Suche löschen...
Wochenblatt für Zschopau und Umgegend : 27.08.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-08-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtarchiv Zschopau
- Digitalisat
- Stadtarchiv Zschopau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512512809-188108278
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512512809-18810827
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512512809-18810827
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWochenblatt für Zschopau und Umgegend
- Jahr1881
- Monat1881-08
- Tag1881-08-27
- Monat1881-08
- Jahr1881
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Kinder — das unheilbare Gallenlciden seiner Frau? . . . Dazu hatte sich der Kanzleirat in unserer skeptischen Zeit doch noch den Glauben an eine ewige Gerechtigkeit bewahrt, und in einsamen Stunden, wenn er über das traurige Geschick seiner jüngeren Töchter nachdachte, mußte er sich immer und immer wieder sagen: „Das ist nieine Strafe, o mein Gott, weil ich in meiner Jugend das treueste Herz, das ich je hätte auf Erde» finden könne», und dem ich alles, alles war, von mir gestoßen, weil die Wandelbarkeit alles Be stehenden sich früher und abschreckender an ihr geltend machte, als durch die allmähliche Zer störungskraft der Zeit und des Alters." Aus Eitelkeit, weil er sich schämte, eine pockennarbige Frau an seine Seite zu stellen, hatte er dem guten Hannchen entsagt, um dann doch, nur wenige Monde später, unbekümmert ein Mädchen an den Altar zu führen, welches jahrelang die Zielscheibe allgemeinen Spottes gewesen, nur — des leidigen Goldes wegen. Aber zu derlei Gedanken kam der kleine Mann heute nicht, diesem ehrenden, vornehmen Besuch gegenüber drängten sie sich höchst bescheiden in den Hintergrund, überhaupt war auch die Heiterkeit der kleinen Tafelrunde ganz und garz nicht dazu angethan, Reflexionen zu wecken. Das lachte und scherzte ja um ihn herum, als gelte es, ein be sonderes Fest zu feiern, und die ganze improvisierte Gesellschaft war wie elektrisiert .... Erich vor allem schien ganz aus dem Häuschen, er war ent zückt von dem Liebreiz des braunen Röschens, das ihm, endlich heimgekehrt, gegenüber saß, und er kannte im stillen nicht genug über die Ver änderung staunen, die hier die Jahre hervorge bracht — sie war freilich immer ein anmutiges Geschöpfchen gewesen, die braune Rose, jetzt aber erschien sie geradezu hinreißend, mit den Grübchen in den dunklen Wangen, durch die nur verstohlen das Inkarnat der Gesundheit leuchtete — und dazu blitzten die großen schwarzen Augen so über mütig und freundlich zugleich zu ihm hinüber, daß es schier anfing, in seinem Herzen zu prickeln und er am liebsten das herzige junge Wesen an seine Brust gedrückt hätte. Während sie allerlei tolle Einfälle zu Tage förderte und damit in hohem Grade ergötzte, ge fiel es ihrer Frau Mama, mit Wohlgefallen und möglichstem Pathos zugleich, von der Sicherheit ihrer Hypotheken zu erzählen — wen sie damit regalierte, hätte sie im Augenblick selbst kaum sagen können, da in Wahrheit niemand auf das prah lende Gewäsch achtete — ausgenommen der Herr Kanzleirat, und dieser doch auch nur des lieben Resvckts willen . . . Die Theetassen klapperten, Röschen hatte hinter Mamas Rücken das „ästhe tische Spülwasser der Kanzlcirätin", wie man in der Stadt Frau Ilses Gebräu nannte, in