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Wochenblatt für Zschopau und Umgegend : 06.06.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-06-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtarchiv Zschopau
- Digitalisat
- Stadtarchiv Zschopau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512512809-188906066
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402 ging, und bald entschädigten sie sich auf andere Weise. Die Nacht ward zum Tage gemacht, das Gold rollte am Spieltische, und müder, abgelebter von Tag zu Tag sah der Marchese aus, wenn er zur Villa Dorient kam, seiner Braut zum üblichen Morgengruß die Hand zu küssen. Endlich kam denn auch dieser Brautstand zu Ende und die Hochzeit ward mit allem üblichen Pomp gefeiert, der zu dem Lebenselement der Gräfin zu gehören schien. Rauschend schleppte die kostbare Brokatrobe der Braut über die Fliesen der Kapelle, feine Myr- thenblüten fielen in die Falten des duftigen Braut schleiers, welcher das marmorblasse Mädchengesicht fast gänzlich bedeckte. Es zeigte auch nicht die Spur von Erregung, nur die Augen schienen ge rötet und matter als sonst, wenngleich die Stimme kalt und hochmütig klang. „Schön, sehr schön, Kind," nickte die Mutter, als sie voll stolzer Genugthuung den fürstlichen Brautschmuck des sizilianischen Schwiegervaters der Tochter umgelegt. „Du wirst mit diesen Brillanten selbst in Paris Aufsehen erregen." Dann hatten die Glocken geläutet, der Priester die Hände des Paares ineinander gelegt und den Segen gesprochen — der Marchese del Noga und Komtesse Dorient waren ein Paar für das ganze Leben! Nach einem Jahre kehrte das junge Paar heim nach Kostet Roga. Vor fünf Monaten war der alte Marchese gestorben und sein Sohn Viviano sollte nun das reiche Erbe antreten. Die Dorfbewohner freuten sich auf den neuen Besitzer, der als gut, schwach und haltlos galt, aber vorteilhaft von dem herzlosen, geizigen Vater abstach. Nur eine ballte mit flammenden Augen die Hände, Annunciata Morendo, welche ihr Söhn- chen neben sich sitzen hatte. Bisher hatte sie dem Gatten gegenüber nie mehr jenen Manu erwähnt, durch welchen sie an allen Menschen irre gewor den; erst heute, als die Glocken läuteten und die Schuljugend festlich geschmückt auszog, die neue Gutsherrschaft einzuholen, winkte sie ihn zu sich. Luigi war stets ein sehr gehorsamer Ehemann gewesen, den ein Wort, ein Blick seiner Frau wie ein Kind lenkte, und nie hatte er ihr auch nur ein tadelndes Wort gesagt. Und so erzählte ihm nun Annunciata mit dumpfer Stimme, die Hand auf das Haupt des Kindes gelegt, wie sie damals gelitten hatte und von dem Marchese betrogen worden war in ihren heiligsten Gefühlen. Sie sagte nicht, daß sie Morendo jetzt lieben gelernt habe oder ihm dankbar sei für seine treue Neigung; es schien als erzählte sie einem Freunde die düstere Geschichte. Als sie geendet, erhob sich Luigi jäh, dunkel schwoll die Zornesader an seinen Schläfe», und er hob zum Schwure die geballte Hand. „Du sollst gerächt werden, Annunciata," sagte er grollend, „des Marchese Leben liegt von heute an auf der Spitze meines Dolches, aber wicht meuchlings, sondern Aug in Aug wird ihn der Todesstoß treffen. Er soll wissen, daß Du seine feige Erbärmlichkeit kennst und ihn hassest." „Ja, das soll er erfahren," rief sie bebend vor Leidenschaft, „meine Liebe hat sich verwandelt in tödlichen Haß, denn eine Sizilianerin kann alles vergeben, nur nicht den Verrat am eigenen Herzen. O