtung drängt. Wir, die wir sorgfältig darüber wachen, bah sich niemand in unsere Angelegen heilen mengt, müssen denselben Anspruch auch bei anderen achten. iZustiinmung.) Bei diesem Anlasse muh ich aber, insofern die Angelegenheit zumal iu der Interpellation der Herren Abge ordneten Breiter und Genoffen in unzulässiger Art und Weis« besprochen wird, nachdrücklich Verwahrung cinlegen. Derartige Ausfälle, wie sie in diesem Hause gegen «ine fremde Regierung gerichtet wurden, schädigen gewöhnlich nur die Sache, der sie dienen sollen, und sind besonders unstatthaft gegenüber ver bündeten und bcsreunbcieu Staaten." (Lebhafter Beifall. Zwischenrufe.) Zum Entweichen der „Patric". Paris. In Deputierte,tkreisen besteht die Absicht, an Len Kriegsminister eine Anfrage wegen des Bcrlustes des Lciikballvns ,. Patric"zn richten, da die öffentliche Mei nung ein Recht habe, über die Ursachen des Vorfalles auf geklärt zu werden. Es sei fcstgcstellt, daß von der Militär behörde trotz aller Warnungen ernste Unvorsichtigkeiten in dicker Angelegenheit begangen worden sind. Seit gestern fehlt jede Nachricht von der „Patrte". Paris. iPriv.-TclZ Nach hier eingetroUcnen Be richten ist die „Patric" gestern nachmittag aus der Höhe von Glcnarn in Irland gesichtet worden. Abgesehen von dieser Meldung, ist man bis heute früh ohne Kennt,,iS von dem Ballon geblieben. Die Katastrophe trat übrigens nicht am Sonntag, wie meist gemeldet wurde, sondern be reits Sonnabend abend zwischen 8 und 9 Uhr ezn. und auch nicht tn Verdun selbst, sondern in SouhesmcS, einem jen seits des Fortsgttrtels im Westen Verduns gelegenen Ortes, wohin der Ballon bei einer Fahrt am Freitag infolge von Motorstörung getrieben wurde. Zur Lage iu Rußland. Petersburg. Kricgssrkrctär Ta ft ist heute vor mittag hier eingetroffen und wird morgen in Zarskojc Selo empfangen werden. Petersburg. Amtlich wird die Ernennung des Gouverneurs von Grodno, des Generalmajors Sayn, zum Gehilfen des Generalgouvcrneurs von Finnland ge meldet. Dorpat. Die hiesige Universität ist zeitweilig geschlossen worden. -Kiew. In einer gestern abgehaltenen Versammlung beschlossen die Zuckerraffineure, das unlängst aufgelöste Syndikat der Z uckerin Lu st riellen wiederher- znstcllen. Znr Lage in Marokko. Madrid. Bei der gestrigen Etatberaiung betonte der Ministerpräsident gegenüber Klagen aus dem .Hanse über das untätige Verhalten der spanischen Truppen in Marokko^ die Regierung habe sich darauf beschränkt, geringe Truppenmengen zu entsenden, «m entsprechend der Algectrasakte nur die Polizei einznrichten und sich nicht auf Abenteuer einzulasscn. Sin -er NordknstL vast Ma rokko herrsche Ruhe. An Sen anderen Grenzen habe Spa nien nichts zu suchen, indessen hätten die Streitkräkte Spa niens zur Verfügung gestanden. Der Ministerpräsident betonte ferner, die Negierung werde fortsahren, die Sce- ftrcitlräste Spaniens zu organisieren. Berlin. (Priv.-Tel.) Die „Dortm. Ztg." meldet von hier, daß die preußische Eisenbahnverwaltnng demnächst die Ausschreibung großer Mengen rollenden Materials, darunter 7 0 0 Lokomotiven, lieferbar vom November 1908 bis April 1009 beabsichtige. Duisburg. lP:iv.-Tel.) Der Kapellmeister der städtischen Kapelle, Steiniger, ist seit 8 Tagen ver schwunden. Er hat Mechselvcrbivdlicffkeiten von mehre ren 100000 Mk. Hinterlassen. Ein Teil der Wechsel ist ge fälscht. Hamburg. (Priv.