wirk lichen Thee verwandelt, indem sie heimlich ei» paar unerlaubte Prisen von den besten Blättern hinzuschüttete, ja sie war mutig genug gewesen, aus ihrer eigenen Tasche den Imbiß derart zu vervollständigen, daß das Ganze doch nicht gar so — subaltern aussähe, wie sie sich, ohne alle Ehr furcht vor der erhabenen Stellung ihres Vaters, an die sich doch ein Ratstitel knüpfte, auszudrücke» beliebte. Wie gesagt, man amüsierte sich wider Erwarten vortrefflich bei Kanzleirats, Dank der Liebens würdigkeit „braun Röschens", ja selbst die kleine ernste Amata hatte ein paar Mal wirklich laut aufgelacht, was den Bruder förmlich erschrecken machte, konnte er sich doch eben nicht darauf be sinne», sie je im Leben so heiter gesehen zu haben. Einmal freilich, als Röschen etwas boshaft über die Vaterniörder des Herrn Sekretärs im Nach barhause Herzog und dazu meinte, es wäre ein Weltwunder, daß er sich nicht schon mit den spitzen Dingern, die die sparsame Frau Sekretär mit Mehlbrei stärkte, die kleinen Aeuglein ausgestoßen, dachte die Blinde wohl, cs wäre nicht hübsch, wenn in dieser Weise über die Nebenmenschen hergezogen würde, ja es machte sie beinahe trau rig, daß gerade Röschen, die sie bisher förmlich entzückt, so böse „klatschen" konnte — im nächsten Augenblick aber lächelte sie auch schon wieder. Kurt erbot sich ja, sie wie ein kleines Kind zu bedienen, er wollte ihr den Zucker in die Tasse werfen und die Sahne dazu gießen, was sie doch alles mit einer Sicherheit selbst besorgen konnte, die deni Uneingeweihten den Gedanken fast zur Unmöglichkeit machte, er hätte es hier mit einer Blinden zu thun. Eine halbe Stunde später hatte auch sie, wie die Uebrigen, ihre» Thee getrunken und dieBröd- chen verzehrt — jetzt saß sie ruhig, das Köpfchen gesenkt, auf ihrem Platz neben Kurt, die Serviette auf dem Schooße, aus der sic mit fabelhafter Geschwindigkeit merkwürdig geschickt die wunder lichsten Figuren formte — Gebilde ihrer Phantasie, denn der Natur und dem Leben konnte sie sie ja doch nicht abgelauscht haben. Da hoben sich plötz lich die beiden Augen zu Kurt, der sie teilnehmend beobachtet hatte. „Ich wollte Sic schon den ganzen Abend darum bitten, mir doch etwas von der Rümmingsburg zu erzählen — ach, Sie glauben gar nicht, wie sehr ich mich für Ihre Verwandten interessiere ... Es ist doch gar zu schade", setzte sie dann traurig hinzu, „daß ein Verkehr zwischen dem alten und dem neuen Schlosse so ganz zur Unmöglichkeit geworden." „Und weshalb denn so ganz zur Unmöglichkeit?" fragte Kurt schnell. „In Wahrheit weiß ich mir diese seltsame Feindschaft gar nicht zu deuten. — Mein Oheim hat sich doch jedenfalls nicht auf unserm Stammsitz halten können, und wenn er das Gut verkauft, so gehört doch eine eigene Eng herzigkeit dazu, den Mann zu hassen, auf den sein Besitz übergegangen ist, eine Engherzigkeit, die ich dazu noch ganz und gar nicht vereinbaren kann mit seinem sonstigen Charakter. — Wenn er auch durchaus Aristokrat ist und äußerst stolz auf seinen Stammbaum, so erklärt das doch »och immer die Sachlage nicht, um so weniger, als der Herr Kommerzienrat ja genau das gleiche Gefühl hegt, wenn nicht noch in erhöhtem Maße." Die Blinde hatte soeben aus dem weißen Linnen auf ihrem Schooße etwas einem Schiffe Ähnliches gebildet und strich jetzt mit der Hand wie lieb kosend darüber hin. „Mir gehts wie