Luigi, strecke ihn mir tot zu Boden, dann will ich voll glühender Liebe Dir ans Herz sinken." So schloß das dämonische Weib. Morendo fühlte sein Herz lauter schlagen bei den, flammenden Ausdruck ihrer dunklen Augen, eine kurze Pause folgte, und dann reichten sich Mann und Frau stumm die Hände znm Bunde den ein Mord besiegeln sollte. Es war Abend geworden und im Dorfe waren all die strapaziösen Empfangsfeierlichkeiten, Reden, Gesang, Ansprachen und Feuerwerk zu Ehren des neuen Schlvßherrn vorbei. Marchese Viviano öffnete die Balkonthüren seines Zimmers und lehnte sich an dieselbe, um die balsamische Abend luft »och zu genießen. Er sah nicht gut aus; aus dem bleichen Gesicht war auch der Nest von Jugendfrische verschwunden, um den Mund lag ein Zug von Blasiertheit, und im Geiste zog noch einmal der ganze Tag an ihm vorbei mit all den Mühen und Liebenswürdigkeiten die man von ihm verlangt. Seine Gemahlin hatte sich nach dem Abendessen gleichfalls zurückgezogen, und niemand ahnte, daß die Dame mit dem kalten, regnungslosen Antlitz und der klaren, unniodulierten Stimme, nachdem sie den Riegel vorgeschoben, verzweiflungsvoll die Hände rang und vor sich hinmurmelte: „O, Ihr Heiligen, ein ganzes langes Leben soll ich so Hin schleppen!" Der Marchese selbst ahnte am allerwenigsten diesen Gemütszustand seiner Gemahlin, vielmehr war er sehr zufrieden mit dieser standesgemäße» Ehe und seinem ganzen Leben überhaupt, und auch nicht der Hauch eines Gedankens flog zu jener glntäugigen Sizilianerin, deren Liebe er einst besessen. Pater Alberto, der kluge Mönch, der ihm so vortrefflich geraten, war längst i» ein anderes Kloster übergesiedelt und kein Mensch mehr brachte ihm eine Erinnerung an Annunciata und das Häuschen im Mandarinengebüsch zurück. Nachlässig streckte sich der Marchese auf ein Ruhebett, ohne zu bemerken, daß durch die offene Balkonthür ein Schatten fiel; erst als er Geräusch vernahm, öffnete er die halb geschlossenen Augen — und fuhr erschrocken empor. Vor ihm stand ein mittelgroßer, stämmiger Mann in der Tracht der Dorfbewohner, das Antlitz fin ster gefaltet und in der geballten Faust einen blitzenden Dolch. Stumm, regungslos hielt er den Blick auf den Marchese geheftet, der, kaum wissend, was er that, den geladenen Revolver von der Wand riß und halb unverständlich stammelte: „Was — was wollt Ihr? Wer seid Ihr, und warum dringt Ihr wie ein Räuber in mein Zimmer?" „Ich komme in Annnnciatas Namen," grollte der Eindringling in tiefen Tönen, „weißt Du nun, was das heißt?" Der Marchese ward aschfahl, aber mit Aufbie tung aller Kräfte frug er abermals: „Annun ciata — ich verstehe nicht — was ich ihr zu Leid gethan." „Wüßtest Du nicht, Schurke, weshalb sie mich heiratete?" donnerte jetzt Morendo, mit dem Fuße stampfend, während Blutröte über sein Gesicht lief, „sie hörte Dein Gespräch mit dem Priester und merkte, daß Du sie abschiitteln wolltest wie ein gebrauchtes Gewand, und von Stund a» ver wandelte sich ihre Liebe in Haß und Rache. So stehe ich denn hier im Namen Annuncintas um Vergeltung zu üben!" Der Marchese zitterte wie Espenlaub, seine Knice schlotterten, die Augen quollen ihm blutunterlaufen aus den Höhlen und sprachlos starrte er den fürchterlichen Rächer an, der noch immer in der selben gleiche» Haltung mit dem blitzenden Dolche vor ihm stand. „Ich — ich habe sie nicht verraten, kreischte der Marchese del Roga, „sie kam nicht an dem verabredeten Abend und schon zwei Tage darauf galt