-Tel.) Wegen umfangreicher Wechsel- fälschungen wurde hier der Inhaber einer Furnierfabrik. Ha mann. verhaftet. Ts liegt auch der dringende Verdacht von Konkursvergehen in Höhe von 200 000 Mark vor. Hamann ge stand die Wechselfälschungen ein. London. Bei Station Porth (Wales) fuhr gestern ein Gttterzug ans einen Personenzug. 31 Per sonen wurden verletzt. Halifax sNenschottland). (Priv.-Tel.) Der Eana- dia Paciftc.Danrpser „Mount Tempie" ist während eines Sturmes bei einer kleinen Insel an der Küste von Ncnschotiland gestrandet. Die Passagier.', 600 an der .Zahl, konnten -sich ans das Insclchen retten, mutzten aber dort 18 Stunden ohne Nahrung und Obdach zubringeu und wurden schließlich, da die Boote des Dampfers zer splittert worden waren, einzeln vermittelst eines Korbes und einer 200 Fuß langen Leine von der Insel nach der Küste befördert. Sächsischer Landtag. Erste Kammer. Vor dicht besetzten Regierungstischcn und Tribünen begann heute vormittag die allgemeine Etat- de batte, verbunden mit den Schlntzveratungen über Dekret 10 betreffend den Gesetzentwurf wegen der vorläufi gen Erhebung von Steuern und Abgaben im Jahre 1908 und über Kapitel 23 und 26 des ordentlichen Etats be treffend die Tilgung der Staats- und Finanzhauptkassen schulden, sowie Tilgung der Staatsschulden. — Bericht erstatter Vizepräsident Oberbürgermeister Beutler be antragt namens der 2. Deputation Fvrterhcbnng der Steuern und Abgaben in der gegenwärtigen Höhe und Bewilligung Ser Ausgaben für Verzinsung und Tilgung der Staatsschulden nach der Vorlage. Die Regierung sei in der Zweiten Kammer gedrängt worden, die Erhöhung der Gehälter und Pensionen möglichst schon in der laufen den Finanzpcrivde zu verwirklichen. Darauf hin habe die Negierung diese Neuregulierung vom 1. Ianeiar 1909 ab in Aussicht genommen unter der Voraussetzung, daß auch die Erste Kammer sich geneigt zeige, die dadurch ent stehenden erheblichen Mehrbelastungen des Etats zu be willigen. Namens der 2. Deputation habe er Hiera'» fol gende Erklärung abzngebcn: „Die 2. Deputation hat von her durch den Finanzministcr in der Sitzung der Zweiten Kammer am 23. November abgegebenen Er- klärung über die Msicht der Regierung, eine noch stärkere Aufbesserung der Dienstbezüge der Be amten, als sic tn dem zur Beratung vorliegenden Etat vorgesehen ist, durch eine allgemeine Neuregelung der Besoldungen einschließlich der Pensionen undWitwen - und Waisengelder vom 1. Januar 1 909 ab unter Verdoppelung der Wohnungsgelder -er Beamten vom 1. Juli 1907 an gerechnet in Aussicht z» nehmen, Kenntnis genommen und nach eingehender Er wägung aller cinschlagenden Verhältnisse beschlossen, ihrer seits eine wohlwollende Stellung zu der zu erwartenden Vorlage unter Vorbehalt sorgfältigster Prüfung aller Einzelheiten in Aussicht zu nehmen. Die Deputation ist dabei von der Ueberzsngnng ausgegangcn, daß ein aus reichend bezahltes und em allgemeinen zufriedenes Be amtentum eine der wesentlichsten Voraussetzungen und lsichcvstcn 'Stützen einer geordneten Staatsverwaltung bildet. Sie billigt deshalb auch grundsätzlich die weitere Msicht der Regierung, die Anwartschaft der Beamten aus Ausrückung durch allgemeine Einführung des Dienstatters stnsensystcms sichcrzustellcn. Die Deputation gibt sich aber gleichzeitig der Erwartung hin, daß die Regierung fort dauernd bestrebt sein welide, durch tunlichste Verein fachungen i ni ganzen Dien st b et rieb,: und in den Instanzenwegen Ersparnisse ans dem Gebiete der Pcrsonal- ausgabcn herbcizusnhren und daß sie insbesondere