Ihnen", sagte sic dann, „auch ich kann mir nicht erklären, weshalb die beiden Männer sich so glühend hassen. Aber ich kenne cs eben nicht anders. Als Papa die Mania heiratete — cs geschah das vor circa zehn Jahren, war er eben in Besitz des Ritter guts gekommen. Damals, ich erinnere mich dessen noch sehr genau, obgleich ich erst sieben Jahre zählte, war das Verhältnis zwischen den beiden Herren genau wie es heute ist, wenn nicht noch feindseliger." Sie hielt plötzlich inne, und da ihr Gesicht mit einem Mal einen so merkwürdig veränderten trau rigen Ausdruck annahm, konnte Kurt nicht umhin, erschrocken ihre Hand zu nehmen und sie teilneh mend nach dem zu fragen, was sie im Augenblick so bewegte. „Es ist so recht von Belang eigentlich nicht", erwiderte sie und ein flüchtiges Rot zuckte leise über ihr Gesicht, „nur so eine Erinnerung aus der ersten Zeit unseres Aufenthalts in Rümmings- felde — aber erzählen will ich sie Ihnen doch, wenn auch auf die Gefahr hin, daß Sie mich kindisch schelten werden, weil ich mich solange mit dergleichen hcrumtrage." „Ich kann Sie im voraus versichern, Amata, daß ich das nicht thun werde." — „Nicht?" Sie lächelte milde, dann faltete sie behutsam die Serviette so wieder zusammen, wie sie auf ihrem Kouvert gelegen und begann: „Man hatte mich, weil ich ein gar so schwächliches kleines Ding war und freie Luft meine beste Arzenci, fast die ganzen Tage hindurch nach unserer An kunft auf dem Schlosse in Wald und Feld um hergeführt, so daß ich mich bald auch allein mit der größten Sicherheit überall zurecht finden konnte. „Uebersprudelnd glücklich und stolz fühlte ich mich, als man mir nun auf mein dringliches Bitten gestattete, ohne Begleitung meine Spazier gänge machen zu dürfen. Da, eines Tages auf so einem Ausflug begriffen, hatte ich mich wohl bis auf Rümmingsburgschcs Gebiet verirrt — es kam mir eben alles so ganz anders vor — und da plötzlich krachte ganz in meiner Nähe ein Schuß, ich fuhr entsetzt zusammen und glaubte mich anfänglich getroffen, so erschüttert fühlte ich mich; übrigens hatte ich mich kaum vom Gegen teil überzeugt, als ich leichtfüßige Schritte sich mir nähern hörte: „Mein Gott," rief da auch schon eine kindliche, überaus liebliche Stimme dicht an meiner Seite, „hätte ich doch bald etwas Schönes angcrichtet! Den Spatzen da oben auf der äußersten Spitze der alten Eiche wollte ich schießen, und dann fühlte ich eine kleine Hand auf meiner Schulter, „aber wer bist Du denn?" fragte dieselbe liebliche Stimme, jetzt mit dem unverkennbarsten Ausdruck der Neugierde, „und wie, in aller Welt, kommst Du in unser Revier, Du kleines, Weißes, schwaches Ding. In diesem Augenblicke wußte ich, ein Mädchen sprach zu mir, denn ich hörte deutlich das Rauschen ihres seidenen Röckchens." Fortsetzung folgt. Vermischtes. * Aus Berlin entfloh vor einigen Tagen, wäh rend sich der Chef auf einer Reise befand, ein 2Sjähriger Kommis, nachdem er seinem Prinzipal, dem Inhaber eines dortigen Agentur- und Kom missionsgeschäftes, etwa 2000 Mk. unterschlagen hatte. Der Chef änderte seine Reiseroute und ließ sich, entgegen seiner ursprünglichen Absicht, von Hamburg «ach England einschiffen. Wer beschreibt nun aber sein Erstaunen, als er an Bord des Schiffes plötzlich seinen Kommis antraf. Dieser stammelte eine Ausrede, bequemte sich je doch schließlich dazu, ein reumütiges