sie als die Braut eines anderen." „Lüge nicht, Verräter!" schrie der Sizilianer und hob die blanke Waffe, „Deine letzte Stunde hat geschlagen, Du wirst dies Zimmer lebend nicht mehr verlassen, sondern mußt zur Hölle fahren!" Der Marchese vermochte vor Entsetzen nicht zu reden, er wollte nach der Klingelschnur fassen, doch Morendo trat dazwischen und schon blitzte der gefürchtete Dolch in nächster Nähe. „Dein Lohn, elender Schurke, für den Verrat an einem Franenherzen," sagte Morendo, indem er auf den Marchesen losging. Das Gemach war nur durch eine Lampe erhellt, deren matte Glocke die Strahlen auffing; ein Mo ment atemlosen Entsetzens trat ein, dann durch- schnitt der Dolch die Lust, ein Blntstrahl schoß ans des Marchese Brust hervor — und gleichzei tig ertönte ei» Schuß. Leblos sank Luigi Morendo auf den Teppich, während der Marchese taumelnd das Ruhebett erreichte, ehe eine tiefe Ohnmacht ihn umfing. Durch den Schuß alarmiert, stürzte die Diener schaft sofort herbei und erblickte händeringend die blutige Szene. Da klang Plötzlich mitten hinein in dies slumine Entsetzen eine Stimme: „Was ist geschehen? Was bedeutet der Schuß?" Bleich wie eine Tote, das Licht in den Häiidrn, trat die junge Marchese ins Zimnier. (Fortsetzung folgt.) Mitteilungen aus der 6. öffentlichen Stadtverordneten - Sitzung, am 15. Avril 1889. Anwesend 20 Stadtverordnete und seiten des Rats Bürgermeister Kretzschmar bis nach Erledignng des Haushallplanes. Vorsteher Naschte eröffnet die Sitzung kurz nach 6 Uhr und wird sofort in die Beratung eingetreten. 1) Bon der Ratsmitteilung, die von der k. Kreis hauptmannschaft und dem Krcisausschuffe nunmehr ge nehmigte Einbezirkung des Bahnhofes Wilischthal in den hiesigen Gemeinde- und Ortsarmenverband betr., nimmt das Kollegium Kenntnis. 2) Die Mitteilung, daß seiten des Schulausschusscs Vorsteher Naschte und Stadtv. Lehme wieder in den Schulbanausschust gewählt worden sind, wird ent- gcgengenommcn. 3) Das von dem Stadtrate für die Feier des Ge burtstages Sr. Majestät des Königs Albert am 23. d.M. ausgestellte Programm findet einstimmige Genehmigung. 4) wird in der Beratung des Haushaltplanes für dieses Jahr bei Kapitel IX fortgefahrcn. Zu Kapitel XII, Straßenwcsen betr., erklärt Bürgermeister Kretzsch mar des näheren, in welcher Weise die Verwendung der hier eingestellten Beträge erfolgen solle, insbeson dere, das; die M/rienstraße mit wilden Steinen werde ncugepflastert und dabei mit Bürgersteigen von Granit platten und Bordkanten, sowie mit neuer Beschleußung von Steinzeugrohren werde versehen werden, in gleichen, daß der Neubau des Borngrabens in un- ourchlässiger, die Schmntzwässer schnell abführender Weise gedacht sei und das;, da hierzu ein größerer, nach der noch einznholenden gutachtlichen Anssprache des Bauausschusses über die Art der Ausführung sest- zustellcnden Betrag werde erforderlich sein, die einac- Nelltcn 700 Mk. als 1. Rate bezeichnet seien. Bezüg lich der Marienstraste wird auf Anregung des Stadtv. Lange beschlossen, den Wunsch auszusprechen, die Be schleustung wenn irgend möglich so tief anzulegen, daß in dieselbe auch die Kellerschleußen der angrenzenden Häuser mit Aufnahme finden. Zu Kapitel Xlll, öffent liche Beleuchtung betr., gelangt der den geplanten Gas- kandelabcr vor dem Schulgebäude betreffende Ratsbe- schlnß vom I I. d. M. zum Vortrag. Hiernach hat der Rat Bedenken getragen, dem diesseitigen Anträge statt zugeben, da bei einer Legung des Gases