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Wochenblatt für Zschopau und Umgegend : 15.05.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-05-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtarchiv Zschopau
- Digitalisat
- Stadtarchiv Zschopau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512512809-188605157
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512512809-18860515
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512512809-18860515
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- ZeitungWochenblatt für Zschopau und Umgegend
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312 . „Weil Du Dich nur mit dem Menschen, dem Stern, unterhnlten hast!" Neber Olgas Gesicht glitt ein Lächeln. Sie wußte, daß ihre Tante den junge» Mann nicht leiden konnte, und zugleich, daß diese Abneigung von ihm in feiner Weise verschuldet war. „Ich habe ihn seit langer Zeit nicht gesehen," erwiderte sie. „Und jedenfalls ist er interessanter als der Assessor." „Davon verstehst Du nichts!" unterbrach sie die Alte heftig. „Für mich ist seine Unterhaltung interessanter," bemerkte Olga, „und mehr habe ich auch nicht sagen wollen." Länger vermochte sich aber die alte Dame nicht zu halten. Nur mit Mühe hatte sie sich so lange beherrscht. „Ich weiß, weshalb er sein Gut verkauft hat!" brach sie loS. „Dich hofft er zu erwerben, Dich und Dein Vermögen! Das wird nie geschehen, so lange ich lebe zum wenigsten nicht! Ich werde ihm den Zutritt in dies HauS verbieten lassen, Wenn er es wagen sollte, wiederzukommen!" Eine dunkle Röte bedeckte da? Gesicht des jungen Mädchens. ES war Scham und Unwillen zugleich. Ihre Hand, welche sic auf die Lehne deS Stuhles gelegt hatte, zitterte leise. Nie zuvor hatte sie sich durch die Heftigkeit ihrer Tante so tief verletzt gefühlt. Mit aller Kraft raffte sic sich aber zusammen. „Tante," sprach sie mit leise bebender, aber fester Stimme. „Ich glaube, Herr Stern wird Dich eben so wenig über seine Absichten aufge klärt haben, wie er eS gegen mich gcthan hat. Ich denke noch nicht daran, mein Herz zu ver schenken, sollte eS einst geschehen, so werde ich eS nach meiner eigenen Wahl thun. Und was die Zurückweisung Sterns aus diesem Hause be trifft, so vergiß nicht, daß eS mein HauS ist. Ich habe dies nie gegen Dich erwähnt, Du zwingst mich dazu, um eine ganz ungerechtfertigte Belei digung zu verhüten." Sie hatte namentlich die letzten Worte mit be sonderem Nachdruck gesprochen und verließ ruhig das Zimmer. Mit weitgeöffneten Augen blickte die Tante ihrer Nichte nach. DaS Wort der Erwiderung war ihr auf den Lippen erstorben. So hatte das Mädchen nie zu ihr gesprochen, nie zu sprechen gewagt. Sie war daran gewöhnt, Olga fast wie ein Kind zu behandeln, um so mehr war sie überrascht, als diese zum ersten Male in so ent schiedener Weise zeigte, daß sie auch eigenen Willen habe. Sie wollte ihr Nacheilen, sie zurückrusen, und doch blieb sie unentschlossen stehen — sie wagte eS nicht, sie fühlte ihre Unentschlossenheit und hätte laut darüber aufschreien mögen. Die in ihr gährende Heftigkeit, welche sich immer noch nicht Luft gemacht, hielt die Thränen zurück. Unruhig, hastig blickte sie sich um, einen Gegenstand suchend, an dem sie ihre Erbitterung auSlassen könnte. Sie fand nichts. Um so heftiger stürmte eS in ihrem Innern. Olga hatte ihr zu trotzen gewagt, hatte ihr gesagt, daß daS HauS ihr gehöre, daß hieß so viel, daß sie hier nichts mehr zu suchen habe, daß sie gehen könne, wohin sie wolle. Ja, sie wollte gehen, wollte daS HauS der Undank baren noch in dieser Stunde verlassen, für immer. ES War ihr fester Entschluß, und schon schritt sic der Thür zu, an der sie wieder zögernd still stand. Dann sank sie auf einen Stuhl nieder. Erst jetzt wurde sie ihrer Ohnmacht eingedenk. Ohne Olga stand sie allein, ganz hilflos da, ohnc Mittel zum Leben. Wohin sollte sie sich wenden, wo eine Zuflucht finden? Diese Gedanken brachten ihren so schnell gefaßten Entschluß eben so schnell wieder zum Wanken. Sie mußte hier bleiben, sie konnte sich nicht von dem sorglosen, angenehmen Leben bei ihrer Nichte trennen! Jhre Thränen fingen jetzt an reichlich zu fließen und lösten die Beklemmung, welche durch die hef