Geständnis abzulegen, aus dem hervorging, daß er die Absicht hatte, über England nach Amerika zu entfliehen. Er wurde nunmehr auf Antrag seines Prinzipals verhaftet und nach Berlin zurücktransportiert. Von dem unterschlagenen Gelbe führte er den größten Teil noch bei sich. * Als ein Eisenbahnzug der Linie Frankfurt- Köln am 23. d. die Strecke zwischen Rhens und Bop- pard passierte, war die Frau eines der Bahnwärtersin ihrem Garten beschäftigt. Sie hatte ihr Kind an den Zaun gesetzt, welcher den Garten -von dem Bahnkörper trennt. Das Kind kroch durch den Zaun und spielte auf dem Geleise, während der Zug heranbrauste. Als der Vater desselben die Gefahr bemerkte, in der sich das Kind befand, versuchte er durch Notsignale den betreffenden Beamten des Zuges zu veranlassen, diesen zum Halten zu bringen. Die Mutter, durch die Sig nale aufmerksam gemacht, eilte aus dem Garten herbei, sah ihr Kind von dem herankommenden Zuge bedroht und stürzt in Angst und Verzweif lung auf das Gcleis, um das Kleine zu retten. In demselben Augenblick wurde sie samt dem Kinde von dem Zuge, den man trotz aller An strengung auf einer so kurzen Strecke nicht zum Stehen hatte bringen können, erfaßt und getötet. * Die Hausmannsfrau in Greiz, welcher in voriger Woche infolge Verwendens von Petroleum beim Feueranzünden die Kleider vom Leibe brannten, ist ihren schweren Verletzungen erlegen. * Der „Würzburger Stadt- und Landbote" prohezeit vom heurigen Frankenwein: „Was die mutmaßliche Güte des diesjährigen Weines betrifft, so wird dieselbe von Sachverständigen über die des 68er und 65er Jahrganges gestellt. Man muß bis zum Jahre 1846 zurückgreifen, um ein gleich gutes Weinjahr zu finden. Ältere Leute erwähnen auch den 1834er und 1822er Wein und meinen, der diesjährige müsse auch diese Jahr gänge übertreffen. Das Doppelkometenjahr 1881 würde danach seinen Ruhm hinsichtlich der Wein ernte schon jetzt gesichert haben. * Am Sonntag Nachmittag wurde auch Nürn berg und Umgebung von einem Hagelwetter hcimgesucht, das beträchtlichen Schaden angenchtet hat. Dabei ist vor allem zn beklagen, daß durch das Unwetter in den Kirchen durch Zertrümmerung der schönen gemalten Glasfenster und im Germa nischen Museum große Zerstörung geschehen ist. In letzter»: ist das Glasdach des städtischen Ge mäldesaales gänzlich zerstört, jedoch sind die Bil der unversehrt geblieben. Im Kreuzgang haben die Hagclstücken außer den Fenstern auch noch die inwendig stehenden prächtigen Glasmalereien, die teilweise aus dem 1b. Jahrhundert stammen, durchgeschlagen. Gegen 10 Zentner Glasscherben mußten aus dem Gebäude geschafft werden. * Das Unglück im Seebade Norderney hat noch ein drittes Opfer gefordert: die eine der ge retteten Damen, eine verheiratete Schwester der beiden ertrunkenen, ist nachträglich auch noch ge storben. * Auf dem Rothschildschen Karolinenschacht im Ostrauer Kohlenreviere in Schlesien ist am 18. d. durch Fahrlässigkeit eines Zimmcrhäuers Feuer entstanden. Die Belegschaft, ca. 200 Mann, ist bis auf 16 gerettet, von denen hoffentlich nicht alle erstickt sein werde». Von 16 Pferden, die unten zu Schleppcrdienstcn verwendet wurden, sind 10 tot. Ter Wärter der Pferde ist eben falls erstickt. Redaktion, Druck und Verlag von Paul Strebelow in Zschopau.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Nächste Seite
10 Seiten weiter
Letzte Seite