Wünsche und Anträge aus Vermehrung von Beamten unter Berück sichtigung dieser Gesichtspunkte stets au? das sorgfältigste prüft. Die Deputation erkennt weiter an, daß eine Er höhung der Zuwendungen an die Schulgemeinden zur Kunst und Wissenschaft. r* Ter 3. Pctri-Streichquartett-Abend am Montag im Palmcngarten wurde cingclcitct mit einem A-Moll-Ouartctt von Ernst Toch, einem Wiener Tou- kltnstlcr auS der KompositionS-Schulc Robert Fuchs. Der taum Zwanzigjährige schrieb Lieder und Kammermnsik- wcrke: einige Klavicrsachcn sind im Vorlage von P. Pabst- Leipzig erschienen. Aus seinem vierteiligen Quartett spricht ein reiches, vielseitiges Talent. Kraftvolle Erfin dung schöngcschwnngcner melodischer Linien, die in flüssiger und interessanter Polnphonie sich zum abgerun deten Ganzen einen, durchweg klare und verständliche, auf diatonischem Prinzip basierte Harmonik, sichere Hand, die das frisch quellende Gedankcnmaterial in ausgezeichneter Gliederung forrngewandt «nd solid aufbaut, das sind die Vorzüge im Schaffen des sngcndlichcn Komponisten. Hierzu kommen die Knappheit des Ausdrucks, der Sinn für Wohlklang in mühelosem, leicht dahinslictzendem Schassen und die für die einzelnen Instrumente recht dankbare Schreibweise. Einem überaus gefälligen Fliogro tranguiNo, daS in prächtiger Steigerung gegen Ende die Hanptthcmen in A-Dnv wiedcrkehren lätzt, folgt das Luckanto eantabilo, das sich mit seinem bewegteren Mittclsatzc durch eine be merkenswerte Fülle von Klangschönhcit hervorhrbt. Das Beste gibt Ernst Toch im Fncknnte ckalora^a sH-Moll), einem packenden Gtimmungsbilde. das sowohl durch gewählte, mit aparten Reizen ausgestattete Harmonik als auch durch leidenschaftliches Empfinden gekennzeichnet ist und daS für die nicht gewöhnliche lyrische Begabung seines Schöpfers beredtes Zeugnis ablegt. An Feingehalt weniger hoch zu bewerten ist daS kapriziöse Finale (Molto vivaoo). Durch die Herren Professor Petri, WarwaS, Spitzncr und Nille erfuhr die Neuheit eine in allen Einzelheiten vor- ziigliche Wiedergabe. Durch mehrmaliges Vortrctcn dankte der Komponist für den Überaus herzlichen und warmen Beifall. Nach einem nicht übermäßig viel Gegenliebe sin- denken I^rolückio o b'»»ra von A. Scontrino, geboren >Wl zu Trappani-Dizilien, sprach das Schlußwort Hugo A»lf, damal- «bensall» «i« kaum Zwanzigjähriger, mit , dem D-Moll-Ouartctt, dem einzigen Vermächtnis seiner Art. In der Anlage wie auch in der Durchführung bringt cS zwingende Beweise, daß der hervorragend begabte Mei ster des Liedes berufen war. auch auf dem Gebiete der Kammermusik Außergewöhnliches zu schaffen. Allenthalben zeigt sich das Genie, das die Form meistert nnd ihr dichte risch wertvollen Inhalt gibt. Faustisches Ringen spricht auS diesem Ingcndwerkc mit dem pessimistischen Motto: Entbehren sollst dn. sollst entbehren. Leidenschaftliche Seelcnkämpfe, Entsagung und unbändiger Trotz drängen nach Aussprache im ersten Satze mit groß angelegten Stei gerungen, gehoben von rhythmischer Energie. Und dann singt eS in bezaubernder Schöne, innig und trostreich: selige Ruhe und himmlischer Friede erfüllen die leidende Seele. Sie rafft sich auf z» Tatcnkraft nnd SchassenS- frendigkcit, zu neuer Lebenslust, die in dem letzten Teile des groß angelegten Werkes znm überzeugenden Ausdruck kommt. Die technisch und musikalisch an die Aussührcn- dcn gesteigerte Ansprüche stellende Tondichtung fand Ver ständnis und hinterlicß tiefgehende Eindrücke dank der in hoher Vollendung gebotenen Wiedergabe, die die Merkmale inneren Miterlcbcns au sich trug. L. I'. 