tige Bewegung auf ihre Brust gelegt war. Mit keinem Gedanken gestand sie sich indes ein, daß sie selbst unrecht gehandelt, daß sie Olga zu ihrem entschiedenen Auftreten gereizt hatte. Frauen ver geben ja hundertmal leichter, wenn sie Unrecht er litten, als wenn sie Unrecht gcthan haben. All ihren Groll häufte sie auf Stern und beschloß fest, alles aufzubieten, um seinen Absichten auf OlgaS Hand hindernd entgegenzutreten. Dieser Entschluß verlieh ihr neue Kraft und Fassung, um entschieden gegen ihn aufzutreten. . Ziemlich um dieselbe Zeit, als der Assessor und Stern bei Olga zusammentrafen, begab sich der Fremde, welcher am Tage zuvor mit der Post angrkommcn und im Kronprinzen abgestiegen war, zu dem Polizei-Inspektor. Er stellte sich selbst als den Polizeikommissar Röder aus der Residenz vor und übergab ein Schreibe» des dortigen Polizei-Präsidenten, welches die Aufforderung an den Polizei-Inspektor enthielt, den Kommissar, der in einer wichtigen Angelegenheit nach C. ge sandt sei, in jeder Weise zu unterstützen und ihm mit seiner amtlichen Macht beizustehen. Der Polizei-Inspektor empfing den Kommissar auf das freundlichste. Derselbe machte den Ein druck eines gesetzten, ruhigen Mannes auf ihn. Entgegenkommend reichte er ihm die Hand. „Seien Sie willkommen hier" — sprach er. — „Sie können in jeder Beziehung auf mich rech nen, ich stelle meine ganze Macht Ihnen zur Ver fügung." Der Kommissar dankte ihm. — „Ich bedarf derselben vielleicht" — erwiderte er ruhig lächelnd — „denn meine Aufgabe ist keineswegs eine ganz leichte." „Sic sind noch nicht lange in der Residenz?" fragte der Polizei-Inspektor. „Kaum ein halbes Jahr. Ich wurde aus der östlichen Provinz dorthin versetzt." „Ich weiß es — ich weiß es" — fuhr Etrunck fort. — „Ich habe cs in der amtlichen Bekannt machung gelesen. Hier sind Sie früher nie ge wesen?" „Nie" — versicherte Röder. „Um so besser, da werde ich Ihnen umsomehr nützen können. Ich bin lange hier und schon durch meine Stellung ist mir jede Person, jedes Verhält nis in der Stadt bekannt." „DaS weiß ich", entgegnetc Röder. — „Der Präsident hat Sie mir als einen äußerst erfahre nen Mann geschildert und ich will Ihnen offen gestehen, daß ohne Ihre Hilfe vielleicht nieine ganze Aufgabe scheitern würde. Der Präsident würde Sic vielleicht mit derselben belästigt haben, wenn sie für Sic nicht eine allzu schwierige ge wesen wäre, weil die Fäden zu der Untersuchung, die ich zu leiteu habe, sämtlich in der Residenz zusammenlaufen. Ich bin einmal mit denselben bekannt. Der Polizei-Jnspektor fühlte sich geschmeichelt. Von sich selbst hatte er zwar die beste Meinung, dies Lob that ihm trotzdem sehr wohl, weil er nur zu gut wußte, wie wenige sein Verdienst anerkann ten und würdigten. „Verfügen Sie ganz über mich, Herr Kom missar," versicherte er noch einmal. „Sie schlagen meine Verdienste vielleicht zu hoch an, allein ich hoffe Sic zu überzeugen, daß es mir an gutem Willen nie fehlt." „Gut, gut, ich halte Sie sogleich beim Worte, Herr Polizei-Jnspektor," erwiderte Röder. „Meine Aufgabe verlangt die größte Vorsicht und Ver schwiegenheit, nur Sie darf, Sie muß ich sogar davon in Kenntnis setzen, weil wir sonst nicht zu sammen handeln können. Sic kennen die dema gogischen Ideen, welche seit einer Reihe von Jah ren in vielen überspannten Köpfen spuken. Die Regierung hat dieselben stets im Auge behalten, wenn sie ihnen auch wenig Gewicht beigelegt hat. Das ist vielleicht ein Irrtum gewesen. Diese Ideen, diese? geheime Treiben der Demagogie ist gefährlicher, als viele glauben. Die Demagogie ist fest organisiert und arbeitet unablässig an der Erreichung ihres Zieles — dem Umstürze der Ne gierung. Sie bereitet jetzt ein neues Unternehmen gegen die Negierung vor, und zwar so geschickt, so ge heim, daß es mir nur durch einen Zufall gelungen ist, davon Kenntnis zu erhalten. Ich habe die gefundene Spur natürlich mit allen Kräften und größtem Eifer verfolgt und habe die Genugthuung, daß ich die Hauptfäden des ganzen Unternehmens entdeckt habe. Sic laufen in der Residenz zusammen, bei Personen, die sogar in der Nähe deS Hofes stehen. Ich darf sic noch nicht näher bezeichnen. Die Beweise ihrer Schuld habe ich in Händen. Unser Strebe» geht