aus dem Gebäude nach außen anzubrmgenden Wandlaternen der Putz und die Malerei stark beschädigt werden würde und giebt den Stadtverordneten anheim, ob nach Lage der Sache nicht doch der auf der Anlagen seite vor der Schule aufzustcllcnde Kandelaber zu ge nehmigen sein dürfte. Stadtv. Pfoh bemerkt, daß eine Reparatur des durch Legung von Gasrohren aus dem Schulgebäude nach dem Portal beschädigt werdenden Putzes und der Malerei nicht so sehr viel anlangen und nur einen geringen Kostenaufwand verursachen werde. Bürgermeister Kr etzschmor erwidert, däß die Reparatur zweifellos sichtbar bleiben werde und dies eben vermieden werden solle. Besprochen wird, ob das Gasrohr zu den Wandlaternen nicht offen am Gebäude hingelegt werden könne. Stadtv. Uhl mann teilt mit, daß Stadtrat Hübner in der Sache einen darauf ab zielenden Vorschlag zu machen gedenke und wird auf Antrag des Stadtv. Lange einstimmig beschlossen, die Angelegenheit an den Rat zu anderwciter Erörterung über eine zweckmäßige Rohrleitung zur Beleuchtung es im Sinne der Stadtverordneten ntcr Kapitel XXIII „Verschiedenes" für die Arbeiterkolonie zu Schneckengrün be willigte Beitrag von jährlich 15 Mark nachgetragen und Position 116 „Insgemein" zur Abrundung um 15 Mk. erhöht. Im übrigen werden die Ansätze des Haupthanshaltplans der Stadtkasse unter Bedarf und Deckung einstimmig genehmigt. Nach den Beschlüssen der Stadtverordneten beziffert sich der Gesamtbedarf auf 132 600 Mk., zu welchem, da an Deckungsmitteln 58 600 Mk. vorhanden find, 74 000 Mk. durch Anlagen aufgebracht werden müssen und zwar: 22900 Mk. für die Stadt- und Armenkasse, 46900 Mk. für die Schulkasse und 4200 Mk. für die Kirchkassen. Summe wie oben. Es wird einstimmig beschlossen, den Stadt rat zu ermächtigen, diese Anlagensumme zur Erhebung auszuschreiben. Der Haushaltplan wird, wie in den Vorjahren, durch Druck vervielfältigt und so der Bür gerschaft Gelegenheit geboten werden, sich mit den Einzclansätzen in den verschiedenen Zweigen der städti schen Verwaltung bekannt zu machen. 5) Zu einer befseren Regulierung verschiedener mit der Verwaltung ocr Sparkasse zusammenhängender Geschäfte, insbesondere zur genauen Bestimmung der Obliegenheiten des Sparkassenausschusses hat sich ein Nachtrag zu dem Sparkassen-Regulativ und in Verbin dung damit die Aufstellung einer Geschäftsordnung für den Sparkassenansschust und einer Dienstanweisung für den Sparkafsierer erforderlich gemacht. Der Stadt rat hat die im Sparkasscnausschusse vorberatenen Ent würfe angenommen. Vorsteher Raschke trägt den bezüglichen Ratsbeschluß vor und der stell». Vorsteher W ö lsel erstattet als Mitglied des Sparkassenausschusses das Referat darüber unter wörtlichem Vortrag dieser Entwürfe. Einstimmig wird beschlossen, der Ratsvor lage gemäß, den Nachtrag zum Sparkassenregulativ und die Geschäftsordnung für den Sparkassenausschuh nach Fassung und Inhalt zu genehmigen und von der Dienstanweisung für den Sparkafsierer Kenntnis zu nehmen. 6) In geheimer Sitzung wurde hierauf noch beschlos sen, dem Bürgermeister Kretzschmar in Anerkennung und Würdigung seiner der Stadt bisher geleisteten Dienste unter dem Ausdrucke des vollsten Vertrauens zu seiner bewährten Amtsführung vom I. April d. I. an eine jährliche Gehaltszulage von 500 Mk. zu be willigen. — Schluß der Sitzung 8'/,Uhr. aschke, Vorsitzender. Redaktion, Druck und Verlag von Paul Strebe low in Zschopau.
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