1* lieber den ..Wedekind-Kultns" bringt die „Frank furter Zeitung" ein ausführliches Feuilleton, dessen Haltung sehr bemerkenswert ist, da das genannte Blatt lange in künstlerisch-ästhetischen Dingen eine weitgehende liberale Tendenz hat. Ein Zitat ans einem Aussatz, de» der temperamentvolle Berliner Philosoph Friedrich Paulsen in der „Woche" veröffentlichte, leitet den Artikel ein. Paulsen äußert sich in sehr energischer Weise über be trübende Erscheinungen moderner Kultur, „als ob alle Dämonen loSgclqffen wären, den Boden deutschen Volks lebens z» verwüsten". Er sagt u. a.: „Und daß die „freie Liebe" bestimmt sei, das System der veralteten, unerträg lich gewordenen „ZwangSchc" zu ersetzen, ist in den Kreisen freier Literaten und unverantwortlicher Politiker längst ausgemachtes Dogma. Wer Deutschland nur ans der Papierwclt kennt, ans seinen Witzblättern, seinen Theater- zngstückcn, seinen modernen Romanen, seinen Bnchhünd- leranslagen, seinen non Männlein und Weiblcin gehakte-! neu und gehörten öffentlichen Borträgen, der scheint zn! der Meinung kommen zu müssen, daß keine Angelegenheit zurzeit das deutsche Volk mehr interessiere als die Frage: ob nicht alle die Hemmungen, die Sitte nnd Recht bisher dem freien Walten des Gcichlcchtstricbcü anlcgtcn, von llcbcl und aus der Welt zn schassen seien?" Dieser Aus druck einer starken Empörung, die sich in erster Linie gegen den „steigenden Sexualschlamm" in der Literatur richtet, ist das Sympton sür den in allen Lagern wachsenden Widerwillen gegen das Unreine in Literatur und Oeffent lichkcit- Die „Franks. Ztg." beschäftigt sich im Anschluß an das Zitat Panlsens mit dem Vorworte eines Buches von Paul Goldman» „Vom Rückgang der deutschen Bühne", in dem vom W e d e k i n d ° K u l t u s die Rede ist. Es heißt da: „Der Wcdekind-Kultus ist die letzte Glanz leistung unserer literarischen Kreise. Die Motive, aus denen dieser nenrstc literarische Kult hervorging (wirklich ein Kult — es gibt bereits eine große Wcdckind-Ge- mcinde, nnd das Gestirn Frank Wedekinds beginnt sogar dasjenige Gerhart Hanpintanns zu überglänzen), sind sehr verständlich. Der Wcdckind-Enthnsiasmus ist eine Er scheinung der Reaktion gegen den Naturalismus. Der grauen Ocde. der Monotonie des Naturalismus wurden schließlich sogar die literarischen Kreise üverdrüssig. nach dem cs das Publikum längst geworden war, nnd sic such ten nach dem Gegensatz, nach Bizarrerie, Phantastil. Romantik. In den Werken Wedekinds glaubten sic das Gesuchte zu finden. Nun ist es gewiß mög lich, daß Wedekind Bizarrerie. Phantastik, Roman tik besitzt. Es fehlt nur an einem: an einer aus reichenden künstlerischen Begabung. Eine seltsame Welt scheint im Kopse dieses A.itorS zu leben: aber ebenso cha rakteristisch für ihn, wie seine Äeltsamkeit. ist seine künst lerische Ohnmacht — ist der Mangel an Kraft, dem, was in ihm lebt, künstlerischen Ausdruck zn verleihen. Wedekind gibt sich in seinen Dramen als Denker» als Philosoph. Seine Philosophie bleibt vtelsach dunkel: ab«' obwohl dieses Dunkel nur in Verworrenheit seinen Grund hat, nimmt cs der Snobismus für Tiefe. In einer Kollek tion geistreicher Theater-Aphorismen, welche der Direktor deS „Deutschen Schauspielhauses" in Hamburg, Alfred Freiherr v. Berger, irr der „Lesterreichischen Stundsch." »er.
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