indes noch weiter. Wir wollen nicht eher ein- schrcite», als bis wir womöglich alle Teilnehmer an dem Unternehmen kennen und die Beweise gegen sie i» den Händen haben. . Es soll uns kein einziger entgehen, es soll eine gründliche Auf räumung stattfinden, und ich hoffe, das wird uns auf eine Reihe von Jahren nach dieser Seite hin Ruhe verschaffen. Die ganze demagogische Partei wird zersprengt, wenn sie mit einem Male ihre sämtlichen Führer verliert." Der Polizei-Inspektor war nicht wenig durch diese Mitteilung erstaunt, weil er keine Ahnung davon gehabt hatte, allein er begrüßte sic niit einer großen Freude, weil es wohl schwerlich einen erbitterteren Feind jeder demagogischen Idee geben konnte, als er war. „Vernichtet müssen sie werden!" — rief er.— „Hinge cs von mir ab, ich würde keinen einzigen von all den überspannten gefährlichen Köpfen am Leben lassen. Es ist schlimm, daß die Strafen für solche Verbrechen so milde geworden sind. Der Tod müßte die gelindeste Strafe sein!" Röder lächelte. „Wir werden sic wenigstens für eine gute Reihe von Jahren unschädlich machen" — entgegnetc er. — „Und dann wird das Gefängnis die heißen Köpfe abgekühlt haben. Doch eine Frage an Sie, Herr Polizei-Jnspektor, Sie kennen den jungen Gutsbesitzer Max Stern?" „Gewiß!" versicherte Strunck. „Bitte, wollen Sie mir alles das erzählen, was Sie von ihm wissen, er interessiert mich sehr." „Auch er gehört zu den unruhigen Köpfen, zu den Demagogen, und ist deshalb von der Hoch schule relegiert." „DaS weiß ich," warf Röder ein. „Er ist sogar einer der eifrigsten und gefährlichsten von der demagogischen Partei, und seinetwegen bin ich hier." „Seinetwegen!" — rief der Polizei-Jnspektor überrascht und erfreut zugleich. — „Sie kennen ihn also!" „Ich kenne ihn" — versicherte der Kommissar — „obschon ich ihn hier zum ersten Male gesehen habe. Ich wußte von seiner Absicht hierher zu reisen und traf vor ihm hier ein, um jeden Arg wohn zu vermeiden. Ich bin im Kronprinz ab gestiegen. weil ich genau wußte, daß auch er dort wohnen werde." Der Polizei-Inspektor erzäblte ihm alles, waS er von Stern? Leben wußte. Röder erklärte ihm mit seinem eigentümlichen ruhigen Lächeln, daß er das alle? wisse. „Ich werde einige Zeit hier bleiben, um ihn genauer zu beobachten" — fügte er hinzu. — „Im Kronprinzen finden sich verschiedene Gelegen heiten, mit ihm zusammen zu kommen, z. B. mit tags bei Tische. Vielleicht können auch Sie mir hierin nützen." „Ich werde alles für Sie thun — bestimmen Sie nur" — versicherte der Polizei-Inspektor, der nicht imstande war, seine Freude vollständig zu verbergen, weil der ihm verhaßte Stern nun bald von seinem Geschicke erreicht wurde, daS seiner Werbung um OlgaS Hand mit einem Male ein Ende machen mußte. (Fortsetzung folgt.) Marktpreise in Chemnitz vom 12. Mai. Weizen 8 5g ^ bi« 10 05 Pf. i Roggen 7 > 05 - - 7 - 50 - > Braugerste 7 - 50 - - 8 . 50 - l.g. Futtergerflc Hafer 7 - 10 - - 7 - 50 - ^ Kartoffeln 2 > — - - 2 - 40 - 1 Butter 2 - - - - r . 80 - 1 Ko. Theater. Wie wir vernehmen, beabsichtigt Herr Theater direktor Clar, demnächst mit seiner Gesellschaft einen Cyklus von leider nur zwölf Vorstellungen zu eröffnen und zwar voraussichtlich vom 25. dss. MlS. ab. Aus den uns vorliegenden Rezensionen, so z. B. ans Borna, ist zu ersehen, daß Herr Direktor Clar diesmal eine Anzahl außerordent licher Kräfte um sein Szepter versammelt hat, deren Leistnngen die höchste Anerkennung von seiten des Publikums und der Presse gefunden haben. Es wird namentlich das flotte, exakte Zu- sammcnspiel, die stilvolle Charakteristik und die prägnante Ausdruckswcise sowohl, «IS auch die sorgfältige Jnscenierung und die tadellose Garderobe mehrfach besonders rühmend hervorgehoben. Da andererseits das Nepcrtoir die besten Erzeugnisse der neuesten dramatischen Litteratur zu enthalten scheint, so stehen uns in der That seltene Kunst genüsse in Aussicht und wir hoffen, daß eine recht rege Zeichnung der Abonnenten-Liste, welche dieser Tage in Cirkulation gesetzt werden soll, das Unter nehmen deS Herrn Theaterdirektor Clar unter stützen und sichern wird. Redaktion, Druck und Verlag von Paul Streb elow in Zschopau.
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